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Sonntag, 21. Mai

Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg­reichste Verbreitung.

1899.

Zrtnr PfLirsM-ft.

Es ist Pfingstzeit! Die Flur und der Wald prangen im reinen, keuschen Reiz des pfingstlichen Lenzes, die ehernen Glocken senden durch die Lüfte hin ihren hallenden Gruß, und in ihren Klang wischt sich der tausendfache Chor der gefiederten Sänger; es ist ein Loben und Preisen, «in Klingen und Schmettern, ein Blühen und Sprießen ohne Rast und Ruh, alles, was lebt und webt, empfindet an sich das Wirken der Pfingstzeit, der lieblichsten, anmutigsten Tage im Jahr, die uns die Welt in so ganz besonderem, wunderholden Glanz erscheinen lassen. Es sind die Tage, wo uns ein maigrüner Baum entzückt, wo wir in jeder neuen, duftspendenden Blüte ein neues Schöpsungswunder erkennen, wo wir Trübes und Sorgenvolles von unserer Brust wälzen und der rechte frohe Sinn seine Macht nur zu bereitwillig anerkannt findet. Pfingsten ist das Fest der Ausgießung des heiligen Geistes, der Stiftung der christlichen Kirche, die in ihrem vielhundertjährigen Bestand nicht ge­ringere Wunder gewirkt hat, wie die Schöpferkraft der Natur. Ein Frieden und ein Segen ist sie geworden für die Millionen, nicht ohne harten Kampf, nicht ohne ein starkes Ringen, aber wie viel Sturmgcbraus umtost unser Ohr, bis dem letzten welken Blatt, welches der Herbst vom Baum und Strauch reißt, das erste grüne Blättchen im Frühling folgt? Aus der christlichen Kultur sind die schönsten Blüten unseres heutigen Lebens erwachsen, es wird sich wohl ziemen, daß die Feier der Stiftung der christlichen Kirche in di« schönsten Tage, welche der Ring eines Jahres um­schließt, fällt. Licht und hell, klar und wahr wie die Tage der Pfingstzeit, ist die christliche Kirche und ihre Lehre, beide bieten sie einen ununterbrochen fließenden Quell der Labung, der Freude und des Frieden-, und in Freude und in Frieden begrüßen wir Pfingsten, feiern wir Pfingsten!

In Frieden! Es ist ein eigenartiges, aber kein un­erfreuliches Zusammentreffen, daß gerade in der Pfingstzeit und angesichts der Pfingstfeier Männer zusammengetrrten sind, die als Vertreter aller Fürsten und Regierungen er­wägen sollen, ob von dem schweren Druck, den allen Völkern die eherne Waffenrüstung auferlegt, zu leichteren, fröhlicheren Verhältnissen der Weg geebnet werden kann. Wir wissen alle, daß diese Bestrebungen, den Völkern den Bölkersrieden als ein oberstes Gut zu sichern, nicht über Worte bisher hinausgekommen sind, daß wir Thaten bisher schmerzlich ver­mißten. Dem Christentum hat die durch di« Thal bewiesen« tiefe Liebe seines Schöpfers den Weg geebnet, auch der Friede unter den Völkern kann für dauernde Jahre nur wachsen und gedeihen, wenn die Selbstlosigkeit und das friedliche Einvernehmen unter den Völkern sich zum Gemein­gut aller Kulturstaaten gestaltet. Daß es hierbei noch sehr hapert, daß gerade da, wo die erste Anregung zum Friedens­kongreß erfolgte, die ehrliche Betätigung uneigennütziger Friedensliebe gar sehr auf sich warten ließ, wissen wir alle, und darum hat sich niemand von dem Raten über Frieden und Abrüstung große Hoffnungen gemacht. Aber in der Pfingstzeit, wo wir es mit den Händen greifen können, wie wunderschön Gottes Erde ist, wie reiche Herrlichkeit sie uns bietet, möchten wir uns doch wünschen, es wäre bald möglich, einen Zustand herbeizuführen, der alle Schöpfungen der Natur und des Menschengeistes vor dem Schrecken des Krieges sicherte. Pfingsten läßt uns daran denken, wie schön es wäre, nur allem Großen und Edlen leben zu können, der Herrlichkeit des Ideals zu dienen.

Wir wissen, daß wir weit davon sind, wir wissen auch, daß in unserem heutigen Volksleben die Lichtgestalt des Ideals, einer treuen Anhänglichkeit an das Vaterland, eines aufopfernden Bürgersinns und eines ernsten ArbeitenS nach Vervollkommnung vielfach verdrängt wird von Aeußerlichkeiten, denen wir nicht die Bedeutung für die Entwicklung des Deutschtums beilegen können, die sie sich anmaßen. Wir müssen einer jeden Zeit gestatten, sich mit Auswüchsen und Wunderlichkeiten aller Art abzufinden, aber wir haben auch Sorge zu tragen, daß die deutsche Eiche in ihrem Kern frisch und fest bleibt. Rastlose Arbeit, unermüdlicher Hinweis auf Volksbewußtsein und Nationalcharakter thun uns not. Heute ist wohl eine Zeit, in der man sich des Wortes eines der großen Geister unserer Nation erinnern kann:Deutsch sein und bleiben, wenn wir auch Fehler haben, als fremd zu werden um einiger Vorzüge anderer willen!" Der Deutsche hat seine Fehler, aber er hat auch seine Kraft und seinen Charakter, den wir nicht untergehen lassen wollen in dem Schlendrian eines Weltbürgertums. In dieser Pfingstzeit erkennen wir freudig, wie tief noch immer das deutsche Gemüt uns beeinflußt. Das wollen wir zu Pfingsten in dem Jungbrunnen baden, den uns alle Herrlichkeit draußen so reich fließen läßt zum frohen Pfingsten!

Detttfetzev Reichstes

* Berlin, 18. Mai. Der Reichstag stimmte heute über die einzelnen Absätze des ß 51 de-Jnvalidenversicher- ungSgesetzes nebst den hiezu gestellten Anträgen ab. Es wurde jedoch Beschlußunfähigkeit konstatiert, da nur 174 Abgg. anwesend waren. Hierauf wurde der Reichstag bis 6. JPii vertagt.

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Kammer der Abgeordneten.

* Stuttgart, 18. Mai. (42. Sitzung.) Auf der Tagesordnung steht der TitelHaftung des Staates und der Gemeinden für ihre Beamten" (Art. 181188.) Bericht­erstatter ist Dr. Kiene, der sich über die Haftungsfrage eingehend äußert. Der Entwurf anerkennt prinzipiell und generell die Haftung des Staates und zwar ist diese eine primäre oder unmittelbare. Dagegen will er dir Haftpflicht nur dann eintreten lassen, wenn der Beamte selbst einem Dritten gegenüber haftpflichtig wäre. Die Kommission hat insofern eine Erweiterung d:r staatlichen Haftpflicht vorge­schlagen, als sie diese auch statuiert, falls der Beamte im Zustande d«r Unzurechnungsfähigkeit gehandelt hat. Dieser Antrag wird vom Berichterstatter eingehend begründet. Die Haftpflicht umfaßt nicht: a) die Reichsbeamten, d) Die- jenigen, denen die Ausübung einer öffentlichen Gewalt nicht anvertraut ist, <r) die nur mittelbar für Zwecke des Staates thätig sind. Mitberichterstatter Ha ußm ann-Balingen schließt sich dem Berichterstatter an. Eine längere Debatte entsteht über die Frage der Haftung für die Handlungen der Waisenrichter und Nachlaßgerichte. Angesichts der Er­klärung des Justizministers, daß auch diese Kategorien von Beamten in Bezug auf die Haftung als Staatsbeamte zu gelten haben, verzichtet das Haus darauf, eine besondere Bestimmung in das Gesetz zu vringen. Art. 182 bestimmt, daß außer bei Beamten der streitigen und freiwilligen Ge­richtsbarkeit die Verfolgbarkeit des Staates an die Vorent­scheidung des Verwaltungsgenchtshofes gebunden ist. Die weiteren Artikel 183186 regeln das Verfahren des Ver- waltungsgerichtes näher. In der Kommission beantragten die beiden Berichterstatter ^e Streichung der Art. 182186, welcher Antrag mit erheblicher Mehrheit angenommen wurde. Der Berichterstatter bekämpf! demgemäß heute die Artikel als eine Ausnahmebestimmung und eine Erschwerung der Rechtsverfolgung, v. Geß schließt sich dem Vorredner an, der Staat laufe gar keine Gefahr, wenn er dem ordentlichen Richter freie Hand lasse. D e Rücksicht auf den Fiskus müsse zurücktreten. Frhr. v. Wächter, der bereits in der Kommission eine Wiederherstellung der Regierungsvorlage versucht hat, wiederholt seine dort gemachten Ausführungen. Haußman n-Balingen verteidigt energisch den KommissionS- antrag; der Bevölkerung müsse gerade da der stärkste Rechts­schutz geliehen werden, wo sie dem Staate und dem Be- amten gegenübersiehe. R«mbold weist darauf hin, daß durch den Entwurf vielfach eine Verschlechterung der bis­herigen Rechtsverhältnisse eintreten werde. Minister v. Pischek: Der Verwaltungsbeamte sei ungünstiger gestellt als der Richter, der nur dann- haftbar sei, wenn ein Ver­stoß gegen das St.-G. B. vorliege. Der Minister sucht nachzuweisen, daß für g.wisse Fragen der Verwaltung der Richter nicht die nötige Sachkenntnis besitze und führt einige besonders verwickelte Fälle vor. Dr. Kiene weint, der Minister habe die Ueüerzmgung des Hauses nicht erschüttern können. Er beantragt namentliche Abstimmung. Hauß- mann wendet sich ebenfalls gegen den Minister und führt aus, daß die Juristen sehr wohl in der Lage seien, auch über diese Verhältnisse zu urteilen, wie ja auch Minister Pischek von Haus aus Jurist sei. Der Finauzminister v. Zeyer erhebt verschiedene weitere Einwendungen, auf die Haußmann und Rembold wieder antworten. Bei der Abstimmung wird die von der Regierung verlangte Vorent­scheidung des Verwaltungsgerichtshofrs mit 20 gegen 53 Stimmen abgelehnt, damit sind die Artikel 182 bis 186 ge­strichen. Die Kammer nahm hierauf die Artikel 187 und 188 an und griff dann auf den zurückgeftellten Artikel 37 über das Schätzungsverfahren zurück, der nach dem Re­gierungsvorschlag (Haftung der Gemeinde) angenommen wurde.

19. Mai. In der heutigen 43. Sitzung wurde das Ausführungsgesetz zum bürgerlichen Gesetzbuch zu Ende be­raten. Das Gesetz wurde nach den von der Kammer ge­faßten Beschlüssen einstimmig angenommen. Nächste Sitzung Mittwoch 24. Mai.

* Alten steig, 20. Mai. (Telegramm.) Bei der gestrigen Stadtschultheißenwahl in Stuttgart erhielt Gemeinde-

rat Gauß (der Kandidat der Volkspartei) 4811, Rechts­anwalt Lautrnschlager (den die Sozialdemokratie auf den Schild erhob) 3204, und Ministerialrat v. Mosthaf (der Kandidat der deutschen und konservativen Partei) 2980 Stimmen. Gemeinderat Gauß ist somit gewählt.

* Al 1 ensteig, 20. Mar. Die wenigen sonnigen Tage, welche jetzt zu verzeichnen sind, haben genügt, in der ge­samten Vegetation wahre Wunder zu schaffen, es ist jetzt draußen ein Sprossen und Blühen und jugendfrisches Grün lacht uns an, daß es einem zu eng wird in den 4 Wänden, und mächtig lockt der Zauber hinaus in Gotte- freie Natur. In diesem Jahr zieht's uns vielleicht noch mehr hinaus als sonst, denn die bisherigen Frühlingswochen, wie der warme Winter haben uns eigentlich mehr Molesten gebracht als unS lieb war, die Witterungslaunen und Einfälle begünstigten nur Krankheiten aller Art. Wir hoffen nun wenigstens von den Pfingstfeiertagen, daß sie für alle seitherigen Un­bilden Entschädigung bieten und daß die flohen Hoffnungen, welche an sie geknüpft werden, alle in Erfüllung gehen. Also den Pfingstwanderern per Eisenbahn, Wagen, Stahl­rad oder Schusters Rappen und allen unfern werten Lesern ein recht frohes vom Himmel begünstigtes Pfingsten!

* Calw, 18. Mai. In dem benachbarten Ort« Alt- hengstett ist der Typhus aufs neue auSgebrochen und hat in den letzten Tagen mehrere Opfer gefordert; außerdem ist eine größere Anzahl von Personen an Typhus erkrankt. Es hat sich deshalb zum zweitenmal eine Kommission, bestehend aus Aerzten und Beamten, in den Ort begeben, um di« Ursache der Krankheit zu erforschen und Vorbeugungsmaßregeln zu treffen. Die Gemeinde wird nun eine große Entwässerung des Ortes vornehmen, wodurch man dem Uebel abzuhelfen hofft.

* Stuttgart, 18. Mai. Zu dem Entwurf eine» Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch und dessen Nebengesetze ist heute bei der Kammer folgender Antrag eingegangen: Die Kammer der Abgeordneten wolle die Erwartung aussprechen: daß mit der Erhebung von Wechsel­protesten außer den in erster Linie berufenen Notaren und Gerichtsschreibern im Bedürsnisfall auch andere geeignete Männer, insbesondere die in Art. 3 Abs. 3. Art. 31 Abs. 2 und Art. 117 des Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch und zu dessen Nebengesetzen bezeichneten Beamten (das sind Güterbuch- und Unterpfands- buchführer, Ratsschreiber und Ortsvorsteher) betraut werden, und daß in Absicht auf Verbilligung der Protestkosten abgeftuft nach der Höhe der Wechselbeträge sowie der anfallenden Reisegebühren zeitgemäße Aenderungen durch die K. Staatsregierung eingeführt werden.

* Berlin, 19. Mai. Laut einem Telegramm aus Peking ist gestern daselbst durch die Deutsch-Asiatische Bank und die Hongkong- und Shanghai-Banking-Corporation namens des deutsch-englischen Syndikats der provisorische Vertrag betr. die Eisenbahnlinie Tientsin-Chinkiang unter­zeichnet worden. Die nördliche, vom deutschen Teile des Syndikats zu bauende Linie Tientsin-Jhsien wird eine Länge von ca. 650 Kilometern, die südliche, vom englischen Teile des Syndikats zu bauende Linie Jhsien-Kuachou (am Jangtse gegenüber Chinkiang) eine Länge von ca. 330 Kilometer haben.

* Braunschweig, 18. Mai. Ein schreckliches Brand­unglück ist von hier zu melden. Im Karstedtschen Waren­haus entstand durch Kurzschluß der elektrischen Anlage Feuer, das so schnell um sich griff, daß binnen wenigen Minute» alle Räume des großen Gebäudes ein einziges Flammenmeer bildeten. Es gelang der Feuerwehr, die meisten der in den Räumen befindlichen Angestellten zu retten, die aus den Fenstern der oberen Etagen heraus herzzerreißende Hilferufe ertönen ließen, leider sind indes fünf junge Mädchen mit­verbrannt. Eine Anzahl rettete sich dadurch, daß sie auf ein anstoßendes Dach sprangen, einige, die direkt aus der oberen Etage heruntersprangen, wurden schwer verletzt und eine davon ist bereits gestorben. Heute hat man bereits vier verkohlte Leichen m dem Schutt gefunden. Das Ge­bäude ist mit Mk. 150000, die Waren mit Mk. 225000 versichert.

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* London, 19. Mai. DieTimes" meldet aus Hongkong vom 18. d. M.: In Wutschau wurden heftige gegen die Ausländer gerichtete Plakate angeschlagen, welche besagen, daß sie von den Mandarinen und allen Bevölkerungs- klassen ausgehen. Die Plakate enthalten die Aufforderung, die Ausländer ohne Gnade niederzumetzeln, und richten sich besonders gegen die Christen.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Wensteig.

Am Montag erscheint kein Blatt. Die Donnerstags-Nmnmer wird wegen des Pfingstmarktes schon Dienstag abend ausgegeben.