König und sein Gefolge in der Nähe eines Bierkellers bei Langenau. Der König und sein Generaladjutant General v. Bilfinger beobachteten von dort aus die Entwicklung des Gefechtes. Eine Menge „Manöverbummler" hatte sich natürlich in der Nähe der Königsstandarte angesammelt; die seltene Gelegenheit, unseren König zu sehen, wollte sich keiner entgehen lassen. Ein Herr benützte einen günstigen Augenblick zur photographischen Aufnahme des Königs. Als der Apparat „knipste," wandte sich der König zu dem Herrn mit den Worten: „Nun, haben Sie mich bekommen ?" Als von dem überraschten Herrn die Frage bejaht wurde, sagte der König;: „Ei, da müssen Sie aber auch den Jungen dort mit der Standarte auf die Platte zaubern!" Ein kleiner Kerl mit einer mächtigen Pelzkappe trug stolz die Königsstandarte, die im Manövergelände den jeweiligen Standort des Königs bezeichnet. Ein Adjutant holte flugs den Knirps herbei und unter schallender Heiterkeit des Königs und seines Gefolges erfolgte die Aufnahme des Jungen, der eine köstliche Grimasse schnitt. Der König erbat sich ein Bild nach Bebenhausen, wo sich zur Zeit das königliche Hoslager befindet.
ff Münfingen, 30. Sept. Zur technischen Einübung des Pionier- und Jnfanterieangriffs aus ein Fort oder eine ausgebaute Feldstellung ist aus dem Truppenübungsplatz ein Uebungssort erstellt worden. Mach anderthalbjähriger Bauzeit vollendet, soll es hauptsächlich solchen Regimentern Gelegenheit zur Einübung eines Festungsangriffs geben, deren Standort eines ähnlichen Objekts ermangelt. Das nächtliche Heranarbeiten und die Ueberwindung der Hindernisse wird vom nächsten Jahr ab in den Uebungsplan der auf dem Truppenübungsplatz zu erledigenden Dienstperiode ausgenommen. Das Uebungsfort hat zur Erinnerung an den früheren Kommandierenden des 13. Armeekorps, General der Infanterie v. Hugo, den Namen „Feste Hugo" erhalten.
Der Arbeitsmarkt in Württemberg.
js Stuttgart, 30. Sept. Das Städtische Arbeitsamt Stuttgart buchte im Monat August 7417 offene Stellen, 8946 Arbeitsuchende und 5236 Vermittlungen. Hievon entfallen auf männliche Personen 3930 offene Stellen, 6402 Arbeitsuchende und 3019 Vermittlungen, auf weibliche Personen kamen 3448 offene Stellen, 2536 Arbeitsuchende und 2212 Vermittlungen, lieber die Lage des Arbeitsmarkts spricht sich das Arbeitsamt sehr pessimistisch aus. Auf Grund der vorliegenden Ziffern kommt das Amt zu dem Schluß, daß sich die Verschlechterung des Arbeitsmarkts noch weiter entwickelt hat. Die Zahl der auf 100 Stellen entfallenden Arbeitsuchenden stieg von 142,3 im Juli auf 162,9 im August. Die beiden Vorjahre zeigten zwar in den angezogenen Monaten dieselbe Tendenz, jedoch lange nicht in dieser raschen Steigerung und namentlich nicht in der absoluten und relativen Zahl der Arbeitsuchenden. — Das Herbstgeschäft muß einen erheblichen Aufschwung bringen, sonst gehen die Arbeiter einem bösen Winter entgegen. Graf Zeppelin und sein Werk.
fj Stuttgart, 30. Sept. Wie die Württemberger Zeitung von der Allgemeinen Rentenanstalt erfährt, hat die Zeppelinspende mmmehr die fünfte Million überschritten. Dasselbe Blatt teilt, gleichlautend wie der Schwäbische Merkur, mit, daß von einem demnächstigen B e - suche des Kaisers in Friedrichs Hafen in Hofkreisen nichts bekannt, sei.
Erzabt Wolter und Prälat Kneipp.
1s Aus Hohenzollern, 30. Sept. Ter kürzlich verstorbene Grzabt des Klosters Beuron, Plazidus Wolter hat es veranlaßt, daß das Kneippsche Handwerk „Meine Wasserkur" überhaupt geschrieben worden ist und das Licht der Welt erblickt hat. Kneipp war nämlich fest entschlossen, über seine
Beobachtungen aus dem Gebiete des Wasserheilverfahrens keine Zeile und keine Silbe zu schreiben, sondern alle seine darauf bezüglichen Erfahrungen sollten mit seinem „modernden Körper in die Grube fahren". Da war es der Erzabt Plazidus Wolter, der es eine Sünde gegen die Nächstenliebe nannte, wenn Kneipp mit dieser Unterlassung von der Weltbühne scheiden würde; hauptsächlich das Interesse armer, verlassener Kranker auf dem Lande möge ihn doch veranlassen, seine Heilmethode zu veröffentlichen. Aber Kneipp hatte große Abneigung gegen alles Schreiben; zudem befand er sich bereits in einem Alter, in dem Körper und Geist sich nach Ruhe sehnen (er war damals 65 Jahre alt.) Als Kneipp immer noch mit der Zusage zögerte, versprach ihm der Erzabt, er werde ihm jemand schicken, der die Niederschrift besorgen solle. Und der Erzabt schickte ihm einen tüchtigen Benediktinerpater aus dem Kloster Seckau, der dann Kneipps Gedanken getreulich zu Papier gebracht hat. Heute liegt das vielgelesene Buch in 79 Auflagen vor und ist, in verschiedene fremde Sprachen überseht, in mehr als 450 000 Exemplaren über die ganze Erde verbreitet.
* Pforzheim, 30. Sept. In vergangener Nacht ereignete sich hier ein schwerer Auto m o b i l u n fa ll. Beim Umlenken geriet ein Automobil zu nahe an die Böschung die nur provisorisch abgesperrt war und stürzte einen 15 Meter hohen Abhang hinab. Die Insassen wurden herausgeschleudert. Zwei derselben blieben unverletzt, während der dritte mit dem Kopf auf einer Steinplatte aufschlug und schwer verletzt liegen blieb. Er wurde ins Krankenhaus überführt, erlag aber auf dem Wege dorthin seinen Verletzungen.
' Konstanz, 30. Sept. In dem nahen Kreuzlingen wurde heute nacht der Landjäger Hagen von dem Maurer Bechler erschösse n. Bechler, ein dem Trünke ergebener Mensch, hatte mit seinen Angehörigen Streit. Ter zu ihrem Schutze herbeigeholle Landjäger wollte Bechler auf die Wache bringen. Auf dem Wege dahin gab Bechler zwei Revolverschüsse auf den Landjäger ab, von dem der eine in die Herzgegend tödlich war. Der Täter wurde verhaftet.
* Berlin, 30. Sept. Im neuen Etat wird, einer Korrespondenz-Meldung zufolge, eine Forderung von 1 0 st'z Millionen Mark für Unterseeboote enthalten sein.
ff Berlin, 30. Sept. Der Lokalanzeiger meldet: Der Forschungsreisende Wilhelm Reiß, früher Vorsitzender der Gesellschaft für Erdkunde in Berlin, ist in der Nähe seines in Thüringen gelegenen Schlosses auf der Jagd durch unvorhergesehene Entladung des Gewehres tödlich verunglückt.
Großfener.
* Mannheim, 30. Septbr. In den im Rheinauhasen gelegenen, mehrere tausend Quadratmeter bedeckenden Lagerhäusern der Speditionsfirma Geber und Mader brach heute abend in der 7. Stunde Feuer aus, das sich rasch auf den ganzen Komplex ausdehnte. Der Schaden beläuft sich auf mehrere hunderttausend Mark.
Bismarck in der Walhalla.
ff München, 30. Sept. Die Korrespondenz Hoffmann schreibt: lieber die feierliche Ausstellung der vom Bildhauer Prof. Erwin Kurz hergestellten Bismarckbüste in der Walhalla bei Regensburg ist von ',Sr. kgl. Hoh. dem Prinzregenten Bestimmung getroffen worden. Die Enthüllungsfeier wird am 18. Oktober d. I., dem Gedenktag der Völkerschlacht bei Leipzig, in einfacher, aber würdevoller Weise stattfinden, wie dies der Tradition bei Aufstellung der Büsten in der Walhalla entspricht. Mit der Vertretung Sr. kgl. Hoh. des Prinzregenten bei der Feier ist der Vorsitzende im Ministerrat, Staatsminister des kgl. Hauses und des Aeußern, Dr. Frhr. v. Podewils beauftragt. Außerdem
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Es gibt Diebe, die von den Gesetzen nicht bestraft werden, und dem Menschen doch das Kostbarste stehlen : die
Napoleon 1.
Die verhängnisvolle Pforte.
Nach einer Begebenheit von G. Kelter.
Nachdruck verboten.
(Schluß.)
Ter Kommissär, sowie Annas Verlobter, Anders Persson hatten alles mögliche getan, um Licht in die Dunkel zu bringen. Ueberall wurde nachgeforscht, unzählige Verhöre angestellt, aber alles umsonst. Wohl hatte man Verdacht auf die Witwe Brigitte geworfen, die öffentliche Meinung bezeichnet? sie geradezu als die Mörderin, aber man konnte ihr nichts beweisen und mußte sie deshalb unbehelligt lassen. Allmählich trat anderes in den Vordergrund, Annas Verschwinden, das so viel Staub aufgemirbelt hatte, wurde vergessen. Nur.der Kommissär und Anders Persson hielten die Augen und Ohren offen und suchten ganz still nach einem Fingerzeige. Und der Zufall — oder richtiger Gottes Fügung ließ gerade sie das Verbrechen entdecken.
Tovenius, der uoch immer bei der Witwe in Sandby wohnte, hatte sie schon mehr als einmal gebeten, nun endlich ernst mit der Reise zu machen. Ihm brannte der Boden unter den Füßen, er wollte durchaus ins Ausland und hatte deshalb auch seinen Abschied genommen.
Brigitte aber verschob die Reife von einer Woche, von einem Monat zum andern, mil unsichtbaren Ketten wurde sie hier sestgehalten.
„Ich kann nicht fort von hier", erklärteste, „mich packt Zamlose Angst, wenn ich daran denke , daß die Leiche wäh- nd meines Fortseins gefunven werde.» könnte. Ich wage
kaum das Zimmer zu verlassen. Ich muß fortwährend die Pforte im Auge haben, um aufzupassen, daß niemand sich dort etwas zu schaffen macht."
„Aber jetzt ist doch schon Gras über die Geschichte gewachsen", meinte er. „Wir müssen doch einmal einen bestimmten Entschluß fassen, wann wir abreisen wollen, und", fügte er, ihre Hand ergreifend, hinzu, „wann wir uns trauen lassen können, liebe herzige Brigitte."
Zitternd zog sie ihre Hand zurück, dann sagte sie: „Der Winter steht vor der Tür, da würde es sehr auffallen, wollten wir jetzt reisen. Laß uns also warten, bis der Winter zu Ende ist. Sobald im Frühling die Felder bestellt sind, reisen wir ab, bis dahin mußt Du Dich gedulden."
Tovenius machte ihr ein bitterböses Gesicht zu, sein tückisches Auge blitzte aus, und er murmelte:
„Und was soll so lange aus mir werden, da ich meine Stellung aufgegeben habe?"
„Du bleibst natürlich hier als mein Gast", lächelte Brigitte.
Und dabei blieb es.
Eines Tages im April war der Kommissär wieder einmal bei-seinem jungen Freunde, Anders Persson, zum Besuch gewesen. Gleich nach Tisch wollte er sich zu Fuß nach Hause begeben, wie er es meistens zu tun pflegte, da er ein guter Fußgänger war und der Weg kaum eine halbe Meile betrug. Da es aber anfing, stark zu regnen, erbot der junge Mann sich, den Freund nach der Stadt zu fahren, da er dort noch zu tun hätte.
Kurz bevor sie nach Sandby kamen, das sie auf ihrem Wege zur Stadl passieren mußten, sagte der Kommissär: „In den nächsten Tagen muß ich der neuen Schule wegen doch mit der Witwe Brigitte sprechen, da könnte ich dies gleich abmachen, wir fahren ja vorbei. Wenn Sie nichts dagegen haben, so lassen Sie uns dort einkehren."
wird auch der Ressortminister, Kultusminister Dr. v. Wehner zugegen sein. Die Teilnahme des Reichskanzlers Fürsten v. Büloiv an der Feier steht in Aussicht.
Der Zusammenstoß auf der Berliner Hochbahn.
js Berlin, 30. Sept. Die Leichen der bei dem Unglück auf der Hochbahn ums Leben gekommenen Personen sind noch nicht zur Beerdigung freigegeben worden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß noch eine allgemeine Leichenschau stattfindet.
Der deutsch-französischeZwischenfall in Casablanca.
* Nach einem Telegramm der „Vossischen Zeitung" aus Tanger verweigert General d'Amade endgültig die Auslieferung der deutschen Fremdenlegionäre an das deutsche Konsulat. Die Franzosen versuchen durch gröbste Entstellungen den Hergang des Zwischenfalls immer mehr zu verschleiern und zu Deutschlands Ungunsten umzumodeln.
Ausländisches.
ss Stockholm, 30. Sept. Die Wahlen zur zweiten Kammer sind beendigt. Da bei mehreren Abgeordneten die Parteizugehörigkeit verschieden angegeben ist, kann die Zusammensetzung der neuen Kammer nicht genau festgestellt werden. Das ungefähre Wahlergebnis ist folgendes: die Rechte erhält in der neuen Kammer 85 Sitze (bisher 100), die Linke etwa 100 (bisher 90), die Gemäßigten etwa 10 (bisher 20), die Sozialdemokraten 33 (bisher 17). Insgesamt zählt die Kammer 230 Mitglieder.
Frankreich baut Wright'sche Flugmaschine».
' Paris, 30. Septbr. Der Bau Wrizht'scher Flugm aschinen wurde in Frankreich bereits ausgenommen und zwar hat das Weiller Syndikat eine Fabrik einstweilen mit der Herstellung von 5 0 Flugmaschinen beaustragi. Lazar Weiller läßt erklären, daß er seine Interessen den allgeineinen Interessen Frankreichs unterordne, und er denke jetzt an die Rolle, welche derAeroplan in Kriegszeiten spiele, nicht nur zu Lande, sondern vor allem auch zu Wasser. Für den Preis eines einzigen Panzerschiffes könnten 5000 Aeroplane gebaut werden, und keine Flotte der Welt würde diesen spreng st ofs- sckileudernden Maschinen widerstehen können.
(Mp.)
Ein neuer Flug Farmans.
* Chälons sur Marne, 30. Septbr. Der Luftschisfer Farman führte gestern abend mit seinem Aeroplan einen 43 Minuten dauernden Flug aus und legte dabei 42 Kilometer zurück.
Die neue französisch-spanische Marokko-Rote.
* Paris, 30. Sept. Dem Petit Parisien zufolge wird in der neuen französis ch-s panischen Note von Mulay Hafid nicht mehr der Widerruf des heiligen Krieges verlangt, doch wird eine gleichwertige Kundgebung angeregt, daß die Europäer vor jedem Angriff von Fanatikern gesichert seien. Auch findet die Geldentschädig- u n g, die wegen des Feldzugs im Schanjagebiet beansprucht war, darin keine Erwähnung.
Die Cholera in Rußland.
js Petersburg, 30. Sept. In den letzten 24 Stunden bis heute mittag wurden 223 neue Erkrankungen und 93 Todesfälle verzeichnet. Die Zahl der Kranken beträgt 1836.
Gleich darauf kamen sie zu der Pforte, die wie gewöhnlich offen stand. Gerade als sie einbiegen wollten, scheute das Pferd und sprang zur Seite. Dadurch kam das eine Rad dem Pfosten zu nahe, stieß gegen diesen und riß ihn um.
Aber kaum war dies geschehen, als sich die Tür des Wohnhauses öffnete und die Witwe Brigitte herausstürzte heftig scheltend und lärmend.
„Das ist doch unerhört," rief sie. „Wie können Sie sich unterstehen, die Pforte zu zerbrechen. Das haben Sie nur aus — aus Bosheit getan!"
„Aber ich bitte Sie, liebe Frau Brigitte", nahm der Kommissär das Wort, „wie können Sie so etwas sagen. Das Pferd scheute und das Rad fuhr gegen den Pfosten. Ueb- rigens ist der Schaden bald wieder ansgebessert", fügte er hinzu, sprang vom Wagen und wollte die Tür ausheben, um den Pfahl wieder einzusetzen.
„Rühren Sie den Pfosten nicht an! Fort von hier!" kreischte sie wütend, wie außer sich. „Mit Willen sind Sie gegen den Pfosten gefahren, nur — um zu spionieren!"
Im selben Augenblick wurde sie aber leichenblaß und wäre niedergesunken, hätte der Kommissär sie nicht rechtzeitig aufgefangen.
„Verzeihen Sie mir", sagte sie dann matt, „ich weiß nicht, was ich spreche, mir .... mir .... ist nicht gut. Ich leide mitunter an Schwindel, dann spreche ich lauter dummes Zeug..."
Anders Persson, der mittlerweile sein Pferd angebunden hatte, hörte mit Verwunderung die Worte der Witwe. Verdächtig war ihm das Weib schon immer gewesen, und ihr eigentümliches Benehmen jetzt bestärkte ihn wieder aufs neue in seinem Verdachte.
Unauffällig näherte er sich dem uingeworfenen Pfosten und steckte den Stiel seiner Peitsche in das Loch, wo der Pfahl gestanden. Als er ihn herauszog, hing ein Stückchen