für den Neubau der Ersten Kammer 195 500 Mk. In der Debatte wurde betont, daß es gelungen sei, für das Bildhaueratelier, dessen Schaffung allmählich eine dringende Notwendigkeit geworden sei, eine hervorragende Kraft als Lehrer zu gewinnen. Der Erste Nachtrag zum Etat betr. Aenderung der Vorschriften über den Bezug des Wohnungsgeldes — die Wohnungsgeldklasse bestimmt sich nach dem Amtssitz des Beamten — wurde genehmigt, ebenso der Etat für Wildbad und der zweite Nachtrag der für den Kursaalbau in Wildbad 250 000 Mk. fordert. Wasner (Soz.) wünschte mehr Reklame für Wildbad in der ausländischen medizinischen Literatur. Finanzminister v. Geßler gab zu, daß für Reklame noch etwas mehr geschehen könne. Immerhin komme für Wildad, das in' der Hauptsache ein Bad für Kranke sei, die Reklame nicht so sehr in Betracht. Käß (V.) vertrat einen ähnlichen Standpunkt. Haußmann (V.) betonte, daß man alle Veranlassung habe, für das Land im ganzen eine zweckmäßige würdige Reklame zu machen. Minister v. Geßler teilte diese Anschauung. Die Beratung einiger Eingaben wurde auf morgen verschoben; außerdem soll morgen das Notgesetz beraten werden. Hierauf werden die Plenarberatungen abermals unterbrochen werden, um der Finanz- und Volksschulkommission Gelegenheit zur Erledigung ihrer Arbeiten zu geben. Am kommenden Montag sollen dann die Plenarsitzungen wieder beginnen. Schluß der heutigen Sitzung um 5 Uhr.
Landesnachrichtrn.
Besenfeld, 27. Juli. (Korr.) Schreinermeistcr Hirche hier erhielt Heuer von einem Stock 6 Schwärme. Der erste Schwarm brachte ihm 2 weitere Schwärme, von denen jeder viel Volk besitzt.
ss Wildberg, 22. Juli. Vor einigen Wochen kam der Bierführer Faul unter seinen beladenen Wagen und zog sich schwere Verletzungen am Kopfe zu, denen er jetzt im Alter von nur 42 Jahren erlegen ist. Er hinterläßt eine Frau und sechs unversorgte Kinder. — Am Samstag brannte der Trockenraum der hiesigen Papierhülsensabrik aus.
js Oberndorf, 27. Juli. Heute nacht kurz nach zwölf Uhr brach in dem Hause des Glasermeisters Baumeister hier Feuer aus, das so rasch um sich griff, daß das Gebäude binnen kurzem vollständig niedergebrannt war. Den Bewohnern gelang es kaum, das Notwendigste in Sicherheit zu bringen. Ein sechsjähriges Töchler- chen des Schriftsetzers Schänzle, das oben im Hause schlief, konnte nicht mehr gerettet werden. Es kam in den Flammen um. Schänzle ist nicht versichert. Die Entstehungsursache des Brandes ist bis jetzt nicht bekannt. Der Besitzer des Hauses wurde vorläufig in Haft genommen.
jj Oberndorf, 27. Juli. Das Kind des Schriftsetzers Schänzle ist als Leiche unter den Trümmern des abgebrannten Hauses aufgefunden worden. Es ist in seinem Bette erstickt und dann verbrannt.
* Stuttgart, 27. Juli. Die Jubelfeiern der großen Berufs-Organisationen mehren sich in dieser Zeit. Nachdem zwei kaufmännische Verbände ihr 50jähriges und 25jähriges Bestehen feiern konnten, folgte vor kurzem der Werkmeister- Verband und am 1. August besteht auch der Deutsche Techniker-Verband 25 Jahre. Der Deutsche Techniker-Verband ist in dieser Zeit zu einer Organisation von 27 000 Mitgliedern herangewachsen. Das Schwergewicht seiner Tätigkeit liegt neben der Pflege von Wohlfahrtseinrichtungen für seine Mitglieder, Uneben der Behandlung der Bildungsfrage des Technikers auf der Vertretung der wirtschaftlichen Interessen des technischen Berufsstandes. Er genießt in der Vertretung dieses Programmes das Vertrauen der gesetzgebenden Körperschaften und der öffentlichen Meinung. Aus
das Jubiläum des Verbands werden wir noch zu sprechen kommen, wenn die Denkschrift, die der Verband herausgibt, uns vorliegen wird.
ss Stuttgart, 27. Juli. Eine Sitzung des Landesaus- schuffes deswürttembergischenBundes für Handel und Gewerbe fand gestern im Terrassensaale des Stadtgartens statt, bei welcher nach eingehender Beratunn folgende Erklärung die gegen den Hansabund gerichtet ist, einstimmig angenommen wurde: Der Hansabund für Gewerbe, Handel und Industrie ist eine Gründung des Zentralverbandes des deutschen Bank- und Bankiergewerbes und des Zentralverbandes deutscher Industrieller. Diese Kreise haben ihren maßgebenden Einfluß in den Handelskammern und beim deutschen Handelstag jederzeit dazu benützt, die Forderungen des kaufmännischen und gewerblichen Mittelstandes niederzustimmen. Auch der Verlauf der Berliner Gründungsversammlung und der Stuttgarter Versammlung des Hansabundes hat mit wünschenswerter Deutlichkeit gezeigt, daß es sich bei diesen Bestrebungen im wesentlichen um den Schutz und die Bewegungsfreiheit des mobilen Kapitals und der Großbetriebe aller Art (Warenhäuser, Konsumvereine, Großmühlen, Wanderlager, Hausierer usw.) handelt. Eine Förderung der Interessen des Detailhandels und des Handwerks kann hierbei als ausgeschlossen gelten. Es liegt daher eine Stärkung des Hansabundes nicht im Interesse der Detailkaufleute und Handwerksmeister. Diese tun vielmehr gut daran, ihre eigenen Berufsorganisationen durch ihren Beitritt zu unterstützen.
js Urach, 27. Juli. Einen unerfreulichen Besuch hatte der Zimmermeister Binder in Gruorn, während er auswärts, seine Frau auf dem Felde war. Es wurde bei ihm eingebrochen und über 500 Mark gestohlen. Der Dieb fand das Versteck des Hausschlüssels und gelangte so leicht ins Haus.
js Göppingen, 27. Juli. Gestern mittag gegen 3 Uhr kam der Fuhrknecht von Fuhrmann Müller unter das Rad seines Fahrzeugs. Er wurde tot vom Platze getragen.
1s Unterriffingen, OA. Neresheim, 27. Juli. Beim letzten Gewitter schlug der Blitz in das Haus des Bauern Johannes Bosch in Oberriffingen ein' sofort stand das ganze Haus in Flamme n. Das Vieh konnte aus dem Stall getrieben werden. Die Häuser des Josef Pseilmeier und Josef Kuchler, die auch Feuer fingen, wurden gerettet.
1s Kornwestheim, 27. Juli. Auf dem Neubau der Schuhfabrik Sigle und Cie. gerieten gestern vormittag zwei Männer in Streit, in dessen Verlauf es M Tällichkeitrn kam. Der eine von ihnen griff, nachdem er selbst zuvor einen Schlag erhalten hatte, zu einer Eisenklammer und schlug sie seinem Gegner dem 30 Jahre alten, verwitweten August Schneider mit solcher Wucht über den Kops, daß eine schwere Verletzung entstand, und Schneider, der sofort bewußtlos geworden war, von dem zwei Stock hohen Gerüst ab stürzte, wobei er noch einen Schlüsselbeinbruch erlitt.. Schneider wurde ins Bezirkskrankenhaus Ludwigsburg übergesührt. Der Täter wurde sofort entlasten und sieht seiner gerichtlichen Bestiafung entgegen.
1s Essinge« OA. Aalen, 27.. Juli: Während eines Gewitters schlug der Bli tz in das Haus des Bauern Andreas Mack auf dem nahen Sandberg und zerstörte das stattliche Anwesen. Das Vieh konnte glücklicherweise gerettet werden. Dagegen ist sämtliches Fahrnis, sowie die großen Futtervorräte verbrannt. Der Abgebrannte ist versichert.
Vom „Z. 2".
1s Friedrichshafen, 27. Juli. Heute fand in Manzell ein Probeaufstieg des reparierten Luftschiffes „Z. 2" statt. Das Luftschiff wurde um 3 Uhr 15 Minuten aus der Halle gebracht und fuhr von Manzell über Friedrichshasen nach dem Hohentwiel und zurück, über Konstanz nach der Halle, wo es nach 3 ständiger, wohlgelungenrr Fahrt um 6 z Uhr glatt landete.
* Friedrichshasen, 27. Juli. Der heutige Aufstieg ist insofern von Bedeutung, als die Herren der Reichskommission Geheimrat Lewald und Professor Her gesell dabei anwesend waren. Graf Zeppelin hatte mit Oberingenieur Dürr in der vorderen Gondel Platz genommen. Die Fahrt nach dem Hohentwiel und zurück, etwa 120 Kilometer, ist sehr gut verlaufen.
Is Friedrichshafen, 27. Juli. Wie die Luftschiffbau Zeppelin G. m. d. H. mitteilt, wird, falls keine unvorhergesehenen Ereignisse eintreten, das Luftschiff Z. 2 in der Nacht vom Freitag auf Samstag die Fahrt nach Frankfurt antreten, wo es voraussichtlich gegen Samstag nachmittag eintreffen wird. Die Fahrt wird voraussichtlich über Nlm-Stuttgart-Heidslberg-Darmstadt gehen. Nach einer Landung nebst Aufenthalt auf der Jla in Frankfurt wird das Luftschiff -in der Nacht vom Sonntag zum Montag die Fahrt nach Köln fortsetzen. Graf Zeppelin wird das Luftschiff selbst führen.
Eröffnung der Stuttgarter Kraftanlage ber Münster und Poppenwriler.
1s Stuttgart, 26. Juli. Was der Geist moderner Wissenschaften kühn ersonnen, das bewies in glänzender Weise der heutige Tag der Erö ffnun g s f e i e r der neuen Kraftanlagen des städtischen Elektrizitätswerks bei Münster und P o p p e nw e il e r, an dem eine neue und wichtige Etappe auf dem Gebiet kultureller Fortentwicklung für die Stadt Stuttgart erreicht ist. Ein langer, aus ungefähr 30 Fuhrwerken bestehender Wagenzug bewegte sich heute mittag bei günstigem Wetter durch die vom letzten Gewittersturin in Milleiden! chast gezogenen Anlagen durch das Neckartal zunächst nach Münster. Der freundlichen Einladung der Stadtverwaltung waren viele Mitglieder staatlicher und städtischer Behörden, des Gemeinderats- Bürgerausschusses und der Presse gefolgt.. In dem Elektrizitätswerk bei Münster hieß zunächst: Gem.-Rat Dr. Mattes die Anwesenden herzlich willkommen und warf sodann einen geschichtlichen Rückblick auf die fortschreitende Entwicklung der elektrischen Kraftanlagen, Der Direktor des städtischen Elektrizitätswerks, Ehrhardt, gab darauseine anschauliche Darstellung der weitläufigen, technischem Anlagen, die von den Anwesenden in allen Einzelheiten besichtigt wurden. Die wichtigsten und modernsten Errungenschaften der Technik sind hier in ausgezeichneter Weise verwertet worden. Die Kohlenznfuhr, die Keffe-lanlagen und die gewaltigem Maschinen des Elektrizitätswerkes bei Münster bilden fortan, eine bedeutende Sehenswürdigkeit für alle, die den Wellenschlag des mächtig pulsierenden Zeitalters der Technik auf sich wirken lassen wollen. Von Münster ging es weiter an Weinbergen vorbei, immer dem Mckar entlang, durch Mühlhausen mit der alten Veilskapelle und dein Palm'scheii Schloß, quer über die fruchtbaren Aecker Mdingen's in die anmutige Landschaft r-on Neckargröningen, Gegen 3 Uhr war das Wehr bei Poppenweiler erreicht. Zum ersten Mal in Württemberg ivtirde hier der Walzenverschluß zur Anwendung gebracht. Ter ungefähr iLz Kilometer lange Werkkanal bildet gleichzeitig den zuerst vollendeten Teil des zukünst igenGr oßs chi ffa hr lsw egesHe ilb ronn- Cannstali. Das Turbinenhaus und die Maschinenhalle repräsentieren sich als Musterbetriebe, die ganz hervorragende technische Einrichtungen in sich bergen. Es ist unmöglich, das geniale Werk im engen Rahmen eines kurzen Situations- berichts anschaulich darzustellen. Ter praktische Blick allein kann sich bei der Besichtigung der umfassenden Anlagen davon überzeugen, welch ein technisches Meisterwerk an den Usern des Neckars wieder der Natur abgerungen worden ist. In sämtlichen Räumen des Wohnhauses waren Tische ausgestellt, an denen den Gästen der Stadl ein Imbiß geboten wurde. Während desselben wurden verschiedene Ansprachen gehalten. Um 7 Uhr ivurde die Heimfahrt
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Kleinmut und Verzagtheit geht nicht aus dem Gewichte der Drangsal, sondern ans der Schwäche des Gemütes hervor.
Chrysostoinus.
Unter dem Gesetze.
Roman von H. v. S ch r ei b e r s h o fe ck.
Nachdruck verboten.
Lina sah sie erst vervtttffr an, dann schüttelte sie die Schwester „Kind Gottes, so willst du aus lauter hochgestimmten, edlen Gefühlen dich und Ehrhardt unglücklich machen, um Vaters Marotte nicht —"
„So darfst du es nicht nennen, Lina!"
Lina weinte fast vor Empörung. „So wasche ich meine .ftände in Unschuld Bist du wahnwitzig genug — es ist ja lauter Unsinn — nun meinetwegen, aber ein zweitesmal stehe ich dir nicht bei, das versichere ich d>r. So, ich wecke Tante, da ist die Tischglocke."
Lina schlüpfte hinaus und laut aufweinend sank Alharda zusammen Auch Lina wendete sich gegen sie; wo sollte sie noch Teilnahme suchen?! . . . Sie brachte doch ein Opfer, riesenschwer, riesengroß. . . . Ein gezwungener Verzicht ist wohl schwer, aber sie sollte freiwillig entsagen, . . . Hatte Großvater Ellern recht? . . Jetzt in der Einsamkeit, allein mit ihren kummervollen Gedanken, mußte sie seine Ansicht für ebenso hart und grausam halten wie die ihres Vaters. Ihr schien der Anspruch eines fleckenlosen, idealen Stammbaumes, eines toten B 'nsfs, in keinem Verhältnisse zu dem Opfer ihre^ frischen, lebendigen Glückes zu stehen.
Die Wohltat ruhigen Versenkens in den Schmerz ward Alharda nicht gegönnt Die Warnitzschen Töch. ter waren nicht gewöhnt, sich gehen zu lassen, die äußeren Dörmen mußten gewahrt werden. Sobald die Tischglocke zum zweitenmal anschlug, raffte sie sich aus und ging hinab.
Dräulein von Bar begrüßte sie mit einer allge meinen Redensart über die Gefahr, -sich in den Bergen zu verirren. Damit war die Sache abgetan. Fragen oder Vorwürfe blieben aus zu Alhardas Erleichterung und Linas Verwunderung.
Graf Seehausen unterhielt die alte Dame angelegentlich; die jungen Mädchen hatten Zeit, sich ihren Gedanken binzngeben
7 Kapitel.
„Für zwei Leutebetten sorgen," war der Zusatz zu dem seine Rückreise von Berlin ankündigenden Telegramm von Warnitz.
Frau von Warnitz war erstaunt, als sie aber die blaffe Frau und das klägliche Kind sab, sagte sie aus innerster Ueberzeugung: „Das hast du sehr recht gemacht, lieber Mann, wir müssen für die arme Frau sorgen "
. n dem liebevollen Blicke der noch sehr hübschen Frau lag die einen Hausvater stets erfreuende Anerkennung, die er verlangt, deren Fehlen ihn tief verletzt und gewöhnlich zum Aerger reizt.
In einem Nebengebäude ward der Frau eine kleine Stube eingeräumt. Sie erhielt leichte Arbeit; sie sollte sich selbständig fühlen, sich ihren Unterhalt selbst verdienen. Das Kind erholte sich zusehends, Herr von Barnitz freute sich seines schnellen Zugreifens.
Frau von Warnitz sprach der Frau ihre Teilnahme Iber den Tod ihres Jungen aus. Eine Mutter verteilst die andere am besten
Die Frau wischte sich die Augen. „Es ist bester w, gnädige Frau. Ich möchte ihn nichi wieder haben. Was hätte ihn das Leben wohl alles gelehrt!"
Diese Auffassung konnte die Gutsherrin nicht teilen. aber sie meinte, die Wunde sei noch zu frisch; sie wollten später nochmals darüber sprechen.
Sobald Herr von Warnitz wieder abkommen konnte, suchte er den Mann in dem Zuchthause W . . . . auf, wo er interniert war.
Es tat ihm leid, der Ueberbringer der schweren Trauerbotschaft zu sein, hielt es aber für Pflicht, da er sich einmal der Familie angenommen hatte.
Der Mann war anscheinend ergeben, doch meinte Warnitz, etwas Unruhiges, Sehnsüchtiges in seinem Blicke zu bemerken, das er wohl begriff und sich erklären konnte, das ihm aber auch eine geheime Sorge wachrief.
Er erkundigte sich nach seiner Führung.
Man lobte den Mann, nur müsse man immer aus leidenschaftliche Schmerzensausbrüche sowie Anfälle von Reue und Verzweiflung gefaßt sein. Sein Temperament mache ihm zu schaffen und sei schwierig zu bekämpfen. Aber dafür sei er weder heimlich noch versteckt.
Schonend teilte ihm Herr von Warnitz den Tod des Knaben mit, beschrieb ihm das Kranksein und war hernach durch den ungestümen Jammer des Mannes aufs tiefste erschüttert.
Welch innige, tiefe Liebe hatte dieser Unglückliche für seine Familie! Gewiß, es war noch Gutes in ib"'., er war nicht ganz schlecht. . . .
Er erinnerte den Mann an sein noch lebendes Kind, das noch Ansprüche an seine Liebe habe, sprach von seiner Frau. Einen Augenblick schwankte er, ob er ihm den Aufenthaltsort der Frau nennen solle, schwieg aber darüber — er konnte sich nicht entschließen, der Wohltat zu erwähnen, die dem Manne und