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Sonntag, 16 . Aktober

Verwendbare Beiträge werden dank­bar angenommen.

Bekanntmachungen aller Art linden die erfolg- l

ce-chste Verbreitung. I 1808.

In Ueberberg und Wenden ist die Maut- und Klauen­seuche erloschen.

In Heselbach ist die Maul- und Klauenskuch- auszebrochen.

L«rir-ss,«trch «richten.

* Altenste ig, 15. Oktober. Es wird gegenwärtig der Kampf gegen die Unsittlichkeit energischer als je geführt. Die Innere Mission hat Wanderredner ausgeschickt und eine Konferenz der Sittlichkeitsvercine hat soeben in Stuttgart von neuem alle Mitglieder angeeifert, an der moralischen Reinigung des deutschen Volkes mit zu arbeiten. Welches die Aufgabe der christ­lichen Männer auf diesem Gebiete sei, das besprach der Pfarrer Weber aus M.-Gladbach in Stuttgart: Es gehe mit der Sittlichkeit in Deutschland seit 1870 unaufhörlich bergab, die Unsittlichkeit zehre am Mark der deutschen Nation. Die Statistik der Aerzte und Juristen liefere dafür die besten Beweise. In diesem Kampfe müßten alle Mitwirken, welche den Menschen als höheres Wesen anerkennen. Die erste Aufgabe sei, daß der Mann selbst vollständig rein dastehe und die Ehe heilig halte. Ferner müßten die Ehrbegriffe der jungen Offiziere, Studenten und Kaufleute, in Bezug auf moralische Lebensführung revidiert werden; im Heere müsse auf eine strenge Manneszucht gehalten werden. Die soziale Frage stehe in enger Beziehung mit der Sittlichkeits- Frage, sofern die Wohnungsnot in Betracht komme, und die Reichsregierung trage mit die Verantwortung an den bösen sittlichen Zuständen, wenn sie nicht helfend eingreife, daß für die armen Leute bessere Wohnungsverhältnisse ge­schaffen werden. Ein Hauptaugenmerk sei auf die Kinder- Erzrehung zu richten, an welcher der Mann sich ebenso zu beteiligen habe wie die Frau. Ein kräftiger Kampf müsse gegen die Vereinsmeierei und die Vergnügungssucht geführt werden, hätten wir in Deutschland einige Tausend Vereine und Wirtschaften weniger, dann käme die Sittlichkeits-Beweg­ung rascher vorwärts. Der Mann und die Frau sollten sich eben vorwiegend ihrer Familie widmen. In der Delegierten- Sitzung des Vormittags sei beschlossen worden, für nächstes Jahr einen evangelisch-christlichen Frauenkongreß vorzubereiten. Doch sei der Kampf im öffentlichen Leben nicht Sache der Frau, sondern des Mannes, und namentlich, wenn es gegen die Unsittlichkeit gehe, weil man da durch den Kot waten müsse. Redner fordert die Anwesenden auf, den Zotenreißern energisch zu Leibe zu gehen und darauf zu dringen, daß aus den Schaufenstern solche Darstellungen entfernt würden, welche der Heranwachsenden Jugend Aergernis geben können. Auch gegen unsittliche Theateraufsührungen usw. lege die Konferenz entschiedene Verwahrung ein. lieber jeden Parteigegensatz erhaben müsse jeder christliche Mann von seinem Reichstags­abgeordneten verlangen, daß er alle sittlichen Fragen mit gebührendem Ernste behandle, und daß er der erneut ein­zubringenden Petition um Abschaffung der gesetzlichen Zu­lassung der Prostitution seine Zustimmung gebe. Pastor Dammann (Essen) predigte mit dem Motto: Keine Abrüst­ung, einen ganz entschiedenen Kampf gegen die Unsittlichkeit. Man dürfe die Sache nicht mit Glacehandschuhen anregen, sondern man müsse das Laster an die Oeffentlichkeit ziehen. Alle Kämpfe sollen vom lebendigen Christentum durchdrungen fein, dann werde der Sieg nicht ausbleiben. Die Versamm­lung dankte den Rednern durch lebhaften Beifall.

* Stuttgart. 13. Okt. In einer sozialdemokratischen Versammlung in Heilbronn sprach Abgeordneter v. Vollmar über die Entwickelung der Sozialdemokratie und die gegen­wärtige politische Lage. Er betonte, es sei auf dem Partei­tag unnötig viel vonRevolution" undrevolutionär" ge­sprochen worden. Die Sozialdemokratie entwickelte sich lang­sam. Bei dem fortwährenden Scharfmachen, Drohen, unauf­hörlichen Angriffen rc. sei jedes Wort des Trotzes, das auf dem Parteitag gefallen, leicht begreiflich. Aber gerade in Stuttgart habe man sich ja gegen jedes Vorgehen mit Ge­walt erklärt; die Partei wachse aus innerer Notwendigkeit und wolle nur mit dem Willen des Volkes eine Macht aus- übett. Es sei nötig, mit der Entschlossenheit zur Abwehr kühle Vernunft zu verbinden, eS könnten Zeiten kommen, wo man der Ruhe noch mehr bedürfe als gegenwärtig. Der Partei werde es zugutkommen, wenn man in Zukunft nicht blos theoretisch mit Predigen der Grundsätze vorgehe, sondern wenn man diese mehr anwende auf das vielgestal­tige Leben des Volkes. Das Ziel stehe für jeden fest. Es laute: Eroberung der politischen Macht durch das arbeitende Volk, um den Staat zu demokratisieren und zu sozialisieren.

* (Verschiedenes.) In Häslach feierten die beiden Ehepaare Jakob Kuhn, Bauer und Jakob Maser, Hafenhändler, die goldene Hochzeit. In Rottweil brachte vor 8 Wochen die Köchin Christine Maier die Kleider ihrem Lichte zu nahe, welche infolgedessen in Brand gerieten. Den schweren Brandwunden, welche die Un­

glückliche dabei erlitt, ist sie nun nach qualvollen Leiden erlegen.

* Wie aus Leipzig gemeldet wird, beläuft sich der Fehlbetrag der sächsisch-thüringischen Gewerbeausstellung auf rund 619,000 Mk. Die Garantiefondszeichner werden mit 15°/o herangezogen.

D Berlin. Die Prinzessin Turbetzkoy, welche dieser Tage im Zentralhotel verhaftet worden ist, hat sich im Polizeigewahrsam mit einer Rockschnur erhängt. Die Ver­haftung der Prinzessin war auf Grund eines Auslieferungs­antrages der italienischen Regierung erfolgt; sie wurde vom Gericht in Venedig seit längerer Zeit wegen Fälschung einer öffentlichen Urkunde verfolgt. Die Prinzessin hat dem ,Kl. Journ.' zufolge eine sehr bewegte Vergangenheit hinter sich. Sie soll früher Chansonette gewesen sein und lernte ihren späteren Gemahl, einen russischen Fürsten, in einem russischen Vergnügungslokal in Odessa kennen. Von dem Fürsten lebt die Dame seit Jahren getrennt und fristete ihr Dasein durch allerlei Schwindeleien, die sie mehrfach in Konflikt mit den Polizeibehörden brachten.

* Die halbamtlichenBerl. Pol. Nachrichten" ver­sichern im Fettdruck:Das Koalitionsrecht soll und wird den Arbeitern völlig und unversehrt erhalten bleiben, aber jeder einzelne Arbeiter soll auch selbst bestimmen können, ob er zu den alten Bedingungen weiter arbeiten will oder nicht." Viel wertvoller als diese allgemeine Versicherung wäre die Veröffentlichung der Strichvorlage, die die Re­gierung an den Reichstag bringen will, aber immer noch in tiefstes Geheimnis hüllt. Vor Bekanntwcrden dieser Vor­lage werden die Befürchtungen, die sich an die Oeynhausener Kaiserrede knüpfen, nicht verschwinden.

* Der Kaiser giebt viel auf das Urteil seines Onkels, des Großherzogs von Baden. Dem Einflüsse desselben soll es zuzuschreiben sein, daß die Orientreife des Kaisers nicht auf 8 Wochen, sondern nur auf 5 Wochen ausgedehnt wird. Am Mittwoch nachmittag fand in Berlin eine Vorbesprechung der Bundesratsbevollmächtigtcn statt, worin der dringende Wunsch geäußert wurde, daß der Kaiser seine Orientreise wesentlich abkürzen möchte. Am Abend desselben Tages reiste der Großherzog von Baden auf Wunsch des Kaisers nach Potsdam und traf dort am Samstag vormittag ein. Nach­mittags wurde sodann halbamtlich die Nachricht verbreitet, daß der Kaiser auf den geplanten dreiwöchentlichen Aufent­halt in Egypten verzichtet habe. Man zweifelt nicht daran, daß der Kaiser bei dieser bedeutsamen Entscheidung zunächst die Ansicht des Großherzogs hören wollte, auf dessen weisen Rat er schon manchmal großen Wert gelegt hat. Wie man weiter hört, sollen auch vom bayerischen Hofe aus die Bemühungen des Fürsten Hohenlohe unterstützt worden sein.

* Lübeck, 13. Okt. Einer älteren Dame wurden im Hauptpostamte aus der Tasche sieben Tausendmarkscheine gestohlen. Die Diebe sind entkommen.

rtnslnndisetzes.

* Aus der Schweiz, 12. Okt. Aus verschiedenen Gegenden, besonders aus dem Graubündner Rheinthal, wird gemeldet, daß in den Hochthälern starker Schneefall ein­getreten sei.

* Paris, 13. Okt. In Angers hatte Sebastien Faure einen Vortrag über die Dreyfusaffaire öffentlich angekündigt. Darauf hat eine Gruppe alter Offiziere einen Protest an den Maire gerichtet, in dem es heißt:Unsere aktiven Kame­raden können nicht erwidern und leiden schweigend; also ist es an uns, den Handschuh aufzunehmen und unsere Ver­achtung diesen Verleumdern ins Gesicht zu schleudern, die unter dem Beifall des Auslands ohne Scham und Schande alles beschmutzen, was Frankreich noch Großes und Edles hat." Die Offiziere fragen den Maire, wie er den An­schlag dieser Ankündigungen habe dulden können, und er­warten von ihm, daß derApostel des Dreyfusismus" nirgends in Angers eine Stätte finden werde, seinen Vor­trag zu halten. Andernfallswerden wir nicht zögern, diesen feigen Anschuldigungen unsere langen Jahre guter und treuer Dienste entgegenzustellen und unsere Brust, die von den preuß. Kugeln gestreift wurde. Man wird dann sehen, ob wirklich die wahren Patrioten diejenigen sind, die sich den Beifall des Auslandes verdienen wollen." Alle Unterzeichneten Offiziere sind Mitglieder der Ehrenlegion.

* Paris, 13. Okt. Es heißt, der Berichterstatter des Kassationshofes habe den Advokaten Monard, welcher von der Frau Dreyfus beauftragt ist, sich an den Revisions­verhandlungen als ihr Rechtsbeistand zu beteiligen, ermächtigt, die Dreyfus-Akten einzusehen.

* Paris, 14. Okt. Die BlätterRappel",Petite

Republique" undAurore" behaupten: es sei gegen die gegenwärtige Regierung ein Anschlag ange­zettelt. Em General, welcher eine hervorragende Stellung einnahm, soll Telegramme geschrieben und empfangen haben, deren Inhalt ein derartiger sei, daß über die Absichten des Generals kein Zweifel walten könne. Die Regierung, von einigen Republikanern gewarnt, sei nicht allzusehr überrascht gewesen, daß sie Informationen erhalten habe, daß ein An­schlag am Samstag früh hätte ausgeführt werden sollen. An diesem Tage sollte der Kricgsminister abreisen. Der Matin" verzeichnet gleichfalls ein Gerücht von einem Kom­plott gegen die Regierung. Das Ministerium sollte gestürzt, jedoch an der Präsidentschaft der Republik nicht gerührt werden. Ministerpräsident Brisson gewarnt, erklärte, er werde das nötigste thun. Der Kriegsminister verbleibt in Paris.

* Paris, 14. Ott. Die Enthüllungen der Morgen­blätter über einen geplanten militärischen Gewaltstreich riefen in der politischen Welt eine große Erregung hervor, die sich allmählich auch in der lebhaften Nachfrage nach den Zeitungen und in Diskussionen auf den freien Plätzen öffent­lich bemerkbar mach:. Die militärfreundlichen Nachmittags­blätter sind sehr erregt; sie bezeichnen den Alarmruf als ein Manöver Brisson's, der sich als Retter der Republik aufspielen wolle, um in der Kammer seinen Sturz zu ver­hindern.

* Paris, 14. Okt. Brisson hatte längere Unterredungen mit Bourgeois. Nach derLiberte" beabsichtigt die Regier­ung die geheime Korrespondenz zwischen dem Prinzen Viktor und mehreren Generalen zu veröffentlichen.

* Konstantinopel, 13. Okt. Gegen hundert Armenier sind gestern und heute in Präventivhaft genommen und neun als verdächtig bezeichnte Deutsche zwangsweise aus der Türkei abgeschoben worden.

* Konstantinopel, 14. Okt. Der Marineminister erhielt einen kaiserlichen Befehl, die nötige Anzahl von Transportschiffen nach Kreta zu entsenden, um die türkischen Truppen nach Saloniki zu befördern.

* New-Aork, 15. Okt. Nach einem Telegramm aus Habana soll Maximo Gomez zum Präsidenten der Republik Kuba gewählt worden sein.

* Valparaiso, 14. Ott. Im Arsenal wurden auf Millionen Dollars sich belaufende Unterschleife entdeckt. Der oberste Rechnungsbeamte des Heeres- und Marine­departements, Ricardo Navarro, verübte Selbstmord.

* Peking, 13. Ott. Italienische und japanische Marinc- soldaten sind in Peking eingetroffen. Die fremden Truppen werden wahrscheinlich dauernd in Peking bleiben. Es geht das Gerücht, daß in Peking eine Verschwörung zur Ermordung der Europäer gebildet worden ist.

Hnndel irir- Verkehr.

* Horb, 14. Okt. Der Verkehr mit Mostobst ist zur Zeit auf dem hiesigen Bahnhof recht lebhaft. Spediteur Noll hier brachte in den letzten Tagen mehrere Waggons schweizerisches Obst zum Verkauf, das waggonweise um 850870 Mk. und im Einzelverkauf pr. Ztr. um Mk. 4.60 raschen Absatz fand.

* Lauffen a. N., 13. Ott. Heute wurde hier be­schlossen, den Herbst am Montag, 17. d. Mts., mit dem Frühgewächs zu beginnen. Der Ertrag ist auf 6000 Hl. geschätzt. Lauffen hat dieses Jahr einen Vorzug gegen andere Gemeinden der Nachbarschaft in Betreff der Menge. Auch die Qualität wird eine recht gute werden.

Neueste Nachrichten.

oe Wien, 15. Okt. Bei der Ankunft des Zuges des Kaiserpaares in Venedig an dem Ponte Rialto, warf sich ein Mann insZWasser, um an die Gondel des Kaisers zu gelangen. Als man ihn herauszog schrie er immerich will den Monarchen sehen." Man scheint es mit einem Wahnsinnigen zu thun zu habend

W London, 15. Okt. Von der Küste von Conwall wird von einer furchtbaren Katastrophe gemeldet. Der Transatlantische DampferMohitan" wurde während eines Sturmes»anfl!die Felsen geschleudert. Von 200 Passagieren sollen nur 30 mittelst Rettungsbootes gerettet sein.

oe Paris. 15. Okt. Die Bevölkerung steht unter dem Eindrücke der Meldungen eines Militärkomplotts, welche von der Presse nicht dementiert werden. Zurlinden gilt allgemein als der Mann des Staatsstreiches. Der Ministerrat ist in Permanenz. Allerlei unkontrollierbare Gerüchte über die Verhaftungen von Generälen laufen um. Die Untersuch­ung in der Dreyfus-Sache soll die Mitschuld der Generäle Boisdeffre, Mercier, Pellier als Mitschuldige Esterhazy's, Henry's und de Tlam's dargethan haben.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.