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Nusgabeort Altensteig-Stadt.

Gouutag, ds« 87. Jimi.

Amtsblatt für Pfalzgrasenweiler.

ISttS.

Wochen-Rundschau.

Aus dem Landtage.

Die Beratung des Eisenbahnetars in der Abgeordneten^ kammer ist diesmal sehr gründlich gewesen, und es find da­bei mancherlei Dinge von großer Bedeutung berührt worden. Las ist nur natürlich, denn die Eisenbahnen sind das Schmerzenskind Württembergs. Sie sollten eigentlich und von Rechtswegen dem Staatssäckel etwas einbringen, aber sie decken zur Zeit nicht einmal mehr die Auswendungen sür die Verzinsung des Anlagekapitals. Das drängt von selbst dahin, auf Mittel und Wege zur Verbesserung zu sinnen. Wahrscheinlich wird es in nicht zu ferner Zeit zu einer Erhöhung der Tarife mindestens für die vierte Klasse von 2 aus 2,3 Psg. kommen. Von dem Kommissions­berichterftatter v. Kiene (Z.) wurde ein dahingehender Vorschlag gemacht, und Ministerpräsident v. Weizsäcker zeigte sich ihm nicht abgeneigt. Einstweilen muß man freilich abwarten, was etwa bei der Reichssinanzreform aus der Fahrkarien- steuer gemacht wird. Die Vertreter der Fraktionen äußerten sich über diese Frage nicht, gemäß einem Beschlüße, die Tariffrage bis zum Abschluß des Eisenbahnetats zurückzu- fiellen. Weiterhin wurde viel über die Güterwagengemein­schaft und was damit zusammenhängt, gesprochen. Minister­präsident v. Weizsäcker wies dabei die laut gewordenen Klagen als ungerechtsertigr oder übertrieben zurück und sprach die Hoffnung aus, daß die Güterwagengemeinschaft, die eine Forderung des gesunden Menschenverstandes und ein Produkt des finanziellen Bedürfnisses sei, noch weiter führen werde. Im übrigen teilte der Ministerpräsident mit, daß der Reinertrag der Staatsbahncn etwas günstiger sei, als zu Anfang des Jahres 1908 erwartet wurde; immerhin verbleibe noch ein Fehlbetrag von 2 480 000 Mk., der jedoch aus dem Reservefonds der Eisenbahnen gedeckt werden könne. Tie Hoffnung des Ministerpräsidenten auf eine weitere Ent­wicklung der Gemeinschaftsidee wurde von verschiedenen Rednern aufgegriffen und geteilt. Namens der Deutschen Partei erklärte Abg. v. Balz, es müsse noch einmal ausge­sprochen werden, daß es zahlreiche Stimmen gebe, die ge­neigt wären über eine Betriebsmittelgemeinschaft hinaus­zugehen. Je größer die Gemeinschaft, desto größer auch der Vorteil. Alan könne auch eine andere Form finden, als die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft, eine Form, die konstitutionelle Bedenken ausschließe. Die Deutsche Partei halte es für richtig, aus politischen, wirt­schaftlichen und finanziellen Gründen die Gemeinschaft weiter auszubauen. Unsere Selbständigkeit habe nur das Ergebnis, daß wir unser Difizit decken dürfen. Namens des Zentrums erklärte Abg. v. Kiene, seine Partei sei für die Betriebsmittel gemeinschaft, aber aus konstitutionellen, politischen und volks­wirtschaftlichen Gründen gegen eine Finanz- und Betriebsge­meinschaft. Schließlich wurden die Anträge der Finanzkom­mission angenommen, die dahingehen, auf eine Beseitigung der bezüglich der Güterwagengestellung laut gewordenen Klagen hinzuwirken, die Angliederung der Generaldirektion der Eisen­bahnen und der Post an das Ministerium des Auswärtigen oder an ein zu bildendes Verkehrsministerium in Erwägung Zu ziehen. Eine längere Erörterung gab es weiterhin über die Bahnhofsbauten, namentlich den Stuttgarter, und die Stellung der Techniker. In dieser Beziehung wurde manches bemängelt und was der Ministerpräsident dagegen anführte war nicht durchweg überzeugend. Beispielsweise bleibt es eine merkwürdige Sache, daß dem Techniker, der die Pläne für den Stuttgarter Bahnhofsbau gemacht hat, Pläne die das Reichseisenbahnamt als mustergültig bezeichnet hat, nicht auch die Bauleitung übertragen worden ist, sondern einem anderen Techniker. Die Erste Kammer wird am 30. Juni

zusammentreten, und man nimmt an, daß sie dann bis zum Schlüße des Landtags voraussichtlich Mitte August! beisammen bleiben wird. 'Zu erledigen hat sie ja noch eine ganze Menge Stoff.

Die Finanzlage Württembergs.

Der Berichterstatter der Finanzkommission der Ersten Kammer Geh. Rat v. Schall hat einen sehr gründlichen Ueber- blick über den Staalshaushaltsetat und die allgemeine finan­zielle Lage des Landes verfaßt, der mancherlei beherzigens­werte Fingerzeige gibt. Er weist daraus hin, daß der Fehl­betrag im Etat sich auf 17 Millionen beläuft, womit unsere Finanzlage einen bis jetzt wohl noch nicht dagewesenen Tief­stand erreicht habe. Geh. Rat v. Schall seht eingehend aus­einander, daß die ganze Etatsaufftellung unzulänglich ist, und macht Vorschläge einer Verbesserung. Er geht dann den Ursachen der schlechten Finanzlage nach und findet sie nament­lich in den großen Bauforderungen und in der übermäßigen und wachsenden Inanspruchnahme von Kreditmittel und in Verbindung damit das Anschwellen der Staatsschuld. Für die Kräftigung und Stärkung ver Finanzen seien neben der Selbstbeschränkung in der Steigerung der Ausgaben ebenso wesentlich eine pflegliche, auf möglichste Ergiebigkeit bedachte Verwaltung der vorhandenen oder neu zu gewinnenden Ein­nahmequellen. Durch Erhöhung der bestehenden Steuern werden die Fehlbeträge kaum mehr gedeckt werden können. Steigerung der Einnahmen aus dem Kammergut und den Eisenbahnen müssen angefirebt werden.

Die Finanzreform-Krisis.

Nun wird seit der vorigen Woche im Reichstage über die Finanzresorm verhandelt, und diese Verhandlungen sind dazu bestimmt, endlich, endlich nicht nur Klarheit zu bringen, sondern auch eine Entscheidung, aber bis jetzt ist weder das eine noch das andere eingetreten. Zm Gegenteil, die Si­tuation ist womöglich noch verworrener, noch kritischer ge­worden. Seit das Deutsche Reich besteht, hat man kaum etwas ähnliches erlebt. In einem freilich haben die De­batten schon sehr bald vollkommene Klarheit ergeben, nämlich darin, daß von dem Ausgang dieses Kampfes um die Reichs­sinanzreform das Verbleiben des Fürsten Bülow im Amte abhängt. Er selbst hat in der Rede, mit der er am Mitt­woch voriger Woche die Debatte über die Ersatzsteuern der Regierung einleitete, gar keinen Zweifel darüber gelassen, daß er entschlossen ist, zurückzutreten, wenn die Finanrzreform in der Art der Beschlüsse der konservativ-klerikal-polnischen Rumpfkommission vom Reichstage gestaltet werden sollte. Fürst Bülow hat namentlich erklärt, daß die verbündeten Regierungen, nicht etwa er allein, an der Erbanfall­steuer festhalten. Es sei eine Pflicht ausgleichender Gerech­tigkeit, 500 Millionen Steuer nicht nur auf die Mittelklasse, und die Minderbemittelten zu legen, sondern auch den Besitz entsprechend heranzuziehen. Eine Finanzreform, wie sie die Konservativen und das Zentrum im Sinne haben, will Fürst Bülow nicht mitmachen. Er will eine Durchsetzung der Fi­nanzreform gegen die Liberalen ebenso wenig mitmachen, und er hat dabei zur Begründung seines Standpunkts die Be­deutung des Liberalismus sür das Staatsleben eindringlich hervorgehoben. Freilich hat er, damit das Lob und die An­erkennung nicht allzu arg gen Himmel schreien, eine Kritik des Liberalismus angeschloffen, die sich gegen seinen Doktri­narismus, gegen sein Kleben am Programm wandte. Der ausgleichenden Gerechtigkeit wegen hat er es übrigens den Konservativen ähnlich gemacht. Er hat noch einmal seine Verdienste um die Landwirtschaft gerühmt und sein gut agrari­sches Herz bloßgelegt, beinahe rührend, aber dann beklagte er die Haltung der Konservativen bei der Reichssinanzreform und ermahnte sie, abzulassen von diesem Tun, das in der Zukunft sich noch einmal bitter rächen werde. Er erklärte

auch, daß er sich den Konservativen ebensowenig unterordnen könne wie einer andern Partei. Sehr scharf äußerte er sich über das Zentrum; hier ist das Tafeltuch ein für allemal zerschnitten. Fürst Bülow und das Zentrum werden nie wieder zusammen arbeiten. Freilich erklärte der Reichs­kanzler, daß er durchaus nicht den Wunsch gehabt habe noch habe das Zentrum bei der Finanzreform auszuschalten; das Zentrum selbst ist es gewesen, das sich seine Stellung ge­sucht hat. Fürst Bülow wies zum Beweise dafür, wie weit das Zentrum in seiner Feindschaft gegen ihn, den Reichs­kanzler, geht, darauf hin, daß es sogar die gesellschaftlichen Beziehungen zu ihm abgebrochen habe. Im Ganzen war die Rede des Reichskanzlers ein Ultimatum. Bleiben die Kon­servativen bei ihrer Haltung und wird die Erbschaftssteuer zu Fall gebracht, so wird Fürst Bülow sich die Frage vor­legen, ob er nicht einem Nachfolger Platz machen soll. An­nehmen wird er eine solche Finanzreform nicht. Allerdings ist das nur eine Seite der Frage, denn es handelt sich nicht um den Fürsten Bülow allein, sondern es handelt sich um die verbündeten Regierungen. Was werden sie tun? Das ist die Frage. Der Inhaber des Reichskanzlerpostens kann wechseln, die verbündeten Regierungen aber bleiben, und sie haben sich darüber zu entscheiden, welche Finanzreform sie schließlich annehmen wollen und welche nicht. Nach allen Aeußerungen, die von dem Reichsschatzsekretär sowohl wie von den einzelstaatlichen Finanzministern im Reichstage ge­macht worden sind auch der württembergische Finanz­minister von Geßler hat eine sehr eindringliche Rede ge­halten beharren die verbündeten Regierungen durchaus auf der Erbanfallsteuer und sie weisen zugleich das Programm der konservativ - klerikal - polnischen Koalition in seinen wichtigsten Teilen, wie die Kotierungssteuer auf Wertpapiere, entschieden von der Hand. Aber auf denneuen Block" macht das keinen Eindruck. Er bleibt auf seinem Stand­punkt stehen und erklärt einmal unter keinen Umständen, die Erbschaftssteuer anzunehmen und zu anderem auf die Kotierungssteuer nicht zu verzichten. Man kleidet das in die Formel, daß die Besitzsteuer das mobile Kapital treffen müsse, namentlich das mobile Kapital an der Börse. Das letzte ist ohne Zweifel sehr geschickt, denn die Börse hat wenig Freunde in den weitesten Kreisen, und es ist immer sehr populär, sie schärfer heranzuziehen. Von sehr sachver­ständigen Leuten, wie dem preuß. Finanzminister v. Rhein­baben, der konservativ bis in die Knochen ist, dem Reichs­bankpräsidenten Havenstein und vielen anderen, ist darauf hingewiesen worden, daß die vorgeschlagene Kotierung schwerwiegende Folgen haben müsse. Dem wird nun aber wieder entgegengehalten, daß man über Einzelheiten ja reden könne, daß man Verbesserungen schaffen könne: aber bei dem Prinzip müsse es bleiben. Der Hauptredner der Kon­servativen, Graf Westarp, hat insonderheit auch dem Fürsten Bülow eine Absage erteilt, und zugleich versucht, den Libe­ralen alle Schuld beizumessen. Er sagte, daß in einem früheren Stadium ein Teil der Konservativen wohl für die Erbschaftssteuer zu haben gewesen wäre, aber damit sei es nun, da die Liberalen bei den Verbrauchssteuern kein Ent­gegenkommen gezeigt hätten, vorbei. Jetzt hätten sich die Konservativen mit dem Zentrum zusammengefunden, und sie seien entschlossen, weiterhin im Einvernehmen mit dem Zentrum zu handeln. Damit wollten sie den Fürsten Bülow beileibe nicht stürzen; aber in Wirklichkeit kommt es doch darauf hinaus, daß den Konservativen nichts mehr daran liegt, ob der Reichskanzler geht oder bleibt. Die Vorwürfe gegen den Liberalismus wurden von dieser Seite nachdrücklich zurückgewiesen. Der Führer der Nanonalliberalen, Basfermann, erklärte, daß seine Partei geschlossen für die Erbschaftssteuer eintrete und sich unter keinen Umständen auf die Vorschläge der Rumpf­kommission einlassen will. Die Rede Bassermanns war namentlich deshalb wichtig, weil sie den Hoffnungen der Rechten, die nationalliberale Partei, mindestens einen eilT