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Erscheint DimStag Donnerst., Gamstag und Sonntag mit der wöch. Beilage »Der SonntagS- Gast-.
LestellpretS für das Vierteljahr im Bezirk ». Nachbarortsverkeyr Vit. 1.15, außerhalb Mk. 1L5.
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ün-Anterhaltungsblatt
Amtsblatt für
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Samstag, 19. Wovember.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1904
Amtliches.
Nach einer Bekanntmachung der Zentralstelle für Gewerbe und Handel wird von dieser in der kunstgewerblichen Lehr- und Versnchswerkstälte in Stuttgart, Seuefeldcrstraße Nr. 45, im Fall genügender Beteiligung im laufenden Winter ein zeh^wöchiger Ueduuzskurs für Dekorationsmaler in der Farbengebung abgehalteu werden. Der Kurs wird am Montag den 12. Dezember d. I. beginnen und mit Unterbrechung durch eine Pause über Weihnachten und Neujahr bis Eade Februar k. I. dauern. Dar Unterrichtsgeld betragt 10 Mk. Anmeldungen zur Teilnahme sind spätestens dis 5. Dezember d. I. der Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart einzuretchen.
Tagespolitik.
In Frankreich ist die Trennung von Staat und Kirche sicher. Der Ministerpräsident Comdes hält daran fest, gedrängt von der liberalen und radikalen Mehrheit der Kammern. In einer Regierungsvorlage hat Combes soeben die Trennung begrüadet und den Plan derselben dargelegt. Das jetzige Verhältnis ist unhaltbar, so heißt es in der Begründung. Dle Kirche will ein Staat im Staate sein und sie entzieht ihre Diener der Macht des Staates, obgleich dieser sie bezahlen muß. Die frühere kaiserliche Regierung des ersten Napoleon verfügte über Machtmittel gegen die Kirche, welche die Regierung der Republik nicht anwenden wolle. Napoleon sperrte Geistliche ohne Rtchterspruch ein, wenn sie au fernem Regime eine unbequeme Kritik übten. Der Kaiser steckte auch widerspenstige Geistliche in seine Regimenter. Solche Mittel wären einer Republik unwürdig, Combes schlägt deshalb das einzige Mittel, welches das Verhältnis zwischen Staat und Kirche regeln könnte, die Scheidung vor. „Die Ereignisse, welche aufeinander gefolgt find, die beleidigende Kritik des Heiligen Stuhles gegenüber der Reise des Präsidenten der Republik nach Rom und insbesondere die Art und Weise, wie diese Kritik den ausländischen Mächten mitgetellt wurde, die unausgesetzte, ganz konkordatswidrige Einflußnahme der päpstlichen Kurie in die innere Verwaltung der Republik zwingen die Regierung im Interesse der Kirche und des Staates, welche beide auf den Frieden der Gewissen Gewicht legen, die Lösung raschestens herbeizuführen." Die Vorlage Combes enthält diese Lösung. Es werden gesetzliche Bestimmungen geschaffen, durch welche das Verhältnis zwischen dem Staat und den Kirchen, welche bisher vom Staate erhalten worden sind, geregelt werden sollen. Das Konkordat wird gekündigt, und die Gläubigen der katholischen Kirche wie die Anhänger aller andern Kulte müssen forta i selbst für die Sicherstellung des Kultusdienstes Sorge tragen. Die Vorlage Combes unterdrückt vom 1. Januar, welcher der Annahme des Gesetzes folgen wird, alle staatlichen Ausgaben für die Erhaltung eines religiösen Kultus, alle Priestergehalte, alle Subventionen. Durch zwei Jahre wird aber die unentgeltliche Benützung aller.der Ausübung deS Kultus gewidmeten Baulichkeiten den zu gründenden Kultusvereinigungen zustehen. Nach dieser Periode wird die unentgeltliche Benützung der religiösen Gebäude aufhören: der Kathedralen, der Kirchen, der Kapellen, der protestantischen Gotteshäuser, der Synagogen, der Seminarien, der bischöflichen und erzbischöflichen Wohnhäuser, der Pfarrhöfe, kurz alle Gebäude, welche von dem Staate, dem Departement und der Gemeinde dem Kultus zur Verfügung gestellt worden waren. Für die Erhaltung der Baulichkeiten kann der Staat oder das Departement oder die Gemeinde einen angemessenen Zuschuß den religiösen Vereinigungen leisten. Die religiösen Vereinigungen müssen fortan eine Miete für die Gebäude bezahlen, welche jedoch den zehnten Teil des Jahreseinkommens der Vereine nicht übersteigen darf. Alle Gehalte an Pfarrer, Bischöfe und Erzbischöfe, sowie au die Diener der nichtkatholischen Kulte hören auf. Das Gesetz fleht aber die Erteilung von Ruhegehälter, an geistliche Personen vor. Diese Prirsterpeusionen sind bescheiden genug. Es erhalten: 1. Pfarrer und Hilfsgeiftltche, älter als sechszig Jahre, und mit einer Dienstzeit von mindestens fünfundzwanzig Jahren, jährlich 900 Franken. 2. Pfarrer, älter als fünfzig Jahre, mit mindestens zwanzig Jahren Dienstzeit, 750 Frauken. 3. Pfarrer, welche vierzig Jahre alt find und mindestens zwanzig Jahre Dienstzeit hinter sich haben. 600 Franken. Alle übrigen Pfarrer, die nicht vierzig Johre alt sind, erhalten durch vier Jahre einen Zuschuß von 400 Franken jährlich. In demselben Verhältnis sind die Ruhegehalte der jüdischen und protestantischen Geistlichen ausgemessen. Den Erzbischöfen, den Bischöfen, dem Großrabbiner, ist eine Pension von 1200 Franken
jährlich zuelkauut; wenig genug. Trotzdem ist in der Kammer Neiguug vorhanden, die angeführten Sätze noch mehr zu kürzen. Weiter bestimmt die Vorlage, daß die neuen religiösen Genossenschaften nur ihre religiöse Bestimmung ausüden dürfen. Sie dürfen keinen ausländischen Geistli- lichen anftellen. Außer den vorgesehenen Jahresbeiträgen der Mitglieder können diese Vereine auch die Ergebnisse von Sammlungen erhalten, welche in den Kirchen vorgenommen werden, und überdies für die religiösen Dienstleistungen und religiösen Zeremonien, für die Vermietung der Kirchensibe Taxe erheben. Die religiösen Vereine können sich nur auf ein Departement erstrecken. Alle religiösen Zeremonien, alle Prozessionen und alle sonstigen religiösen Manifestationen können lediglich innerhalb der Kirchen und niemals an öffentlichen Orten statlfindeu mit alleiniger Ausnahme der Begräbnisse. Dem Gesetze find noch Strafbestimmungen üeigegeben, welche die Ausführung des Gesetzes sichern sollen. Die Vorlage sinder noch viele Gegner, besonders aber von jenen, die ihre Bestimmungen noch zu entgegenkommend für die Kirche halten. Selbstverständlich wird auch von kirchlicher Seite eifrig gegen sie gearbeitet. Es wird einen schweren Kamps kosten, ehe die Vorlage Gesetz wird, sicher aber ist, daß die Trennung von Staat und Kirche in Frankreich in nächster Zeit erfolgen wird.
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Wie zu erwarten war, ist Papst Pius X. dem Ministerpräsidenten Combes, der die Einbringung seines Gesetzentwurfs über die Trennung von Staat und Kirche mit der Behaupiung begründete, die Kurie habe dir Bestimmungen Konkordats verletzt, die Antwort nicht schuldig geblieben. In seiner Ansprache an das jüngste Kofistorium hat der Papst den Spieß umgekehrt und nachdrücklich auf die Rechtsverletzungen der französischen Regierung hingewiesm. Der französische Botschafter beim Vatikan NiMd, der schon vor einer Reihe von Monaten Rom auf Urlaub verlassen hatte,
hat jetzt seine Demission eingereicht.
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Nachdem nun Alexejew in Petersburg eingetroffen ist, hat das Doppelregiment im russischen Ostastea ein Eade. Alexejew war der Statthalter. Als der General Kuropat- kin als Heerführer gegen die Japaner nach Ostafien kam, entstanden zwischen ihm und Alexejew sofort Rang- und Machtstre.tizkeiten. Der eine durchkreuzte die Pläne und Anordnungen des anderen. Alexejew residierte zuletzt in Mulden, Kuropatkin stand in Liaujang. Beide Orte sind nur 100 Kilometer von einander entfernt, trotzdem ließen beide über Petersburg sich gegenseitig mitteilen, was nicht zu umgehen war. Nach Petersburg gab Kuropatkin seine Berichte von der Front, aus Petersburg erfuhr dann Alexejew, was sich im Kriege Neues ereignet habe. Vielmals wurden Vorräte an Proviant und Munition, selbst Truppen, welche der Heerführer Kuropatkin dringend benötigte, vom Statthalter Alexejew in Mulden für Tage festgehalten und dann noch falsch dirigiert. Wiederholt mußten energische Befehle zur Aenderung solcher Maßnahmen erst auf dem Umwege über Petersburg bewirkt werden. Wohl das Gefühl eigener Schwäche und die Last der Verantwortung, die Gewissensmahnung, Rußland in diesen Krieg geführt zu habe», der dem Lande so Furchtbares auferlezte, machte Alexejew bitter gegen jedermann, in erster Linie gegen Kuro- patkin, selbst gegen seine nächste Umgebung. So war er überall unbeliebt, und sein Scheiden, sein Niedergang hiuter- licß nur freudige Gesichter. Jetzt ist Kuropatkin der wichtigste Mann Rußlands, und neben ihm sind es die Armeeführer Kaulbars, Lennewitsch und Griepenberg. Von diesen Pieren und ihrer Einigkeit hängt zum größten Teil Rußlands Geschick ab. Aber auch zwischen ihnen ist nicht alles wie es sein sollte. Der alte Haudegen Lennewttsch hat selbst auf das Oberkommando gerechnet und ordnet sich wohl nur ungern dem jüngeren Kuropatkin unter. Uneinigkeit auf dem Kriegsschauplätze, Nachlässigkeit und Liebesgabendiebstahl in der Heimat — das sind keine guten Vorzeichen für russische Siege!
Kammer der Abgeordneten.
Stuttgart, 15. November.
Die Abgeordnetenkammer fuhr in der Beratung der Gemeindeordnung bei Art. 10 Abs. 2 fort, der die Teilnahme der Ortsgeistlichen an den Beratungen des Gemeide- rates über die Verwaltung der öffentlichen Armenpflege betrifft. Nach dem Beschlüsse der Kommission sollen die ersten Ortsgeistlichen jedes Bekenntnisses, beim Vorhandensein mehrerer Parochieu desselben Bekenntnisses höchstens zwei Geistliche der gleichen Konfession teiluehmeu. Nach den
bestehenden gesetzlichen Bestimmungen sollte der Vorsitz in diesen Verhandlungen von dem Ortsvorsteher und dem ersten Geistlichen der größten Konfession geführt werden. Abg. Liesching (Bp.) bekämpft diesen gemeinschaftlichen Vorsitz als widersinnig. Tatsächlich sei er auch jetzt schon garnicht vorhanden, weil in Wirklichkeit der Ortsvorfteher stets den Vorsitz führe. Er beantragte Aenderung des Gesetzes in dem Sinne, daß den Vorsitz der Ortsvorsteher zn führe» hat. Abg. Schick (Z.) beantragt, die Beschränkung der Zahl der Geistlichen auf eine Höchstzahl von zwei zu streichen. In langer Debatte wird der Antrag Liesching teils bekämpft, teils befürwortet. In der Abstimmung wird der Beschluß der Kommission unter Einhalt eines Zusatzes angenommen, wonach außer den zwei von der Kommission zugelassenen Geistlichen eine bloß beratende Teilnahme auch dem ersten Geistlichen der übrigen Parochieu gest tttet sein solle. Der Antrag Liesching wird mit geringer Mehrheit abgelehnt. Za Art. 11, der die Wahl der Gemeiuderäte betrifft, liegt eine Reihe Abänderungsanträge vor. Das Zentrum beantragt, das aktive Gemeindewahlrecht allen seit drei Jahren Steuer zahlenden Einwohnern des Ortes zu verleihen. Ein Antrag Liesching verlangt, die Gebühr für Erlangung des Gemeiudebürgerrechts von 5 auf 2 Mark herabzusetzen. Ein Antrag Schickhardt (Vp.) will das Bürgerrecht nach zwei Jahren verleihen. Bon den Sozialdemokraten wird beantragt, nach einjähriger Steuerzahlung das Wahlrecht zu verleihen. Die Debatte wurde nicht zu Eade geführt, sie wird morgen fortgesetzt werden.
LandesnachrichLen.
-s- Atteusteig, 18. Nov. Die sonnigen Tage begünstigen noch immer die Feldarbeiten ; manche Verrichtung kann noch dieses Spätjahr vor sich gehen, die bei Ungunst der Witterung aufs Frühjahr hätte verschoben werden müssen. Be- , sonders kommt der schöne Spätherbst den Bauhaudwerkera zu statten, noch immer wird wacker dranf losgearbeitet, sollen doch noch 2 private Neubauten unter Dach gebracht werden. V'ele Arbeitsgelegenheit bietet die Stadt durch Herstellung von Gehwegen innerhalb Etters, durch Neuaulage einer Straße bei der Krone und bessere Instandsetzung des Kirchhof-Vorplatzes. Ueberall steht man fleißige Hände sich regen. Aus den Fremden muß es doch einen guten Eindruck machen, daß es jetzt vom Bahnhof bis zur Traube und von da die Poststraße entlang bis zur Buchdruckerei Gehwege vorfindet und nicht mehr nötig hat, auf schmutzigem Wege zu passieren. Einen solchen Fortschritt muß man anerkennen.
-n Köhanse«, 18. Nov. Bezüglich des Brandes in Ebershardt um letzten Montag, über den im Donncrs- tagsblatt berichtet wurde, sei hier mitgeteilt, daß man jetzt die Entstehungsursache kennt. Zwei Knaben im Alter von 5—6 Jahren wollten einen Cigarceustummel rauchen und begaben sich, mit den nötigen Streichhölzern versehen, zu ihrer Sicherheit hinter den Schuppen, und aus Versehen zündeten die kleinen Raucher denselben an, statt des Rauchstengels.
* SchöNMÜrrzach, 16. Nov. Bei einem Hererokampfspiel, das zwischen den Schülern von Hutzenbach und Schöu- münzach-Raumünzach am letzten Sonntag am Fuße des Hahuberges stattfand, erhielt der zwölfjährige Karl Förderer, Sohn des verstorbenen Wirts in Raumünzach, mit dem Kirn einen solchen Schlag auf den Kopf, daß er andern Tags in der Schule bewußtlos zusammenbrach und gestern früh an den Folgen eines Schädelbruchs starb.
* Aal«, 16. Noo. Heute früh.ließ sich der 67 Jahre alte Händler Wächter aus der Pforzheimer Eisenbahnlinie in der Nähe der Stadt vom Zug überfahren. Der Kopf wurde ihm vollständig vom Rumpfe getrennt. Bächler, der wegen unsittlicher Handlungen a» Kindern angezeigt war, hat wohl aus diesem Grunde Selbstmord begangen.
):( Aeutti«gert. Von der Handwerkskammer erhalten wir folgende Auszüge aus dem Protokoll über die Verhandlungen des Vorstandes am 27. Oktober. 1) Die Bestimmung über die Berichterstattung der Beauftragten für das Lehrlingsweseu hat sich als unzweckmäßig erwiesen; Die Kammer erhielt die Berichte unregelmäßig oder zu spät. Deshalb wird angeordnet, daß die Beauftragten ihre Berichtsakteu künftighin sofort nach Beendigung einer Reise oder nach Bereisung eines kleineren Bezirks (in der Regel monatlich) einzusenden haben. Bezüglich der Schlafstätten wird einstimmig gefordert, daß jeder Lehrling ein Bett für sich habe. — 2) Zwei Betriebe, welche von ihren Inhabern als Fabriken betrachtet werden, erklärt der Vorstand als Handwerkerbetriebe: den einen (der hauptsächlich Kühlschiffanlagen für Brauereien herstellt), weil er weder Großbetrieb ist noch die Arbeitsteilung durchgeführt hat, den anderen