rücksichtigcn. Die Christianisierung sei eine der Haupt­aufgaben in den Kolonien.

Der weitere Verlauf der heutigen Sitzung des Reichs- tags gestaltete sich sehr dramatisch.

Nach dem Zcntrumsabgeordneten Erzbcrgcr spricht Müller Meinigen, welcher erwähnt, während der Abg. Erzberger von der unsterblichen Seele des Negers ge­sprochen habe, sei auf der Journalistengalerie gelacht worden. Es herrsche gegenwärtig infolge der Ueberarbei- tung auf der Journalistengalerie eine gewisse Nervo­sität.

Staatssekretär Dernbürg betont auf die Aus­führungen Erzbergcrs hin, daß es gegenwärtig noch nicht möglich sei, Rechtspflege und Verwaltung in den Kolo­nien zu trennen. Im weiteren Verlauf der Debatte er­greift Staatssekretär Dernburg nochmals das Wort, um eine Depesche zur Kenntnis zu bringen, die er soeben aus Südwestafrika erhalten habe. Es wird hierin mit­geteilt, daß ein schweres Gefecht stattgefunden habe, wobei auf unserer Seite 12 Mann gefallen sind. Die Tapfer­keit unserer Truppen habe sich aufs glänzendste bewährt.

Erbprinz v. Hohenlohe-Lang enburg (Rp.) hob hervor, diese Beweise hervorragender Tapferkeit unserer Truppen sei ein erhebendes Bewußtsein.

Vizepräsident Kämpf gedenkt mit ehrenden Worten der gefallenen Offiziere und Soldaten, und fordert das Haus auf zum ehrenden Gedächtnis der Toten sich von den Sitzen zu erheben.

Eichhorn (Soz.) kommt sodann auf den Zwischen­fall mit den Journalisten zu sprechen. Die Abgeordneten brauchten auch nicht so empfindsam zu sein, nachdem sie selber doch auch Fehler gemacht hätten.

Nach weiteren Ausführungen des Abg. Gröber (Ztr.) kam eine Deputation der Journalisten zum Prä­sidenten um Protest zu erheben gegen eine Aeußerung Gröbers, der in den Saal gerufen habe:Es sind wieder dieselben Saubengel, die gestern den Zwischenruf gemacht haben."

Hierauf erklärt Präsident Stolberg: .In den letzten Tagen seien auf der Journalistengalerie wiederholt Zeichen des Mißfallens gegeben worden. Im Wieder­holungsfälle würde er sich genötigt sehen, die Tribüne räumen zu lassen. Den Zwischenruf des Abg. Gröber habe er nicht gehört, er würde ihn andernfalls ent­schieden gerügt haben.

Auf diese ungenügende Erklärung des Präsi denten hin, verlassen sämtlicheJournalistcn unter dem Hohngelächter des Zentrums die Galerie.

Die Journalisten hielten alsdann eine Besprechung ab und beschlossen eine Erklärung, wonach sämtliche Journalisten die Berichterstattung einstcllen, wenn keine ausreichende Genugtuung für die den Journalisten zu­gefügte Beschimpfung gegeben werde. Diese Erklärung wurde von den Journalisten sämtlicher Parteien unterschrieben.

In der Sitzung spricht sodann nochmals der Abg. Erzberger zum Gegenstand der Tagesordnung, worauf die Weiterberatung auf Freitag nachmittag 1 Uhr ver­tagt wird«

Landesnachrichlen.

-n. Mindersbach, 19. März. An Scharlach und Roten- flecken sind schon seit Wochen viele hiesige Kinder erkrankt. In der Schule fehlt fast immer der Schülerzahl. Doch verlief bis jetzt die Krankheit nicht ungünstig. Influenza- kranke gab es unter älteren Personen bis jetzt nur wenige in der Gemeinde.

ff Reutlingen, 19. März. Zur Verabreichung eines Milchvespers an arme und schwächliche Mädchen der Volks­schule wurde auch dieses Jahrs die schöne Summe von ca. 1150 Mk, aus freiwilligen Beiträgen aufgebracht.

ff Mösfingen, 19. Marz. Der alleinstehende, 77jährige Damenschneider Martin Sulz wurde vor einigen Tagen beim Feueranmachen von den Flammen erfaßt. Noch ehe man auf sein entsetztes Hilfeschreien herbeigeeilt war, lag der Greis an Händen, Beinen und im Gesicht schwer verbrannt und teilweise schon verkohlt, seiner Sinne beraubt am Boden. Nach qualvollen Leiden verschied der Unglückliche am Sonntag früh und wurde gestern nachmittag beerdigt.

js Stuttgart, 19. März. Bei den württ. Arbeits­ämtern sind, soweit Berichte vorliegen, im Monat Februar ds. Js. 2710 offene Stellen, 4858 Stellensuchendc und 1152 Vermittlungen gebucht worden.

Stuttgart, 19. März. Hinsichtlich des Kompro­misses^ das über das Reichsvereinsgesetz zum Abschluß kam, schreibt derBeob.": Die Freisinnige Fraktions- gemeinschast hat mit einigen Ausnahmen zugestimmt. Entscheidend war einerseits die sonstige Ausgestaltung des ganzen Vereinsgesetzes, für das noch vor wenigen Tagen sogar die Sozialdemokratie ohne Abänderungsanträge zn stimmen bereit war, und anderseits der in Preußen tobende Kampf gegen das Polentum, auf das besondere Rücksicht zu nehmen die Ersahrungen aus dem Kampfe des -vschechentums gegen die Deutschen in Böhmen abschreck­ten. Das ganze Gesetz nur wegen der Polen, die nicht deutsch lernen und sprechen mögen, scheitern zu lassen, dazu konnte sich die Mehrheit der Freisinnigen Fraktions- gemcinschaft nicht entschließen. Da aber anderseits auch Konservative, denen die Zugeständnisse zu weit gehen. Gegner der Abmachungen sind, ist das Schicksal des ganzen Gesetzes noch sehr zweifelhaft.

Stuttgart, 19. März. Der Gemeinderat hat in seiner heutigen Sitzung beschlossen an das Ministerium des Innern eine Eingabe zu richten mit der Bitte, im Bundesrat dahin zu wirken, daß die Pauschgebühren im Telcphonvcrkehr beibehalten werden möchten.

Heilbrouu, 19. März. Vor dem hiesigen Schöffen­gericht fand gestern ein interessanter Bcleidigungsprozeß statt. Kläger war Hauptmann Wiest im 4. württ. In­fanterieregiment Nr. 122; als Angeklagter hatte sich der Reisende Eugen Mäule in Heilbronn zu verantworten. Die Beleidigungsklage stützte sich auf einen Artikel, den der Beklagte mit Namensunterschrift imBeobachter" veröffentlicht hatte und worin gegen Hauptmann Wiest der Vorwurf erhoben worden war, daß er die Land­wehrleite der 4. Landwehrkompagnie in Münsingen im September 1907 unwürdig behandelt habe. Dieser Vor­wurf war durch eine Reihe von Beispielen begründet. In seiner Rede beim Dienstantritt der Landwehrleute habe Hauptmann Wiest ausgeführt, sie (die Landwehr­leute), seien jetzt Soldaten und hätten ihre Pflicht zu tun. Es sei ihm egal, wenn auch Artikel imBeobachter" oder in derTagwacht" kämen, die Gesellschaft, die solche Sachen in die Blätter bringe, kenne man schon. Ein weiterer Vorwurf, der gegen Hauptmann Wiest erhoben worden war, betraf die übermäßige An­spannung der Kompagnie, die nach siebenstündigem Bor­mittagsdienst und nach kurzer Mittagspause zu eineinhalb­stündiger Gewehrinstruktion befohlen worden sei, und diese Instruktion sei stehend auf der Sonnenseite abgehalten worden, so daß einige Leute ohnmächtig wurden. Bei der heutigen Verhandlung meinte der Anklagevertreter, Staatsanwalt v. Moser, der Angeklagte sei offenbar Anti­militarist. DerBeobachter" sei ein Organ, das solche Beschwerden, deren Grundlosigkeit die heutige Verhandlung ergeben habe, wahllos aufnehme. Er beantrage eine Gefäng­nisstrafe. Bemerkenswert ist übrigens eine Aeußerung des Staatsanwalts bezüglich einer Zeugenaussage des Leh­rers Löffelhardt von Waldenbuch, OA. Oehringen, der als Unteroffizier in der 4. Landwehrkompagnie stand. Ihm gegenüber hat Hauptmann Wiest einmal den Aus­druck gebraucht,Sie Simpel". Dazu bemerkte Staats­anwalt v. Moser: Es frage sich, ob der Zeuge Löffel­hardt eine solche Rüge nicht verdient habe. Das Urteil lautete auf 50 Mk. Geldstrafe eventl. 10 Tage Ge­fängnis; auch wurde dem Kläger die Publikationsbesug- nis imBeobachter" zugesprochen. Die Beleidigung wurde darin erblickt, daß der Angeklagte in seinem Ar­tikel im allgemeinen behauptete, der Nebenkläger habe die Mannschaften unwürdig und inhuman behandelt und sei zur Führung einer Landwehrkompagnie ungeeignet. Hinsichtlich der AusdrückeKerle" undGesellschaft", die der Hauptmann gebraucht habe, sei der Wahrheitsbeweis gelungen. Der Schutz des Paragraph 193 ist dem An­geklagten nicht zugebilligt geworden, weil er nicht be­rechtigte Interessen habe wahrnehmen, sondern eine ver­meintliche Unbill an seinem Vorgesetzten habe rächen wollen.

Weinsbcrg, 19. März. Die Eröffnung des Kerner­museums, die am 8. Juni stattfinden sollte, ist mit Rück­sicht auf große Veranstaltungen in anderen Städten am gleichen Tage auf eine spätere Zeit verschoben worden. Nachdem die Jnnenräume des Kernerhauses in pietät­voller Rücksicht in Stand gesetzt worden sind, liegen nun­mehr in allen Räumen ausführliche Kataloge auf, die den Besucher über jeden einzelnen Gegenstand belehren. Das Gebäude selbst zeigte bei genauerer Untersuchung manche verbesserungsbedürftige Stelle; auch bei dieser Re­stauration hält der Kernerverein an dem Grundsatz fest, das Aeußere des Hauses nach dem Stande zu Zeiten von Justinus zu erhalten. Leider ist dasAlexander­häuschen" im Kernergarten einem neuen Bauplan zum Opfer gefallen. Frau Hofrat Kerner läßt sich an dessen Stelle eine Sommervilla errichten. Das interessante Häuschen, dessen Ruinen aus dem Leben Kerners und seiner Dichterfreunde so manches Geheimnis erzählen könnten, ist bis auf die Umfassungsmauern abgebrochen, und der Kernergarten hat damit einen Teil seines sagen­haften Reizes verloren. Die Eröffnung des Kerner- Museums ist nun auf 21. Juni festgesetzt.

jj Hall, 19. März. Ortsanwalt Sommer in Hirsch- felden OA. Gaildorf wollte vorgestern nachmittag bettelnde Zigeunerinnen von seiner Scheuer und seinem Hof weisen, wobei es zn einem lärmenden Auftritt kam, in dessen Ver­lauf einer der Ehemänner dieser Zigeunerinnen dem Sommer mit einem dicken Prügel derart auf den Kopf schlug, daß er einen Schädelbruch erlitt und in Lebensgefahr schwebt. Die telephonisch in Kenntnis gesetzte Landjägermannschaft von Bibersfeld und Hall verfolgte den Täter, der sich aber beim Erscheinen der Landjäger unter Zurücklassung von Pferden und Wagen in den Wald flüchtete und entkam. Der Name des Täters ist jedoch bekannt, was seine Ergreifung ermög­lichen wird.

ff Bon der oberen Donau, 19. März. Die 42 Jahre alte Dienstmagd Rosa Sauter von Magolsheim O.A. Münsingen wird seit einiger Zeit vermißt. Sie war in letzter Zeit in Donaueschingen in Stellung; man glaubt, daß sie sich in einem Anfalle von Geistesstörung das Leben genommen hat. -

Frankfurt a. M., 19. März. Beim Spielen mit einem Terzerol erschoß der 14jährigc Schüler Max Otte den 13jährigen Schüler Gustav Effenberger, den einzigen Sohn seiner Eltern.

Plauen, 19. März. Gestern nachmittag hat, wie derVogtläud. Anz." aus Hof berichtet, der 38jährige Handarbeiter Georg Löffler, Vater von sieben Kindern, seine Frau ermordet, indem er ihr mit einem Knüttel den Schädel zertrümmerte. Das Motiv zur Tat war Eifersucht. Der Mörder ist verschwunden.

Berlin, 19. März. Bei den gestrigen Zusammen­stößen mit der Polizei sind laut Polizeibcricht insgesamt 47 Personen sistiert und 9 Schutzleute verletzt worden.

ss Berlin, 19. März. Nach einem aus Kamerun eingetroffenen Telegramm fiel bei dpr Expedition des Majors Puder gegen Muntschi am 5. ds. Mts. der Hauptmann Glauning nach siegreichem Gefecht durch einen Kopfschuß. Glaumng gehörte zu den Offizieren, die sich durch Verständ­nis in der Behandlung der Eingeborenen auszeichnen. Sein Tod bedeutet für Kamerun einen fast unersetzlichen V e r l u st.

* Berlin, 19. März. Nach einer Meldung aus London berichtet die Morning-Post aus Tanger, die umlaufenden Gerüchte, daß Muley Hasid dem Sultan Abdul Aziz seine Unterwerfung angeboten habe, fändenkeineBestätigung.

Urrrrfreirliches aus DerrtschSüdwsst-Afrika.

TÄegramm.

* Berlin, 19. März. Bei einein Angriff des Expeditionskorps auf Simon Köpper in der Kala Haft fielen Hauptmann Erckert, Leutnant Ebinger sowie 12 2N«mn; neun Mann wurden schwer verletzt. Von den Gegnern wurden »8 getötet. Köpper entkam. !

Hiezu wird ausführlich gemeldet: Hauptmann o. Erckert hatte auf der Spur Simon Köppers am Abend des 15. März dessen Werft erkundet. Am 16. März mit Tagesanbruch griff er die Werst mit zwei Detachements unter den Haupt­leuten Grüner und Willcke an. v. Erckert fiel gleich bei Beginn des Gefechts. Hauptmann Grüner über­nahm das Kommando und befahl dem im Halbkreis um die Werft liegenden Expeditionskorps denununterbrochenen Anlauf gegen den Feind. Dieser wurde zwei Stunden lang von Stellung zu Stellung ge­worfen, bis er vormittags halb 8 Uhr seinen verzweifelten Widerstand aufgab und in regelloser Flucht nach Süden und Südwesten auseinanderlief. Simon Köpper ist schwer geschädigt, aber noch nicht entgültig beseitigt. Weitere Grenz- bewachnng und erneute Expeditionen bleiben nötig. Nach der Meldung des Oberstleutnants v. Estorff kann die Leistung des Expeditionskorps als ganz hervorragende Waffentat be­zeichnet werden. Mit dem tapferen und bewährten Führer Hauptmann v. Erckert verliert die Schutztruppe einen ihrer , besten Offiziere. ^

Ausländisches.

* Paris, 19. März. Gegenüber einem Vertreter des Petit Parisien erklärte Admiral Roschdjestwensky, es wäre eine Katastrophe für das Zarenreich, wenn der russische Marineplan zur Ausführung gelangen sollte. Japan würde nach Fassung der ersten Beschlüsse keinen Augenblick ver­lieren, um Sachalin, die Amur-Mündung und Kamtschatka zu nehmen und Rußland müßte hilflos zuschauen, denn ans Frankreich sei kein Verlaß. Roschdjestwenskq meinte, Ruß­land solle lieber, wenn ein Geldaufwand für die Verteidigungs­zwecke überhaupt gemacht werde, seine Landarmee konsoli­dieren und sich an Deutschland als Muster halten.

* Nerv-Hort, 19. März. Der deutsche Dampfer »Kron- vftnz Wilhelm", der 400 Passagiere an Bord hatte, wurde im Nebel von einem Frachtdampfer angerannt. Unter den Paffagieren entstand eine furchtbare Panik. Ein Steward wurde verletzt.

ss Blömfontei«, 19. März. Premierminister Fischer kündigte die in Kürze bevorstehende Veröffentlichung eines Gesetzes an, das jedem Bürger das Recht gibt, ein Gewehr zu besitzen und sprach die Hoffnung aus, daß eines Tages für jeden Mann der Besitz eines Gewehrs obligatorisch sein möge.

Handel und Berkehr.

js Stuttgart, 19. März. (Finanz. Wochenr.) Der Kompromiß in Sachen des Vereinsgesetzes ist nur zustande gekommen durch die Nachgiebigkeit der freisinnigen Parteien, die sich dadurch das Entgegenkommen der Konservativen für das Börsengesetz sichern wollten. Dieses Tauschgeschäft hat die Börse in eine bessere Stimmung versetzt, als während der vorigen Beftchts- woche und der Unternehmungslust neuen Mut eingeflößt. Sie konnte ihn gut brauchen, denn der Abschluß der Darm­städter Bank hatte tief verstimmt. Anregend wirkt auch die weitere Erleichterung des Geldmarktes, der allmählich wieder normalen Verhältnissen entgegengeht, wie auch die heute er­folgte Herabsetzung des Diskonts der Bank von England von 3 Proz. aus 3 Proz. beweist. Die Jahresberichte einiger großen Industrie- und Schiffahrtsgesellschaften ließen erkennen, daß die Konjunktur sich in absteigender Linie be­wegt; allgemein aber herrscht die Ansicht, daß das Tempo ruhig bleiben wird. Das Börsengeschäft läßt zwar noch zu wünschen übrig, aber es ist nicht zu zweifeln, daß die Um­sätze, besonders in festverzinslichen Werten sich beim Anlage­termin Ende des Monats weiter heben werde.

* Cannstatt, 18. März. Bei der Häutev erste ige- rung wurden erzielt für Stierhäute 4345 Pfg-, für Rindshänte 4755 Pfg., für Kuhhäute 48'/,49 Pfg., für Farrenhäute 3245 Pfg. je per Pfund und für Kalb­felle per Stück 5 Mk. 45 Pfg. bis 9 Mk. 50 Pfg.

Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lank, Altenlleig.

Magenleidenden

Bühner jun. in SigmärSwangen mit, wie er auf einfache Weise von seinem qualvollen und langen Magenleiden be­freit wurde.