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M. 73.

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Sonntag, 12. Wat

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1901.

DerrLfetzeV Rerehsr«»s.

* Berlin, 9. Mai. Das Haus berat in zweiter Les­ung die Anträge Albrecht (Soz.-Dem.) und Trimborn (Ctr.) über Aenderung des Gesetzes über die Gewerbe­gerichte. 8 1, der die bisherige fakultative Errichtung von Gewerbegerichten obligatorisch macht, wird angenommen. Die Kommission beantragt einen neuen tz lg, der bestimmt, daß für Gemeinden von mehr als 20,000 Einwohnern auch ohne Antrag beteiligter Arbeitgeber oder Arbeiter von der Landes­centralbehörde die Errichtung eines Gewerbegerichts anzu­ordnen ist. Die Abgg. Albrecht und Gen. wünschen die Errichtung schon bei 15 000 Einwohnern oder mindestens 3,000 gewerblichen Arbeitern in einem Bezirk. Die Abgg. Hilbck und Genossen (ntl.) beantragen zu tz lg den Zu­satz, daß bei nicht vorliegendem Bedürfnis die Errichtung eines Gewerbegerichts unterbleiben kann. Ueber die Be­dürfnisfrage solle die höhere Verwaltungsbehörde entscheiden. Nach längerer Debatte wird der Antrag Albrecht zu tz l, die Gewerbegerichte obligatorisch zu machen, abgelehnt, so- daß es bei der fakultativen Errichtung bleibt, desgleichen werden die Aenderungsanträge Hilbck und Albrecht zu tz 1a abgelehnt und ß 1a in der Kommissionsfasfung ange­nommen. 8 2 (Persönliche Zuständigkeit der Gewerbe- gerichte) wird unter Ablehnung eines Aenderungsantrages Albrecht in der Fassung des bestehenden Gesetzes ange­nommen. tz 3 (sachliche Zuständigkeit der Gewerbegerichte) wird nach dem Kommissionsantrag angenommen, tz 4 passiert ohne Debatte. Die 88 562 werden unter Ablehnung sozial­demokratischer Aenderungsanträge in der Kommissionsfasfung angenommen. Morgen: Anwesenheitsgelderanträge. Fort­setzung der Debatte über die Gewerbegerichtsanträge.

* Berlin, 10. Mai. Der Gesetzentwurf betr.Anwesenheits- gelder wird vom Hause in dritter Lesung ohne Debatte defini­tiv angenommen. Es folgt die zweite Beratung der Anträge Albrecht (Soz.) und Trimborn (Ztr.) auf Abänderung des Gesetzes über Gewerbegerichte. Die Diskussion wird bei 8 62a fortgesetzt. Die 88 62a und b (Anrufung des Einig­ungsamtes) werden in der Kommissionsfassung angenommen, ebenso nach längerer Debatte 8 62o (Erscheinungszwang) unter Ablehnung eines Amendements Rösike, wonach auch Auskunftspersonen vor dem Einigungsamt zu erscheinen verpflichtet sein sollten, 8 63 (Zusammensetzung des Einig­ungsamtes) gelangt gleichfalls nach dem Vorschläge der Kommission zur Annahme. Zu 8 64 beantragt Abg. Rösike- Dessau (wildlib.) dem Vorsitzenden des Gewerbegerichtes das Recht zu geben, Auskunftspersonen zu hören, ohne daß diesen Personen der Erscheinungszwang auferlegt wird. Dieser Antrag wird angenommen. Ein Antrag Rösike zu 8 69, daß der Vorsitzende berechtigt sein soll, die zu 8 62v u. 64 erfolgte Ermittlung zu veröffentlichen, wird abgelehnt. Der Rest des Gesetzes wird unverändert genehmigt.

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Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 9. Mai. (41. Sitzung.) Fortsetzung der Beratung des Eisenbahnetats. H a ußm ann-Balingen: Das Verkehrsreffort ist das wichtigste Ressort. Es handelt sich nicht nur um eine gewerbliche oder fiskalische Angelegen­heit, sondern das Staatsbahnwesen hat eine allgemeine wirtschaftliche Bedeutung. Von dem Gang dieser Verhand­lung wird es abhängen, ob wir auch künftig in Württem­berg frei über unseren Verkehr entscheiden können. Bei Mittnacht war unser Eisenbahnwesen in guten Händen, der neue Minister hat erklärt, daß er wesentlich auf MittnachtS Standpunkt stehe; das ist erfreulich, aber wir müssen prüfen, ob nicht Einflüsse wirksam sind, die unsere Eisenbahnpolitik in eine andere Bahn drängen. Zur Frage der Tarifherab- setzung übergehend, bemerkt der Redner: Es kommt nament­lich darauf an: Dürfen wir zulafsen, daß die unterste Klasse die Kosten für die obere trägt, und daß sie außerdem viel theurer fährt als in Norddeutschland? Es heißt allerdings, daß nur bis zu einem gewissen Grad die Verkehrsverbilligung eine Steigerung bewirke. Es fragt sich nun, ob die Wahr­scheinlichkeit besteht, daß die Steigerung den Ausfall decken wird. Es besteht in Württemberg noch viel latentes Ver­kehrsbedürfnis. Der Verkehr steigt fortwährend und das wird auch trotz der augenblicklichen Depression so bleiben. Die Ausdehnung des Eisenbahnnetzes und das Anwachsen des Verkehrs befördert eine gesunde wirtschaftliche Entwicke­lung, nützt der Landwirtschaft, ermöglicht der Industrie die Existenz auf dem Lande, lindert die Wohnungsnot der großen Städte. Auch das Sonntagsreisen ist eine Wohlthat für die, die in den Städten in ungünstigen Wohnungsverhält- nisfen leben. Das gewerbliche Leben fordert gleichfalls eine Verkehrserleichterung. Es wird gesagt, die Verbilligung der Personentarife sei nebensächlich, das ist aber durchaus nicht

der Fall. Wenn sich der Personenverkehr nicht so rasch entwickelt hat, so ist die Höhe der Tarife daran schuld. Es muß rationeller Weise unser Tarif so gestellt werden, daß er nicht prohibitiv wirkt. Das ganze Verkehrs-Institut soll sich rentieren, auch einen mäßigen Gewinn abwerfen, aber wir wollen keine Politik des Schätzesammelns. Der Jnlandsverkehr verhalte sich zum Auslandsverkehr wie 96 :4, es sei also gerade von großer finanzieller Wichtigkeit, den Jnlandstarif herabzusetzen, während die Tarifgemeinschaft mit den anderen Staaten keine bedeutenden finanziellen Folgen habe. Zwei Eisenbahnklassen feien völlig genügend. Die Tarifherabsetzung muß fühlbar sein; wenn das Publikum nicht merkt, daß der Verkehr billiger geworden ist, wird sich seine Verkehrsluft nicht steigern. Bei wirklicher Tarifreform wird die Steigung sehr bedeutend sein. Bisher hat sich jede Erleichterung rentiert, wie die zehntägigen Rückfahrkarten und die Landeszeitkarten zeigen. Wegen der Herabsetzung des Stückguttarifs sei von der Verwaltung eine Minderein­nahme von 400,000 Mk. ausgerechnet worden, aber es sei keine finanzielle Schmälerung eingetreten. Die Einführung der vierten Klasse habe in Hessen eine Berkehrssteigerung von 30 Prozent gebracht. So befruchtend habe der Zwei­pfennigtarif gewirkt, ein Beweis dafür, daß eine sehr starke Steigerung stattfinden werde. Auch im Ausland habe man die gleiche Beobachtung gemacht, ebenso bei den Gütertarifen in Deutschland. Seit 1840 sind diese rapid herabgegangen, daher die großen Mehreinnahmen. Ein Wahrscheinlichkeits- beweiS für eine starke Steigerung ist erbracht. Immer nur Vorsicht führt nicht zum Ziele. Durch die Nichtvornahme dieser Aenderungen werde die Staatskasse geradezu geschädigt. Was die Tarifgemeinschaft betrifft, so sind wir lange genug hingehalten worden. Wir sind nun Herren unserer Ent­schließungen, machen wir nun Gebrauch von diesem Recht. Wenn wir Fortschritte machen, werden uns schließlich die anderen folgen. Die Einführung der vierten Klaffe wird den Betrieb komplizieren, billiger wird nichts dadurch, weil man keine billigeren Wagen vierter Klasse Herstellen kann. Auch brauchen wir keine weitere Verstärkung der sozialen Scheidungen. Die Einführung der vierten Klaffe werde nur bewirken, daß die Tarifreform als Ganzes nicht einge­führt werde. Hinsichtlich des Zeitpunktes brauche man nicht zu ängstlich zu sein, die Reform werde grade den stockenden Verkehr befruchten. (Schluß folgt.)

Lsrirderirsrehvi^hteir.

* Stuttgart, 10. Mai. Im Landtag erklärte Minister von Soden wiederholt seine persönliche Ansicht dahin, daß Württemberg in die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft nicht eintreten könne, weil die Einbuße an wirtschaftlicher Selbständigkeit durch die finanziellen Vorteile nicht ausge­wogen werde. Die sympatischeste Form wäre ihm die Reichsgemeinschaft.

ff Göppingen, 10. Mai. Was für eine große Zu­kunft die Motorwagen haben, dafür dürfte nachstehendes Beispiel einen deutlichen Beweis erbringen. Einem hiesigen Fabrikanten war gestern Gelegenheit geboten, mittelst eines solchen Motorwagens eine Probefahrt zu machen von Göppingen nach Hohenstaufen und zurück. (Weglänge 8 Kilom.) Die Abfahrt erfolgte ff. 10 Uhr vormittags und schon um 10 Uhr, also nach Verfluß von weniger als 15 Minuten gelangte der Wagen in Hohenstaufen an. Wenn man die fortwährende Steigung in Betracht zieht, so ist dies eine ganz bedeutende Leistung, welche der eines ge­wöhnlichen Postzuges bei gleicher Steigung mindestens gleich­kommt. Eine noch viel größere Geschwindigkeit aber zeigte der Wagen auf dem Rückweg Hohenstaufen-Göppingen, in­dem er die Strecke vom Lamm in Hohenstaufen bis zur Speiser'schen Fabrik hier innerhalb 8h(, Mimten zurücklegte. Dadurch wäre also die Geschwindigkeit eines württemb. Schnellzugs erreicht. Der betreffende Wagen ist mit einem vierpferdigen Motor ausgerüstet, aufs bequemste ausgestattet und stammt aus den Lux'schen Jndustriewerken in Ludwigs­hafen a. Rh. Das Fabrikat verdient in jeder Hinsicht volle Anerkennung.

ff Griesheim, 19. Mai. Das Bürgermeisteramt Griesheim veröffentlicht eine amtliche Mitteilung, worin gegenüber der in den letzten Tagen aufgetretenen Gerüchte, es würden noch einige Personen anläßlich der Katastrophe vermißt und die wirkliche Zahl der Opfer verheimlicht, be­stimmt erklärt wird, daß weitere Opfer der Katastrophe nicht zu beklagen sind. Es werden 22 Leute vermißt und 22 Leichen find gefunden worden.

"Elberfeld, 10. Mai. Das Urteil im Militärbe­freiungsprozeß lautet: Baumann 7 Jahre Gefängnis, fünf Jahr Ehrverlust, Frau Diechhoff 2 Jahre Gefängnis, drei

Jahre Ehrverlust. Die übrigen Angeklagten erhielten Ge­fängnisstrafen von fünf, drei und ein Monat. Acht An­geklagte wurden freigesprochen.

* Straßburg, 10. Mai. Der Kaiser traf heute mittag zu einem dreitägigen Aufenthalt hier ein.

* Aus Elsaß-Lothringen, 9. Mai. DemLorrain" zufolge starben während der verflossenen Woche fünf Sol­daten des in Metz garnisonierenden 8. bayerischen Infanterie- Regiments am Typhus. Vom 22. März bis 30. April be­trug die Zahl der am Typhus erkrankten Soldaten des Regiments 303, bis zum 3. Mai die Gesamtziffer der Sterbe- fälle 10.

* Wien, 10. Mai. Trotz offiziöser Meldungen aus Paris, die französische Regierung werde der kolonialpolitifchen Strömung, die eine rasche Aktion in Marokko begehrt, Widerstand leisten, ist man an hiesiger maßgebender Stelle doch überzeugt, daß die marokkanische Frage in ein ernstes Stadium getreten sei. Die augenblicklichen Erörterungen zwischen Frankreich und dem Sultan von Marokko gelten als das Vorspiel eines Konfliktes.

* London, 10. Mai.Daily Mail" berichtet in einer aus dem Haag datierten Depesche, Deutschland habe vor einem Jahre eine Zollunion mit Holland, der dann ein holländisch-belgischer Zollverband folgen sollte, herbeizuführen gesucht. Beide Pläne seien aber gescheitert, weil Holland seine Unabhängigkeit zu verlieren fürchtete. Deutschland forderte dann Oesterreich-Ungarn, Frankreich, die Schweiz, Holland, Belgien und vielleicht auch Italien und Rußland zur Bildung einer großen kontinentalen Zollunion auf, deren Zweck insbesondere sein würde, die amerikanische Konkurrenz auszuschließen, bis die amerikanischen Tarife herabgesetzt werden. (Hiezu bemerkt die Frkf. Ztg.: Nicht von Berlin, sondern von Wien aus ist s. Z. allerdings auch nur hypothetisch und keineswegs offiziell die Aufforderung zur Bildung einer mitteleuropäischen Zollunion ergangen.)

* In Liv erp o l stand ein Kerl vor dem Schwurgericht, der einer Dame auf der Straße Pfeffer inS Gesicht warf und ihr dann die Börse raubte. Das Gericht sprach ihn schuldig, er wurde zu 14 Tage Gefängnis und 20 Hieben mit der neunschwänzigen Katze verurteilt.

Briefkaste».

* Wie rvirö bas Steuerkapital des Herverbetreibeu- öen verecynet? Auf diese Frage sind wir in der Lage folgende Angaben zu machen: Auf Grund der von dem Gewerbetreibenden abzugcbenden Fassion über die Größe seines Betriebskapitals und die Zahl der in seinem Betriebe durchschnittlich beschäftigten Hilfspersonen (Gehilfen, Lehrlinge rc.) schätzt die Gewerbesteuer-Einschätzungs- kommission 1) den persönlichen Arbeitsverdienst des Gewerbetreibenden, d. h. die Belohnung desselben für seine Teilnahme an der Arbeit, Leitung des Geschäfts rc.; 2) den in Prozenten auszudrückenden Ertrag des Betriebskapitals. Dieser Ertrag ist je nach dem Beruf verschieden und wird deswegen für jede Branche besonders berechnet, der Ertragsprozentsatz kann z. B. 2, 3 bis 7 und mehr Prozent be­tragen. Aus diesem herausgerechneten persönlichen Arbeitsverdienst und dem Ertrag des Betriebskapitals entsteht der steuerbare Betrag, d. h. das Steuerkapital. Zu beachten ist nun, daß der persönliche Arbeitsverdienst progressiv zur Berechnung kommt und zwar werden die ersten 850 Mk. mit >/i°' 850 bis 1700 Mk. mit v.o, 1700 bis 2550 Mk. mit Vio, 2550 bis 3400 Mk. mit ((o und jeder höhere Betrag voll berechnet. Die folgende Berechnung dürste nun zum ge­nauen Verständnis beitragen. Einem Gewerbetreibenden ist z. B. nach dem Betrag seines fatierten Betriebskapitals ein persönlicher Arbeits­verdienst von 4000 Mk. und ein Ertrag aus dein Betriebskapital von 2000 Mk. zus. 6000 Mk. herausgerechnet, so wird das hieraus an­fallende Steuerkapital berechnet:

die ersten 850 Mk. zu °, a ergeben. 85 Mk.

850 bis 1700 Mk. zu Vio 170

1700 bis 2550 Mk. zu °/° 340

2550 bis 3400 Mk. zu «/,»"/« 680

voll werden berechnet die weitern 600 Mk. mit . . . 600

somit Steuerkapital aus persönlichem Arbeitsverdienst 1875 Mk. hiezu der volle Ertrag des Betriebskapitals . . . . 2000

demnach beträgt der Gesamtbetrag des Steuerkapitals 3875 Mk. Aus diesem Steuerkapital wird der prozentuelle Steuerbetrag erhoben, welcher bei der jedesmaligen Etatsberatung durch Finanzgesetz bestimmt wird. In den letzten Jahren betrug der Steuersatz fast regelmäßig 3,9 °/o, somit hat der obige Gewerbetreibende bei seinem Steuerkapital von 3875 Mk.j- 139 Mk. 50 Pfg. Staatssteuer zu entrichten.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Mensteig.

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