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Platze verbrannt, um durch seine Asche zu düngen. Faulige Kartoffeln gehören auf den Komposthaufen. Auch reche man das Laub der Obstbäume zusammen und grabe es beim Umbrechen der Gartenbeete tief unter. Dadurch gewinnt man wieder bil­lige Dungmittel und vernichtet gleichzeitig manch Ungeziefer, das den Bäumen schadet. Vor allem aber ist jedes Gartenbeet, soweit es nicht mit Wintersalat oder anderen über­winternden Gemüsen bebaut ist, vor Ein­tritt der Eefrörnis gehörig mit der Hacke und Schaufel zu bearbeiten, damit der Boden recht ausgefrieren kann. Der Frost ist im Gemüsegarten der beste Hausmeister, und wer im Herbst tief umgräbt, hat im Frühjahr bei der Ansaat leichte Arbeit.

Heilbronn 27. Okt. (Vom Rat­haus.) Im Eemeinderat fand eine län­gere Debatte statt über einen sozialdemo­kratischen Antrag auf Einrichtung eines städtischen Seefischmarktes, der aber abge­lehnt wurde, nachdem festgestellt worden war, daß die Fischhändler in Heilbronn die Preise so niedrig halten, wie sie in anderen Städten nicht zu verzeichnen sind. Auch ein sozialdemokratischer Antrag, dem Kon­sumverein ein städtisches Lokal zu einem Seefischverkauf zur Verfügung zu stellen, fand keine Mehrheit.

Friedrichshafen 27. Okt. (Vom Luftschiffbau.) Die gestern angeklln- digte nochmalige Probefahrt des Luftschiffes I. 7 9" hat heute trotz der Ungunst des Wetters stattgefunden. Es war schon in der Frühe windig und verschlimmerte sich im Laufe des Tages noch mehr. Um ^^7 Uhr kam das Luftschiff aus seiner Halle. Die beiden, zu der letzten Abnahmefahrt hier eingetroffenen Offiziere, Oberst Schmie­decke und Major Neumann von den Verkehrstruppen in Berlin, bestiegen die Gondel. Das Luftschiff erreichte bald eine bedeutende Höhe, da ihm vorgeschrieben war, mindestens 8 Stunden in einer Höhe von nicht weniger als 1200 Metern zu fahren. Es war dann auch zeitweise den Blicken entschwunden und kehrte um 3.15 Uhr wohl­behalten zurück, wo eine glatte Landung vor der Halle erfolgte. Die Führung hatte Oberingenieur Dürr. Die Abnahme ist nunmehr bedingungslos erfolgt.

Friedrichshafen 27. Okt. (Vom Militärluftschiff.) Wie aus Ber­lin mitgeteilt wird, ist das LuftschiffT 7. 9" nach der heutigen Sahrt von der Militär­behörde abgenommen worden. Das Luft­schiff erreichte bei seinem Aufstieg heute früh innerhalb 10 Minuten eine Höhe von 1300 Meter, ohne jede Vallastabgabe, in der es 8 Stunden verblieb.

Berlin 27. Okt. (Reichstag.) Am Bundesratstisch: Staatssekretär Dr. Delbrück, Schorlemer, Präsident des Reichsgesundheitsamtes, Dr. Bumm. Präsident Graf Schwerin - Löwitz er­öffnet die Sitzung um 12.20 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen zunächst die vom Zen­trum und den Freisinnigen eingebrachten Interpellationen, betr. die Maul- und Klauenseuche. Staatssekretär Dr. Del­brück erklärt sich zur sofortigen Beantwor­tung bereit. Abg. Steindl (Ztr.) be­gründet die Zentrumsinterpellation: Die Schäden der Landwirte infolge der Maul­und Klauenseuche sind oftmals weniger schlimm, als die sich aus den Vorsichtsmaß­regeln ergebenden Schäden. Die Sperre trifft den Bauernstand schwer und für das nächste Jahr droht infolge Mangels an Jungvieh eine schwere Kalamität. Die Re­gierung sollte endlich unserer Resolution, betr. Entschädigung für das an Maul- und Klauenseuche eingegangene Vieh entsprechen. Fe gier (Fortsch. Volkspt.) begründet die in gleicher Richtung sich bewegende Inter­pellation. Die Sperrmaßnahmen hätten

nur in beschränktem Maße Bedeutung. Die Einschleppung der Seuche ist überaus viel­seitig. Außer den Kreistierärzten sollten alle approbierten Tierärzte zur Ueber- wachung und Anordnung der Sperrmaßnah­men zugelassen werden. Man hätte dann einen größeren Kreis von Sachverständigen. Die Sperrmaßnahmen haben nur einen ganz minimalen Wert und sind übrigens nicht ganz einheitlich durchgeführt. Vor allem müssen wir uns vor der Einschleppung der Seuche von Osten her schützen. Die Wissen­schaft muß sich mit der Erforschung der Seuche mehr als bisher befassen; dazu sind vom Reiche Mittel zu bewilligen. Staats­sekretär Dr. Delbrück: Ich bin stets be­strebt gewesen, die Beschwerden zu prüfen und zu beseitigen, sowie die Erleichterungen und Abänderungen, die zweckmäßig erschie­nen, herbeizuführen. Die Verhandlungen mit den Bundesregierungen haben ergeben, daß mit der Einheitlichkeit allein die Sache nicht gemacht ist. Ich hoffe, daß das neue Viehseuchengesetz am 1. April in Kraft tritt, und damit sind die bisherigen Bestimmungen über die veterinärpolizeiliche Bekämpfung der Seuche mit ihren Mängeln ausgeräumt. Die vollständige Abschlachtung verseuchter oder seuchenverdächtiger Viehbestände hat wegen unzureichender Mittel nicht durch­geführt werden können. Die unnötigen Schärfen haben wir abzuschwächen versucht. Das Maß der Entschädigungsansprüche wird durch das neue Seuchengesetz erheblich er­weitert. Hinsichtlich der zu gewährenden Reichsmittel für die wissenschaftliche Erfor­schung der Seuche wollen wir erst Maßnah­men treffen, wenn die preußischen Maßnah­men ein greifbares Ergebnis gezeitigt haben. Auf Antrag des Zentrums und der Freisinnigen findet Besprechung der Inter­pellation statt. Dr. Hahn (B. d. L.): Die Seuche ist von Osten eingeschleppt worden. Unbedingte Grenzsperre ist nötig. Hart sind oft die Ordnungsstrafen für unterlassene Anmeldungen. Wenn der kleine Landwirt, wie der Reichskanzler wünscht, sein Vieh durchhalten soll, so müssen ihm unverzins­liche Darlehen gegeben werden. Keil (Soz.): Das Rindviehseuchengesetz ist ein Gesetz agrarpolitischen Charakters, darauf berechnet, auswärtiges Schlachtvieh fern­zuhalten. Württemberg sei nicht von Frank­reich, sondern von Norddeutschland ver­seucht worden. Zum Schutz gegen die Seu­chengefahr müßte man sämtliche Mitglieder des Bundes der Landwirte bis zum 12. Ja­nuar unter Quarantäne stellen. (Heiter­keit.) Es hätten mehr Mittel zur Erfor­schung der Seuche zur Verfügung gestellt werden sollen. Landwirtschaftsminister Frhr. v. Schorlemer: Die Hoffnung, daß wir im Laufe des Winters der Seuche Herr würden, hat sich leider nicht erfüllt. Wir haben in besonderem Maße den kleinen Landwirten Erleichterungen in Bezug auf die Verwendung des Viehs zur Feldarbeit usw. eingeräumt, dadurch ist aber die Be­kämpfung der Seuche gehemmt worden. Die in den einzelnen Bezirken eingerichteten Untersuchungstage, in denen der Kreisarzt in einzelnen Orten zur Untersuchung des Viehs zur Verfügung steht, hat sich nicht be­währt. Die Einschleppung im Regierungs­bezirk Oppeln, sowie in Ost- und Westpreu­ßen ist nicht auf die Nachlässigkeit zurück- zufllhren, sondern auf die eigentümlichen Verhältnisse, die der Grenzverkehr mit sich bringt. Die großen Manöver haben glück­licherweise eine Verbreitung der Maul- und Klauenseuche nicht im Gefolge gehabt. (Bei­fall.) Abg. Neuner (natl.): Der Grenz­schutz muß unter allen Umständen im weite­sten Maße aufrechterhalten werden. Nur auf diese Weise lassen sich die großen Werte unseres Viehstandes schützen. Die Regierung hätte allen Anlaß, den vielfachen Anregun­gen des Reichstages Folge zu leisten. Direk­tor des Reichsgesundheitsamts Dr. Bumm:

Die Arbeiten des Reichsgesundheits­amtes, des Preußischen Instituts für Infek­tionskrankheiten und des Hygienischen Insti­tuts in Greifswald haben eine wesentliche Klärung für das Wesen der Maul- und Klauenseuche herbeigeführt. Allerdings ist der Erreger der Krankheit noch nicht gefun­den, aber daraus folgern zu wollen, daß unsere bisherigen Maßnahmen verfehlt seien, wäre unrichtig. Vor allem müssen die Absperrungsmaßregeln strengstens durch­geführt werden. Unrichtig ist, daß dem Professor Löffler in Greifswald ein Mono­pol für die Erforschung der Seuche einge­räumt worden ist. Die wissenschaftlichen Untersuchungen gehen hauptsächlich dahin, die Immunisierung zu fördern. Nach wei­teren Ausführungen der Abgg. Brandys (Pole) und Werner-Gießen (Wirtsch. Vgg.) wird Vertagung beschlossen.

Kiel 27. Okt. Als gestern abend gegen 10.30 Uhr der in den hiesigen Hafen einlau­fende kleine KreuzerMünchen" an eine Boje gehen sollte, verunglückten beim Aussetzen eines Bootes 1 Maat und 6 Ma­trosen, die sämtliche ertranken. Die im Hafen liegenden Kriegsschiffe haben die Flaggen auf Halbmast gesetzt.

Kopenhagen 26. Okt. Der unver­wüstlicheNordpolentdecker" Cook hat der dänischen Hauptstadt, der Stätte, von der aus sein Ruhm alsEntdecker des Nord­pols" einst in die Welt drang, eben wieder einen genußreichen Tag bereitet. Trotzdem die großen Blätter in Artikeln, in denen die Wörter Schwindler und Betrüger den Kern­punkt bildeten, erklärt hatten, daß die Kopenhagener Cook nicht hören wollten, waren diese doch in Hellen Haufen herbei­geströmt, um zu erfahren, was Cook Vor­bringen konnte. Der Vortrag fand im Konzertpalais statt, wobei der junge Graf Holstein-Ledreborg den Vorsitz führte. Die Wissenschaft, der Look vor zwei Jahren so übel mitgespielt hatte, blieb dem Vortrag natürlich fern. Bei seinem Erscheinen auf der Rednertribüne wurde Cook vor dem Publikum, das sich reichlich mit Radauinstru­menten versehen hatte, mit einem höllischen Spektakel empfangen, der sich zeitweise wie­derholte, namentlich, als Cook das Lichtbild zeigte, worin er amNordpol" die ameri­kanische Flagge hißte. Neues hat Cook nicht zu sagen. Zu seiner Rechtfertigung führte er an, er räume ein, daß das Material, das er s. Zt. nach Kopenhagen gesandt habe, nicht vollständig gewesen sei (!), und die Universität habe Recht gehabt, als sie er­klärte, die gesandten Aufzeichnungen seien kein Beweis dafür, daß er am Nordpol ge­wesen sei. Einen entscheidenden Beweis zu führen, sei jedoch unmöglich, ebenso wie dies Nansen und Stanley nicht möglich ge­wesen wäre. Er bitte nicht um Ehren­bezeugungen, sondern nur zu glauben, daß er ehrlich gewesen sei. Das Publikum war gegen den Schluß des Vortrags so milde ge­stimmt, daß es ab und zu etliche der ärgsten Ruhestörer hinauswarf und Cook stür­mischen Beifall spendete. Dagegen empfing ihn die Menschenmenge, die vor seinem Hotel Aufstellung genommen hatte, mit Rufen wieBetrüger" und warf ihm Eier, Aepfel und sonstige Nahrungsmittel an den Kopf. Immerhin war die ganze Sache ver­hältnismäßig glimpflich verlaufen, und der Nordpolentdecker" äußerte später befrie­digt, es sei einsehr angenehmer Abend" gewesen. Doch werde er vorläufig nicht wieder nach Kopenhagen kommen.

New-Pork 27. Okt. Gegen Son­nenuntergang am letzten Dienstag bei einem Wind, der mit einer Geschwindigkeit von 65 Kilometern über die Sanddünen von Nord-Karolina dahinwehte, vollfllhrte O r - ville Wright mit seiner neuen Flug­maschine einen bemerkenswerten Gleitflug, der alle vorher aufgestellten Rekorde schlug.