ss Stuttgart, 15. April. Auf seiner Rundreise an den süddeutschen Höfen wird der Staatssekretär des Reichsschatzamts, Sydow, seinen bereits vor mehreren Wochen angekündigten Besuch am 23. April in Stuttgart abstatten, wo er vom König in Audienz empfangen wird.
ss Stuttgart, 15. April. Auf Grund der im Februar v. I. und im März und April d. I. am höheren Lehrerinnenseminar vorgenommenen Dienstprüfung sind 20 Kandidatinnen zur Anstellung als Hauptlehrerinnen an den unteren und mittleren Klassen höherer Mädchenschulen für befähigt erklärt worden.
js Vom Laude, 15. April. Die Obstaussichten gestalten sich in diesem Jahr bis jetzt recht günstig. Durch die anhaltend naßkalte Witterung zog sich die Entwicklung der Obstbäume ziemlich weit hinaus, so daß die Blüten vor Mai sich nicht öffnen werden. Wenn bis dahin warme Witterung eintritt und diese nicht durch kalte Fröste unterbrochen wird, so eröffnen sich sehr gute Aussichten. Die Obstbüume stehen voll mit Knospen und haben Durchaus gesundes Holz, so daß alle Vorbedingungen zu einem guten Obstjahr gegeben sind..
sf Ludwigsburg, 15. April. Der Streik der Former bei der Firma G. W. Barth ist, nachdem er sechs Wochen angedauert hatte, damit zu Ende gegangen, daß die Ausständigen die Arbeit bedingungslos wieder ausgenommen haben. Außerdem wurden drei der streikenden Fonner nicht mehr eingestellt.
(-) Ulm, 15. April. Gestern nachmittag fand im Hiesigen Krematorium die Einäscherung der Leiche des in Meran gestorbenen Chefredakteurs des „Berl. Tagebl", -Dr. Arthur Levysohn, statt. Zu der schlichten Trauer- seier, die der Kremation voranfging, hatten sich der Jn,- haber des „Berl. Tagebl.", Rudolf Mosse und ein Vertreter der Redaktion dieses Blattes eingefunden. Stadt- Pfarrer Endriß segnete die Leiche ein und richtete an die Anwesenden eine tief zu Herzen gehende Trauerrede. Dann versank unter den Klängen eines von Künstlerhand gespielten Harmoniums der blnmenbeladenc Sarg in die Tiefe.
* Mannheim, 15. April. Eine rätselhafte Vergiftnngs- affäre bildet hier das Tagesgespräch. Am Sonntag mittag starb plötzlich die junge Frau des Ingenieurs Karl Bormann vom Städtischen Elektrizitätswerk. Als heute mittag die Leiche im Krematorium eingeäschert werden sollte, griff die Staatsanwaltschaft ein und beschlagnahmte den Leichnam. Die gerichtliche Sektion ergab, daß der Tod nicht, wie es in. der Todesanzeige hieß, infolge eines Herzschlages eingetreten war, sondern infolge eines schnell, wirkenden Giftes. Ob ein Verbrechen oder Selbstmord vorliegt, ist noch nicht aufgeklärt.
* München, 15. April. Der Erpresser, der seit Monaten dem Kommerzienrat Ludowizi mit Erpressungen zusetzte, wurde nunmehr ermittelt. Es ist der 32jährige frühere Postadjunkt und jetzige Bauhandwerker Jmhof. In seiner Wohnung fand die Polizei ein Paket mit Sprengstoffen.
* Frankfurt a. M., tu. April. Heule morgen 9 Uhr gerieten beim Rangieren auf dem hiesigen Hauptbahnhof eine Anzahl abgestotzener Wagen ins verkehrte Gleis und stießen auf den Postwagen des Eilzngs Berlin. Meh cre Beamte erlitten durch den furchtbaren Stoß leichte Verletzungen. Ein Postschaffner aus Eisenach erlitt eine Gehirnerschütterung, eine Sehnenzerrung und leichtere Verletzungen.
* Berlin, 15. April. Die „Nordd. Allgem. Ztg." schreibt: Gencralfeldmacschall v. Hahnke har folgendes Telegramm des Kaisers ans Korfu erhalten: „Ich bin tief betrübt über die Meldung von dem Brand, welchem die alte Garnisonskirche so bald nach ihrer Renovierung
Das Osterei.
Novelle von R. Hoffmann.
Nachdruck verboten.
(Fortsetzung.)
Es klingelte jetzt draußen und man hörte kräftige Männerschritte im Hausflur. Frau Helmbrecht horchte betroffen auf. Sollte der Ankömmling vielleicht gar schon Herr Sundheim aus Hamburg sein? — Empfangen mußte sie ihn auf jeden Fall. Sie blickte rasch noch einmal in den an der Wand hängenden Spiegel, strich ihre durch die vorhergegangene Erregung etwas in Unordnung geratenen lockigen Haare zurecht und trat dann durch eine Seitentür in den Empfangssalon. Aber die Köchin Anna meldete keinen Besuch an, wohl aber klang bald darauf Herrn Erich Helmbrechts Stimme im anstoßenden Wohnzimmer.
„Susanne, Susanne," rief Herr Helmbrecht, „komme doch einmal her."
Neugierig trat nun Frau Helmbrecht in das Wohnzimmer und sagte, sich zum Lächelnd zwingend:
„Nun, was gibt's neues, Erich? Was hast Tn mir zu sagen?"
„Viel, sehr viel!" erklärte Helmbrecht mir- wichtig tuender Miene. „Ein bedeutsames Osterei habe ich für Martha mitgebracht. Ich sage Dir, Susanne, wir können uns über dieses Osterei freuen."
„Wie, Erich, Du bringst für Martha auch ein bedeutsames Osterei mit," rief jetzt Frau Helmbrecht erstaunt aus.
„Sie hat ja schon ein prächtiges und sehr bedeutsames Osterei heute morgen zum Geschenke bekommen."
„Nun, das kommt eben erst noch darauf an, welches Osterei das bedeutsamste nir Martha ist, das, welches sie schon erhielt oder das, welches ich hier in der Hand habe! Da erkläre mir erst, was Du vom Osterei weißt!"
„Lieber Erich", sagte jetzt im geheimnisvollen Flüster-
zum Opfer gefallen ist. Allen, die sich an denr Rettungs- Werk beteiligt haben, insbesondere der Feuerwehr, welche Bewunderungswertes leistete, spreche ich weinen königlichen Dank und meine Anerkennung aus. Wilhelm J.R."
* Berlin, 15. April. In der Untersuchung des Knabenmordes wurde festgestellt, daß der begleitende Freund des Ermordeten beim Besuche verschiedener Cafes in der Friedrichstraße kurz vor der Ermordung der Mörder Heider selbst gewesen ist. Bei der Untersuchung gab sich Heider mehrere Blößen, namentlich hinsichtlich des in den Aschenresten gefundenen Fingers.
' Berlin, 15. April. Der verhaftete Knabenmörder Heider wurde heute vormittag den Kriminalkommissaren aus der Einzelhaft vorgeführt, um nochmals eingehend verhört zu werden. Als ihm die Koimnissäre vorhielten, daß sie ein Glied des Fingers des Ermordeten in der Asche des Kachelofens gesunden hätten, sprang der Verhaftete erregt auf und rief: „In dem Kachelofen können Sie überhaupt nichts gefunden haben. Darin habe ich ja gar nichts verbrannt!" Auf diese Aeußerung festgenagelt, erklärte er, daß er nun überhaupt nichts mehr sagen werde. Dabei blieb er auch. Unterdessen meldeten sich noch zwei Jungen mit einer wichtigen Bekundung.
Ausländisches.
ss Wien, 14. April. Erzherzog Joseph Ferdinand, der Zweitälteste Sohn des verstorbenen Großherzogs von Toscana, ein Bruder Leopold Wölflings und der Frau Toselli, erhielt vom Kaiser einen 6 Monate währenden Urlaub als Oberst unter Verzicht auf seine Gage. Es verlautet, daß der Erzherzog nach Ablauf seines Urlaubs ganz aus der Armee ausscheiden werde, da er durch die militärische Karriere nicht befriedigt und beim letzten Avancement nicht zum Brigadekommandeur ernannt worden sei.
sf Wien, 14. April. Der Mörder des Grafen Potocki, Siezynski, soll in der vorigen Woche dreimal im Landtagsgebäude aufdringlich um Audienz beim Landmarschall, Grafen Badeni, gebeten haben, um eine private Bitte an den Landmarschall oder seinen Sohn vorzubringen. Er sei aber nicht vorgelassen worden. Badems Sohn stand früher in Koropec, wo der ruthenische Bauer Kahaniec von den Gendarmen erschossen wurde. Man vermutet daher, daß Siezynski auch ein Attentat gegen den Grafen Badeni oder seinen Sohn geplant hatte.
* Rom, 15. April. Der Herzog der Abruzzen hat die Einwilligung König Viktor Emanuels zu seiner Vermählung mit der Tochter des amerikanischen Milliardärs Elkins erhalten. Die Hochzeit soll in nächster Zeit stattfinden, vorausgesetzt, daß die Braut zur katholischen Kirche Übertritt.
* Rom, 15. Avril. Heute vorm, begab sich Fürst Bülow vom .Hotel'Regina nach dem Vatikan, wo er in einstündiger Audienz vom Papst empfangen wurde. Der Audienz folgte ein Besuch des Fürsten beim Kardinalstaatssekretär Merry del Val. Während deS etwa dreiviertelstündigen Besuchs des Fürsten bei dem KardinalstaatSsekre- tär wurde die Fürstin Bülow mit dem Gesandten v. Flo.tow. und Professor Renvers vom Papst empfangen.
ff Petersburg, 15. April. Das Befinden des greisen Dichters Leo Tolstoi hat sich verschlechtert. Augenscheinlich liegt eine Darmerkrankung vor.
.D ff Moskau, 15. April. Im Kremel fand heute an der Stelle wo Großfürst Sergius A lexandro witsch seinen Tod gefunden hat in Gegenwart der Großfürstin-Witwe Elisabeth Theodorowna, des Großfürsten Wladimir Alexan- drowitsch, des Großherzogs und der Großherzogin von Hessen und anderer hochgestellter Persönlichkeiten die feierliche Enthüllung eines Denkmals für den Verstorbenen statt.
" Lissabon, 15. April. Soeben eingetroffene römische Depeschen berichten von Unruhen in Rapallo, dem gegenwärtigen Aufenthalte des Exministers Franco. Große Volksmengen versammelten sich, um gegen Francos Aufenthalt zu protestieren. Die Polizei erhielt jedoch Kenntnis von den Vorgängen und unterdrückte das Meeting. Als trotzdem Zusammenrottungen erfolgten, zu dem Zwecke, Franco zu beschimpfen, nahm die Bevölkerung diesen in Schutz. Es entstand eine Schlägerei, bei der mehrere Personen verwundet wurden. Zahlreiche Tumultanten wurden verhaftet.
ff Achilleio», 15. April. Heute vormittag machten der Kaiser und die Kaiserin sowie die kaiserliche Familie mit Gefolge einen Ausflug in Automobilen nach Peleka, wo der Tee eingenommen wurde.
Handel und Verkehr.
Altensteig, 15. April. Resultat des heutigen Sub- missions-Stammholz-Verkanfs: Zum Verkauf kamen: 1251 Stück Lang- und Sägholz (Fichten und Tannen) mit 893,69 Fm. Durchschnittserläs 108,6 Proz. Angebot von 95,3—112,7 Proz.
* Neuenbürg, 15. April. Beim heutigen Vierteljahrs- Viehmarkt waren zugeführt 100 Stück Läufer- und 80 St. Milchschweine. Elftere wurden zu 48—110 Mk., letztere zu 22—35 Mk. pro Paar verkauft. Anfangs flau, war am Schluß des Marktes der Verkauf lebhaft, so daß beinahe alles abgesetzt wurde.
* Nürtingen. Fruchtpreise vom 9. April. Dinkel Mk. 7.90—8.40, Haber 9.20—9.60, Gerste 9.20—9.70, Kernen 11.30.
ff Stuttgart, 14. April. (Schlachtviehmarkt.) Zugetrieben 34 Ochsen, 15 Bullen, 231 Kalbeln und Kühe, 204 Kälber, 635 Schweine. Verkauft: 32 Ochsen, 5 Bullen, 179 Kalbeln und Kühe, 204 Kälber, 613 Schweine. Unverkauft: 2 Ochsen, 10 Bullen, 52 Kalbeln und Kühe, 0 Kälber, 22 Schweine. — Erlös ans Kilo Schlachtgewicht: Ochsen: 1. Qualität, ») ausgemästete von — bis — Pfg., 2. Qualität, kr) fleischige und ältere von — bis — Pfg., Bullen (Farcen): 1. Qualität, a) vollfleischige von 66 bis 67 Pfg., 2. Qualität, b) ältere und weniger fleischige von 64 bis 66 Pfg., Stiere und Jungrinder:
1. Qualität, a) ausgemästete von 81 bis 83 Pfg.. 2. Qualität, d) fleischige von 78 bis 80 Pfg., 3. Qualität, o) geringere von 75 bis 78 Pfg., Kühe: 1. Qualität, s) junge von — bis — Pfg., 2. Qualität, b) ältere gemästete »on 58 bis 68 Pfg-, 3. Qualität v) geringere von 38 bis 48 Pfg., — Kälber: 1. Qualität, a) beste Saugkälber von 100 bis 103 Pfg., 2. Qualität, b) gute Saugkälber von 96 bis 99 Pfg., 3. Qual, e) geringere Saugkälber von 88—95 Pfg. Schweine: 1. Qual, a) junge fleischige von 61—62 Pfg.
2. Qualität b) schwere fette von 59—60 Pfg., 3. Qual, geringere (Sauen) von 50 bis 53 Pfg. Verlauf des Marktes: lebhaft.
Die Preise der Lebensmittel werden niedriger. Nach der jüngsten amtlichen Lebensmittelpreistabelle sind im März die Preise fast sämtlicher wichtigeren Lebensmittel, insbesondere auch die aller Getreidesorten, zurückgegangen; zunächst allerdings nur um geringe Bruchteile.
Wegen deS Karfreitags erscheint die nächste Nummer am Gamstag nachmittag. — Inserate bitte« wir frühzeitig abzngebe«.
Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk, Altensteig.
tone Frau Helmbrecht und legte ihre weiße Hand auf die Schulter des Gatten, „uns ist heute eine große Ehre widerfahren, und wenn Martha will, steht uns noch eine größere Freude bevor. Herr Wilhelm Heinrich Sundheim, Mitinhaber des angesehenen Bankhauses Sundheim u. Comp, in Hamburg, wirbt um Marthas Hand und hat ihr in einem großen Osterei eine prächtige Brillantbrosche gesandt".
„Um des Himmels willen, was redest Du da, Susanne," rief Helmbrecht erschrocken, steckte sein Osterei in die Rocktasche, fuhr mit den Händen nach dem Kopfe und rannte erregt im Zimmer auf und ab.
„Wer hätte denn so etwas geahnt", sagte Helmbrecht dann seufzend. „Ein solcher Antrag ist ja allerdings für uns außerordentlich ehrenvoll und eine glänzende Partie für Martha, aber ich Tor, ich habe in meiner gutmütigen Schwäche und unbegreiflichen Kurzsichtigkeit vorhin eigentlich schon einen anderen ehrenvollen Antrag für Martha angenommen !"
„Schrecklich, entsetzlich!" rief Frau Susanne und während ihr die Tränen über die Wangen rannen, sagte sie schluchzend: „Ja, so seid Ihr Männer! Die Frau wird gar nicht erst gefragt, ivenn es sich um das Glück der einzigen Tochter handelt. Nun müssen wir Herrn Sundheim wohl gar noch einen Korb geben."
„Na, so weit ist es wohl noch nicht, Susanne," erklärte Helmbrecht mit beschwichtigenden Worten und schlauer Miene. „Sundheims Werbung ist doch wohl eher angekommen als die, welche ich für Martha in der Tasche habe. Und ivenn ich nun noch sagte, daß Martha und Herr Sundheim sich schon heimlich verlobt hätten, ohne daß ich eine Ahnung davon gehabt hätte, dann könnte ich ja das Osterei, welches ich heute für Martha bekommen habe, wieder zurückgeben."
„Ja, wenn das nur möglich wäre und am . liebsten gleich geschehen könnte," rief Frau Helmbrecht erregt, „aber ich fürchte nur, unsere gute Martha macht uns bei dem
Vorgeben ihrer heimlichen Verlobung mit Herrn Sundheim einen Strich durch die Rechnung."
„Wie soll ich denn das verstehen, Susanne?" frug Helmbrecht betroffen.
„Martha hat mir vorhin ganz entschieden erklärt, daß sie Herrn Sundheinis Werbung nicht annehmen könne, weil sie bereits einen anderen liebe."
„Auch das noch" schrie Helmbrecht erschrocken und rang die Hände. „Da hätten wir wohl gar drei Freier auf einmal und ich Tor glaubte fest, der Freier, der sich bei mir gemeldet hat, wäre der einzige und richtige."
„Ja, wer ist denn der eigentlich?" frug Frau Helmbrecht gespannt.
„Es ist Jvhannes^Werner, der Sohn der uns so lange befreundeten Familie Baurat Werners. Er hat jetzt glücklich sein Examina bestanden, ist Oberlehrer und Doktor der Philologie, liebt unsere Martha schon seit Jahren, wie mir heute seine Eltern vertraulich sagten, er ist aber ein so furchtbar schüchterner Mensch, daß er sich mit einer offenen Liebeserklärung und Werbung nicht in unser Haus wagt. Deshalb hat er mir vorhin dieses Osterei gegeben. Ich vermute stark, daß sogar die Verlobnngsringe für Martha und Johannes in dem schönen Eie stecken, denn Frau Baurat Werner machte so eine bedeutsame Bemerkung, als mir Johannes das Osterei für Martha überreichte. Aber trotzdem sind wir berechtigt, das Osterei samt den Ringen dem jungen Herrn zurückzugeben, wenn Martha sich anders entschließt oder gar schon entschlossen hat. Ich weiß schon, das Mädchen hat einen harten Kopf und sie nimmt schließlich weder Herrn Sundheim noch Johannes Werner. — Aber wo ist Martha? Wir müssen mit ihr reden und in der Sache klar sehen."
(Fortsetzung folgt.)