folgender Beschluß gefaßt: Tie Schaffung einer gesetzlichen Vertretung unserer heimischen Landwirtschaft ist zu begrüßen. Der vorliegende Gesetzentwurf bedarf aber insbesondere nach zwei Richtungen einer Verbesserung. I. Der Wirkungs­kreis der Landwirtschaftskaminern sollte weiter gezogen werden durch Zuweisung selbständig verwaltender Tätigkeit. 2. Die Wahl der Vertreter in die Kammer sott nicht in­direkt und nicht im Weg der Bezirkswahl, sondern durch direkte Verhältniswahl erfolgen. lieber die Schaffung einer oder mehrerer Kammern waren die Ansichten in der Versammlung geteilt. Es soll diese Frage auf einer späteren Versammlung nochmals behandelt werden. Auch mit der Frage der Dienstbotenorganisation will sich der Ausschuß später noch befassen.

ss Stuttgart, 28. Oft. (Pom Landtag.) Die Kommission zur Beratung der neuen Bauordnung tritt, wie uns bestimmt mitgeteilt wird, erst Ende, nicht Mitte November zusammen.

ss Stuttgart, 28. Okt. (Strafkammer.) Am 23. August mittags 12 Uhr wollte der Fuhrmann Ernst Obergföll von Neckarrems mit seinem mit 2 Pferden bespannten Fuhrwerke wenige Meter vor einem, die Neckarstraße abwärts fahrenden, voll besetzten Straßenbahnwagen noch über das Gleis fahren. Obgleich der Wagenführer sofort bremste, konnte der Zu­sammenstoß nicht mehr ausgehalten werden. Das Fuhrwerk wurde erfaßt und einige Nieter geschleift. Der Fuhrmann wurde vom Wagen geschleudert und unbedeutend verletzt. Am Straßenbahnwagen wurde nur die Laterne beschädigt. Gegen Obergföll wurde nun Anklage wegen fahrlässiger Transportgefährdung erhoben. Die Strafkammer fand ein Verschulden als erwiesen und verurteilte ihn zu 30 Mark Geldstrafe.

jj Stuttgart, 28. Oktober. Am Samstag nachmittag wurde in Berg ein 06 Jahre alter Mann, der von Aus­wärts hieher kam, im Floßkanal stehend getroffen und herausgezogen. Ob Selbstmordversuch vorliegt, oder ob der Alaun sonstwie in den Kanal kam, hat nicht festgestellt werden können. Er wurde in das städtische Krankenhaus nach Cannstatt gebracht.

! Stuttgart, 28. Oktober. Ein schwäbischer Schnee­schuh b u n d ist dieser Tage im oberen Museum gegründet worden. An der Gründungsversammlung nahmen teil: Tie Sektion Schwatzen des Teutscheu und österr. Alpenvereins, sowie die übrigen württ. Schneeschuhvereine. Durch den Zusammenschluß der beiden größten Schneeschuhvereine Württembergs, Schneeschuhabteilung der Sektion Schwaben und Schneeschuhverein Baiersbronn, ist jedenfalls ein guter Grund für den weiteren "Ausbau des Schneeschuhlaufs in Württemberg gelost und zu Beginn des Winters werden die übrigen Vereine sich zweifellos anschließen. Zum ersten Vorsitzenden des Bundes wurde Emil Schaller-Stuttgart gewählt. Die nächsten "Ausgaben des Bundes find die Abhaltung eines Schneeschuhkurses, der in der Zeit vom 47 Jan. in Münsingen stattsinden soll und der Bundes- wettlaus im kommenden Winter, der voraussichtlich auf dem Lichtenstein gehalten werden wird.

js Gmünd, 28. Oktober. Gestern fand hier die Landes- Herbstversammlung des Schwäb. Albvereins statt, zu der sich trotz des ungünstigen Wetters eine große Zahl von Alblern aus allen Gauen des Landes und selbst aus Bayern eingefunden hatten. Vormittags wurden unter Führung hiesiger Herren die Sehenswürdigkeiten inner- und außerhalb Gmünds besichtigt. Um I Uhr fand gemeinsames Mittags­mahl imBären" statt. Ter geschäftliche Teil wurde nach­mittags in der städtischen Festhalle erledigt: Rechtsanwalt Camerer erstattete einen gedrängten Bericht über den Stand des Vereins. Zu dem geselligen Teil in der Festhalle herrschte ein riesiger Andrang. Ter Liederkranz wirkte mit und ein FestspielEin Frühlingstraum auf dem kalten Feld", das den Vorstand der hiesigen Ortsgruppe zum Verfasser hatte, wurde beifällig ausgenommen.

-M LekefrrrMt. W

Leicht ist es, andern raten, schwer, sich selbst erkennen. Alle Anmut ist schön, aber nicht alles Schöne ist Anmut.

Trrne um Treue.

Ein Roman aus Transvaal von Ferdinand Runkel.

(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)

18. Kapitel.

Die erste Neuigkeit, die Pieter van t'Hosf und Nieneck in Bloemsontein erfuhren, war der erneute Versuch Mister Whitneys, Marij zu gewinnen. Der zudringliche Engländer hatte am seiner Flucht nach dem Mordversuch an Rieneck, den er natürlich in total falscher Weise darstellte, doch den Muth gehabt, bevor er die Grenze der Republik verlassen und sich unter den Schutz der englischen Truppen begeben hatte, in Bloemsontein bei van Vorsts vorzusprechcn, um zum letzten Mal den Versuch zu machen, Mevrouw van t'Hosf für seine Pläne zu gewinnen.

Er sing es außerordentlich schlau an und wußte sich auf alle Fragen geschickt herauszureden. Mevrouw van t'Hosf, die keineswegs von der Unschuld des Briten überzeugt war, stellte ihm natürlich sofort die Frage:

Warum haben Sie sich denn dem ordentlichen Gericht der Republik entzogen?"

Das will ich Ihnen sagen, Mevrouw van t'Hosf. Tie Stimmung unter den Buren ist derartig antienglisch und durch das Vorgehen der .goloninlregierung in so hohem Grade gereizt, daß ich kaum hoffen durfte, einen objektiven Richter in der Republik zu finden. Tie Affaire hat sich zmiiczen mir und .Rieneck allein abgespielt. Niemand war .trüge, jeder kann seine Sache darstellen wie er will, nur mit dem Unterschied, mck; pch Buren dem Deutschen geglaubt hätten und mir nicht."

* Ravensburg, 28. Oktober. Ter l 6 Jahre alte Tienst- knecht Julius Schuftes von Lnbitsweiler Gemeinde Hochberg, der am Sonntag, den kl. August abends auf der Straße zwischen Ebersbach und Altshausen mit seinem Fahrrad den 62 Jahre alten Landwirt Josef Müller von Ebersbach niedergefahren hat, südaß Müller einen Schädelbrnch erlitt und in der darauffolgenden Nacht starb, wurde von der hiesigen Strafkammer wegen fahrlässiger Tötung und Ver­fehlung gegen die Radfahrverkehrsvorschriften zu einer Ge­fängnisstrafe von l 4 Tagen verurteilt.

js München, 28. Okt. Bei dem Hoteldieb Carlsson wurden noch W e r t s a ch e n i m B e t r a g e von über 5 0 000 Mark aufgefunden. Es handelt sich aber, nach seiner Lebensweise zu schließen, um Diebstähle, die auf eine Million Marl geschätzt werden. Carlsson wird in den nächsten Tagen nach Wiesbaden aus­geliefert werden.

* Münch?», 28. Oktober. Im Landtag wurde heute über die V e r k eh r s v er h ä l tn i s s e der Dampf- schiffahrt aus demA m mersee gesprochen und weiter­hin die Forderung von 4840 000 Mk. für die Weiler - f ü h r u n g d e r M a i n k ett e von Kitzingen na ch Bamberg bewilligt. Alle Parteien äußerten sich günstig zu der Weiterführung der Mainkette und der Minister sicherte auch die Beschleunigung der Arbeiten zu.

* München, 28. Oktober. Das Ehepaar To selli soll gestern mit dem Schnellzug aus Kufstein in München eingetrvffen sein. Wahrscheinlich steht die Reise in Zusammen­hang mit der Uebergabe der Prinzessin Pia Monika an den sächsischen Hof.

auf unsere Zeitung

Aus den Tsnurn"

für die Wonate November rrrrd Dezember

nehmen fortgesetzt alle Postämter, Briefträger, Postbote», die bekannte» Agenturen, sowie die Ansträger entgegen.

* Berlin, 28. Oktober. Das Mili: ärluft s ch iss hat heute nachmittag eine Dauerfahrt ausgeführt, die als Glanzleistung der noch jungen Luftschiffahrt gelten muß. Das Militärluftschiff, dessen Ausstieg vom Tegeler Schießplatz ans um 10 Uhr vormittags erfolgte, har am heutigen Tage eine Fahrt von 8 Stunden 10 Minuten ausgeführt, und das Parsevalsche Luftschiff, das um lO UHr 20 Almuten, ausstieg, eine solche von 6 Stunden 25 Minuten in Berücksichtigung einer kürzen Zwischenlandung 7 Stunden 25 Minuten. Beide Ballons, die sich bei der Erkürsion zur "Ausgabe geinacht hatten, die Fahrt bis zum äußersten aus­zudehnen, langten zu später Stunde in bester Form an. Wenn Dunkelheit und Nebel nicht zur Landung gemahnt hätten, wäre die Lustreise noch einige Stunden ausgedehnt worden.

" Berlin, 28. Oktober. Zn dem Branntweinmonopol- Projekt erfährt das Berliner Tageblatt noch, daß der Staat die Raffinerien an kaufen wird. Tie Wertbemessung soll nach Maßgabe der Kontingentierung

Wie kamen Sie aber dazu ohne weiteres auf den Mann zu schießen?"

Aber ich bitte Sie, Mevrouw" er fiel wieder ins Holländischewenn mich jemand ohrfeigt, dann schieße ich ihn über den Haufen, das ist etwas ganz Selbstverständ­liches."

Aber so ein wohlerzogener Mann wie Herr von Rieneck wird Sie doch nicht ohrfeigen ganz ohne Grund."

Ganz ohne Grund, ich versichere Sie, Mevrouw, denn Sie können es doch nicht für begründet erachten, daß mau einen Mann schlägt, weil er einem ein begangenes Verbrechen vorhält."

O nun verdächtigen Sie Ihren Gegner auch noch!"

Ich verdächtige ihn garnicht, wollen Sie bitte hier diese Zeitungen lesen."

In diesem Augenblick aber sprang Marij hinzu, nahm dem Engländer die Zeitungen cmS der Hand und sagte:

Es ist schamlos, Mister Whitney, was Sie thun, scham­los und schändlich! Wenn der Graf in seinemVaterlande einen Fehltritt gethan hat, so hat er ja ein langes Leben vor sich, ihn zu sühnen. Es kommt Ihnen nicht zu, den Mann in unserer Gegenwart zu verdächtigen."

Aber Mejusfer Marij, regen Sie sich doch nicht so auf, ich verdächtige ihn doch garnicht, die Zeitungen sagen ganz klipp und klar die Wahrheit. Er hat mit gezeichneten Karten gespielt und seine ahnungslosen Mitspieler um große Posten Geld gebracht."

Das lügen Sie, Mister Whitney, er hat Wohl die Karten gezeichnet, aber er kam nicht dazu, sie zu gebrauchen, und er ist auch nicht ertappt worden, sondern hat sich selbst an­gegeben."

Sie hätten Anwalt werden sollen, besonders wenn es sich darum handelt, den Grafen Rieneck zu vertheidigen."

Einen Abwesenden, der es nicht selbst kann, für den muß ich unter allen Umständen eintreten."

Sie treten für ihn ein, Mejusfer Marij weil Sie ihn lieben."

Das war denn doch zu viel! Das Geheimniß, daß sie sich selbst kaum zu gestehen wagte, was sie wie ein Heiligthum

erfolgen, dagegen sollen die meisten Brennereien Eigentum der Grundbesitzer bleiben.

* Berlin, 28. Okt. Ans der Zehlendorfer sozialdemo­kratischen Organisation sind sechsGenossen" ausgeschlossen worden, weil sie in dem von der Sozialdemokratie boykot­tierten LokalZum Fürstenhof" ein Glas Bier getrunken hatten.

Harde« freigesprochen!

Telegramm.

Berlt«, 2S. Oktober. Das Schöffengericht hat den Angeklagten Harde« vo« der Anklage Ser Beleidigung freigesprochen. Die Kosten für die Privatklage hat Graf Moltkezu tragen. Nach der Annahme des Gerichts sind oie Artikel zwar beleidigend aber der Wahrheits­beweis ist gelungen.

Ausländisches.

>j Rom, 28. Oktober. Die Königin Witwe spendete 20 000 Lire für die Opfer in Calabrien.

jj Paris, 28. Okt. Aus Nancy wird gemeldet: Der Kommandeur der Kavalleriebrigade des 20. Armeekorps, Gautier, wurde heute vormittag aus offener Straße von einem Geschäftsreisenden namens Babier mit Stockschlägen überfallen. Ter General nahm seinen, allem Anschein nach an Verfolgungswahn leidenden Angreifer fest und führte ihn nach dem Polizeiamt.

jj Paris, 28. Oft. DemTemps" zufolge wird der spanische Minister des Aeußern das spanische Künigspaar nur bis Cherburg begleiten. Dieser Umstand sei für die politische Bedeutung des Pariser Besuchs des Königs Alfons im Hinblick aus das französisch-spanische Einvernehmen in Marokko sehr bezeichnend.

js Paris, 28. Okt. General Trude telegraphierte aus Casablanca, daß Muley Reschid mit seiner 3000 Alaun star­ken Mahatta, welcher sich etwa 500 Aufständische angeschlos­sen habe, noch immer bei Sidi-Affa lagere. Aus den nach Casablanca führenden Straßen werden von den Aufständi­schen täglich R änbereie n verübt. Die von Ben Bagdadi befehligte Mahalla des Sultans Abdul Asis ist noch immer in Fedara. General Trude forderte Ben Bagdadi aus, ihm mitznleilen, welche "Absichten ec habe.

* Paris, 28. Oktober. Ter König uns die Köni­gin von S p a n i e n haben dein Präsidenten Fall.i res im Elys e einen Besuch abgestatler.

jj Petersburg, 28. Oktober. Heute nachmittag um 4 Uhr erschien im Arbeitszimmer des Chefs der Gefängnis- verwaltung des Staates, Wirft. Staatsrats Marimowski, eine unbekannte Frau und g a b a u s ihn 7 Sch ü s s e ab, die ihn tätlich verwundeten. Tie Täterin wurde verhaftet. Marimowski starb um 6 Uhr nachmittags im Hospital.

Urherfchwsmrnirnß in Italien.

Rom, 28. Oktober. Ter Po, Tessin, Adüs und Brenta und zahlreiche andere Flüsse durchbrechen die Dämme und überschwemmen alles. Eine ganze Anzahl Gebäude stehen unter Wasser bis Zum ersten Stock. Erdstürze versperen die Wege und zerstören Gebäude. Tie Eisenbahnlinie Piaccnza-Tnrin ist unterbrochen. Reißende Gewässer treiben die Einrichtungsstücke und Gerate, Vieh, Baumstämme u. s. w. j weg. Brücken sind zerstört oder gefährdet. Das Kanalnetz

in ihrem Innern verbarg, das wurde von diesem brutalen Menschen an die Oefsentlichkeit gezerrt und entweiht.

Mevrouw van t'Hosf sah die über und über erglühende Tochter mit einem langen Blick an, schon längst hatte das scharfe Auge der Mutter entdeckt, wie es mit dem Herzen Marijs stand; sie hatte aber dazu geschwiegen, weil die Sache ja nicht akut geworden, d. h. weil Herr von Rieneck keinerlei Versuch gemacht hatte, sich ihrer Tochter zu nähern. Sie hätte freilich keinen Grund gewußt, dem vornehmen deutschen Edelmann Marijs Hand zu verweigern, denn man schätzt in diesen Burensamilien die Qualitäten des Bewerbers weit höher als alles andere. Daß er nicht reich war, konnte für sie kein Grund zur Ablehnung sein, Marij würde einmal genug Geld haben, um ihn zu ernähren. Aber auch das schien nicht einmal nöthig, denn Rieneck hatte so vorzügliche Gaben, daß er sich ohne weiteres in Transvaal ein großes Einkommen hätte erwerben können. Deutsche Offiziere, noch dazu, wenn sie gebildete Männer sind, finden leicht und schnell in der Republik einen Posten, der ihnen erlaubt, einen Haus­stand zu führen. Rieneck aber war außerdem als Guts­besitzerssohn gewissermaßen Landwirth von Natur und etwas anderes ist der Bur im Allgemeinen ja auch nicht. Es zeigte sich also nach keiner Richtung hin irgend ein Hindernitz, das die Ehe zwischen Marij und Rieneck unmöglich gemacht hätte. Nun freilich lagen die Verhältnisse anders. Ihre Tochter hatte eine glänzende Parthie ausgeschlagen, ohne daß Rieneck sich erklärt hatte. Letzteres war als sicher anzunehmen, denn Heimlichkeiten hatte Marij nicht vor ihrer Mutter, und sie hätte ihr ohne weiteres gestanden, wenn zwischen ihr und Rieneck die Beziehungen eine andere als freundschaftliche Form angenommen hätten. Im Stillen dankte sie Gott, daß dies nicht der Fall war, denn die Enthüllungen des Eng­länders zeigten ihr Rieneck in einem ganz anderen Licht. Ein Mann, der wegen Falschspiels von seinem Vaterlande steck­brieflich verfolgt und sich nun in die freie südafrikanische Republik geflüchtet hatte, um die Folgen seiner That nicht; dützen zu müssen, ein solcher Mann war allerdings reii: Gatte für die wohlerzogene, hochgebildete und sehr reiche Marij.