konnte durch einen glücklichen Zufall unmittelbar vor der Stadt noch gebremst werden, sonst hätten schwere Folgen entstehen können. Der starr verletzte Fuhrmann wurde ins Spital verbracht. — Gestern abend nach Einbruch der Dunkelheit ist der verheiratete 66 Jahre alte Steuermann Heinrich Stumpf von Eberbach im Salzhafen ertrunken. Stumps.wollte mit seinem Nachen vom Land aus an sein Schiff fahren, dabei ist er jedenfalls infolge der Dunkelheit ins Wasser gestürzt und ertrunken. Die Leiche wurde kurze Zeit daruf gelandet.
js Heilbronn, 19. Okt. Eine bis jetzt unbekannte Frau bot in mehreren Häusern ihren kleinen Knaben um eine ganz niedere Summe zum Kaufe an. Weil sie keinen Liebhaber fand, setzte sie das Kind, das in einer Straße schlafend aufgesnnden wurde, aus. Bis aus weiteres ist der Knabe im Armenhaus untergebracht.
js Eßlingen, 19. Okt. Nachdem vor einiger Zeit schon einmal ein hiesiger Aviatiker mit einem selbstgebauten Aerovlan Flugversuche gemacht hatte, die leider negativ ausfielen, versuchte es dieser Tage der hiesige Kunstmaler Robert Schüle mit einem von ihm konstruierten Flugapparate. Der Apparat wird bei ihm nicht durch einen Motor, sondern durch die Füße bewegt, ähnlich einem Veloziped. Er erhob sich mehrere Male bis zu sieben Meter Höhe, beim letzten Versuche senkte er sich infolge falscher Steuerstellung rasch zu Boden, so daß der Fahrradbau völlig zerdrückt wurde. Ein Bruder Schüles, der darin saß, blieb unverletzt. — Schüle hat auch ein lenkbares Motorluftschiff zum Patent angemeldet.
s! Gaggstatt, OA. Gerabronn, 19. Okt. Die Ursache des Brandunglücks, das den Kaufmann Lehner hier betroffen, ist auf eine Benzinexplosion zurückzusühren. Das Benzin war in einer Korbflasche — in einem kellerartigen Raum unter dem Treppenhause ausbewahrt die, wie es scheint, undicht war, wodurch das Benzin ausfloß und vergaste. Als Frau Lehner abends gegen 9 Uhr den Benzingeruch wahrnahm, wollte sie mit dem Licht Nachsehen, wobei aus einmal mit einem lauten Knall die Explosion erfolgte und der ganze Raum in Flammen stand. Frau Lehner erhielt im Gesicht und an den Armen bedeutende Brandwunden, sodaß ihr Zustand bedenklich erscheint, während ihr siebenjähriger Knabe und ein Mädchen des Gastwirts Kern, das im Laden war, weniger gefährliche Brandwunden erlitt.
st Mengen, 19. Okt. In stattlichem Leichenzuge wurde der Oberförster a. D. Jakob Mayer zu Grabe getragen. Er erreichte ein Alter von 80 Jahren, wovon er nur vier Jahre in dem wohlverdienten Ruhestand verbringen konnte. Seiner Verdienste wurden in den Grabreden rühmend gedacht und zum Zeichen der steten Erinnerung wurden von den Vertretern der Städte des Oberamts und den Vereinen verschiedene Kränze überreicht. Ein eigenartiger Zwischenfall ereignete sich bei der Einsegnung der Leiche auf dem Friedhof. Ein Feldhase vom letzten Satz hüpfte aus einem Gebüsch und sprang an dem offenen Grabe an dem Geistlichen vorbei, um alsbald wieder bei den anwesenden Oberförstern zu verschwinden.
ss Aßmannshardt, OA. Biberach, 19. Oktober. Der 15 Jahre alte Bauer Alois Gerster war mit
Brietschneiden beschäftigt. Die Brietmaschine wurde durch ein Göpelgetriebe in Bewegung gesetzt, die Kurbel für den Handbetrieb war aber an der Maschine geblieben, und von ihr wurde der Mann derart auf den Unterleib geschlagen, daß er mehrere Darmzerreißungen erlitt, an deren Folgen er gestern im Krankenhaus gestorben ist.
II Hechingen, 19. Okt. Zu der für den 7. Nov. bevorstehenden Einweihung des Bismarckgedenksteins auf der Beurener Höhe ist dem Vorsitzenden des Hechinger Bismarckkomitees, Redakteur Friedrich Wallishauser, ein bei der Einweihung zu verlesendes Schreiben des Fürsten v. Bülow zugegangen, in dem er der Feier einen schönen Verlauf wünscht und in dem es u. a. heißt: „Angesichts der Hohenzollern- burg wird Ihr Denkmal zum Ausdruck bringen, wie eng die unvergeßlichen Taten des Fürsten Bismarck mit der Größe des Hohenzollernhauses eng verbunden sind."
js Vom Bodensee, 19. Okt. Der Verein für Lu f t s ch i s f a h r t am Bvdensee mit dem Sitz in Konstanz wurde im dortigen Stadthaussaal eudgil- tig gegründet. Im Namen des vorbereitenden Ausschusses begrüßte Direktor Waltz die Erschienenen, unter denen sich erfreulicherweise auch eine Anzahl Damen befand. Apotheker Mehl-Weingarten hielt einen Vortrag über Zwecke und Ziele der Luftschifffahrt, der mit großem Beifall ausgenommen wurde. Direktor Waltz erklärte nach diesem Vortrag den Verein für gegründet und verlas den Satzungsentwurf, der von der Versammlung einstimmig genehmigt wurde. Aus Vorschlag eines Anwesenden wurde die Wahl des Vorstandes und Ausschusses vorgenommen. In den Vorstand wurden gewählt: 1. Vorsitzender Direktor Waltz, 2. Vorsitzender Dampfschiffahrtsinspektor Kanffmann, Schatzmeister 1. Picard, Schriftführer Redakteur Schwaier.
" Köln, 19. Oktober. Das preußische Kriegsministerium wandte sich heule an den Grafen Zeppelin mit der Bitte, Oberingenieur Dürr während der Kölner Luftschiffmanövsr zu beurlauben, weil man mit der Führung der Luftschiffe starren Systems noch nicht genügend vertraut sei. Die Führung des Parsevalluftschiffes wird der Hauptmann der Reserve, v. Kehler, von der Motorluftschiffstudiengesellschast übernehmen, während den Großballon Major Sperling führen wird.
* München, 19. Okt. Die in Würzburg, dem Zentral- puukr des letzten Kaisermanövers, erscheinende bauernbündler- ische und sonst Mts sehr partikularistische „Neue bayerische Landeszeitung" bringt von militärischer Seite eine sehr scharfe KritikanderManöverführungderbayerischen Prinzen und fordert nicht weniger als deren Abdankung bezw. die Streichung der Offiziersgehälter der prinzlichen bayerischen Generäle.
' Weimar, 19. Okt. Geh. Hofrat Prof. Felix Hecht, ehemaliger Direktor der Rheinischen Hypothekenbank in Mannheim, ist gestern nachmittag im Eisenbahnzug auf der Strecke Erfurt-Weimar an Gehirnschlag gestorben.
* Deutsch Roth, 19. Okt. In der Nähe der französischen Grenze brach ein Streit zwischen italienischen Arbeitern aus. Die französischen Grenzposten gaben Schüsse ab, wodurch der auf deutschem Gebiet befindliche französische Deserteur Lenoir und ein Bergmann an der Hüfte getroffen worden sind. Eine Untersuchung ist eingeleitet worden.
Vom Parseval Baüon.
II Frankfurt a. M., 19. Oktober. Der Großherzog von Hessen und Prinz Heinrich von Preußen stiegen heute nachmittag mit dem Parsevalballon auf. Der Ballon nahm die Richtung auf Darmstadt. In Darmstadt ist der Parsevalballon nachmittags um 3 Uhr 15 Min. eingetroffen und nach Ausführung mehrerer Schleifen über der Stadt bei Weiterstadt gelandet.
II Frankfurt a. M., 19. Okt. Der Parsevalballon traf nachmittags bald nach 5 Uhr wieder auf der Jla ein. Auf dem Weiterstadter Exerzierplatz hatten zur Rückfahrt die Großherzogin von Hessen, Prinzessin Heinrich von Preußen, Prinzessin Franz Joseph von Battenberg, Prinzessin Ludwig von Battenberg mit ihrem jüngsten Sohn, Prinzessin Dorothea zu Solms-Hohensolms-Lich und außerdem wieder der Groß Herzog von Hessen in der Gondel Platz genommen. Prinz Heinrich von Preußen war im Automobil nach Frankfurt a. M. zurückgekehrt und kurz vor Ankunft des Ballons eingetroffen. Hier begrüßte er die Herrschaften bei ihrer Landung, die glatt vor sich ging.
Ausländisches.
II Livadia, 19. Okt. Der Kaiser hat heute die R e i s e nach Italien zum Besuch des Königs Viktor Emanuel angetreten. — Die Reise des Kaisers nach Odessa erfolgt an Bord der Jacht „Standart", die von 2 Kreuzern, und einein Torpedoboot begleitet wird. Die Kaiserin geleitete mit den Prinzessinnen-Töchtern den Kaiser zur Landungsbrücke. Den Kaiser begleiten auf der Reise der Minister des kaiserlichen Hofes, der Minister des Aeußern, der Palaiskommandant, die Kanzleichefs des Hofministeriums und des Ministeriums des Aeußern, Zeremonieumeister Scavinsky und die Flügeladjutanten Fürst Orlow und Kapitän Drenteln.
II Konstantinopel, 19. Okt. Wie in der Pforte nahestehenden Kreisen verlautet, beabsichtigt die Regierung über Jerusalem den Belagerungszustand zu verhängen, um eine weitere Ausdehnung des Schul- und Kirchenstreites zwischen Griechen, Orthodoxen und Arabern zu verhindern.
II San Franziska, 19. Okt. Die Srügige Feier des Wiederaufbaues der Stadl und zur Erinnerung an Portola, den Entdecker des goldenen Tors, wurde heute mit einer Parade, an der sich die Mannschaft der „Arcona" beteiligte, begonnen.
Allerlei.
* In Frankfurt wurde gestern der 52 Jahre alte Bankier Eduard Fried mann von der Strafkammer wegen Betruges in drei Fällen in Höhe von 82 000 Mk. zu 9 Monaten Gefängnis und 900 Mk. Geldstrafe verurteilt.
* In dem gestrigen Magdeburger Prozeß gegen den Einjährig-Freiwilligen Baumgarten, der in der Nacht vom 15.—16. Juli den Fahnenjunker v. Zeun er in Stendal erschossen hatte, wurde heute bei dem Gericht der 7. Division das Urteil gefällt. Das Urteil lautete aus Freisprechung unter Anführung des 8 51 des Strafgesetzbuchs. Die medizinischen Sachverständigen erklärten übereinstimmend, daß der Angeklagte Epileptiker sei und unter Dämmerzuständen leide. Der Strafantrag lautete auf schuldig des Totschlags, 6 Jahre Zuchthaus, Ausstoßung aus dem Heere und Einziehung der benützten Browningpistole. In der Urteilsbegründung wird darauf hingewieseu, daß jedes Motiv zur Tat fehlt.
* Mit großem Tamtam kündigen französische Blätter den Flug an, den der Aviatiker Gilbert im Aeroplan von
M L«s«fr, -t.
Nicht immer man den Augen trauen darf,
der Freund sieht stets zu schwach, der Feind zu scharf.
Verschiedene Pole.
Novelle von Dr. L. Lange.
(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.
„Und dn kannst auch nicht erwarten, daß sie dir Herz und Hand antragen wird!"
„Ebensowenig!"
„Nun also! Wag's!"
„Ich wüßte noch einen Mittelweg!"
„Welchen 7"
„Wenn du sie einmal sondieren wolltest!"
„Ich glaube, ich eigne mich zu so etwas nicht besonders!"
„O doch! Versuche es nur! Du würdest mir einen großen Gefallen damit erweisen!"
„Ich will es dir nicht abschlagen — aber sollte eine solche Mission nicht besser in die Hand einer Dame, deiner Schwester zum Beispiel, gelegt werden können?"
„Meiner Schwester? Sie ist eine vorzügliche Hausfrau, aber an diplomatischen Talenten fehlt es ihr ganz und gar!"
„Mir auch!"
„Daß dies nicht der Fall ist, habe ich bei deinen Par- lavers mit den Negern gesehen."
„Es ist aber auch leichter, init einem Dutzend Negerhäuptlinge fertig zu werden, als nur einer einzigen Weltdame."
„Versuche es nur! Dn bist der einzige, der mir so nahe steht, daß ich ihm eine solche Mission anvertrauen könnte."
Wohl oder übel mußte ich sie übernehmen. Ich suchte meiner Aufgabe nach bestell Kräften nachzukommen und — scheiterte vollständig.
Es war, als ob Frau, von Nottberg schon nach meinen ersten Wollen instinktiv erraten hätte, woraus ich hinaus wollte. Ein feines Lächeln umspielte ihren reizenden Mund, als ich Freds jetzt so kräftiges und entschlossenes Wesen zu loben begann. Dieses Lächeln brachte mich aus dein Konzept; es schien, als wolle sie mir immer sagen: „Gieb dir doch keine Mühe, mein Freund; es hat gar keine» Zweck."
Aergerlich kürzte ich meinen Sermon ab und frug sie direkt, ob sie immer noch b.i der Meinung beharre, daß Fred nicht gut genug für sie sei.
„Diese Meinung habe ich noch nie gehegt!" gab sie mir lachend zur Antwort.
„So? lind was sagten Sie mir, als ich vor unserer Reise Ihnen gegenüber das gleiche Thema berührte?"
„Daß wir beide, Fred und ich, nicht zu einander paßten. Ich will ganz ehrlich sein, lieber Baron. Ich habe jetzt, das heißt, nachdem Sie beide wieder hier sind, manchmal den Gedanken gehabt, daß Fred, der mich früher wenigstens sehr gerne hatte — wie er jetzt zu mir steht, darüber bin ich noch nicht recht in das Klare gekommen — vielleicht doch sich besser für mich eigne, als ich ursprünglich geglaubt hatte. So ivie er früher war, hätte ich ihn in vier Wochen unter dem Pantoffel gehabt — daß ich dafür keine besondere Neigung in mir fühlte, werden Sie mir nicht verdenken können!"
„In der Tat nicht!"
„Nun erkenne ich gern an, daß Fred seitdem an Energie, an männlichen Wesen gewonnen hat. Wenn ich ihn jetzt heiratete, würde es aller Wahrscheinlichkeit nach eine Ehe werden, wie ich sie mit meinem verstorbenen Mann führte."
„Was für eine Ehe war das? Ich hoffe, daß Sie diese Frage nicht indiskret finden, gnädige Frau."
„ Ich habe sie ja eigentlich selbst provoziert. Wir lebten wie zwei gute Kameraden miteinander. Er stand nicht unter dem Pantoffel, aber er herrschte auch nicht."
„So muß es doch eigentlich bei einer guten Ehe sein."
„Manche Frau mag sich dabei glücklich fühlen, ich gebe es Ihnen zu. Aber bei mir liegt die Sache anders. Wenn ich noch einmal heirate, so reiche ich meine Hand nur einem Manne, der mir überlegen ist, der mich beherrscht. Verstehen Sie dieses Gefühl?"
„Vollkommen."
„Ich bedauere selbst, daß es nicht anders ist, aber man muß mit den gegebenen Verhältnissen rechnen!"
„Armer Fred."
„Ich bedauere ihn wie Sie, aber ich mag uns beide nicht unglücklich machen. Gerade Ihr heutiger Besuch beweist, wie sehr ich im Recht bin. Warum kommt er nicht selbst ?"
„Er hatte bestimmte Gründe, dies nicht zu tun."
„Gründe! Sein Hauptgrund war sein Mangel an Mut."
„Sie tun ihm Unrecht!"
„Nein! Unrecht würde ich ihm und mir tun, wenn ich mich täuschen ließe. Und Sie suchen mich zu täuschen, wenn auch in der besten Absicht. Lassen wir dieses Gespräch, lieber Freund, es führt zu nichts."
Damit hatte sie recht, es konnte zu nichts führen. Ich ging, im Zweifel darüber, wie ich Fred meinen Mißerfolg mitteilen sollte. Ich hätte dies gern in möglichst schonender Weise getan. Aber was kannte das nützen? Blieb er rann nicht immer noch in jenem Zustande der Ungewißheit, der ihm selbst qualvoller sein mußte, als jeder andere? War es nicht besser, wenn er diese Liebe aus seinem Herzen riß? Es würde ihm wohl weh tun, sehr weh sogar; aber die Wunde würde heilen, und er endlich wieder das sein, was er vorher gewesen war, ein relativ glücklicher Mensch!
(Fortsetzung folgt.)