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1877.

Aemsvrecher Ar. U.

Erscheint Dienstag, KrsvrrSt., Samstag «vd Sonntag »it der «öch. Belleze »Der SonntagS- Sast'.

VestellpreiS das Vierteljahr i« Bezirk

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Samstag, den 18 . Mai

Bekanntmachungen aller Art finden dt« er­folgreichste Verbreitung.

1907.

««etliche-.

Verliehen wurde Herrn Stadtschultheiß Weller von hier vom König die Verdienstmedaille drS Kronen ordeuS.

Der auf 20. Mai 1907 in Klosterreicheubach fällige Biehmarlt ist uach Mitteilung deSK. OäeramtS Freudevstadt verboten worden.

Das Oberamt in Schulsachen zu Ca l w gibt bekannt, daß den einzelne» Schulgemeinden tu dev nächsten Tagen im Auftrag der evavg. Schulbehörde Spuckverbol- Tafeln zugrhrn werden. Dieselben find au geeiguetru Stellen in de« Schulen oder im Gaug drS GchulhausrS aufzuhängev. Auch ist dafür z« sorgen, daß in de» Schulen Spackuäpfe mit WssferfÜlluug au geeigneter Stelle ausgestellt werden.

Gajzvspontik.

Der kaiserliche Gesandte in Bukarest, v.Kiderleu- Wächter ist beauftragt worden, den Botschafter in Koustaotinopet, Frhr. v. Marschall, während der Zeit zu vertrete», wo dieser durch die Arbeiten der Haager Friedenskonferenz in Anspruch genommen sein wird. Man wird diese Maßregel vielleicht in Zusammenhang bringen dürfen mit gewissen Vorgängen, die sich in der letzten Zeit am goldenen Horn abgespielt haben und die besondere Aufmerksamkeit und Wachsamkeit der deutschen Diplomatie beanspruche». Es wird berichtet, den Bemühungen der englischen uud französischen Diplomatie sei eS gelungen, die deutschen Pläue betreffs der Fortführung der Vagdsdbahn dadurch zu durchkreuzen, daß auf ihr Betreiben hin die Mittel, die zur Ziuseugarantie für diesen Weiterbau bestimmt waren, nunmehr für die mazedonischen Reformen in Anspruch genommen werden sollen. Auf der andern Seite hat Deutschland dadurch einen Erfolg errungen, daß der Deutschen Bank die Ausführung der für eine Bewässerung der Kouia-Ebeue erforderlichen Kaualisationsaulagev, deren Kosten auf etwa 48 Millionen Mark veranschlagt stad, für Rechnung der türkischen Regierung übertragen wurden. Die Meiuungeu darüber sind geteilt, ob dieser Erfolg den Schaden aufwiegt, der durch die Verzögerung jenes Bahn- bau- dem deutschen Kapital erwächst. So viel steht aber sicher, daß rS gerade gegenwärtig besonderer Anstrengungen bedarf, den deutschen Einfluß bei der Pforte aufrecht zu erhalten, und daS wird wohl auch der Grund grweseu sein, warum Herr v. Kiderlev, der einer der befähigten nusrrer Diplomaten ist, uach Koustautinopel entsandt wurde.

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Fürst Bülow hat *uach Schluß des Reichstags etwa 300 Gäste zu einem parlameutarischenAbend geladen. Es waren erschienen Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, der Rrichstagspräfideut, Grneralfeld- marschall Hahuke, der braunschweigische StaatSmisitzer v. Otto, Staatssekretär Graf Posabowsky, die preußischen

Minister und eiue große Anzahl Parlamentarier.

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JudaS Tagewert* deS Reichskanzlers ürsteu v, Bülow eröffnen die Münchener N. N. einen ioblick, indem sie schreiben: Wer dem täglichen Leben uud Arbeiten deS Reichskanzlers näher steht, weiß, wie schwrr uud umfangreich die Lasten seines AmteS find, uud mit welchem Eifer uud welcher Hingabe er sie Tag für Tag bewältigt. Der Fürst ist Frühaufsteher uud arbeitet bis in die Nacht. Ein kurzer Spaziergang, knapp bemessene Mahlzeiten, selbst wenn er Gäste bei sich sieht, find die schmalen Pauseu in einem sehr langen Arbeitstage, bei dem sich Studium von Akten und Berichten, Verfassen von Entwürfen und Weisungen, Konferenzen und Borträge unablässig folgen. Dieses Tagewerk erledigen kann nur ein gesunder Mann, der im Vollbesitze aller seiner köiper- licheu uud geistigen Kräfte ist. DaS widerlegt am besten

die entgegengesetzt lautenden Gerüchte.

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Die Rangliste unserer Mariue für ISO? zählt 26 Linienschiffe, 8 Küsteupauzrrschiffe, 12 große Kreuzer, 36 kleine Kreuzer, 12 Pauzerkauouruboote, 6 Kanonenboote. 3 Flußkauoueuboote, IS Schulschiffe und 10 Spezialschiffe neben zahlreichen Torpedobooten auf. Der AuSlaadSdienst wird von 1? Schiffen versehen. Zum ersten Male heißt es .Hochseeflotte stattaktive Schlacht­flotte.' Chef ist Admiral Prinz Heinrich von Preußen. Ehreostellen nehmen deutsche uud ausländische Fürstlichkeiten rin, ebenso Großadmiral v. Köster.

Professor CurtiuS hat einen Eatschluß ge­troffen, nicht etwa weil er am Amte klebt, sondern im In­teresse deS Protestantismus, deS Deutschtums kn deu ReichS- laudeu und nicht zum wenigsten im Interesse der Regierung selbst. Schon der Eintritt vou CurtiuS in dieses Amt be­deutete einen moralischen Erfolg deS Deutschtums. Früher war das Amt deS Präsidenten drS Direktoriums nur «it elsäsfischea Notabel» besetzt. CurtiuS ist der erste Altdeutsche auf diesem Posten.

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Es ist möglich, daß in die Reihen der Sozialdemo­kraten bald wieder ein Pfarrer abschweukt. ES haudrlt sich um den Pfarrer Dr. Vogl in LetSlau in Thüringen, der kürzlich wegen einer sozialisteu-freundlichrn Rede bei einem Gemeiudrabeud vou seiner Aufsichtsbehörde einen Verweis erhielt. Dr. Vogl veranstaltete wie auS einer amtlichen Darstellung deS Falles erhellt am 6. Februar, also am Tage uach der Stichwahl, in seiner Eigenschaft als Geistlicher nach vorheriger Ankündigung von der Kanzel einen Gemriudrabeud, wobei er einen Bor­trag hielt über »dir Programme der Parteien im Reichs­tag." Au der Spitze deS BortragS stellte er daS sozial­demokratische Programm als daSausführlichste, klarste, bestimmteste' hin. Bon seiner Verwirklichung hätten 89 Mill. Vorteil, nur 1 Million Nachteil. Wörtlich sagte er:Wer diese Paukte deS sozialdemokratischen Programms verstanden hat, der wird auch die übrigen Forderungen dieser Partei verstehen. Sir will die Demokratie usw., ja «an ist gegen die Monarchie.' Der ganze Bortrag lobte die Bestrebungen der Sozialdemokratie in etuer Weise, wie mau sie nur von einem ihrer überzeugten Anhänger erwarten kann.

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Ein deutsch-dänischer Handelsvertrag befindet sich, der Natioualzrituug zufolge, in Vorbereitung. Anfangs nächste» MouatS werden zwei dänische Unterhändler in Berlin ein treffen, um wegen eines solchen Vertrags in

Verhandlungen eivzutreteu.

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Nach einem zwischen den Unterrichtsministerien deS Königreichs Sachsen und Frankreich S ge­troffenen Ueb eretnkommeu werden die sächsischen Mittelschulen eine Anzahl französischer Schüler und die französischen Mittelschulen eine Anzahl sächsischer Schüler snsuehmrv, welche die Aufgabe haben werden, mit ihren Mitschülern GesPrächSkbuugen in ihrer Muttersprache zu halten. Nach demselben Neberrinkommen wird vom 1. Javuar 1908 ab auch ein gegenseitiger Austausch vou Hilfslehrern erfolgen, welche das Befähigungszenguis als Mittelschullehrer besitzen müssen.

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Die Wahlen in Oesterreich haben den Christ- lich-Sozialen und den Sozialdemokraten große Erfolge ge- bracht, sie Liberalen aber beinahe völlig aufgerteben. ES haben zwar uoch zahlreiche Stichwahlen ßattzufindev, aber auch vou diesen haben die Liberalen keine Besserung ihres Besitzstandes zu erwarten, weil sie au ihnen uur iu ver- schwtodeud weuigeu Fällen beteiligt find. DaS Parlament zählt 616 Abgeordnete, vou diesen waren 439 zu wählen, da iu 70 Wahlkreisen Galiziens uud in 7 Wahlkreisen Dalmatiens die Wahlen erst in einigen Tagen stattfiuden. Die Stichwahlen, von denen sehr viele vorzuuehmen find, finden am 23. d. M. statt, in den erwähnten Kreisen Dal- matienS und GalizieuS jedoch erst am 7. Jaui. Die Christlich-Sozialen, die in de« vorigen ReichSrat nur über 26 Sitze verfügten, haben bereits im ersten Wahlgauge mehr als 66 Mandate gewonnen und stehen noch iu vielen Kreisen zur Stichwahl; die Sozialdemokraten, die bisher gar nur 11 Sitze inue hatten, sind hinter der MavdatSzahl der Christlich-Sozialen nicht zurückgeblieben, sondern haben eS schon im ersten Wahlgavge auf 60 Mandate gebracht. Auch sie erhoffen anS den Stichwahlen uoch eine Ver­mehrung ihrer Mandate. Unter den Gewählten befinden sich außerdem 7 Deutschfortschrittliche, darunter der erste Vizepräsident deS Herrenhauses Fürst AuerSPrrg, 6 Mit­glieder der deutschen Volk-Partei, 26 Mitglieder der katho­lischen ZrntrumSpartei, 8 deutsche Agrarier, 1 Deutsch-

freisinniger, 1 Deutschradikaler.

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In Paris istMittwochder erste internationale Jagdkougreß eröffnet worden, der die Beratung aller forstlichen uud wirtschaftlichen Jagdfrageu bezweckt. AlS Vertreter Deutschlands nehmen an dem Kongreß n. a. teil

der Fürst zu Stolberg-Weruigerode uud der Botschaftsattache Prinz zu Wied.

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Die »Brüsseler Etoile belge' bringt eine Meldung, für deren Richtigkeit dem Blatte die Verantwortung über­lassen bleiben muß: Ja Ponte di Lago seuro, einer Ort­schaft in der Nähe von Ferrara, explodierte eine Bombe, wodurch mehrere Kinder verletzt wurden. Di« Explosion erfolgte wenige Minuten vor Durchfahrt d eS Zuges, iu welchem der König von Italien anS Venedig znrkckkehrte. MeS deutet darauf hin, daß eS sich um rin Attentat gegen den königlichen Zng handelt. Ein Maua, der als Urheber de- Attestats verdächtig ist, wurde verhaftet. Die Wahrschein­lichkeit eines Anschlages wird uoch dadurch verstärk, daß der Zag deS Königs in der Nähe der ExplofionSstelle au- hielt. Man glaubt, daß die Polizei uoch iu letzter Stunde vou de« geplanten Attentat Kenntnis erhielt und dem Zugführer noch rechtzeitig den Befehl übermitteln konnte,

den Zng auzuhaltcn. Weitere Einzelheiten fehlen noch.

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Der rassische ReichSrat hat den von der Duma anSgearbeiteteu Gesetzentwurf über die Auf­hebung der Feldgerichte und die Revision der von diesen gefällten Urteile abgelehvt. Der Justizmiuister er­klärte iu längerer Rede den Gesetzentwurf für aummehmbar,

da die Duma die gesetzliche» Formalitäten nicht beobachtet habe.

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In Rußland ist der 1. Mai, der unserem 14. Tag deS Wonnemonats entspricht, ohne die vielfach befürchteten Ruhestörungen vorüberge- gaugeu. In PeterSbnrg uud Moskau wurden alle Ver­suche, Demonstrationen durch Umzüge und dgl. zu verao- staUen, vou der Polizei im Keime erstickt. In einem Stadt­viertel setzten sich die Arbeiter allerdings zur Wehr, ond eS gab ein kleines Pistolenscharmützel, iu dem nach dem amt­lichen Bericht eia Polizeibeamter schwer, ein anderer leicht verletzt wurde. Boa den Wirkungen deS KugelauStauscheS auf die Arbeitermassen wird nicht- gesagt, nur verraten, daß ein Arbeiter, um seiner Verhaftung zu entgehen, Selbstmord verübte. In 14 größeren Städten wurde -er 1. Mat durch allgemeine 24stündtge ArbeitSrnhe begangen, in 18 anderen Städten feierte ein Teil der Arbeiterschaft. In der Mehr­zahl der Städte fand danach keine ArbeitSuuterbrechaog statt.

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In Delhi, wo die Hindus au Zahl die Mohamme­daner überwiegev, hat rto ernster Tumult auf- rährerischeu Charakters stattgefunden. Bon einer dort befindlichen Statue der Königin Viktoria soll die Krone abgeschlagen sei». Die Unruhe in der Bevölkerung ist jetzt bereits bis zum Süden der Halb­insel vorgedruogev, In Madras patrouillieren Truppen in den Straßen.

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BriderTanfedeSspantscheuKrouprinzev, welche auf SamStag verschoben wurde, wird Kaiser Wilhelm durch seinen Schwager, den Prinzen Friedrich Leopold vou Preußen, vertreten sein. Der Prinz, der als General- Inspekteur der 1. Armertnspektiou eme BefichtignugSreise augrtreteu hatte, mußte diese unterbrechen. König AlfouS hat Kaiser Wilhelm, Kaiser Franz Josef, König Eduard und König Karl von Portugal gebeten, Ehrruzengeo bei der Taufe zu sein.

Deutscher Weichstag.

AerN«, 14. Mai.

In zwei Sitzungen erledigte der Reichstag am Diens­tag seine vorläufigen Arbeiten, dann vertagte er sich bis um 19. November. Die AvSliefernvgSvrrträge mit Griechen- and uud Norwegen uud daS Handelsabkommen mit Amerika wurden eudgiltig angenommen, der ReichShauShalt wurde verabschiedet. Die Abgg. Basfermaun (natlib.) und Müller- Meiningen (frs. BolkSP.) vertraten die deutschen Ent­schädigungsansprüche aus Anlaß deS BureukriegrS und deS russischen Aufstande-. Staatssekretär y. Tschirschky Wie­den Borwurf zurück, daß die deutsche Regiernug nicht energisch genug auftrrte. ES werde im Rahmeu der Mög­lichkeit bei vollem BerautwortuugSgrfühl vorgegangeu. Ja der zweite» Sitzung wurdeu Wahlprüfuugeu vorgeuommeu uud die BertagungSbotschaft verlese». Mit Hochrufen auf den Kaiser trruute mau sich.