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Sonntag, 30. Oktober
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1898.
In Neubulach ist die Maul- und Klauenseuche erloschen.
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Altensteig, 29. Okt. Draußen in Flur und Feld ist alles Leben eingescklafen, auch das letzte grüne Laub ist im Verschwinden begriffen, das noch spärlich an geschützterer Stelle sich behauptet hatte. Um so regeres Leben herrscht dafür in den Häusern. Der Landmann birgt seine verschiedenen Erntefrüchte oder bereitet sich auf den Winter vor, auf der Tenne klappert es lustig, Maschinen oder Dreschflegel sind in reger Thätigkeit. In den Städten beginnen jetzt in den Geschäften die Zurüstungen für Weihnachten mit großer Emsigkeit. Bei dem befriedigenden Ernte- ausfall hofft man wieder einmal auf einen ordentlichen Geschäftsgang. Nach Hunderten und Tausenden zählen die Artikel, die sich zum Einkauf für die Weihnachtszeit eignen, da giebt'S in jedem Geschäft zu arbeiten, zu sichten und zu ordnen, um für die Weihnachtszeit gewappnet zu sein. Mögen sich die günstigen Aussichten voll und ganz erfüllen und dem Fleiß sein Preis im wahren Sinn des Wortes zuteil werden.
* Stuttgart, 27. Okt. Der Aufhebung des Volksschulgeldes wird in Bälde die Unentgeltlichkeit der Lehr- mitttel für die Volksschüler Nachfolgen. Für die Stadtkasse bedeutet diese Neuerung, auf den Kopf des Schülers nach schweizerischem Muster einen Satz von lU/s Franken zur Anwendung gebracht, eine Exigenz von 30—40,000 Mark pro Jahr. Von dem Antragsteller, dem demokratischen Gemeinderat Fischer, wurde beklagt, daß der Staat sich seiner sozialpolitischen Aufgaben so wenig eingedenk zeigt, sonst müßte er als Konsequenz des Schulzwangs längst die allgemeine Unentgeltlichkeit des Unterrichts und der Lehrmittel eingeführt haben. Was der Staat aber auf diesem Gebiet verabsäume, sollten die Kommunen nachholen.
* Stuttgart, 28. Okt. Anläßlich der Vermählung der Prinzessin Pauline hat S. M. der König für die Hilfsbedürftigen eine milde Stiftung mit der Bezeichnung Friedrich- Pauline-Stiftung mit einem Kapital von 10000 Mk. zu errichten und dieselbe in die Verwaltung der Zentralleitung des Wohlthätigkeitsvereins zu übergeben geruht mit der Bestimmung, daß die Zinsen der Stiftung alljährlich auf den Vermählungstag des hohen Paares, den 29. Oktober, zur Unterstützung armer würdiger Familien der Städte Stuttgart und Ludwigsburg, wo Prinzessin Pauline ihre Jugendjahre zugebracht hat, verwandt werden sollen.
* Stuttgart, 28. Okt. (Huldigung des Liederkranzes.) Der Stuttgarter Liederkranz hat gestern nachmittag dem fürstlichen Brautpaar eine sinnige Huldigung dargebracht. Die Sänger sammelten sich im königlichen Privatgarten, wo alsbald die Majestäten mit dem jungen Brautpaar erschienen. Man begrüßte das Paar mit dem Brautgesang von Kunz, worauf der Vorstand des Liederkranzes eine in ein Hoch auf das Brautpaar ausklingende Ansprache hielt. Hernach wurden noch folgende Lieder gesungen: „Rosenzeit" von Aar-Liebe, die „Heimat" von Busse-Fischer, ferner „Maidle laß der was verzähle," Volkslied von Silcher, und zum Schluß „Der frohe Wandersmann" von Eickendorfs-Mendelssohn. Am Schluß der Vorträge begab sich Oberpostmeister Steidle zu Prinzessin Pauline und überreichte ihr ein schönes Andenken. Das Andenken besteht in einer Prachtausgabe der schwäbischen Volkslieder für Sologesang und Klavierbegleitung, in feinem Leder gebunden (von Fabrikant Schlecht) mit dem kgl. Wappen. Das Titelblatt ist gezeichnet und entworfen von Dir. Kolb, das Widmungsgedicht hat Präzeptor Otto Schairer, Sänger des Liederkranzes, zum Verfasser. Die hohen Herrschaften gaben ihrem Dank und ihrer Freude in herzlichen Worten Ausdruck.
^ (Verschiedenes.) In der Nähe der Waldburg bei Böblingen erhängte sich am Montag mittag der verheiratete, in den 50er Jahren stehende Taglöhner Dein- inger. Derselbe schlug mit seiner Frau Steine und lief mit dem Bemerken von der Arbeit weg, er wolle sich einen Schlegelstiel schneiden. Eine halbe Stunde später fand ihn seine Frau erhängt. Das Motiv der That ist unbekannt. — Beim Neubau der Burkhardt'schen Fabrik in Unter - Hausen, bei welchem vor einigen Wochen zwei beim Graben der Fundamente beschäftigte Arbeiter erdrückt wurden, stürzte der Dachstuhl ein, wodurch ein Arbeiter getötet, mehrere verletzt wurden.
* Karlsruhe, 26. Okt. In letzter Zeit haben sich auch in Baden die Verbrechen und schweren Vergehen, insbesondere gegen Leib und Leben, unverhältnismäßig gehäuft, die von im Lande vorübergehend beschäftigten Reichsausländern, namentlich Italienern, verübt werden. In Folge dessen hat nach der „Straßburger Post" das Ministerium des Innern die Polizeibehörden angewiesen, in
allen Fällen der gerichtlichen Bestrafung von Reichsausländern die Frage der Ausweisung auf Grund des badischen Aufenthaltsgesetzes regelmäßig mit Sorgfalt zu prüfen und von dieser Maßnahme gegenüber allen wegen Tötung, Körperverletzung, Sittlichkeits- und Eigentumsdelikten verurteilten Italienern Gebrauch zu machen.
* Müllheim, 27. Okt. Die Frau des Goldarbeiters Kaltmann wollte neuen Wein trinken, stürzte jedoch nach dem Genuß des ersten Schlucks tot zu Boden. Im ersten Augenblick nahm man Schlaganfall als Ursache des plötzlichen Todes an. Die gerichtlichen Erhebungen und die Obduktion der Leiche hat jetzt aber ergeben, daß die Frau durch Cyankali vergiftet worden. Wie das Gift in das Weinglas gekommen ist, soll noch nicht ermittelt worden sein. Bemerkt sei noch, daß sich die Frau in Gesellschaft ihres Mannes befand und sie den Wein nach gethaner Arbeit genießen wollte. Im Geschäft ihres Mannes wird Cyankali zu technischen Zwecken verwendet.
Airsläir-isHes.
* Prag , 27. Okt. Eine Deputation deutscher Studenten sprach heute bei dem Statthalter vor wegen der Angriffe am Sonntag auf deutsche Couleurstudenten. Der Statthalter bedauerte die vorgekommenen Angriffe und versicherte, daß alle Maßnahmen getroffen seien, Ausschreitungen hintanzuhalten. Die Rechte der Studenten, so erklärte der Statthalter, seien felsenfest und würden nie angetastet werden. In dem Trogen der Couleur könne er absolut keine Provokation erblicken; er erkenne das Verhalten der Studenten als durchaus ruhig an.
* Paris, 27. Okt. Der Siecle erzählt: Brisson übertrug seiner Zeit Chanoine das Kriegsportefeuille, weil derselbe nach der Demission Boisdeffres einen Minister brieflich beglückwünschte, den Generalstab von BoiSdeffre befreit zu haben. Der Brief soll veröffentlicht werden.
* Paris, 27. Okt. Der Kassationshof begann heute die Verhandlung, betreffend die Revision des Dreyfus-Pro- zesses. Die Sitzung wurde mittags eröffnet. Der Saal ist überfüllt. Unter den Anwesenden befindet sich die Frau Dreyfus und die Advokaten Demange und Labori. Gleich nach der Eröffnung der Sitzung ergreift der Berichterstatter Bard das Wort. Er erinnerte an die Aufregung, welche die Frage der Revision des Dceyfus-Prozesses hervorgerufen habe und an die Skandale, welche stattgefunden haben ehe die Justiz mit dem Revisionsantrag sich befaßte und ging dann dazu über, einen Ueberblick über die Verurteilung von Dreyfus zu geben. Bard zählt sodann die verschiedenen Versuche zur Herbeiführung der Revision auf: die Anzeige gegen Esterhazy, die Affaire Henry, der Revisionsantrag der Frau Dreyfus, der auch darauf begründet ist, daß das Bordereau von der Hand Esterhazys sei. Bard fügte bei dieser Thatsache hinzu, es sei ein Verdacht vorhanden, der den Revisionsantrag rechtfertigte. Bard setzt auseinander, Frau Dreyfus behaupte, daß das Bordereau nicht von ihrem Manne stamme. Er unterzieht dann die Berichte der Sachverständigen, welche die Handschrift Dreyfus' zu erkennen erklären, einer Prüfung. Der Kassationshof müsse also nach der Enquete prüfen, ob die Thatsachen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen einen Grund zur Revision geben. Bard verliest hierauf den Brief der Frau Dreyfus, worin die Revision verlangt wird. Bard fährt fort: Henry beging eine Fälschung; seine Ausgabe sei die niederschmetterndste gegen Dreyfus gewesen; da die Aussage von einem Fälscher herrührt, kann sie als verdächtig gelten. Hier liegt eine neue Thatsache vor. Die Vermutung der Unschuld Dreyfus wird begründet und genügt, das Revisionsgesuch zu motivieren. — Aus einem Briefe Picquarts an Sarrien, welchen Bard verlas, ist folgendes hervorzuheben: Als Picquart dem Gonse mitteilte, daß Esterhazy das Bordereau geschrieben habe, rief Gonse aus: „Es wäre entsetzlich, wenn der Prozeß von 1894 wieder ausgenommen werden müßte!" Picquart antwortete: „Noch viel entsetzlicher wären die Martern eines Unschuldigen." Hierauf sagte Gonse: „Wenn Sie nichts sagen, wird es niemand wissen", worauf Picquart ausrief: „Was Sie da sagen, ist abscheulich; jedenfalls werde ich dieses Geheimnis nicht mit ins Grab nehmen!" Später kam Picquart auf die Sache zurück. Gonse erklärte ihm darauf, der Minister habe ihm die Schuld des Dreyfus bekräftigt, und wenn ein Minister ihm etwas sage, glaube er es. Boisdeffre empfahl Picquart, die Angelegenheiten Dreyfus und Esterhazy nicht zu verquicken und als Picquart von dem „geheimen Dossier" sprach, rief Boisdeffre aus: „Wie, der Dossier existiert noch? Es war doch abgemacht, ihn nach dem Prozesse zu verbrennen!" Picquart berichtet in dem Briefe weiter, daß Henry mit du Paty de Clam eine andere Fälschung be
gangen habe, welche glauben machen sollte, daß die Verteidiger des Dreyfus einen Strohmann ausfindig machen wollten. Die Fälschung habe die Form eines Briefes an Dreyfus gehabt.
* Paris, 28. Oft. Kassationshof. Die Sitzung beginnt heute Punkt zwölf. Bard setzt seinen Bericht fort. Wir haben, sagt er, gestern die Dokumente gehört, deren Bedeutung genügen würde, die Formen und den Inhalt des Prozesses Dreyfus so gründlich zu erschüttern, daß meiner Ansicht nach die Kassation ohne Verweisung gerechtfertigt ist. Aber ich glaube doch auch, daß wir die Pflicht haben, dem Lande gegenüber volles Licht zu macken, da infolge der Haltung mehrerer Kriegsminister eine Verwirrung besteht. Bard beginnt, die bekannten Aeußerungen Zurlinden's und Blllot's vorzulesrn. — Bard schließt mit dem formellen Anträge auf eine Enquete.
* Paris, 28. Okt. Kurz vor zwei Uhr wird die Sitzung wieder ausgenommen. Der Vorsitzende erteilt das Wort dem Staatsanwalt Manau, der sich sofort erhebt und lebhaft zu sprechen beginnt. Er beginnt energisch: Endlich, meine Herren, ist die Affaire Dreyfus vor ihre wahre Domäne gekommen und was man auch anstellen mag, sie sollte auf keine Weise dieselbe verlassen dürfen. Sie sind ordnungsgemäß mit ihr befaßt worden und man kann Ihnen die Angelegenheit nicht mehr entziehen, ohne eine Gewaltthat zu begehen. Eine peinliche Prüfung ist Ihre Pflicht. Ihre Entscheidung wird, wir hoffen es, von Allen mit Achtung ausgenommen werden, denn Alle werden über diesen Fall, der niemals bisher anders abgeurteilt wurde als unter der Herrschaft des Hasses und der Leidenschaften, der gleichen Meinung huldigen. Wir selbst sind glücklich, uns diesem Werke zu widmen und ich erkläre sofort, daß ich die Revision beantrage. Nach eingehenden Ausführungen schloß der Staatsanwalt : Jedenfalls beantrage ich auch für den Kall der Enquete, daß die Strafe des Dreyfus entsprechend dem Gesetz sofort unterbrochen und die Berbütznng suspendiert wird. (Große Bewegung).
* Paris, 28. Okt. In politischen Kreisen glaubt man, der Kassationshof werde sich wegen der daraus entstehenden Folgen weder für die Revision mit einer Enquete, noch für die Nichtigkeitserklärung aussprechen, sondern sich nur dahin entscheiden, daß unter den vorliegenden Umständen ein Verbrechen des Verrats nicht vorhanden sei, und daß die Verurteilung des Dreyfus daher nicht weiter bestehen dürfe.
* Wie man der „Times" aus Haifa telegraphiert, werden nicht weniger als 600 türkische Soldaten das deutsche Kaiserpaar begleiten. Die türkische Kommission, welche demselben folgt, besteht aus 27 hohen Beamten und 111 anderen Personen. Die Arrangements der Firma Cook sind sehr umfangreiche: 1200 Pferde und Esel, 75 Schlafzelte, 6 Salonzelte und 6 Küchenzelte. Das Lager bei Jerusalem umfaßt 97 Zelte. Das Gefolge des Kaisers Wilhelm besteht aus 124 Personen. Zum Gepäckwesen gehören 800 Maultiertreiber. Im Ganzen besteht die Gesellschaft aus 2000 Personen. — Die türkische Regierung hat einer reorganisierten britischen Gesellschaft eine nene Konzession zum Ausbau der Eisenbahnlinie von Haifa nach Damaskus erteilt.
Hsrrrdel rrirb Verkehr.
* (Herb st Nachrichten vom 27. und 28. Oktober.) Fellbach. Das Keltern geht morgen zu Ende. Preise etwas im Rückgang; heute Käufe zu 130, 135, 140—150 Mark Per 3 Hl. Noch gute Reste feil. — Thamm. Lese beendigt. Qualität gut. Bis jetzt ein Kauf zu 150 Mk. per 3 Hl. — Hohenhaslach. Lese beendet. Noch ziemlich viele und recht empfehlenswerte Reste Rotwein feil zum Preis von 138—145 Mk. per 3 Hl. — Horrheim. Preise sinken. Heute verkauft zu 130, 143, 148 Mark per 3 Hl. Vorrat noch ca. 200 Hl. — Groß-Ingers- Heim. Weinkäufe zu 135 Mk. per 3 Hl. — Mundelsheim. Heute lebhafter Verkauf zu 140—160 Mk. per 3 Hl. Käsberger zu 190—195 Mk. Immer noch viel Vorrat. — Hessigheim a./N. Käufe zu 160—185 Mk. per 3 Hl. Vorrat noch ca. 300 Hl. sehr gute Weine, hauptsächlich Berglagen. — Neckarwrstheim. Preis 150 Mark per 3 Hl. Qualität gut. Noch ziemlich Vorrat. — Lauffen a./N. Preise 148—190 Mk. per 3 Hl. Noch sehr gute und größere Partien feil.
Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.
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