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1898.
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Nachdem das K. Forstamt Leonberg die Vornahme der geplanten Bauarbeiten an der Floßgasse in Enzberg wegen des vorhandenen zu hohen Wasserslandes auf das nächste Jahr verschoben hat, ist die am 9. Juli d. Js. für die Zeit vom 1.—31. August d. Js. verfügte Floßsperre auf der Enz hiemit wieder aufgehoben worden.
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Der Stern Großbritanniens erbleicht. Die englische Politik erleidet Niederlage auf Niederlage. Bis vor drei Jahren war die Machtstellung Englands im chinesischen Meere unangefochten; seit dem Kriege zwischen Japan und China und seit den „Pachtungen" der andern Großmächte hat sich dieses Verhältnis sehr bedeutend zu Ungunsten Englands verändert. Die Russen wollen jetzt — teilweise mit belgischem Gelde — eine Bahn bauen, die den Engländern sehr unbequem ist und letztere haben deshalb wegen verschiedener Vertragsbestimmungen sehr energische Einsprache erhoben, auch dem chinesischen Staatsrate versprochen, ihm kräftig beizustehen, wenn ihm von seiten Rußlands Unbequemlichkeiten drohen.
Im englischen Unterhause ist diese Angelegenheit in Form einer Interpellation zur Sprache gebracht worden und der den zur Kur abgereisten Premierminister Salisbury vertretende Lord Balfour wußte darauf zu erwidern: Die Thatsachen seien richtig und die Regierung verfolge die Angelegenheit „mit ernster Aufmerksamkeit". Mit ernster Aufmerksamkeit, mit der Ruhe und dem Interesse des Naturforschers hat also die englische Regierung zugesehen und im einzelnen beobachtet, wie sie Schritt für Schritt aus allen ihren Positionen in Peking, Nanking und Canton herausgeworfen worden ist. Das einzige, was man riskierte, war, daß der englische Gesandte in Peking, Macdonald, eine „ernstlich lautende" Note überreicht hat, — aber der Russe Pawlow hat noch ernstlicher und vielleicht auch zärtlicher gesprochen. Und während noch Mr. Balfour von der Erledigung der Streitfrage wegen der Niutschwang- Eisenbahn nichts zu berichten wußte, konnten die „Times" bereits verkünden, daß die chinesische Regierung alle russischen Forderungen erfüllt habe.
Direkt auf dem Fuße ist der Nachricht von der Niederlage an dieser Stelle die von der völligen Besiegung auch in der zweiten Streitfrage gefolgt, des Eisenbahnbaues nämlich von Peking nach Hankau (also mitten in das Herz des Jangtsethales, d. h. der Interessensphäre Englands in Mittelchina hinein) durch ein belgisch-russisch-französisches Syndikat. Geradezu beleidigend nach Form und Inhalt sind die diplomatischen Aktionen gegen Englands Ansprüche in voller Oeffentlichkeit geführt worden.
Die „Times" selber nämlich melden aus Peking, daß der belgische Gesandte am Mittwoch dem Tsung-li-Aamen eine Mitteilung des Inhalts übersandt habe, daß der russische und der französische Gesandte gemeinsam mit ihm das Tsung-li-Iamen dringend ersuchen, den Versuch des britischen Gesandten, die Ratifikation des Vertrages betr. die Peking-Hankau-Bahn zu verhindern, unbeachtet zu lassen. Und wie der Donner auf den Blitz, folgte dieser Drahtnachricht folgendes Telegramm des Reuterschen Büreaus: „Durch kaiserliches Edikt wird die belgische Anleihe für den Bau der Peking-Hankau-Bahn. ungeachtet der Einsprüche des britischen Gesandten, entgültig genehmigt."
Unmittelbar hintereinander vor der breitesten Oeffentlichkeit zwei solche diplomatische Genickschläge! Und das alles wird hingrnommen trotz der vielfachen Großsprechereien und Kriegsandrohungen, die von England her die übrige Welt . . . beunruhigen kann man nicht gerade sagen, sondern belästigen, denn man weiß ja, daß nichts dahintersteckt. Und gegenüber einem solchen Gebaren wirkt es nur komisch, wenn englische Staatsmänner in leitender Stellung sich auch an den Interessen neutraler Staaten zu reiben suchen. Hat doch Balfour auf eine Anfrage wegen Eisenbahnbaues in der Provinz Schantung, dem Hinterlande von Kiautschou, erklärt: „Es stehe der chinesischen Regierung selbstverständlich frei, festzustellen, ob Anerbietungen für den Eisenbahnbau von deutscher Seite unter besseren Bedingungen, als sie englische Kapitalisten stellten, zu erlangen seien; aber ein Vorzugsrecht Deutschlands einfach auf Grund dessen, daß eine geplante Bahn sich innerhalb der Provinz Schantung befinde, könne die britische Re- gierung nicht zulassen. Macdonald sei angewiesen worden, jeder Zulassung eines solchen Anspruchs entgegenzutreten." Hierauf fragte der Abgeordnete Provand dann noch an, ob von Deutschland eine Antwort auf diesen Protest eingegangen sei. Balfour erwiderte hierauf, der Protest sei an die chinesische Regierung gerichtet gewesen; eine Antwort darauf sei nicht ergangen. Das ist die dritte Niederlage und zwar eine wohlverdiente.
Das bayerische Justizministerium hat eine dankenswerte Verfügung erlassen. Danach soll der Richter fortab wenn ein Angeklagter freigesprochen und der Staatskasse die Erstattung der dem Angeklagten erwachsenen Reisekosten und des sonstigen Aufwandes auferlegt worden ist, nach der Verkündigung des Urteils den Staatsanwalt und den Angeklagten befragen, ob sie auf Rechtsmittel verzichten. Geschieht letzteres, so ist der Freigesprochene zu befragen, ob er sofortige Auszahlung seiner Auslagen verlange. Besteht derselbe hierauf, so ist der Betrag sofort festzusetzen und auszuzahlen. Die Festsetzung und Auszahlung geschieht nach Maßgabe der Grundsätze, die sür Zeugen und Sachverständige gelten. Ein ähnliches Verfahren ist einzuschlagen, wenn ein verhafteter Angeschuldigter (im Vorverfahren) außer Verfolgung gesetzt wird. Es werden ihm dann die Auslagen für die Reise in die Heimat, event. auch an einen anderen Ort, vergütet.
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England gewinnt, wenn es auch in China in letzter Zeit diplomatische Niederlagen erlitten hat. doch großen Gebietszuwachs. Es ist eben im Begriff, seine Macht am Nil durch die Besitzergreifung von Khartum um ein Bedeutendes zu vermehren. Das Jahr 1898 wird für Großbritannien ein äußerst gewinnreiches sein. Hat es doch seine Macht im großen Ozean durch lautlose Besitzergreifung der Santa Cruz- und Duff-Inseln, durch die gewaltige Vergrößerung und Befestigung seiner Honkongbesitzung bereits erweitert, und der glückliche Erfolg des jetzt in Szene gesetzten Zuges weiter nilaufwärts ist außer jeglichem Zweifel.
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Aus London berichtet man der Voss. Ztg., ein englisches Blatt bringe einen merkwürdigen Aufsatz von angeblich gut unterrichteter Seite über den nächsten Schritt Englands in China. Es heißt darin, Nachrichten aus China geben der englischen Regierung Anlaß zu der Folgerung, daß Li-Hung-Tschang die alleinige Ursache der Unterwürfigkeit der chinesischen Regierung gegenüber Rußland und der Demütigung der englischen Diplomatie in Peking sei. Es sei daher im Plane, an die Regierung in Peking das formelle Verlangen zu stellen, Li-Hung-Tschang aus dem kaiserlichen Dienste zu entlassen, seine Ausweisung aus Peking oder seine Verbannung zu fordern. Diese Maßregel dürfte um so mehr ergriffen werden, als im Lauf der jüngsten Unterredung im Tsung-li-Aamen zwischen Macdonald und den Ministern die Anmaßung Li-Hung-Tschangs so weit gegangen sei. daß er im Laufe eines stürmischen Auftritts drohte, die chinesische Regierung werde Macdonald seine Pässe geben. Einer etwaigen Weigerung der chinesischen Regierung, dem englischen Verlangen Folge zu leisten, dürften Zwangsmaßregeln folgen.
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Wenn Spanien Kuba räumt, wird es gezwungen sein, eine Staatsschuld von 1200 bis 1500 Millionen Mark zu übernehmen, die auf die Bürgschaft der kubanischen Staatseinkünfte von angesehenen Spaniern geliehen worden sind. Spanien hat ferner für seine eigenen Kriegskosten aufzukommen, es wird den auf Kuba frei gewordenen Beamten Pensionen und Entschädigungen und für das von den abgetretenen Kolonien zurückkehrende Heer sorgen müssen. Wollte die spanische Regierung die kubanischen Schuldscheine nicht einlösen, so würde sie sich dadurch eine sehr angesehene Klasse ihrer Staatsbürger entfremden; ebenso würde sie sich ein gefährliches Heer von Unzufriedenen schaffen, wenn sie nicht die beschäftigungslos gewordenen Beamten, Offiziere und Soldaten vor unmittelbarem Mangel bewahrte. Es wird nun Spanien infolge seiner völligen finanziellen Erschöpfung nichts anders übrig bleiben, als Hilfe von außen her zu suchen. Die Frage, wer diese Hilfe leisten wird, ist eine Frage von europäischer Wichtigkeit, denn derjenige, der Spanien aus seiner augenblicklichen Notlage rettet, wird da- durch auf geraume Zeit zum Schutzherrn dieses Landes und kann daher fortan auf die Bundesgenossenschaft desselben rechnen. Nach aller Wahrscheinlichkeit wird Frankreich die Rolle des Retters zufallen. Gute Beziehungen zu Spanien zu erhalten, ist immer das Bestreben französischer Staatsmänner gewesen, und in dem eben beendeten Krieg haben sie sich unzweifelhaft bemüht, dem Nachbarstaat so weit zu helfen, als nur irgend möglich war, ohne Frankreichs Beziehungen zu den Vereinigten Staaten zu gefährden. Frankreich wird also auch jetzt zu jedem sich in mäßigen Grenzen haltenden Opfer bereit sein, um zu verhindern, daß Spanien in die Hände irgend einer andern Macht fällt. Die Thatsache, daß die Verhandlungen zwischen Spanien und den Vereinigten Staaten dem französischen Gesandten anvertraut sind, ist
ein äußeres Zeichen dafür, daß Spanien auf Frankreichs Unterstützung hofft, und daß Frankreich willens ist, alles zu thun, was in seiner Macht steht.
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* Altensteig, 17. August. Herr Professor Sieqlin machte uns die mündliche Mitteilung, daß er in seinem Vortrag in Ettmannsweiler nicht gesagt habe, Magermilch sei zur Ernährung so vollwertig, wie Vollmilch, sondern nach 6—12 Stunden entrahmte Milch lasse sich recht gut verwenden, sie enthalte noch alle Nährstoffe und thatsächlich merke man wenig bei der Verwendung im Kaffee rc., daß eine Entrahmung stattgefunden habe. Herr Sieglin wollte damit einen Wink zu zweckmäßiger Sparsamkeit geben, konnte er doch mitteilen, daß ein Gut in Westfalen durch Verwendung entrahmter Milch im Hausgebrauch einen jährlichen Nutzen von 3000 Mk. erzielt habe.
-u. Alten steig, 16. August. Einen beliebten Geistlichen und hier und in der Umgegend allgemein wegen seiner Leutseligkeit geachteten Mann trug man gestern inNagold zu Grabe, nämlich Hrn. Pfarrer Chr. Hill er, welcher vom Jahr 1865 bis 1896 ununterbrochen Seelsorger unserer Nachbargemeinde Alten st eig-Dorf war. Wegen eingetretener Altersschwäche sah sich der verdiente Geistliche vor zwei Jahren veranlaßt, sich in den Ruhestand zu be- geben. In ehrendster Weise gaben im November 1896 die Gemeindegenossen von Alrcn st eig-Dorf und Ueber - berg ihrem geliebten scheidenden Seelsorger und dessen werter Familie das Geleite nach Nagold. Nicht ganz zwei Jahre war es demselben vergönnt, im Ruhestand zu leben. Körperlich ohnehin schon recht geschwächt, wurde er durch eine leichte Lungenentzündung rasch dahingerafft. Wie sehr der Verstorbene während seiner mehr als 30jährigen Wirksamkeit als Seelsorger der Gemeinde Altensteig-Dorf-Ueberberg die Herzen seiner Kirchengenossen zu gewinnen wußte, davon zeugte die gestrige zahlreiche Beteiligung bei fernem Begräbnis. Eine große Zahl der Bewohner von Altensteig-Dorf und Ueberberg, sowie auch manche hiesige Freunde des Verstorbenen und seiner Familie erwiesen ihm die letzte Ehre. Vor dem Trauerhaus sang der Militärgesangverein den Choral: „Gott ist getreu", die Knaben der Seminarübungsschule am Eingang zum Gottesacker: „Die Christen gehn"; sodann am Grabe der Militärgesangverein: „Aller Gläubigen Sammelplatz" und „Wie sie so sanft ruhn". Im Anschluß an Hebr. 12, 22—24 hielt Hr. Dekan Römer die ergreifende Trauerrede. Namens der Amtsbrüder des Verstorbenen legte Hr. Stadtpfarrer Schweizer von Haiterbach einen Kranz am Grab nieder. Hr. Schullehrer Belz von Alten st eig-Dorf ehrte durch Niederlegung eines Kranzes und warmen Worten dankbaren Andenkens im Auftrag der dortigen Bewohner den Toten, desgleichen Hr. Schull. Ulsh ö fe r namens der Gemeinde Ueberberg.
* Der Fremdenbesuch des Luftkurorts Herrenalb beträgt nach offiziellen Aufstellungen zur Zeit rund 4000 Personen. Das sind etwas mehr als im vergangenen Jahr.
* Wald darf, OA. Tübingen, 14. Aug. Von sehr günstiger Witterung begleitet ist die Ernte feit Mitte dieser Woche in vollstem Gange. Die Roggenernte wurde schon vorige Woche beendigt und lieferte gute Erträgnisse. Sehr gute Erträgnisse lieferte die Dinkelernte. Neben reichlichem Strohertrag haben die Halme lange, schwere Aehren, so daß allgemein das Urteil gehört wird: „Eine solch gute Ernte haben wir seit Jahrzehnten nicht mehr gehabt." Etwas weniger gut fiel die Ernte derGerste aus, doch liefert sieimmerhin einen zufriedenstellenden Ertrag. Der Haber geht bei der heißen Temperatur rasch seiner Reife entgegen. Die Futter- Erträgnisse stehen gut. Die Obstaussichten gestalten sich auch nicht ungünstig. Viele Obstbäume, besonders Apfelbäume, müssen gestützt werden.
* Stuttgart, 16. August. Herzogin Albrecht von Württemberg wurde heute vormittag von einer Tochter glücklich entbunden.
* Bei dem Kommissionär Gustav Eiseler in Stuttgart diente dessen 16jährige Verwandte Elise Pfeiffer als Dienstmädchen. Anfang Juni verschwand plötzlich das Mädchen. Es hatte 2900 Mark in Banknoten mitgenommen, die der Onkel in seinem Schreibtische liegen hatte. Das Geld hatte die Schwiegermutter Eiseler'S, eine Bierbrauerswitwe in Friolzheim, ihrer Tochter, Frau Eiseler, zur Unterstützung nach dem Konkurs ihres Ehemannes gesandt. Das verschwundene Mädchen trieb sich noch einen halben Tag in Stuttgart umher und gab größere Summen aus, indem es sich eine goldene Uhr mit goldener Kette, ein goldenes Armband, ein Opernglas in Perlmutter, seidene Kleidungsstücke und dergleichen anschaffte. Nachmittags reiste es nach München, hielt sich dort vier Tage bei einer Bekannten auf.