zum Schutze seiner Interessen in Marokko und zur

Sicherung von Ruhe und Ordnung" wieder ein Stück marokkanischen Gebiets an sich zu ziehen. Was der General d'Amade ausgesprochen hat, denken viele in Frankreich; aber man liebt es nicht, davon zu reden, damit die Welt nicht aufmerksam auf die wahren Ziele und Tendenzen der französischen Ma­rokkopolitik werde.

Das Programm des franz. Ministerpräsidenten.

Der französische Ministerpräsident hat am Sonn­tag eine große Programmrede gehalten. Sie läuft auf eine Mahnung zur Einigung aller wahren Re­publikaner hinaus und predigt soziale Reformen. Der Ministerpräsident hat es fertig gebracht, weit­hin auf der Rechten wie auf der Linken einen guten Eindruck zu erzielen. Die Gemäßigten haben den Eindruck bekommen, daß dieser Sozialist, der ehedem furchtbar rot war, dem Bourgeois nicht übel mit­spielen wird, und die Radikalen erwarten von ihm energische Reformen; selbst die Sozialisten verfahren mit dem abtrünnigen Genossen säuberlich.

Amtliches.

Das erledigte Oberamt Nagold wurde dem Ober­amtmann Komin erell, etatsmäßigen Assessor bei der Regierung des Schwarzwaldkreises, übertragen.

Landesnachrichien.

* Freudenstadt, 15. Okt. Von einem unerwar­

teten Todesfälle wurde eine hiesige Familie betrof­fen. Der erst 35 Jahre alte verheiratete Urmacher Ehr. Bernhardt wurde Mittwoch abend fern von seiner Heimat (er befand sich bei seinen Schwieger­eltern in Cannstatt) von einem Blutsturz befallen und starb nach kurzer Zeit. Gr.

st Nebringen, OA. Herrenberg, 15. Okt. In der Untersuchungssache gegen den Postagenten Egeler von hier wegen Meineids wurden durch den Unter­suchungsrichter zwei weitere Bauernsöhne, von denen der eine erst 19 Jahre alt ist, unter dem Verdacht, ihre Eidespflicht auf Anstiften verletzt zu haben, verhaftet.

's Rottenburg, 15. Okt. Der schon seit länge­rer Zeit von einer Gemütsdepressivn befallene und ab und zu geistesabwesende Pächter des. Gasthofes zum Römischen Kaiser hat gestern einen Selbst­mordversuch unternommen, indem er sich den Leib auffthlitzte. Zum Glück wurde er, ehe er sein Vor­haben ganz erreichte, von seiner Frau gestört, die sich dabei selbst Verwundungen zugezogeu hat. Der Schwerverletzte ist in die chirurgische Klinik nach Tübingen gebracht worden.

* Tübingen, 15. Okt. (Strafkammer.) We­gen erschwerter Kuppelei wurde der Stadttaglöhner Wilhelm Gottlob Roth in Wildbad neben zwei Jahren Ehrenverlust zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, wovon 7 Wochen Untersuchungshaft ab­gehen.

st Tübingen, 15. Okt. Der Historiker Professor Dr. Wilhelm Busch hat den Ruf an die Universität Marburg angenommen.

st Stuttgart, 15. Okt. Heute hat sich in einem Hotel beim Bahnhof ein Herr im Bett vergiftet. Der Grund zur Tat ist unbekannt.

* Stuttgart, l 5. Okt. Die Stuttgarter Juweleu- diebe sitzen jetzt sämtlich hinter Schloß und Riegel, dagegen hat man von den Verbleib der Juwelen bis jetzt noch keine Spur.

st Ulm, 15. Okt. Der Arbeiter Max Schweigert geriet in der Maschinenfabrik in Ehrenstein unter eine Lokomobile. Dabei wurde ihm ein Bein abge­drückt, das andere verletzt; außerdem erlitt der Mann so schwere innere Verletzungen, daß er nn Krankenhaus starb.

Parseva! 3 in Ltuttgart-Canr,statt.

st Stuttgart, 15. Okt. Die Fahrt des Parse- Val 3 nach Stuttgart war vom Herrlichsten Wetter begünstigt und wurde glücklich zu Ende geführt. Um 10 t.hr 40 Min. trat Oberleutnant Stelling beim schönsten Herbstwetter die Fahrt nach der schwä­bischen Hauptstadt an. Wie der sympathische Führer des Luftschiffes erzählte, war es eine sehr genuß­reiche Fahrt. Ulm wurde bereits um 12 Uhr 15 Min. passiert, um 1 Uhr war Geislingen, 1 Uhr 25 Min. Göppingen und 2 Uhr 15 Min. Plochingen erreicht. Kurz vor der Landung trafen Herzog Al- brecht mit seinen Kindern, Herzog und Herzogin Robert, Herzog Ulrich, sowie der Herzog von Urach mit Sohn und Töchter dort ein. Um 2 Uhr 20 Min. kreuzte P. 3 über Eßlingen und als diese Nachricht auf dem Wasen bekannt wurde, richteten sich alle Blicke auf die im strahlendsten Sonnenglanz schimmernden Weinberge zwischen Obertürkheim und Eßlingen. Um 2 Uhr 25 Min. brach die auf der

Schwarzwälder Sonntagsblatt.

König Karls-Brücke harrende Menge in jubelnde Hochrufe aus und genau um 2 Uhr 27 Min. wurde das Luftschiff über den Höhen bei Eßlingen sichtbar. In langsamer Fahrt steuerte es in ruhigem, siche­ren: Flug auf den Ankerplatz zu, über den es in Spiralen niederging und nach Abgabe von Wasser­ballast um 2 Uhr 45 Min. unter Jubelrufen und Tücherschwenken glatt landete. Nachdem Herr Dier- lamm Oberleutnant Stelling willkommen geheißen hatte, drängte sich die Menge an die Gondel heran, cho Gemeiderat Dr. Mattes den Führer des Luft­schiffs im Namen der Stadt begrüßte. Oberleut­nant Stelling dankte für die herzliche Begrüßung. Dann begrüßten die Herzöge den Führer des Luft­schiffs, beglückwünschten ihn zu seiner erfolgreichen Fahrt und ließen sich von ihm das unstarre System erklären. Ist der Anblick des P. 3 auch lange nicht so imposant wie der des Zeppelin'schen Luftschiffes, so ruft doch auch der sichere Flug dieses kleinen Luftkreuzers einen starken Eindruck hervor und mit herzlicher, wohlwollender Teilnahme begegnete auch die Stuttgarter Bevölkerung dem klugen und energ­ischen Führer des Parsevalballons, der mit seiner heutigen Fahrt dazu beigetragen hat, den Ruhm der jungen deutschen Luftflotte zu vermehren. Das Luft­schiff, das gut und sicher verankert ist, war am späten Nachmittag von einer nach Tausenden zäh­lenden Menschenmenge umlagert.

* Stuttgart, 15. Okt. In den späteren Nach­mittagsstunden, als die Ankunft des Parseval-Bal- lons in der Stadt allgemein bekannt geworden war, bewegte sich eine wahre Völkerwanderung nach dem Cannstatt er Exerzierplatz, die selbst den Verkehr an Bolksfesttagen weit in den Schatten stellte. Etwa gegen halb 5 Uhr wurde das Gedränge so stark, daß die Menge die Seilumzäu­nung, durch welche der eigentliche Landungsplatz abgesperrt war, wie auch den innerhalb derselben aufgestellten Militärkordon durchbrach und unter Hurra und Johlen gegen den Ballon drängte. Das aufgebotene Militär erwies sich als zu schwach, um die Menge zurückzuhalten und es mußte weiteres Militär requiriert werden, uni den Platz in der unmittelbaren Nähe des Ballons wieder frei zu machen. Bei dem fürchterlichen Menschentrubel, der sich nachmittags entwickelte, wurden einem Mann auf der König Karlsbrücke beide Beine abgefahren.

* Stuttgart, 15. Okt. Heute abend fand im Hotel Marquardt zu Ehren der Luftschiffer ein Diner mit anschließender geselliger Vereinigung statt, zu welchem sich hauptsächlich die Mitglieder des Württ. Luftschiffervereins, Offiziere, Vertreter der Stadt usw. eingefunden hatten. Oberleutnant Stelling machte die Mitteilung, daß der Aufstieg des Luftschiffes morgen vormittag stattfinden würde, und zwar voraussichtlich zwischen halb 9 Uhr und 9 Uhr auf dem Cannstatter Wasen, von wo aus er dann eine Schleifenfahrt über der Stadt Stutt­gart ausführen wolle. Die Fahrt geht dann weiter nach Heilbronn, wo wieder eine Zwischenlandung vorgesehen ist.

' Metz, 13. Okt. Der Kirchshofskandal von Fameck, der seinerzeit das größte Aufsehen erregte, hat nunmehr eine zweite Auflage erlebt. Die Meyer Zeitung schreibt darüber: In Gertingcn bei Hargarten war der Förster Jll- hardt, welcher der evangelischen Konfession angehüu, gestorben. In Gerlingen befinde! sich keine evangelische Ge­meinde. Infolgedessen harte der Bürgermeister mir Recht angeordner, daß Jlihardt in Reih und Glied mit den ande­ren Ortscinwohncrn begraben werden solle. Tie Grube zur Aufnahme der sterblichen Ueberreste des Mannes war schon begonnen, als eine Reihe von G e m e i n d e r a l 8 m i t - gliedern, die man wird nicht lange nach dem Anstifter hierzu zu suchen brauchen - - eine geheime nächtliche Sitzung abgehalteu hatte, in welcher gegen den Bürgermeister als Protestantenfreund usw. loSgezogen wurde, verhinderte, daß die Leiche nach den vom Bürgermeister getroffenen Anord­nungen beerdigt werde. Dem Totengräber wurde angedroht, daß er seine Stelle verlieren würde, wenn er mit der Aus- werfung des Grabes fortfahre. So wurde denn Jllhardt in einer Ecke des Friedhofes, als ob er ein Selbst­mörder wäre, begraben. Der Bruder Jllhardts, der zur Beerdigung gekommen war und gegen die Auswahl der Grab­stätte protestierte, erhielt von den Gemeinderatsmitgliedern die mehr als verblüffende Antwort, die Leiche dürfe nicht in Reih und Glied begraben werden, weil dadurch die anderen Gräber geschändet würden!

Ausländisches.

' Rom, 15. Okt. Ein Abgeordneter der äußersten Linken der Kammer hat beschlossen, einen Gesetzentwurf zur Ver­treibung der Jesuiten aus Italien eiuzubringen.

fs Madrid, 15. Okt. Die heutige Sitzung des Munizi­palrats verlief sehr erregt. Tie republikanischen und so­zialistischen Mitglieder verliehen den Saal. Die Eröffnung der Kammer, die heute nachmitkag stattfand, ist ohne Zwischen­fall verlaufen.

Zur Hinrichtung Ferrers.

* Paris, 15. Oktober. Die Beerdigung Ferrers hat gestern aus dem sogenannten Südwestfriedhof in Barcelona stattgefunden. Beigewohnt haben der Beerdigung die greise Mutter Ferrers, die Nichte und einige Verwandte des Er­schossenen, »die mit Erlaubnis der Behörden erschienen waren. Ferrer lag in einem schwarzen, noch nicht geschlossenen Sarge in demselben grauen Anzuge, den er bei der Verhandlung getragen hatte. An den Füßen hatte er noch dieselben gelben Schuhe, die er eiligst angezogen hatte, als er in der Nacht geweckt wurde. Der Kops war in weiße Tücher eingehüllt, die vollständig blutbefleckt waren. Man bemerkte am Halse eine Schußwunde, die mit Kalk übertüncht war. Der rechte Backenknochen war durch eine Kugel eingeschlagen, das Ge­sicht war leichenfahl, die Hände waren schon ganz schwarz. Als man den Sarg aufhob, bemerkte man, daß der Tote in einer Blutlache gelegen hatte. Auf dem Weg zur Gruft tropfte das Blut aus dem Sarge. Ferrer wurde in einem Massengrab beigesetzl. Seinen Angehörigen wurde bewilligt, daß an der Stelle, wo er beerdigt wurde, ein Kreuz errichtet werden dürfe. Als sich die Erde über dem Sarg schloß, siel Ferrers Mutter in Ohnmacht. Die Unglückliche war Mittwoch vormittag 10 Uhr in Monjuich erschienen und hatte inständig gebeten, ihren Sohn noch einmal sehen zu dürfen. Ferrer war aber schon eine Stunde vorher er­schossen worden.

js Triest, 15. Okt. Während der Sitzung des Landtages hielt der liberal-nationale Abgeordnete Rascovich eine Ge­dächtnisrede für Ferrer. Alle Abgeordneten erhoben sich von den Sitzen. Der Redner schloß mit der Aufforderung, zum Zeichen der Trauer durch Verlassen des Saales die Sitzung unmöglich zu machen. Die Abgeordneten brachen in lauten Beifall aus und verließen den Saal.

* Rom, 15. Okt. Hier wird eine nationale Samm­lung veranstaltet werden, um Ferrer ein Denkmal zu errichten.

Handel und Verkehr.

' Altensteig, 16. Oktbr. Gestern und heute wurde auf dem hiesigen Bahnhof M o st o b st per Zentner zu 5.80 u. 5.50 Mk. ausgeladen.

-u. Ebhausen, 15. Okt. Aus den Nachbarorten Mon- hardt und Ebershardt wurden heute von auswärtigen Händ­lern ca. 100 Ztr. T a fel z w et s ch gen L 3 Mk. aufgekaust. Vorräte noch groß, besonders in Wart, Wenden, Ebershardl, Rotfelden und Effringen.

-u. Nagold, 14. Oktober. Obstmarkt. Zufuhr an Tafelobst (einheimische Aepfel) 50 Ztr. Preis pro Zentner 7,508 Mark. Mostobst galt 5,205,50 Mark (Aepfel); Birnen 4,505 Mk.

* Mostobstmarkt auf dem Nordbähnhos. (Marktamtlich sestgestellt.) Am 15. Okt. waren aufgestellt 226 Wagen,- davon Neuzusuhr 160 Wagen, und zwar: 98 aus Italien, 43 aus Hessen, 4 aus Oesterreich, 10 aus Frankreich, 5 aus der Schweiz. Nach auswärts sind abgegangen 48 Wagen. Preise für 1 Wagen n 10 000 Kg. Obst aus Italien 850 bis 1050 Al., aus Hessen 930 -1060 M., aus Frankreich 9001120 M-, aus der Schweiz 880900 M. Im Klein­verkauf für 50 Kg. 5.205.60 M. Marktlage: Ruhig. In der Auktionshalle von Robert Hallmayer wurden an Stelle der früheren Versteigerungen heute 22 Waggons frei­händig verkauft.

Herbstnachrichten.

* Hausen a. Z., 14. Okt. Gestern und heute lebhafter Verkauf zu 65, 68, 70 und 72 Mk. per Eimer.

* Hohenstein, 12. Okt. Einige kleine Käufe abgeschlossen, 3 Hl. zu 105 Alk.

' Bönnigheim, 14. Okt. Heute lebhafter Verkauf zu 6385 Alk. pro 3 Hektoliter.

Hebsack im Remstal, 14. Okt. Einige Käufe zu 100 Alk. per Eimer. Viel verstellt, noch Vorrat zirka 200 Hektoliter.

* llntertürkheim, 15. Okt. Beim gestrigen Verkauf von zirka 45 Hl. Portngieserweinen aus den Hchkammerlichen Weinbergen wurden für ein Hl. gelöst 4564 Mk. 3 Hl. Kammwein kosteten 45 Mk.; für 12 Hl. Auslese (faul) wurden für ein Hl. 9,512 Mk. gelöst.

' Lausen a. N., 14. Okt. Käufe zu 78, 80, 85 und 90 Mark. Verkauf lebhaft.

' Hofen, 14. Okt. Gestern wurde hier vollends aller Wein verkauft zu steigenden Preisen.

* Gemmrigheim, 14. Okt. Käufe wurden abgeschlossen zu 93, 98, 100 und 108 Mk. für 3 Hektoliter. Käufer sind jetzt willkommen.

* Kirchheim a. N., 14. Okt. Heute Verkauf sehr leb­haft. Preise von 90100 Mk. per Eimer.

" Beutelsbach, 14. Okt. Heute Käufe zu 100405 M: pro 3 Hektoliter.

" Strümpfelbach i. R., 14. Okt. Weitere Käufe zu 100 und 103 M.

* Schnait, 14. Okt. Preise unverändert 107115 M. pro 3 Hektoliter.

' Neipperg, 14. Oktbr. Heute wurden Käufe zu 105 M. pro 3 Hektoliter abgeschlossen.

* Flein, 14. Okt. Heute die ersten Käufe für Rotwein zu 105 M. für 3 Hektoliter.

Nora«rsi»trlch«- Wett«r

am Sonntag, den 17. Oktober: Bewölkt, Regenfälle mäßig kühl.