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Nr. 99.

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Samstag. 2. ZuLi.

1904

^ Eine teure Ehre.

(Nachdruck verboten.)

Die soziale Versicherungs-Gesetzgebung in Deutschland, welche Millwnen und aber Millionen gegen Krankheit, Alters- und Invalidität, sowie gegen Unfall versichert, hat kein anderer Staat in diesem Umfange auch nur annähernd uachgemacht. Krankeu-Versicherungen gibt es wohl, aber im Uebrigen reichen die Anläufe, wo sie überhaupt unter­nommen worden sind, nicht an das heran, was das deutsche Reich auf diesem Gebiete leistet. In Frankreich hat seit 10 Jahren so ziemlich jedes neue Ministerium große Vorar­beiten darüber anstellen lassen, was die Republik für eine staatliche Arbeiter-, Alters- und Jnvaliden-Verstcherung tun könne, die in ihren Leistungen das überbietrn soll, was Deutschland gewährt. Ueber dies Thema gibt es dann einige klingende Debatten in der französischen Volksver­tretung, und daraus steht Alles wie zuvor. Deutschland hat also die hohe Ehre, auf dem Gebiete der praktischen Sozialpolitik von keinem anderen Staate überflügelt zu sein, und es will von dieser Ehre nichts wissen. Aber darüber dürfen wir doch nicht vergessen, daß diese Ehre eine teure geworden ist, eine kostspielige werden kann, wenn allerlei deutliche Aussichten zur Praktische« Wahrheit werde«. So ist, wie neulich schon mügeteilt, eine ganz erhebliche Zu­nahme an Invalidenrenten seit dem am 1. Januar 1900 in Kraft getretenen neuen Bestimmungen bemerkbar geworden. Es ist ausgerechnet, daß, wenn diese Steigerung anhält, die jährliche Beitragspflicht im Reiche sich um Millionen Mark erhöhen müßte. Nun hat Deutschland bald 60 Millionen Seelen, wir können also schon etwas aushalten, aber kommt Eins zum Anderen, immer wieder Eins zum Anderen, dann kann es am Ende doch etwas zu viel werden. Die teure Ehre wird kostspielig, wie wir gesagt haben, uad so weit dürfen wir nicht gelangen. Nachdem auch bei uns die wirtschaftlichen Erwerbs-Verhältnisse sich gewaltig verschoben haben, haben wir gerade bei diesem Kapitel der sozialen Versicherungs-Politik im Auge zn behalten, daß der gewerb­liche Teil der Bevölkerung hiefär viel, viel mehr leistet, wie die Fmanzkreise, die doch mit höherem Gewinn arbeiten, wie die produzierende Bevölkerung. Es würde also, bei einem weiteren Sich-Verschärfen dieser Kosten-Verhältnisse in Betracht zu ziehen sein, ob nicht für die Kostendeckung alle Kreise, die aus dem wirtschaftlichen Leben irgendwie Vorteil haben, heranzuziehen seien, falls nicht die Verwalt­ungs-Handhabung verbilligt werden könnte. Und das Letz­tere erscheint doch zweifelhaft, wenigstens in solcher Ver­billigung, daß sie wirklich ms Gewicht fällt.

Es ist selbstverständlich, daß wir von der sozial­politischen Versicherung nichts wieder fallen lassen können, nachdem wir einmal so weit damit vorgegangen sind. Aber wenn wir ruhig die Frage aufwerfen, ob z. B. die gewal­tigen Summen, die für die Alters- und Jnvaliden-Ber- ficherung ausgeworfen werden alljährlich, nun wirklich die­jenige Anerkennung, den Dank im Gefolge haben, der für eine so großartige Leistung selbstverständlich erscheint, dann müssen wir darauf leider mitNein" antworten. Ja, die älteren Personen und die, welche invalid werden, die er­kennen gern und mit Freude den Wert der ihnen zufallen­den Rente» an, aber die jüngere Generation denkt meist anders. Was Deutschland leistet in dieser Beziehung, das Wied bei einer kritischen Beurteilung deutscher Verhältnisse einfach ignoriert, and es stellt doch ei» recht Helles Licht dar, das »icht übersehen werden sollte, wenn man so ufrig nach dem Schatten suchst Diese mangelnde Anerkennung kann ein Fortschreiten auf dem eingeschlagenen Wege nicht aufhalten, wohl aber kommt sie ins Gewicht bei den stei­genden allgemeinen Lasten. Die Letzteren zeigen sich doch überall. Die dringendste Versicherung ist die gegen Krank­heit. Daß die Beiträge, die selbstverständlich gezahlt wer­den müssen, wesentlich in die Höhe gegangen sind, seitdem die nenen gesetzlichen Bestimmungen Geltung gewonnen haben und die Aerzte-Honorare meist eine Ausbesserung, die ja auch nicht zu vermeiden war, erfuhren, ist Jedem, der im gewerblichen Leben steht, bekannt. Aber das große Publikum kümmert sich nicht viel darum und weiß nicht viel davon, es ist ja auch am Ende seine Sache nicht. Doch wird für die Zukunft im Auge zu behalten sein, daß es nun mit der Höhe der sozialpolitischen Aufwendungen genug sein muß, wenigstens io lange, als nicht gebesserte Verdienst- Verhältnisse bestehen.

Tagespolitik.

König Eduard von England hat Deutschland wieder verlassen und ist in sein Land zurückgekehrt. Wenn der König sich während seines Aufenthaltes auf deutschem Boden oder richtiger Wasser über Eicks zu beklagen

hatte, so war es der Regen und das unfreundliche Wetter, welche die deutsche Küste und Norddeutschland lange genug in Mitleidenschaft gezogen und durch die arge Kühle die Empfindung geweckt hatten, als sei man nicht im Sommers- Anfang, sondern im Frühlings-Beginn. Nur zum Schluß lachte die Sonne, und so wird auch König Eduard in seinem jovialen Humor gesagt haben: Ende gut, alles gm! Ueber die Wärme des Empfanges konnte sich der König weder während der Kieler Tage, noch bei seinem in Ham­burg am Dienstag abgestatteten Besuch beklagen, an beiden Stellen sind ihm von der Bevölkerung aufrichtige Sym­pathien gewidmet, wenn es auch nicht gerade so über­schwänglich gewesen ist, wie manche Berichte behaupteten. Der König hat sich Hamburg recht genau angesehen, und es hat ihm gefallen, wenn zu einem rechten Genuß von Hamburgs Schönheiten ja eigentlich voller Sonnenschein gehört. Die Hamburger und der König haben sich gegen­seitig das Beste gewünscht, und damit können sie zufrieden sein. Die politische Ausbeute ist nicht in neuen einzelnen Dingen zu jucken, darüber ist man einig. Es ist dem König Herzenssache gewesen, dazu beizutragen, daß die mancherlei Reibereien zwischen den Nationen, und zeitweise auch zwischen den beiden Regierungen, ein Ende nehmen, die von London aus, namentlich in den dortigen Zeitungen, mit eiuem wahren Hochgenuß immer wieder von neuem hervorgesucht und aufgetischt wurden. Folgen sie dem Bei­spiel ihres Königs und befleißigen sie sich nun des all­gemein üblichen Taktes, so wird schon viel gewonnen sein. Uns liegt gar nichts daran, die Nase in alle möglichen englischen Angelegenheiten zn stecken, mögen nur die Engländer sich um uns nicht bekümmern. Interessen- oder Schiedsgerichts- Verträge, wie zwischen Frankreich und England, sind nicht abgeschlossen, es liegt ja aucy nicht der leiseste Anlaß dazu vor. Ueber die schwebenden Handelsvertrags-Verhandlungen hat man wohl nicht viel gesprochen, und wenn der König und der Kaiser selbstverständlich sich über den ostastatischen Krieg nicht ausgeschwiegen haben, so ist doch auch für diese Angelegenheit sicher nichts vereinbart. Uns geht der oft- afiatische Krieg noch nichts an, und hoffentlich wird er nie unsere Interessen direkt streifen. Wer am Ende oben bleibt im fernsten Osten, wird sich ja s. Z. zeigen.

-i-

* 4:

(Haben wir Ursache, der englischen Politik zu zürnen?) Die landläufige Meinung in Deutschland lautet ja. Im »Berliner Tagblatt" aber meldet sich ein Optimist, Fried­rich Dernbarg zum Wort und behauptet das Gegenteil. Er stellt sich die Aussprache zwischen Bülow und König Edu­ard in Kiel folgendermaßen vor:Mein lieber Graf, es hat mich gefreut, daß Sie unser kleines egyptisch-marrokka- nisches Miitelmeergeschäft mit den Franzosen nicht tragisch genommen haben. Ich hätte gerade Sie ja gern vorher ins Vertrauen gezogen, aber Sie sehen ein, daß mir meine Minister über den HM gekommen wären, hätte ich Ihnen die Akte» meines Auswärtigen Ministeriums vorgelegt. Sie sind ja selbst Politiker. So ein Geschäft, wo einem Hun­derte von Millionen gebracht werden, weift man nicht so leicht ab. Und ob die Franzosen viel Freude an meiner Konzession bezüglich Marokkos haben werden, darüber kann Sie ja Ihr Botschafter in Madrid unterrichten, der von allen Ihren Diplomaten noch am meisten Bismarcksche Schule und Gesckick hat. Ich habe Ihnen in Spanien einen Bundesgenossen gegen Frankreich geschaffen, nach dem Sie nur die Hand auszustrecken brauchen. Was dann die Japaner betrifft, so haben meine Minister und unsere Zei­tungen sie gründlich mißverstanden, wir wollten doch ledig­lich die Russen ein wenig ärgern! Wie konnte man glau­ben, daß die Japaner so ernsthafte Leute seien! Ihr Kaiser hat aber am wenigsten Veranlassung, sich zu beklagen; ich haoe die Hand des Zaren in seine Hand gelegt, und Ihre Generalstabsakten, den Krieg mit zwei Fronten, können Sie auf dreißig Jahre znrücklegen. Sollte sich indessen jetzt oder in Zukunft die Gelegenheit bieten, mit Ihnen ein ähn­liches Geschäft zu machen, wie wir es mit Frankreich und mit Japan gemacht haben, so wenden Sie sich nur ver­trauensvoll an uns I Es soll bestens besorgt werden."

* *

Egypten wird englifiert. Die Engländer find die Her­ren des Landes, der Vizekönig ist eine Null. AuS allen staatlichen Schulen ist das Lehren anderer Sprachen als Arabisch und Englisch schon vollständig ausgemerzt, und in den höheren Lehranstalten tritt das Arabische auch als Bor­tragssprache immer mehr hinter das Englische zurück. Bin­nen drei, längstens fünf Jahren wird letzteres die alleinige Bortragssprache für alle Lehrgegenstände sein, nick kein Ein­geborener, der sie nicht vollständig beherrscht, wird die höheren Lehranstalten überhaupt noch besuchen können. Für

viele Lehrgegenftände werden arabische Lehrbücher schon jetzt nicht mehr gedruckt. Auch im amtlichen Verkehre der Behörden untereinander gewinnt das Englische sichtlich die Oberhand, während sich das Arabische nach und nach bloß noch auf die untersten Ausländer der Verwaltung zu be­schränken beginnt. Die Eaglifierung des Berwaltungsper- sonals wird in der Weise durchgefüyrt, daß man den nicht- britischen Europäer zugunsten eines an seine Stelle treten­den Eingeborenen aus dem Dienste entläßt, diesen letzteren aber nach einiger Zeit für unfähig erklärt und durch einen Engländer ersetzt.

LandesncrchvichLen.

* Aktensteig, 1. Juli. Wie aus dem Anzeigenteil in heutiger Nr. zu ersehen, ist in den nächsten fünf Tagen auf dem Marktplatz hier ein Elektro-Bioskopie-Theater (lebende Photographien) zum Besuck ausgestellt. Aus verschiedenen Empfehlungsschreiben und Zeitungen geht hervor, daß das Theater wirklich Schönes knetet und sich die Vorführungen speziell auch als Bilder für den Anschauungsunterricht eignen; es stehen hierüber dem Herr« Direktor beste Zeugnisse von Schulvorständen zur Verfügung. Hervorzuheben sind die Szenen aus der Leidensgeschichte Jesu, welche überall die größte Bewunderung erregten. Aus den Szenen welt­lichen Charakters, welche viel Unterhaltung und Komik bieten, ist die große Attraktionsszene: Die Ästronomenreise auf den Mond, hervoczuheben. Der Betrieb geschieht durch eigene Lichtmaschine. Möge das kostspielige Unternehmen auch hier seitens der Einwohnerschaft durch zahlreichen Besuch Unter­stützung finden.

-ii. Köhause«, 30. Juni. Am gestrigen Feiertag wurde, hier die Jahresfeier des Bezirkskinderrettungsvereias abge­halten. Mittags erhielten die Kinder und deren Pflegeeltern auf Kosten des Vereins ein einfaches Mittagessen im Wald­horn. Um 2 Uhr begann die gottesdienstliche Feier in der Kirche. Nach dem Gemein degesang sprach Pfarrer Eber­bach das Gebet und knüpfte eindringliche Worte an die TageSlosung Ps. 79, 13:Wir aber, dein Volk und Schafe deiner Weide, werden dir danken ewiglich und verkündigen deinen Ruhm für und für". Am Schluß der Ansprache wurde mitgeteilt, daß für die guten Zwecke des Vereins an freiwilligen Gaben im letzen Jahr zusammen 1529 Mk. 67 Pfg. eingingeu und für 20 Kinder, die bei Pflegeeltern unter­gebracht waren, 1507 Mk. 62 Pfg. ausgewendet wurden. Als weiterer Redner trat Dekan Römer auf und hielt eine Predigt im Anschluß an die Worte Petri Jotz. 6, 68 u. 69: Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens usw." und au das Wort des Apostels Paulus 2. Tim. 3, 1517 :Weil du von Kind auf die heilige Schrift weißest, kann dich dieselbize unterweisen zur Seligkeit." Die Katechese mit den Kindern hielt Pfarrer Köhler von Noth­felden über den Spruch:Dein Leben lang habe Gott vor Augen uad im Herzen und hüte dich, daß du in keine Sünde willigest und tust Wider Gottes Gebot." Nach der kirchlichen Feier wurde den Kindern und deren Pflegeeltern auf Beremskosten im Waldhorn ein Vesper gereicht. Heiter­keit bei jung und alt erregten die den Kindern zum Lösen aufgegebenen Rätseln von Schullehrer Jetter. Nicht minder erfreut wurden die Pfleglinge durch die ihnen zum Schluß des Festes gereichten Geschenke.

* Von Aukermusöach, OA. Freudenstadt, kommt die Nachricht, daß der von dort gebürtige und gegenwärtig in Südwestafrika kämpfende Soldat F. Stöhr im Kampf ge­gen die Herero gefallen ist.

* Hfterdiuge«, 29. Juni. Der aus Wössingen abgäng­ige Schmiedgeselle Nikol, der als der Bluttat an der Luise Maier verdächtig, sestgenommen war, wurde gestern dem Opfer gegenübergestellt, doch konnte diese feststelleo, daß er nicht der Täter war. Auch verschiedene Bürger von hier, die am Morgen deu Fremden Herumstreifen sahen, bekun­deten, daß Nikol nicht der Attentäter war. Er wurde des­halb wieder nach Tübingen zurückgebracht.

* Stuttgart, 29. Juni. Unter dem Protektorat des Fürsten Karl von Urach und unter dem Vorfitze des Handelskammerpräfidenten Widemaun ist ein Verein zur Errichtung einer deutschen Ansiedlerschule in Hohenheim, zur Vorbildung für deutsche Kolonisten gegründet worden

* Stuttgart, 29. Juni. Die Landesversammlung der württembergischeu Konservativen nahm eine Resolution an, worin die ablehnende Haltung der Ersten Kammer zur Volksschulnovelle bedauert wird, da letztere weder den Re­ligionsunterricht noch die konfessionelle Schule gefährde. Diese Haltung der Ersten Kammer lasse eine Reform der­selben als besonders dringlich erscheinen. Jeder Versuch, den Grundsatz der konfessionellen Volksschule durch Ein-