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Donnerstag, 13. Juni
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1901.
Grausame Kriegführung.
* Kapstadt, 20. Mai. Ein erbaulicher Zwischenfall spielte sich dieser Tage im Parlament von Natal ab, wo der Abgeordnete Bryce schwere Anklage erhob gegen die Militärverwaltung in Zululand. Die Anklagen stützten sich auf die Berichte eines gewissen Herrn Brunner, der Abgeordneter für Zululand ist, und fanden weiteste Verbreitung durch den Abdruck im „Natal Mercury", einem der einflußreichsten und gelesensten Blätter des genannten Landes. Danach handelt es sich um nichts Geringeres als um die systematische Aufhetzung der Zulukaffern gegen die Buren. Auf Befehl der Engländer mußten sich die Zulus bewaffnen, augenscheinlich mit von den Engländern selbst gelieferten Waffen und ins Gebiet der Buren einfallen. Die Zulus ließen sich dies nicht zweimal sagen, veranstalteten sofort einen gewaltigen Raubzug uud kehrten schon nach kurzer Zeit mit Tausenden von erbeuteten Rindern und sonstiger großer Beute zurück. Als Lohn für diese Schandthat überließen ihnen die Engländer großmütig zehn Prozent. Nennenswerten Widerstand fanden sie in den schon längst von den Buren geräumten Distrikten nicht; ab und zu begegnete ihnen Wohl ein alter, zurückgebliebener Bur, und der wurde dann mit leichter Mühe von den Wilden gespießt. Frauen und Kinder waren schon eher anzutreffen, und wie es diesen ärmsten Geschöpfen erging, darüber schweigt man am besten. Auch eine Rotte Weißer, die als engländerfreundlich im Lande belassen worden war, hat an der Sache teilgenommen, trotz aller Proteste, welche von der zivilen Scheinregierung des Landes erhoben worden waren. Genannter Abgeordneter Brunner wandte sich seiner Zeit an den Premierminister von Natal um Hilfe, erhielt jedoch nur die Zusage seines Bedauerns, da der Minister sich ohnmächtig fühlte gegenüber der Militärdespotie, und die ganze Verantwortung auf den kommandierenden Hauptmann Bottomley schob. Die Sache wird ihr Nachspiel haben, zwar nicht in öffentlichen Kreisen der Engländer — da wird sie einfach vertuscht oder tot geschwiegen — sondern in ! Zululand selbst, wo die Eingeborenen, nachdem sie nun ! einmal auf den Kriegspfad gedrängt, die Waffen gegen sich selbst kehren, um ihre alten Stammesstreitigkeiten auszufechten. So sind schon z. B. die Stämme Usibepus und Dinizulus kräftig aneinander geraten.
Es läßt sich bezweifeln, ob das Vordringen der Engländer nach dem Norden von Transvaal ein strategisch richtiger Zug war. Allerdings ist es ihnen gelungen, den Nimbus zu zerstören, als hätten die Buren in diesem bisher noch nicht besetzten Lande eine bedeutende Reservearmee und wichtige Operationsbasis besessen. Die Buren sind eben auch hier wie überall beim ersten Anmarsch der Engländerin alle Winde zerstoben. Aber was die Engländer einheimsten, war lediglich die schwierige Aufgabe, nun noch weitere 300 Meilen Eisenbahn zu bewachen. Zur Entschädigung suchen sie nun das Land „unverwundbar" gegen die Angriffe der Buren zu machen, indem sie es auf weite Strecken längs der Eisenbahn aller Nahrungsmittel entblößen und zur vollkommenen Wüste nach bekannten Mustern machen. Das nennen sie dann die „Beruhigung" des Landes. Eigentlich ist aber gar nichts mehr zu beruhigen, denn sämtliche Bewohner, gleichviel ob Weib, Mann oder Kind, ob in Waffen einhergehende oder friedlich seinen Heerden obliegende Buren — kurz alles, was menschliche Gestalt hat, muß mitgehen und wird als Gefangener nach den großen Lagern in der Nähe englischer Garnisonen geschleppt. Im Grunde ist dies auch noch die glücklichste Lösung, denn, auf ihren Farmen allein gelassen, würden die Aermsten doch dem bittersten Elend, wenn nicht gar dem Hunger oder wilden Bestien in Gestalt von Tieren oder Kaffern zum Opfer fallen. Den Engländern gegenüber steht hier De la Rey. Natürlich läßt er es nicht auf einen Kampf oder gar eine ordentliche Schlacht ankommen. Seine Aufgabe besteht vielmehr darin, die zerstreuten Buren um sich zu sammeln und neu zu organisieren. De la Rey ist gegenwärtig der beliebteste unter den Burengeneralen. Seinem Kommando strömen die meisten Buren zu, während Botha und Dewet stark in Mißkredit geraten sind. Botha steht im Verdacht, lau zu sein und mit den Engländern zu paktieren, ja, es wird ihm sogar offen vorgeworfen, er suche nur nach einem paffenden Vorwände, um mit gutem Geschick dem Beispiel Krügers und seiner Frau zu folgen, welche bekanntlich dem afrikanischen Boden den Rücken gekehrt haben, Frau Botha, wie es heißt, in d er Absich t, KrügerzurAnnahme vonFriedensbeding- ungen zuveranlassen. So kommt es, daßBotha unter den radikal gesinnten Buren immer mehr an Boden verliert und daß diese einfach sein Kommando verlassen, um sich De la Rey auzu- schließen. Letzterer bildet gleichzeitig daS Bindeglied mit den im Freistaat kämpfenden Buren und hat es so ein
zurichten vermocht, daß' er von dort eine Art regulärer Proviantzufuhr bezieht, welche die Buren mit bekanntem Geschick den Engländern allenthalben, mit Vorliebe aber längs der Eisenbahnen, abknöpfen. Die Gegenmaßregeln der Engländer bestehen zunächst darin, daß sie längs der Bahnlinien in kurzen Abständen kleine blockhausartige Forts errichten, meist aus Stein, aber oft auch aus Holz und Blech, aber stets kugelsicher. Dann beginnt die sogenannte „Säuberung" des Landes. Diese besteht darin, daß die Engländer mit starker Truppenmacht und in gehöriger Breitenausdehnung das Land durchziehen. Alles was ihnen dabei in die Hände fällt, muß mitgehen, und was nicht gehen kann, wird einfach verwüstet.
Die so aus dem Freistaat herausgepreßten noch kämpfenden Buren versuchen daher wieder einmal ihr Heil in der Kapkolonie, in die sie mit starker Macht an verschiedenen Punkten eingebrochen sind. Hiebei taucht denn auch der eine Zeit lang ganz verschollene Dewet wieder auf, welchen die Engländer schon ganz und gar für weggezaubert hielten. Der wackere Held hat inzwischen eine kleine Spritzfahrt vom Norden der Kapkolonie nach dem äußersten Osten und Norden Transvaals gemacht, hatte sich mit Botha und De la Rey verständigt und nahm die Rückreise durch den Westen des Freistaates. Bei dieser ganz außerordentlichen Fahrt begleiteten ihn nur vierzig Mann seiner Auserwählten. Wo sein Heer eigentlich geblieben ist, weiß kein Mensch, wahrscheinlich hielt es ein wenig Ferien unter Herzog und Brand, die ja gleichfalls der Ruhe bedurften. Jetzt wird es aber wieder lebendig ; die Buren rücken an drei verschiedenen Punkten in die Kapkolonie ein und blasen den inzwischen ziemlich ermatteten Aufstand der sogen. Kaprebellen wieder mit kräftigen Backen an. An drei Punkten haben die Engländer empfindliche Verluste an Menschenleben und Gütern erlitten und sie müssen sich offenbar dazu bequemen, wieder Truppen aus dem Freistaat herabzuziehen.
-n. Alten steig, 10. Juni. Im Gasthaus z. Linde hier fand gestern nachmittag eine Hauptversammlung des Bienenzüchtervereins statt. Bon den Mitgliedern waren gegen 40 anwesend. Nachdem der Vorstand Brendle die Anwesenden bewillkommt hatte, gab er ein Bild über den Stand der Völker im Frühjahr. Die Ueberwinterung wäre im allgemeinen günstig gewesen, hätte nicht die empfindliche Kälte im März und April die Stöcke geschwächt, so daß sie volkarm in die erste Tracht kamen. Jetzt haben sich manche erholt; trotzdem seien im allgemeinen die Stöcke schwächer als sonst um diese Zeit; wünschen und hoffen wir deshalb, daß die Monate Juni und Juli — die Haupthonigtrachtzeit in unserer Gegend — sich günstig gestalten. — Es teilte hierauf der Bereinskassier Berwaltungs- aktuar Maier die Jahresrechnung mit. Nach derselben betrugen die Einnahmen 265 Mk. 90 Pfg., die Ausgaben 251 Mk. 95 Pfg., somit einUeberschuß von 13 Mk. 95 Pfg. Vorstand Brendle sprach nun namens der Mitglieder dem Kassier den Dank aus für seine sorgfältige Rechnungsführung und teilte hierauf mit, daß er im Auftrag des Vereins in größeren auswärtigen Zeitungen Honig ausgeschrieben habe. Die gemachten Erfahrungen seien aber keine günstigen gewesen. Abnehmer für größere Quantitäten hätten sich zwar gemeldet, dem einen sei aber der Preis zu hoch gewesen, während ein anderer allerlei an der Qualität des Honigs ausznsetzen gehabt habe. Aus der Mitte der Versammlung wurde daher der Vorschlag gemacht, künftig vom Verein aus die Jnseration zu unterlassen und jedem einzelnen Imker zu empfehlen, für sich Absatzgebiete seines übrigen Honigs zu suchen. Forstwart Dittus konnte den Anwesenden mitteilen, daß er an verschiedene Abnehmer größere Quantitäten von Honig im letzten Herbst und Winter geliefert habe und jeder sei, was sowohl den Preis als die Qualität des Honigs anbelangt habe, zufrieden gewesen. Für den Absatz reinen Schleuderhonigs dürfe kein Imker Bangen tragen. — Es wurde hierauf noch die Aufbewahrung des Honigs besprochen und betont, daß sich der Honig in thönernen und gläsernen Gefäsfen am besten halte, ja oft jahrelang, während eben die Blechbüchsen mit der Zeit Rost ansetzen, was für den Honig nachteilige Folgen habe. — Bei der nun folgenden Wahl wurde der seitherige Vorstand Schullehrer Brendle durch Zurnf und der Ausschuß durch schriftliche Abstimmung gewählt, nämlich die seitherigen Mitglieder Seeger, Schuhmacher, Lutz, Glaser, Henßler, Zimmermeister, Steinle-Ebhausen, Bäuerle-Zwerenberg und Schreinermeister Klein hier neugewählt. Den Schluß der Versammlung bildeten noch manche praktische Ratschläge über Behandlung von Stöcken, die von der
Wachsmotte, von Ameisen oder Klemmern bedroht sind, sowie der buckel- oder drohnenbrütigen Völker. Im Juli soll wieder eine Hauptversammlung und zwar in Berneck stattfinden.
* Calw, 10. Juni. Der gestrige Tag brachte uns ein schweres Gewitter, aber auch den erwünschten reichlichen Regen. In Zavelstein und einigen anderen Orten fiel Hagel in ziemlicher Menge, doch dürfte der Schaden nicht zu bedeutend sein. Im allgemeinen sind die Aussichten auf einen guten Jahrgang in unserem Bezirk recht günstig. Das Heugras steht schön, besonders ist das Bodengras in den letzten Tagen sehr gewachsen, die Heuernte wird deshalb noch weiter hinausgeschoben. Die Saaten stehen vorzüglich, die Sommerfrüchte, namentlich der Haber, haben sich trefflich entwickelt. Aepfel giebt es wenig, dagegen Birnen ziemlich viel, und Zwetschgen massenhaft.
* Tübingen, 10. Juni. (Strafkammer.) Eine un- getreue Magd ist die 20 Jahre alte Marie Lude aus Dapfen O.-A. Münsingen. Sic hat ihre Dienstherrschaft um 1560 Mk. bestohlen. Die Lude trat an Martini 1899 bei dem Metzgermeister Johannes Reicherter jr. in Reutlingen gegen 160 Mk. Jahreslohn in Dienst und wußte sich das Zutrauen der Reicherter'schen Familie zu erwerben. Das Mädchen hatte aber ein geheimes Liebesverhältnis und es sollte unter allen Umständen geheiratet werden. Doch dazu fehlten die Mittel. Der Schrank, in welchem Lude sein Geld aufbewahrt hatte, war dem Dienstmädchen nicht unbekannt geblieben und es war ihm ein Leichtes, sich des Kassenschlüssels zu bemächtigen. Obgleich Reicherter schon im Sommer 1900 das Verschwinden kleinerer Geldbeträge bemerkte, wurde dies alles immer geheim gehalten, da er glaubte, seine Frau chabe das Geld gebraucht. Als aber später zunächst 100, dann 200 und dann 400 Mk. abhanden kamen, forschte er strenger nach. Es entstanden zwischen ihm und seiner Frau Zwisügkeiten, welche die Angeklagte teilnahmslos mit anhörte. Auf 1. April 1901 hatte die Lude den Dienst gekündigt, dem Brotherrn war inzwischen zu Ohren gekommen, daß dieselbe nicht nur bedeutende Ersparnisse verzinslich anlegte, sondern sich auch eine ganz schöne Aussteuer angeschafft und bezahlt habe. Am 30. März nahm die Polizei die Angeklagte ins Gebet, sie leugnete. Bei Durchsuchung ihrer Effekten fand man an Baar 350 Mk., und Sparkasfenscheine über 1130 Mk., durchweg Einlagen vom Jahre 1900. Die angeschaffte und von der Angeklagten bezahlte Aussteuer kostete gegen 600 Mk. An Lohn hatte dieselbe aber für 5 Vierteljahre bloß 200 Mk. eingenommen und besaß nachweislich auch von früher her nur einige 100 Mk. Ersparnisse. Schließlich legte die Magd ein Geständnis ab. Sie hatte die Diebstähle immer ausgeführt, solange ihre Dienstherrschaft abends im Laden thätig war. Die Angeklagte war seit 30. März in Untersuchungshaft und inzwischen Mutter geworden. Das Urteil lautete auf 1 Jahr 3 Monate Gefängnis.
* In letzter Zeit haben sich in einer Anzahl Orte Württembergs „Mäßigkeitsvereine vom Blauen Kreuz" gebildet und zwar in Cannstatt, Ebingen, Freudenstadt, Kornthal, Stuttgart, Thuningen und Tübingen. Die Vereine wollen nach ihren Statuten „mit der Hilfe Gottes und seines Wortes an den Opfern der Trunksucht und des Wirtshauslebens arbeiten," auch suchen sie dem Mißbrauch der geistigen Getränke durch Veranstaltung von Vorträgen, Verbreitung von Flugschriften rc. zu steuern.
8.6.6. Cannstatt, 10. Juni. Einem Kind, das in vergangener Woche hier ein Markstück verschluckt hatte, wurde im Karl-Olga-Krankenhaus in Stuttgart das Leben gerettet. Einige Tage hatte das Kind das Geldstück im Halse, es wurde mit Röntgenstrahlen durchleuchtet, ein Gegenstand machte sich in der Luftröhre in horizontaler Richtung bemerkbar und schon nach kurzer Zeit war das Geldstück entfernt und das Kind konnte entlassen werden.
*Eßlinger Neckarthal, 9. Juni. Unsere weitgedehnten Weinberge haben sich in der letzten Zeit ungemein rasch und gleichmäßig entwickelt. Die Belaubung machte in wenigen Tagen prächtige Fortschritte, und die Fülle der Blütenansätze übertrifft vielfach die gehegten Erwartungen. Bei denkbar günstigster Witterung ist nun die Zeit der Traubenblüte gekommen. In den früheren Lagen blüht es allgemein.
* Kirchheim u. T., 10. Juni. Die Dürre der letzten Wochen macht sich nachteilig fühlbar, das Getreide steht namentlich in hitzigen und kiesigen Böden nach und nach ab, es wird zum Teil gelb und die Halme, welche noch sehr kurz sind, drohen zu verkümmern. Die Futtergewächse leiden gleichfalls ungemein unter der Trockenheit.
* (15. Württ. Kriegcrbundestag.) In prächtigem Schmucke zeigte sich Heilbronn den vielen Festgästen, die zum 15. Württ. Kriegerbundestag sich eingefunden hatten.