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Sonntag, 20. Jebruar
Bekanntmachungen aller Art sinken die erfolg- I 4 <2Q<2 reichste Verbreitung. I ^.0^70»
Amtliches.
Aestftnmvugeu -ek. de« Schuh der Kögel.
Verboten ist: 1) Das Zerstören und Ausheben von Restern oder Brutstätten der Vögel, das Zerstören und Ausnehmen von Eiern, das Ausnehmen und Töten von Jungen, das Feilbieten und der Verkauf der gegen dieses Verbot erlangten Nester, Eier und Jungen. 2) Jede Art des Fangens und der Erlegung von Vögeln soweit sie nicht zu den jagdbaren Vögeln ge- hören und soweit nicht das Oberamt für gewisse Vogelarien hiezu Ermächtigung erteilt hat. 3) Dem Fangen im Sinne des Gesetzes wird jedes Nachstellen zum Zweck des FangenS oder Tötens von Vögeln, insbesondere das Aussteller, von Netzen, Schlingen, Leimruten oder anderen Fangvorrichtungen gleich geachtet. 4) Wer Vögel, von welchen er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß sie unbefugt gefangen oder erlegt worden sind, oder verbotswidrig feilgeboten werden, oder wer unter gleicher Voraussetzung verbots- wirdrig erlangte Bogel-Eier oder -Nester ankauft, ist strafbar. 5) Strafbar ist ferner, wer Hunde oder Katzen in der Zeit vom 1. März bis 15. September im Walde oder auf freiem Felde umherschwcifen läßt.
Der „St.-Bnz." veröffentlicht das kirchliche Gesetz betr. die Christeulehrpflicht vom 7. Februar 1898. Dessen einziger Artikel lautet: In Gemeinden, in welchen die Aufrechterhaltung der Christeulehrpflicht für vier Jahrgänge der konfirmierten Jugend andauernd erheblichen Schwierigkeiten begegnet, ist das Evangelische Konsistorium ermächtigt, auf Antrag des Kirchengemeinderats den ältesten oder nach Umständen die zwei ältesten der vier Jahrgänge vom Besuch der Christenlehre zu entbinden. Das Evangelische Konsistorium ist mit Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt.
Wo der Mittelstand fehlt,
da ist der Revolution Thür und Thor geöffnet. In einigen ungarischen Gegenden sind die Bauern im vollen Aufstande. Sie testen die Ländereien der großen Güter unter sich, sie schlagen sich Holz in den Wäl- dern, so vul sie für nötig halten, sie bauen gegen das heranrückende Militär Barrikaden und sie fechten mit Gewehr und Sensen. Es gab auf beiden Seiten bereits eine größere Menge Tote und Verwundete. Die ganze ungarische Bauernschaft ist unzufrieden und unter
ihnen haben Agitatoren leichtes Spiel. Die Mehrzahl der Bauern sind nur noch Taglöhner auf den großen Gütern. Es wurde festgestellt, daß in den aufrührerischen Gegenden der kleine Grundbesitz fast völlig verschwunden ist und daß den millionenreichen Großgrundbesitzern und Großpächtern ein besitzloses Landproletariat gegenübersteht. Es soll im Alföld (das ist die Tiefebene an den Ufern der Theiß vom Fuße der Karpathen bis zum Donaugebiet) Gemeinden von 5000 Seelen geben, deren Bewohner nicht einen Fuß breit Erde besitzen. Der frühere Ackerbauminister rief aus, es sei für Ungarn ein Unglück, daß hier eine ähnliche Proletarisierung des Landvolkes eingetreten sei wie in England, ohne daß, wie in England, das überschüssige Landproletariat von der Industrie verwendet werden könne. Diesen Zuständen gegenüber ist die ungarische Regierung völlig ratlos. Sie weiß und findet kein Heilmittel und verfällt auf das ganz einseitige Rettungsmittel der Anwendung von Gewalt. Wohl hat der Staat das gute Recht, innerhalb seiner Grenzen im Notfall gewaltsam die Ordnung aufrecht zu erhalten. Aber höher noch steht seine Pflicht, der Zertrümmerung des Kleinbesitzes und der Proletarisierung der Massen auf gesetzlichem Wege entgegenzuarbeiten und dem vernichteten Bauernstand wieder Boden unter den Füßen zu schaffen. In der That haben die bisher angewendeten Gewaltmaßregeln die Bewegung absolut nicht einzudämmen vermocht. Sie breitet sich immer mehr aus. In der bisher ruhig gewesenen Gemeinde Czigand verweigerten die Bauern den Truppen die Unterkunft, und erst durch einen Bajonettangriff vermochte sich das Militär Quartier zu verschaffen. Es wurde dabei eine Person schwer verwundet. Auch im Szaboscer Komitat sind neuerdings militärische Verstärkungen aus den Garnisonen Kaschau und Erlau eingetroffen, und weiterer Truppennachschub wurde telegraphisch erbeten. Auch hier vermochte sich das Militär in einer Ortschaft nur mit Waffengewalt den Zutritt zu dem Quartier zu verschaffen.
Zu dem wirtschaftlichen Elend der ungarischen Bauern kommt der Umstand, daß die Leute ihrer Regierung alles andere eher zutrauen, als ein ehrliches Bemühen, der Not abzuhelfen. Die Regierung ist moralisch minderwertig. Rohonczy, ein Mitglied
der Regierungspartei, gestand erst kürzlich in einer Sitzung des ungarischen Abgeordnetenhauses ein, die letzten Wahlen hätten die Regierung 3 Millionen Gulden gekostet! Er selbst habe für seine Wahl, obwohl er gar keinen Gegenkandidaten hatte, von der Regierung 5000 Gulden erhalten. Das Geld werde aufgebracht von solchen Leuten, die sich den Adel oder sonstige Titel und Würden von der Regierung „kaufen." Wie der Telegraph meldete, erweckten diese Enthüllungen von keiner Seite Widerspruch. Sie wirkten auf den Regierungsbänken völlig niederschmetternd. Bei einer derartigen Verrottung in Regierung und Parlament ist eine gesetzliche Thätigkeit, die die Wunden des Landes zu heilen sucht, nicht zu erwarten. Im Gegenteil wird das Uebel immer weiter um sich greifen, der Großgrundbesitzer wird immer mehr den Grund und Boden an sich reißen, keine gesetzliche Maßnahme wird den Bauer vor dieser „Enteignung" schützen und mehr und mehr wird seine Unzufriedenheit wachsen und immer nachhaltiger wird der Revolution der Boden vorgeackert werden.
Deutscher Reichstag.
* Berlin, 17. Febr. Am Bundesratstisch: Staatssekretär v. PosadowSky. Der Präsident teilt mit, daß der Kaiser der Bibliothek des Reichstags eine Tabelle betr. die französische Flotte überwies. — Bei der fortgesetzten Beratung der Postdampfernovelle führt Abg. Weiß (freist Volksp.) aus, jedermann begrüßt die Fortschritte Deutschlands im Weltverkehr. Dieselben bedingen aber nicht ohne weiteres Subventionen für den „Norddeutschen Lloyd". Man dürfe die Neigung zur Bewilligung von Subventionen nicht zum Gradmesser der nationalen Gesinnung machen. Die Post- dampferinteresien an den Reichspostdampferlinien seien nicht allzugroß; auch dürfe die Konkurrenz der sibirischen Eisenbahn nicht unterschätzt werden. Redner fragt dann an, ob es wahr sei, daß der Verkehr auf den Lloyddampfern nach Ostasien von Deutschland wirklich teurer sei als von England trotz der Subventionen. Sollen wir denn mit dem Gelds unserer Steuerzahler die Konkurrenz unterstützen? In der Kommission müsse die Vorlage eingehend geprüft werden. — Staatssekretär v. PosadowSky erklärt, in der Kommission werden weitere Aufklärungen gegeben werden. Andere
Der Prozeß Zola.
* Paris, 1?. Febr. Der Schriftsachverständige Moriaud setzt heute, am Io Berhandlungstage, seine Aussagen fort, um nachzuweisen, daß der sog. Ulanenbrief Esterhazys thatsöchlich von diesem herrühre. Der Schriftsachverständige Varinard, der den Brief für gefälscht erklärt hatte, wird mit Moriaud konfrontiert. Er will sein Gutachten nur dann begründen, wenn das Original des Ulanenbriefes ihm vorgelegt werde. General Pellieux wünscht im Interesse der Sache selbst, daß das Original des Briefes herbeigebracht werde. Der Professor an der Ecole de Charte, Giry, und der Psychologe Hericourt stellen ebenfalls fest, daß das Bordereau die charakteristische Handschrift des Esterhazy aufweist. Oberst Picqnart führt ein- gehend entgegen den Beschuldigungen des Generals Pellieux aus, daß Esterhazy vollauf in der Lage war, sich die im Bordereau äufgeführten Dokumente, die übrigens nicht die ihnen zugemessene Bedeutung gehabt haben dürsten, zu verschaffen und verwahrt sich entschieden gegen die von General Pellieux ausgesprochene Unterstellung, er Hobe dem Sekretär Esterhazys, dem Unteroffizier Hulot, Vorteile dienstlicher Art in Aussicht gestellt, falls er für Esterhazy belastend aussage. Oberst Picquart wird nun mit Pellieux und Gonse konfrontiert. Gonse legt besonderes Gewicht auf die im Bordereau angeführte Note über Madagaskar, die nur einem Generalstodsoffizier zur Verfügung gestanden habe. Labori weist aus der Anklageschrift des Prozesses Dreyfus nach, daß diese Note leicht zu beschaffen war, da der Kopist sie im Februar 1894 tagelang
im Vorzimmer seiner Vorgesetzten liegen ließ. (Bewegung.) General Pellieux erklärt: Nachdem durch die Veröffentlichung der Anklageschrift des Prozesses Dreyfus eine Ungesetzlichkeit begangen worden sei, wolle er offen sprechen. Es existiert thatsächlich im Ministerium ein geheimes Schriftstück, aus welchem die Schuld des Dreyfus unzweifelhaft hervorgeht. (Große Bewegung.) Labori führt in leidenschaftlichen Worten aus, es stehe nunmehr fest, daß die Verurteilung des Dreyfus durch ungesetzliche Mittel erreicht worden sei. General Gonse bestätigt die Erklärung Pellieux. Labori verlangt die Vorlegung des geheimen Schriftstückes. Das geheime Dokument ist, sagt Pellieux an sich unbedeutend, aber durch eine beigelegte Visitenkarte seien die verräterischen Beziehungen des Dreyfus festgestellt worden. Auf An- trag Pellieux wird General Boisdeffre herbeigeholt. Während der bis zum Erscheinen Boisdeffres eintretenden Pause unterhält sich die Zuhörerschaft eifrig über den Zwischenfall, der allgemein als folgeschwer angesehen wird. Nach der Pause erklärt der Präsident die Verhandlung für geschlossen, weil Boisdeffre beute nicht erscheinen könne. (Lebhafte Bewegung.) Das Publikum kommentierte eifrig den Gerichtsbeschluß, da angenommen wird, sdaß das Ministerium inzwischen selbst über die einschlägigen Schritte be- raten wird. — Nach Haricourt erklärt Oberst Picquart: „Esterhazy begab sich 2mal in die Feuerwerkerschulen, ein drittesmal auf eigene Kosten nach dem Lager bei Thalons. Ich zog Erkundigungen über Esterhazy ein, dabei sagte mir ein Offizier, Esterhazy
fragte ihn eines Tages, ob ihm etwas über die Mobilisation der Artillerie bekannt sei. Picquart fährt fort, er sage nicht, daß Esterhazy das Bordereau anfertigte, er sage nur, er konnte es anfertigen, da er über die darin enthaltenen Notizen genügend unterrichtet war. Pellieux führt aus, die Geschworenen würden zwischen seinen und Picquarts Aussagen zu entscheiden wissen. Die Schriftstücke seien geliefert, Esterhazy lieferte sie nicht. Die Sitzung wird hierauf unterbrochen. Nach Wiederaufnahme der Sitzung bittet Pellieux ums Wort. (Sensation.) Er tritt entschlossen vor die Schranken und sagt: Bis jetzt haben wir uns innerhalb der Gesetzmäßigkeit gehalten, da aber die Verteidigung von Stellen im Berichte des Majors Ormescheville gesprochen, so werde er die so typischen Worte des Obersten Henry wiederholen „man will Licht." Nun zu denn! (Bewegung.) Zur Zeit der Interpellation Castellin hatte man im Kriegsministerium den absoluten Beweis der Schuld Dreyfus'. Ich sah diesen Beweis. Damals ging uns ein Papier zu, folgendes besagend: Sprechen Sie niemals von den Beziehungen welche wir mit diesem Juden hatten. Die Note war nicht unterzeichnet, sie war von einer Visitenkarte begleitet, worauf dasselbe vereinbarte Wort sich befand, wie auf dem Papier. General Boisdeffre wird die von mir berichtete Thatsache bestätigen. (Lebhafter Beifall.) Labori sagt, das ist eine absolut neue Thatsache, die in die Verhandlung geworfen wird. Pellieux versetzt: Sie lasen doch den Bericht des Majors Ormescheville über den unter Ausschluß der Oeffentlichkeit verhandelt wurde. Labori: