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Erscheint Dienstag Donnerstag, LamStag und Sonntag mit der GratiS-Beilage .Der Sonntags- Gast."
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außerhalb desselben X. t.I0.
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Amtsblatt für
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Verwendbare Beiträge werden dankbar angenommen.
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Samstag, 10. Septbr.
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
1898.
Amtliches.
Die Sitzungen des Schwurgerichts Tübingen pro III. Quartal 1898 beginnen am Montag, den 26. September, vormittags 9 Uhr.
Uebertragen wurde die erledigte Schulstille in Emmingen, Bezirks Nagold, dem Hilfslehrer Hermann Meßer in Herrenthierbach, Bezirks Langenburg; die Schulstelle in Neusatz, Bezirks Neuenbürg, dem Schullehrer Frey in Oberiflingen, Bezirks Pfalzgrasmweiler.
Auf Grund erstandener Prüfung ist die Approbation als Apo- theker u. a. erteilt worden: Ernst Klaiber von Böfingen.
Zufolge Beschlusses des Amtsversammlungs-Ausschusses vom 26. August ds. Js. wurden nachgenannten Straßenwärtern wegen guter Dienstleistungen Prämien ver- willigt: je 10 Mark: Bernhardt Lutz in Nagold, Johannes Kubier in Altensteig, Michael Schuh daselbst, Georg Jakob Dengler in Ebhausen, Johann Helder in Haiterbach, Philipp Burhkardt in Warth, Gottlieb Moser in Wildberg, Christian Reutter daselbst; je 5 Mark: Erhardt Haselmaier in Egenhausen, I. Hirneisen in Jselshausen, Johann Rentschler in Ueberberg und Gottlieb Brenner in Oberschwandorf.
2 Der» Eit-e -er riltrh-isurirs.
Am Sonntag in der Frühe ist der entscheidende Schlag geführt worden: das Reich des Mahdi ist nicht mehr. Bei Omdurman, einer auf dem linken Nilufer gelegenen Art Vorstadt von Chartum, hatte der Kalifa seine ganzen Streitkräfte zusammengezogen, um dem Vordringen der Anglo- Aegypter unter Kitchener Halt zu gebieten. Ein fnrLtbarer Kampf fand statt mit dem Ausgange, daß die 25 000 Aegypter die 35 000 Mahdisten gänzlich schlugen. Der Kalifa und sein vielgenannter Unterführer Osman Digma entkamen einstweilen mit nur etwa anderthalb hundert Mann nach der Wüste von Kordofan hin, werden aber von feind- licher Kavallerie verfolgt. Die Macht des Mahdi, des dritten seit Errichtung des Derwischreiches, ist damit endgültig vernichtet und der Sudan wieder der europäischen Kultur zugänglich.
Jsmael Pascha, der Großvater des jetzigen Bizekönigs von Aegypten, hatte seine Macht nilaufwärts über den Sudan, Kordofan und Darfur ausgedehnt, um die reichen Schätze jener Länder auszubeuten. Die grausame Art, wie das geschah, führte zu dem Aufstande, den der Mahdi Mohammed Ahmed so geschickt zu benutzen verstand, daß bald die ganze ägyptische Herrlichkeit im oberen Nilland in Trümmer ging. Der Ursprung der gegenwärtigen Aktion ist jedoch nicht in dem Wunsche des jetzigen Vizekönigs, die verlorenen Provinzen wieder zu gewinnen, sondern in der Intervention der Engländer in Aegypten zu suchen.
Nachdem Frankreich, das mit England zusammen eine Kontrolle über Aegypten ausübte, sich zurückgezogen hatte, gingen die Briten allein vor und mit der Beschießung Alexandriens am 11. Juli 1882 begann jener Feldzug, der mit
der Niederlage Arabi Paschas bei Tel-el-Kebir am 13. Sept. endete und zur Okkupation Aegyptens durch die Engländer führte. In demselben Jahr wurde die Truppenmacht, welche der General-Gouverneur vonChartum, Abdel Kader Pascha gegen die Aufständischen unter dem Mahdi entsandt hatte, vernichtet, allein die englische Regierung lehnte es ab, dem Vizekönig zu helfen und so ereilte die ägyptischen Truppen unter Hicks Pascha am 3. November 1883 bei Kaichgil dasselbe Schicksal wie die Mitglieder der früheren Expedition: sie wurden sämtlich niedergemacht. Zu gleicher Zeit entstanden Unruhen an der Küste des Roten Meeres, wo der vielgenannte Osman Digma die Hauptrolle spielte. Eine britische Truppen-Abteilung unter General Graham wurde gegen Osman Digma abgesandt und es kam zu den Gefechten bei El Teb (29. Februar 1884) und Tamanib (13. März), während Gordon, der als General-Gouverneur nach Chartum gesandt worden war, um die Räumung der Provinz seitens der Aegypter durchzuführen, dort in eine immer schwierigere Lage geriet, da seine Autorität nicht, wie man gehofft hatte, hinreichte, um die Mahdisten im Schach zu halten.
Im Juni 1884 fiel Berber in die Hände der Mahdisten, aber das Ministerium Gladstone weigerte sich anfangs, eine Hilfsexpedition abzusenden und als es sich dann doch für eine solche entschied, war es zu spät. Die 7000 Mann unter General Wolseley, welche Ende Dezember 1884 am oberen Nil versammelt waren, mußten unverrichteter Dinge zurückkehren, nachdem eine Abteilung fast vernichtet und eine aus vier Dampfern bestehende Flottille vergeblich bis in die Nähe von Omdurman den Nil hinaufgedampft war. Der Versuch, den in Chartum eingeschlossenen General Gordon zu retten, war mißlungen und der tapfere General selbst wurde bei der Einnahme der Stadt durch die Mahdisten am 26. Januar 1885 getötet. Ein Sturm der Entrüstung erhob sich in England und die Regierung beschloß, eine Eisenbahn von Suakin nach Berber zu bauen, um auf diesem Wege die Mahdisten zu bekämpfen, aber das ganze Unternehmen wurde wieder aufgegeben, nachdem am 22. März abermals eine englische Truppenabteilung fast vernichtet worden war.
Ein späterer Versuch der Mahdisten, nach Aegypten vorzudringen, wurde zurückgeschlagen und fast hatte sich die Welt daran gewöhnt, das Reich des Madhi als etwas Dauerndes zu betrachten, als im vergangenen Jahre die Engländer einen neuen Zug gegen die Madhisten unternahmen, der, in diesem Jahre fortgesetzt, zu einem voll- ständigen Erfolge führte.
Ttrsespslitik.
Vom früheren Oberstleutnant Egidy ist es lange Zeit still gewesen. Die unverhoffte Unterstützung, die seine An
sichten durch den Abrüstungsvorschlag des Zaren erfahren haben, läßt ihn wieder auf dem Plane erscheinen. Im Berliner Konzerthause fand am Sonntag mittag eine große Kundgebung für den Zaren statt, die Egidy veranstaltet hatte. Der mächtige Raum war in allen seinen Teilen dicht gefüllt, namentlich eine große Anzahl wohlhabender älterer und jüngerer Damen war da, das rauschte vorüber in Sammet und Seide, prächtige Jupons wurden sichtbar; von großen breiten Hüten nickten prächtige Straußenfedern, entzückende Reiher, und da waren wieder arme Näherinnen mit verwelkten Gesichtern, verwaschenen Kleidern. Die Männer gehörten fast ausschließlich den besseren Ständen an. Oberstleutnant von Egidy war ganz Feuer und Flamme : „Eine große Woche," so fing er an, „liegt hinter uns, aus der Tiefe unserer Empfindung wollen wir ein Echo ergehen lassen auf die Kunde, die uns am Montag früh ward." In überschwenglichen Worten pries er dann den Zaren, er rühmte dessen Weisheit, dessen Wahrheit. „Aus dem innersten Seelenleben ist dem Zaren der Gedanke gekommen; die, welche das Dokument angreifen, haben keine Ahnung von den Vorgängen in einer Menschenseele. Als besten Berater hat der Zar seine eigene Frau gehabt, die Stimmungen aus dem Weibe sind übergegangen in den Mann. Der Zar hat gefühlt, daß die Zeit erfüllt ist, und hat den Mut gehabt, seine Empfindung rückhaltlos zum Ausdruck zu bringen. Wir jubeln in unfern Herzen rückhaltlos ihm zu, wir wollen unserem Mitmenschen bei der Durchführung seines heiligen Wollens helfen." Nachdem der Redner unter lebhaftem Beifall Angriffe gegen den evangelischen Ober- kircheurat, der zur Friedensbotschaft keine Stellung genommen habe, gerichtet, sucht er alle Bedenken zu zerstreuen, welche gegen die Durchführung der allgemeinen Abrüstung eingewendet seien. Als er auf Frankreich zu sprechen kam und erklärte, daß Elsaß-Lothringen den Elsaß-Lothringern gehöre und ein selbständiges Ländchen werden solle, herrschte eisige Kälte, der vorher so laute Beifall war vollständig erstorben; selbst seinen begeisterten Anhängern gefiel dieser Vorschlag nicht. Sehr viel erwartet Herr von Egidy auch nicht von der Konferenz, am liebsten wäre es ihm, die Fürsten kämen zusammen und tagten unter dem Vorsitz des Kaisers von Oesterreich (den Kaiser von Oesterreich hatte er schon vorher in sehr warmen Worten gefeiert), aber da die Diplomaten alle mit gebundener Marschrute zur Konferenz erscheinen würden, sei nicht viel von derselben zu erwarten. Aber darum müßten wir alles thun, um das großartige Wollen des Zaren zu unterstützen. Die russische Botschaft sei benachrichtigt, daß wir heute hier tagen, und er hoffe, daß der Zar es erfahren werde." „Der Friedensgedanke muß uns vollständig durchdrungen; den Kolumbus-Glauben müssen wir haben; dann werden wir weiter kommen trotz alledem."
«8 Lefefrucht. K
Ehr' und Reichtum treibt und bläht,
Hat mancherlei Gefahren,
Und vielen hat's das Herz verdreht,
Die weiland wacker waren.
Die Kerrin von Wotsenshagen.
Novelle von Luise Cammerer.
(Fortsetzung.)
„Die Pflege gehört ungeteilt mir," hatte sie ernst vom Onkel gefordert, „in Wolfenshagen bin ich nicht nötig, ich weiß mein Eigentum in treuesten Händen und Dehnhardts Heimkunft steht noch in weiter Ferne."
So lebte sie die meiste Zeit in Finkenstein, bis ein günstiger Verlauf der Krankheit eintrat und das zurückkehrende Bewußtsein Oswalds ihr Fernsein gebot.
Der alte Herr von Finkenstem war nicht blind noch taub und wenn ihm auch die Kenntnis des Borhergegangenen fehlte, so ging ihm doch ein Licht auf, ein Licht so groß und glänzend, wie das Sonnenlicht, doch warf er lange, finstere Schatten und zeigte dunkle, schwarze Flecke.
Als Ritta eines Abends bei hereinbrechender Dämmerung noch vorübergeritten kam, um sich von dem ruhigen Schlaf der zunehmenden Kräftigung des Geliebten zu überzeugen, da drängten sich ernste, fragende Worte über die Lippen des alten Herrn.
Sie nahm ihn sanft bei der Hand und führte ihn auf Pen blumengeschmückten Vorbau des Schlosses.
Ein leichter Windhauch spielte mit den mächtigen Baumkronen, die flüsternd ihre Häupter zusammenneigten. Reseden, Levkoyen und Spätrosen blühten in üppigster Fülle und entsendeten süße Düfte. Alles atmete Ruhe, Frieden und ks. war doch der letzte Glanz auf Feld und Flur, das leise Hinüberdämmern zu langem, langem Winterschlaf. Ein
Schwalbenpaar saß kosend auf den Zweigen des Lindenbaums, der weit über den Vorbau ragte, und dessen Blätter schon die Spuren des welken, absterbenden Lebens trugen, leise, leise zwitscherten sie, die Köpfchen neigend, während der letzte Streifen des verglühenden Abendrots das blaue Gefieder erglänzen ließ. Sie zwitscherten die letzte Weise, das Abschiedslied — wird es Glück oder Schmerz verheißen?
Beide lauschten dem süßen Lied, es war der Schwanengesang, den die Scheidenden der hinsterbenden Natur als letzten Gruß spendeten.
Ritta erzählte dem Onkel alles, alles. War eS die
Umgebung, die den Worten den Stempel innerer Weihe gab, oder war ihre Stimme von Thränen getränkt? „Nun gönne mir den kurzen Glückstraum, Onkel, bat sie flehend, das Erwachen kommt früh genug; in kurzem kehrt Graf Dehnhardt heim, dann mag mein Herz erstarren."
„Ihr armen, thörichten Kinder." in unterdrückter
Bewegung kam es von seinen Lippen, „nun liegt euer Glück in Scherben und dich sowohl als Oswald trifft die Schuld, du schwiegst, wo Schweigen zum Verhängnis wurde. Oswalds Stolz, dein übertriebenes Ehrgefühl, das waren die Götzen, denen euer Glück zum Opfer fiel." Sie schwieg in stummer Qual. „Und nun fügst du zur alten Schuld
die neue," fügte er streng hinzu, „du nährst die Flamme,
statt sie zu ersticken, Ritta, als Vormund und als Vater spreche ich zu dir, was soll aus deinem Leben werden, was bist du deinem Gatten mit der sündigen Liebe im Herzen und wie schwer trägt Oswald daran. Soll ich euch beide verbluten sehen?"
„Nenne einen Ausweg, Onkel, und ich will dich segnen dafür!"
„Er wird und muß sich finden. Ritta," erwiderte der alte Herr, doch Wahrheit war stets die Richtschnur meines Lebens; in meinen alten Tagen weiche ich nicht von diesem Pfad. Laß mir das Handeln, Kind, ich spreche selbst mit
Dehnhardt, denkt er edel, wirst du frei und glücklich, wenn nicht, muß dein Pflichtgefühl dich den rechten Weg gehen heißen!"
Um ihre Lippen zuckte es schmerzlich. „Es wird mir schwer werden, den öden, liebeleeren Weg weiter zu gehen," sagte sie traurig, „wie gern würde ich alles opfern, um eine friedliche Wendung des Geschickes herbeizuführen. Wenn Gott doch meinen heißen Gebeten Erhörung schenken wollte! Sie ging an ihm vorüber in das Krankenzimmer. Der alte Herr blieb lauschend an der Thür stehen. Oswald war bereits aufgestanden, seine Augen leuchteten ihr in voller Klarheit entgegen. Sie ergriff seine schmalen weißen Hände und sagte demutsvoll: „Ein unseliges Verhängnis schied uns von Glück und Liebe. Wir können und dürfen uns einander nichts sein. Durch Jahrhunderte geheiligte Gesetze treten zwischen uns und unfern Herzensbund. In wahrer, warmer Freundschaft wögen unsere Herzen sich begegnen, damit die Welt kein verdammend Wort über uns zu fällen finde."
Oswald zog ihre Hand verehrungsvoll an seine Lippen. „Dein Wunsch sei mir heilig, Ritta," lautete seine mit männlicher Fassung gegebene Antwort, „ferne liegt es mir, eine Brandfackel in deine Seele zu werfen. Das Schicksal stellte sich unserer Liebe feindlich entgegen, wir müssen das Herzeleid zu überwinden suchen und entsagen. Unvergessen wirst du in meiner Seele leben, dein Bild wird mich begleiten bis in die fernsten Zeiten. In wahrer, warmer Freundschaft wollen wir Trost für das verlorene Lebensglück finden!"
Tief ergriffen hatte der alte Herr von Finkenstein die ernsten Worte vernommen. Sein Lieblingswunsch, das junge Paar vereint zu sehen, war nicht in Erfüllung gegangen, doch auf einem Unrecht, auf einer Verletzung moralischer Satzungen wollte er ihr Glück nicht aufgebaut wissen.
Der Schluß des Reichstages verzögerte sich um einige Tage, zum größten Leidwesen Dehnhardts, der seine Abreise schon bestimmt. Sein Bleiben, obwohl nicht allzu nötig.