U

Erscheint Dienstag, Donnerstag, LamStag und Sonntag «it der Gratis-Beilage Der Sonntag s- ast."

»

EinrückungSpreiS siir Altensteig und nahe Umgebung bei einmaliger Ein rückung 8 Pfg. bei mehrmal- je 6 auswärts je 8 Pfg. die Ispaltige Zeile oder deren Raum.

S

MMblatt kur

A

Bestellpreis pro Quartal i« Bezirk Nagold SV ^ außerhalb desselben l.lO.

Allgmeme^KMige

MiNNterhaltungsblLtt

Verwendbare Beiträge werden dank Lar angenommen

Man abonniert auswärts auf dieses Blatt bei den Kgl. Postämtern und Postboten.

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg reichste Verbreitung.

Sonntag, 28 . Mai

ck

>

)

>

)

>

m

Der auf 2. Juni d. Js fallende Viehmarkt in Nagold ist wegen der dort herrschenden Maul- und Klauenseuche verboten worden.

b Der Tuberkulose-Kougreß m Berlin.

Am Mittwoch ist in Berlin ein Kongreß zusammen­getreten, dessen Bedeutung mit der Haager Friedenskonferenz auf eine Stufe gestellt zu werden verdient, was die Absicht betrifft, der aber aller Wahrscheinlichkeit nach an Erfolg die Haager Konferenz übertreffen wird. Ist der Krieg eine Geißel der Menschheit, so ist es das Heer der Krankheiten nicht minder und die verheerendste und verbreitetste Krank­heit ist leider die Tuberkulose, die Schwindsucht. Ihre Be­kämpfung als Volkskrankheit ist die Aufgabe des in Berlin tagenden Kongresses. Man will über eine Frage beraten und entscheiden, die wir kaum eine zweite die ganze Mensch­heit berührt; es gilt eine Saat auszustreuen, die, wenn auch langsam und allmählich, so doch sicher segensreiche, herrliche Frucht zeitigen wird.

Gerade wir Deutschen dürfen stolz auf diesen Kongreß sein; sind es doch deutsche Aerzte, die an der Spitze dieser Bewegung stehen, haben doch deutsche Aerzte, ein Robert Koch, ein Brehmer, das Hauptverdienst um die Erkennung und Heilung der Tuberkulose.

Freilich kaum ein zweites Land der Erde hat auch die Geißel jener entsetzlichen, die Menschen oft in blühendster Jugend dahinraffenden Seuche so furchtbar zu verspüren wie gerade Deutschland. Nach einer genauen Statistik be­trägt die Zahl der tuberkulösen Lungenkranken in Deutsch­land über eine Million und alljährlich erliegen davon gegen 150000 Menschen der tückischen Krankheit. Tuberkulose ist eine Volkskrankheit im weitesten Sinne des Wortes, und darum ist es geradezu Pflicht der Gesellschaft, des Staates, für das Wohl der Tuberkulosen zu sorgen, die eine große Gefahr für die Volksgesundheit bedeuten.

Tuberkulose ist heilbar! Das wissen wir jetzt, und die moderne Forschung hat uns auch den Weg gezeigt, auf dem wir dem furchtbaren Feinde begegnen können, der deutsche Arzt Dr. Brehmer in Görbersdorf war der erste, der Schwindsüchtigen Genesung schuf: die Grundsätze, die Brehmer bei Behandlung Tuberkulöser in Anwendung brachte, haben in allen zivilisierten Staaten Nachahmung gefunden. England, Frankreich, Rußland, Oesterreich, Amerika, die Schweiz, sie alle schritten zum Bau von Lungenheilstätten. In Deutschland wurde die Bewegung bereits im Jahre 1889 eingeleitrt, aber erst vor vier Jahren wurden die ersten Heilstätten begründet. Die bisher erreichten Erfolge sind überraschend, ja über die kühnsten Erwartungen glänzend. Die Aufgabe des Kongresses wird es nun sein, die weitesten Schichten der Bevölkerung für diese allgemernnützigen Be­strebungen zu gewinnen und namentlich auch die hohen Staatsbehörden dafür zu interessieren.

Unter den 2000 Kongreßmitgliedern sind Namen ver­treten, die in der medizinischen Welt den höchsten Klang haben. Abgesehen von unfern deutschen Autoritäten wie Virchow, Leyden, Gerhardt, v. Ziemffen, Schröter, B. Fränkel hat das Ausland zum Kongreß die bedeutendsten Männer entsandt eine Versammlung von Aerzten, wie sie wohl nirgends bisher glänzender gesehen worden ist.

Wie dem auch sei. der Kongreß, dessen Protektorat die Kaiserin übernommen hat und dessen Ehrenpräsidium der Reichskanzler Fürst Hohenlohe führt, ist unter Auspizien zu­sammengetreten, wie sie glücklicher gar nicht gedacht werden können. Möge er sein mühevolles Werk von schönstem Ge­lingen zum Segen und Heile der ganzenMenschheitgekröntsehen.

Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 26. Mai. (46. Sitzung.) Die Kammer fährt fort in der Beratung des KapitelsZentralstelle für Gewerbe und Handel". Für eine Fachschule für Feinmechanik in Schwenningen wird eme Summe von Mk- 35 000 ver­langt. Mehrer« Redner traten lebhaft für die Forderung ein. Der Wunsch, daß der Staat nicht nur gewerblichen Genossenschaften sondern auch Privaten Beiträge zur Unter­stützung gewerblicher Interessen gebe, wird vom Minister des Innern als unerfüllbar bezeichnet. Schumacher warnt vor allzuviel Staatshilf«, die Gewerbebanken sollen die Genossenschaften unterstützen. Schwarz fragt an, wann die Wahlen für die Handwerkerkamwern stattfinden und be­zeichnet es als den Wunsch der Handwerker, daß direkt ge­wählt werde. Aehnlich wie für die Gewerbevereine verlangt er auch für die Innungen Staatsbeiträge. Maurer wünscht ausgiebigere Unterstützung der Gewrrbevereine. Hähnle unterstützt den Vorredner. Minister v. Pischek bemerkt, auf eine Anfrage Württembergs in Berlin habe man erfahren,

daß der Termin der Handwerkerkammerwahlen durch kaiser­liche Verordnung bestimmt werde; vor dem 1. Januar 1900 würden die Wahlen nicht stattfinden. Die direkte Wahl aller Handwerker sei mit dem Reichsgesetz unvereinbar. Der Minister rechtfertigt dann die Haltung der Regierung be­züglich der den verschiedenen Vereinen gewährten Unter­stützungen. Präsident der Zentralstelle v. Gaupp bestreitet, daß mit der Zentralstelle schwer zu verkehren sei. Besonders werde die Thätigkeit der Gewecbevereine von der Zentral­stelle anerkannt und gefördert. Eckard ist im Gegensatz zum Minister der Ansicht, daß die Wahlen nach dem Reichs­gesetz direkt sein könnten. Der Minister führt des Nähern aus, daß die einfache direkte Wahl durch alle Handwerker nicht möglich sei; es könne sich nur um die organisierten Handwerker handeln und es komme darauf an, ob die Ge­neralversammlungen der Vereine oder die Vorstände die Wahl vorzunehmen hätten. Der Minister hält die Vorstände dazu eher für geeignet, lieber die Entwicklung der Zwangs- innungen teilt der Minister mit: die Zahl der Zwangs­innungen beträgt bisher 6 mit 552 Mitgliedern, davon sind 3 Friseur-, 1 Schuhmacher-, 1 Bäcker- und 1 Maler- Innung. Für zwei weitere Innungen ist Abstimmung zu­gelassen; 3 Anträge sind dagegen abgelehnt worden. Ein nicht unerheblicher Prozentsatz der württembergischen Hand­werker sei organisiert und es sei zu hoffen, daß eine gute Vertretung in den Handwerkerkamwern zu Stande komme. Eckard stellt den Antrag, daß die Wahlen nicht durch die Ausschüsse, sondern durch die Vollversammlungen vorge­nommen werden. Der Minister weist darauf hin, daß die Mehrheit der Gewerbevereine sich für die Wahl durch die Ausschüsse ausgesprochen habe. Selbstver­ständlich dürfen nur solche Mitglieder wählen, die selbst Handwerker sind. In der Debatte traten noch Haußmann- Heilbronn und Gröber für die Wahlen der Vollver­sammlungen ein. Letzterer wünscht mehr als 4 Haudwerker- kammern mit Rücksicht auf die Handwerker. Abel bean­tragt, den Antrag Eckard an die Kommission für innere Verwaltung zu verweisen. Der Minister hält die Zahl von vier Handwerkerkammern für genügend. Der Artikel wird angenommen, ebenso der Antrag Abel. (Schluß f.)

LsrndesirsrHrrZetzteii.

* Stuttgart, 25. Mai. Wie verlautet, wollen auch die Bauschreiner, wenn bis Freitag ihre Forderungen nicht bewilligt werden, dir Arbeit einstellen.

* (Verschiedenes.) In Guten st« in fiel der 23jährige Müllerbursche Adolf Amann beim Auffangen eines in der Donau schwimmenden Balkens ins Wasser und wurde von diesem rasch fortgerissen. Friseur Stengele wollte mit eigener Lebensgefahr ihn retten, aber es gelang ihm nicht und bis weitere Hilfe ankam, war der Verunglückte spurlos verschwunden und alle Nachforschungen, denselben aufzufinden, blieben bis jetzt erfolglos. In Ravensburg brach am Mittwoch abend ein furchtbares Gewitter los, verbunden mit wolkenbruchartigem Regen. Die Straßen waren im Nu überschwemmt, so daß der Verkehr stockte. Der Blitz schlug mehrmals ein, doch ohne zu zünden. Die städtische Schuld Stuttgarts beträgt 21^ Millionen Mark. Zu ihrer Verzinsung werden etwa 860000 Mk. jährlich benötigt.

* Der günstige Stand der deutschen Reichssinanzen legt verschiedenen national gesinnten Kreisen den Gedanken einer Beschleunigung des Baues der deutschen Flotte nahe. Eine Mahnung hiezu erblickt diePost" auch in der ge- steigerten Eile, mit der die Vereinigten Staaten von Ame- rika den Ausbau ihrer Flotte betreiben. Das genannte Blatt schreibt:Zur Zeit befinden sich für die Bereinigten Staaten nicht weniger als 46 Kriegsschiffe im Bau, da­runter nicht weniger als 8 Schlachtschiffe vom modernsten Typus, so daß sich mit deren Indienststellung die Zahl der amerikanischen Kriegsschiffe dieser Art auf 13 erhöht. Ferner 16 Torpedobootszerstörer, 4 Monitors und 18 Tor­pedoboote. Die Baukosten für diese Schiffe stellen sich auf mehr als 30 Millionen Dollars, die Grsamtkosten, ein­schließlich Bewaffnung und voller Ausrüstung, auf50Mill. Dollars. Mit anderen Worten: Für die Vereinigten Staaten stehen zur Zeit so viel Kriegsschiffe auf dem Helling, daß die Kosten derselben nahezu die Hälfte der Grsamtkosten für die Durchführung des Flottenplanes er­reichen. Fürwahr, die Vereinigten Staaten entwickeln in Bezug auf die Verstärkung ihrer Wehrkraft zur See ein Maß von Thatkraft und Entschlossenheit, das uns zum Vorbild dienen könnte und sollte!"

* Die Deutschen geben alljährlich große Summen für Fachschulen aus. Das Schulgeld ist äußerst gering. Diese Fachschulen werden viel von Ausländern besucht, die auf

diese Weise sich die tüchtigsten Kenntnisse aneignen; dann ziehen sie heim, um ihr Wissen im Konkurrenzkämpfe gegen Deutschland zu verwerten. Soeben hat die Chemnitzer Handels­kammer beschlossen, bei der Regierung dahin vorstellig zu werden, daß Ausländern, namentlich Amerikanern, der Besuch der sächsischen Wirkschule in LimLach möglichst verboten werde.

* Wilhelmshaven. 25. Mai. Der FischerkreuzerZiethen" brachte den englischen Fischerüampf-rProme" aus Fleet­wood ein, welcher fischend bei Amrum angetroffen worden war.

ArrrLäirdLs^e»

* Bern, 26. Mai. Der Bundesrat schlägt der Bundes- Versammlung zur Finanzierung der Kranken- und Unfall­versicherung die Einführung des Tabakmonopols vor. Aus dem Reinertrag des Monopols werden den Kantonen 25 Proz. zugeschieden mit der Verpflichtung, die bezüglichen Ein­nahmen für die Hebung des Volksschulwesens zu verwenden.

* Rußland ist nicht nur in der Kultur zurück, auch in der Zeitrechnung. Wenn wir den 13. Mai schreiben, hat es erst den 1. Mai. Jetzt ist eine Konferenz von russ. Gelehrten nach Petersburg berufen worden, die statt des juüanischen (russischen) den gregorianischen Kalender (den des Westens) einführen soll. Von allen Konferenzen ist diese Konferenz vielleicht diejenige, die ihr Ziel am sicher­sten erreichen wird.

2 Der Verfassungskonflikt in Finnland dürfte sich noch verschärfen. Der Beschluß der finnländischen Land- tagskommission, das neue seit Januar beratene Wehrgesetz durch ein soeben ausgestelltes Gegenprojekt zu ersetzen, unter­liegt noch der Beurteilung durch die Ständevertreter, doch ist es zweifellos, daß diese ihr Einverständnis erklären werden. Privatim wird aus Finnland geschrieben, der Landtag sei entschlossen, lieber weiteren Gewaltmaßregeln entgegenzusehen, als mitzuhelfen, durch Abweichung von den Grundgesetzen die Finnland so werte Sonderstellung zu beseitigen.

2 In Amerika wird neuerdings wieder der Plan einer Austeilung der Samoa-Inseln ernstlich erörtert. Der Marine- sekretär Lang hat dem Präsidenten eine umfangreiche Denk­schrift darüber eingereicht, daß im Interesse der Macht­stellung der Ver. Staaten im Stillen Ozean dringend ge­boten sei, eine der Samoainseln gänzlich in Besitz zu nehmen und dort einen Kriegshafen ersten Ranges zu errichten. Hierzu würde sich am besten Pago-Pago eignen. Mac Kinley wird voraussichtlich die Denkschrift dem zu einer außerordentlichen Sitzung einzuberufenden Kongreß vorlegen und die Teilung der Samoa-Inseln zwischen den drei Schutz­mächten Vorschlägen.

sj Ueber den Stand der deutsch-amerikanischen Handels­vertragsverhandlungen wird von amerikanischen Blättern außerordentlich viel gelogen. Die Jankee-Presse giebt sich mit Vorliebe den Anschein, als liege dem amerikanischen Volke und dessen Regierung herzlich wenig an einem Handels­abkommen mit Deutschland und ein solches werde überhaupt nur dann zu Stande kommen, wenn Deutschland sich zu weitgehenden Konzessionen bereit finde. Ein deutsch-ameri­kanisches Blatt, dieNewyorker Handelsztg." legt dem gegenüber dar, daß man an den offiziellen Stellen der Vereinigten Staaten dann doch über den Wert freund­schaftlicher Handelsbeziehungen zu Deutschland eine ganz andere Meinung habe, als sie in der amerikanischen Hetz­presse zum Ausdruck gelange. Dre Verzögerung des Ueber- einkommeuS soll nach dieser Quelle nur darauf zurückzuführen sein, daß man einen für gegenseitige umfassende Zugeständnisse günstigeren Zeitpunkt abwarten will, der nicht mehr fern sei. Warum sollte man in Washington nicht den Wert guter Handelsbeziehungen zu Deutschland einsehen? Auch bei uns verkennt man denselben ja nicht. Aber dem rück­sichtslosen Janker gilt es mit gleicher Münze zu dienen, die er ausgiebt. Gerade die Langwierigkeit der Verhandlungen ist aber ein Beweis dafür, daß Deutschland nichts bewilligt ohne ausreichende Zugeständnisse von jenseits. Im Uebrigen können wir das Weitere mit Ruhe abwarten.

* In Alaska sollen neue Goldfelder entdeckt worden sein. Sie sollen um vieles ergiebiger sein als die von Klondike. Der ganze Distrikt strotzt förmlich von Gold und soll von der Grasnarbe an bis zu einer Tiefe von sechs Fuß mit starken Goldadern durchzogen sein! In den Feldern von Anvil Creek und Suow Creek sollen sechs Goldgräber in der Zeit von drei Monaten für 1 250 000 Mark Gold- stanb gesunden haben. Auch sonst klingen die Nachrichten über dieses neue Goldland geradezu märchenhaft. Wie vor 50 Jahren in Kalifornien, hat jetzt wieder ein wahres Goldfieber in den Vereinigten Staaten um sich gegriffen. Zahlreiche Leute lassen Arbeit und Erwerb im Stiche, um im neuen Dorado ihr Heil zu versuchen.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.