hat sich die Zahl der Aerzte in Deutschland im ver-' flossenen Jahre von 23 910 i. I. 1896 24873. also um nahezu 1000, erhöht. ES kommt somit ein Arzt auf 2000 Seelen.

* Man erinnert sich, daß erzählt wurde, Prinz Heinrich sei von seines Großmutter, der englischen Königin, ungnädig ausgenommen worden, als er sich bei der Abfahrt nach China verabschieden wollte. Jetzt behauptet ein englisches Blatt, daß auch der Prinz von Wales sich geweigert habe, vom Prinzen Heinrich, der ihm schließlich bis in die Theaterloge gefolgt sei. eine kaiserliche Aufklärung über die Kieler Rede entgegen-, zunehmen. Würden sich diese Erzählungen bestätigen, so würde sich das deutsche Volk weniger darüber wundern, als über den Umstand, daß Prinz Heinrich auf seiner Chinareise überhaupt den englischen Hof besuchte. Es sah fast aus, als habe Deutschland nötig, dort sür sein Unternehmen um gutes Wetter zu bitten. Wurde er schroff empfangen, nun, dann geht er viel­leicht das nächstemal nicht wieder nach London, und das würde in Deutschland niemand betrüben!

* Innerhalb eines halben Jahres erkrankten in Königsberg 1800 Kinder an der egyptischen Augen-Entzündung. Gegenwärtig beträgt die Zahl der Kranken noch 400. Acht Äerzte sind dauernd mit ihnen beschäftigt. - Durch ärztliche Vorsichtsmaß­regeln wird eine Uebertragung der Krankheit aus die Familienglieder der Kinder fast stets verhütet.

Ausländisches.

* Wien, 7. Febr. Oesterreich leitete mit Ungarn Verhandlungen betr. Vorsichtsmaßregeln gegen ameri­kanisches Obst ein, die mit dem deutschen Vorgehen übereinstimmen sollen.

* Innsbruck, 7. Febr. (Landtag). Die ntcht- erschienenen italienischen Abgeordneten wurden ihrer Mandate für verlustig erklärt.

* Paris, 7. Februar. (Deputiertenkammer). Im Laufe der Beratung über das Budget des Auswärtigen, wobei Deloncle die Räumung Egyptens und die Neu­tralisierung des Nilthales verlangt, fragt Delafosse, welche Haltung Frankreich gegenüber den Ereignissen in China einnehme. Delafosse kritisiert dabei die französisch-russische Allianz und bemerkt, dieselbe habe nur für Rußland Nutzen; er behaupte, es bestehe eme gewisse Connivenz zwischen Rußland und Deutschland. Gablet wirft der französischen Diplomatie vor, daß sie die Geschäfte Europas zum Schaden ihrer eigenen Interessen besorge.

* Paris, 8. Febr. Wie derSoir" meldet, sei Oberst Picquart, welcher im Zolaprozeß als Zeuge erschien, gestern freigelaffen worden.

* Konstantinopel, 6. Febr. In der Audienz, welche der österreichisch-ungarische Botschafter am Freitag beim Sultan hatte, erklärte der Freiherr v. Calice, daß Oesterreich-Ungarn nicht denjenigen Mächten beitrete, welche die Kandidatur des Prinzen Georg durchzusetzen beabsichtigen. Eine identische Erklärung wurde von deutscher Seite im Palaste gemacht.

* Athen, 7. Februar. DieAgence Havas" be­hauptet, daß in Thessalien fortwährend Zusammenstöße zwischen türkischen Soldaten und griechischen Bauern stattfinden. Nach Meldungen aus Lamia seien etwa 100 Personen getötet und verwundet. Die Nachrichten

sind wahrscheinlich übertrieben. Die türkischen Truppen sollen mehrere Dörfer neu besetzt haben.

* In Kia ot^ch a u werden englische Zeitungskorre­spondenten zugelafsen. Das Deutschland überlassene Gebiet dort sei 33 engl. Meilen lang die Breite jedoch noch unbestimmt. Man glaube, daß eine Ver­größerung des Gebietes verlangt werde, sobald Prinz Heinrich ankomme.

Handel und Berkehr.

* Stuttgart, 7. Febr. (Landes-Produkteu-Börse.)

Der Wochenverlauf brachte im Getreidegeschäft keine wesentliche Aenderung. Das Angebot sowohl von Argentinien als auch von Amerika und Rußland bleibt schwach bei fest behaupteten Preisen. Wir notieren per 100 Kilogr. frachtfrei Stuttgart, je nach Qualität und Lieferzeit: Weizen, württ. Mk. 20.25 bis 20.75, daher. Mk. 21 bis 22, Ulka Mk. 21.50 bis 22.25, SaxonSka Mk. 22 bis 22.50, Amerik. Mk. 22.50 bis 22.75, Kernen Oberländer Mk. 21.75 bis 22, Unter­länder Mk. 21.50, Dinkel Mk. 13.60 bis 14.20, Roggen russ. Mk. 16.25 bis 16.75, Gerste, württ. Mk. 19 bis 19.50, Pfälzer Mk. 21.25 bis 21.50,

kaliforn. prima Mk. 21.50, Haber württ. Mk. 13.50

bis 14.50, prima Mk. 15.50 bis 16, russ. Mk. 16.25 bis 16.75, Mais Mixed prompte Lieferung Mk. 11.50, Februar April Mk. 11, weißer amerikanisch Mk. 11.50, Donau Mk. 12 bis 12.25. Mehlpreise pr. 100 Kilogr. inkl. Sack: Mehl Nr: 0 Mk. 3435, dto. Nr.1: Mk. 32 bis 33, dto. Nr. 2: Mk. 30.50 bis 31.50,

dto. Nr. 3: Mk. 29 bis 29.50, dto. Nr. 4: Mk. 25

bis 25.50. Suppengries: Mk. 34.50 bis 35.50. Kleie Mk. 8.

Neueste Nachrichten.

* Paris, 8. Febr. Der Zudrang zum Saale ist heute wieder ungeheuer. Vor allen Thüren in den Couloirs drängen sich Hunderte. Im Saal schlägt man sich um die Plätze. Als Zola mit Clemenceau und Labori in den Couloirs erscheint, bricht Beifall und Klatschen aus, bald von donnernden Rufen »Bravo Lola! Vivo Lola!" gefolgt, gegen die nur geringe, durch Verdoppelung des Beifalls übertönte Opposition laut wird. Zola dankt ernst und würdig. Im Saale drängen sich vor der Eröffnung der Sitzung mehr als tausend Personen.

* Paris, 8. Febr. Zola verläßt soeben den Justizpalast und wird unter ungeheuren Ovationen auf die Straße geleitet.

* London, 8. Febr. DerTimes" wird aus Peking gemeldet: China wird um der Opposition Ruß­lands willen die englischen Vorschläge ablehnen und aus dem gleichen Grunde auch Rußlands Vorschläge nicht annehmen können. China kann die Kriegsent­schädigung an Japan nicht bezahlen, hegt jedoch die Hoffnung, daß Japan längere Fristen gestatten werde.

Verantwortlicher Redakteur: W. Rieker, Altensteig.

Maut-Ser»- v. 9» Mze.

und farbige Kenrreberg-Seiöe von 7b Pfg. bis Mk. 18.6S per Met. in den modernsten Geweben, Farben und DesfiuS. Lu privat« xorto- u. stsusi-trst ins Laus. Muster umgehend. 6

H.Keaueverg Seiden-Aavrikeu (k.u.k.Hoff.) Zürich.

Ober- und Unterniebelsbach gewählten Verwaltung«. Aktuar Seufer. In Balingen ist die neu­erbaute Frauen-Arbeitsschule eröffnet worden. Ein stattlicher Bau mit lichtvollen Arbeitssälen, ausge- siattet mit den neuesten Lehrmitteln für den weib­lichen Handfertigkeitskurs und mit guten Lehrkräften besetzt, bildet diese Anstalt eine Zierde der dortigen Stadt. In E b i n g e n feierte Schuhfabrikant Spanägel das Fest der goldenen Hochzeit. Ein heiteres Vorkommnis passierte jüngst in einem Orte des württ. Allgäues. Der Gemeindediener des Orts machte nach dem Gottesdienst bekannt:Es müssen sofort Steuern bezahlt werden, auch von den­jenigen, die kein Geld haben." Da rief ein Bauer und Bürger hocherfreut:Jetzt kann ich auch be­zahlen, denn ich habe auch kein Geld! In Heilbronn packte ein Dienstmädchen seinen Koffer. Als die Hausfrau mit der Polizei etwas näher nach­sah, fanden sie nicht weniger als 44 Gegenstände vor, die das ungetreue Mädchen mitlaufen lassen wollte. Es wurde sofort verhaftet. Fortuna hat diesmal ein Einsehen gehabt, insofern als der erste Gewinn der Eßlinger Lotterie mit 15000 Mk. einer armen Frau, die in einer Fabrik bei Heldenheim arbeitet, zu- gefallen ist. Der zweite Gewinn (Nr. 3234) mit 5000 Mk. fiel in die Kollekte von Otto Kleinlogel- Heilbronn. Der Gewinner ist einHeizer bei derBahn.

* (Konkurs.) Jakob Reichert, Ziegeleibesitzer in P retz seid.

* Wie dieFrkf. Ztg." erfährt, ist es angeregt worden, daß die noch lebenden Mitglieder des Frank­furter Parlaments von 1848/49 auch ihrerseits eine Erinnerungsfeier veranstalten und zwar in der Weise, daß sie am 18. Mai, dem fünfzigsten Jahrestage der Eröffnung des Parlaments in Frank­furt -eine Zusammenkunft haben. Der Zweck der Zusammenkunft ist selbstverständlich kein politischer; sie soll nur die Erinnerung, der Auffrischung von Bekanntschaften und dem historischen Rückblicke ge- widmet sein. Die Zahl der noch lebenden Mitglieder des Frankfurter Parlaments ist keine große wehr; sie wird ein Dutzend niecht übersteigen. Von den be- kannteren sind noch am Leben vor allem der Präsident des Parlaments, Eduard Simson, dann Professor Biedermann, der Dichter Wilhelm Jordan, Professor Sepp und der ehemalige österreichische Unterrichts- minister Stromayr.

* Berlin, 8. Febr. Der Lokalanzeiger meldet aus Konstantinopel: In dem Quartier Tophane ver­nichtete ein Brand gegen 70 Gebände. Viele Feuer- Wehrsoldaten wurden verwundet.

* Neue Schnellzugslokomotiven verkehren zur Zeit probeweise innerhalb der Eisenbahndirektionsbezirks Berlin und Braunschweig. Diese neuen Loko­motiven unterscheiden sich äußerlich sehr durch ihre Bauart von dem alten System. Sie laufen vorn wie die Schiffe kiclartig spitz zu. In der gleichen Weise sind auch die einzelnen Teile der Maschine, deren bis jetzt zwei in Betrieb gestellt sind, wie Schornsteine usw. gebaut, so daß die Lokomotive mit großer Leichtigkeit die Luft, auch bei stürmischstem Gegenwind, durch- schneiden kann.

* Nach Börners Reichs-Medizinalkalender für 1898

Vom Polizei-Ministerium geht täglich ein ein­gehender Rapport in das Palais, der Alles enthalten muß, was bemerkenswert ist. Bei wichtigen Anlässen erfolgt jedoch die Meldung sofort.

Eine zweite Stelle, von der aus Berichte direkt an das Palais gehen, ist die Stadt-Präfektur.

Eine dritte Stelle ist die Polizei-Präfektur vor Beschiktasch, in deren Amtssprengel Illdiz liegt.

Von diesen drei Stellen empfängt der Sultan direkten Bericht, wozu dann noch der Vortrag zählt, den der Groß-Vezier fast täglich dem Monarchen er­stattet. Man ist gewöhnt, sich in Europa unter einem hohen türkischen Würdenträger einen Manu mit schnee­weißem wallenden Barte vorzustcllen, der gravitäüich einhertritt und durch Atter und gemesfliiss'Benehmen imponiert. Das mochte vielleicht früher der Fall ge­wesen sein, heute sind die höchsten Würdenträger des Staates vielfach Männer, die noch in jenem Alter stehen, da jeder Schritt von Thatkraft zeugt.

Einen außerordentlichen Wert legt der Sultan der Presse bei und zeigt hierdurch, daß er zu den Monarchen zählt, welche die Zeit vollständig begriffen haben, auf der Höhe der Zeit stehen. Die Ueber- wachung der inländischen und die Berichterstattung über die ausländische Presse liegt dem Preßbureau bei der Hohen Pforte ob. Was die Ueberwachung der inländischen Presse und die Zensur betrifft, die an und für sich in der Türkei kaum entbehrt werden kann, aber sehr verbesserungsbedürftig ist, wollen wir ein andermal besprechen, hier wollen wir nun den Vorgang schildern, der bei der Berichterstattung über

die auswärtige Presse eingehalten wird. Jede türkische Botschaft und Gesandtschaft auswärts ist verpflichtet, Zeitungen ihres Bereiches, die etwas über die Türkei bringen, sofort nach Konstantinopel an das Preß­bureau zu schicken, das übrigens auf alle bedeutenderen ausländischen Zeitungen abonniert ist. In einem großen Saale sitzen etwa fünfundzwanzig Herren, deren Pflicht cs ist, die einlaufenden ausländischen Zeitungen zu lesen und alle die Türkei, den Sultan, die Minister oder einzelne Beamte betreffenden Artikel in die türkische Sprache zu übersetzen und dem Direktor vor­zulegen, derdasPalais befördert. Die Arbeit ist eineziem­lich sie nebst Original mit seiner Unterschrift versehen in anstrengende, und offen gestanden verdienten die Herren ein etwas geräumigeres, helleres und ruhigeres Arbeits­zimmer. Mir ist es geradezu unbegreiflich, wie man bei dem fortwährenden Kommen und Gehen arbeiten kann. Die Hohe Pforte mit allen ihren Bureaux gleicht einem Bienenkörbe, wo fortwährend aus- und einge- scbwärmt wird. Nicht nur Personen, die Auskunft suchen, sondern auch Verkäufer aller Art, ja selbst alle möglichen Bettler kommen ganz ungeniert in dre einzelnen Bureaux. In unserem Preßbureau finden wir Türken, Griechen, Armenier und Israeliten ver­treten, alle selbstverständlich den Fez am Kopfe und umgeben von einem Wust von Zeitungen. Für die deutsche Uebersetznng sind drei Herren angestellt.

Einen Stock höher als das Bureau ist das Empfangs- und Arbeitszimmer des allgewaltigen Direktors des Preß-Bureaus. Dieses ist etwas ele­ganter als das untere Bureau ausgestattet, enthält

drei Schreibtische, an denen die Oberbeamten arbeiten. Vom Preßbureau empfängt also der Sultan direkte Berichte über die Journale der ganzen Welt und kann dieselben dann mit den von den einzelnen Ge­sandtschaften einlaufenden vergleichen. Als Prinzip der Berichterstattung gilt, daß nicht nur lobende, sondern und zwar insbesondere abfällige Urteile der europäischen Presse, seien es sogar Urteile über den Sultan selbst, wortgetreu übersetzt werden müssen.

Die dritte Stelle für Berichterstattung über Zeitungen befindet sich im Palais selbst. Dort ist ein U-bersetzungsbureau eingerichtet, das selbstständige Berichte erstattet und bei Tag und Nacht bereit sein muß, Akten, Zeitungen oder was sonst noch vorliegt, auf Befehl des Sultans zu übersetzen. Wir sagten Tag und Nacht, da der Sultan oft bis in die späte Nacht arbeitet, und wenn er findet, daß die ver­schiedenen, ihm eingeschickten Uebersetzungen nicht über­einstimmen, vom Palaisbureau auch bei Nacht noch eine authentische Uebersetznng verlangt.

Dergestalt ist also eine Berichterstattung an den Sultan, und man wird gestehen, daß sie besser nicht orgamsiert sein kann. Welch eine eiserne Arbeitskraft gehört aber dazu, um alle Berichte zu lesen und zu prüfen, zu vergleichen und Entscheidungen zu treffen. Diese außerordentliche Arbeitskraft hat der Sultan, und neben offiziellen Audienzen und mannigfachen Regierungsgeschäften überwältigt er auch täglich die Prüfung und Sichtung der Berichte, obschon es aller­dings oft mehrere Stunden nach Mitternacht ist, ehe der Padischah sein einfaches Lager aufsucht.