des Vorschußvereins seit 15 Jahren verübt wurden. Soweit verlautet, haben die Unterschlagungen eine Höhe von 190000 Mk. erreicht. Gottfried Blanck wurde verhaftet und das Vermögen der Blanck'schen Familie mit Beschlag belegt.

* Berlin, 18. Dez. Nach der „Frkf. Ztg." hat der Kaiser auf dem gestrigen Diner beim Fürsten Hohenlohe in einem Gespräch über den Hafenarbeiter- ausstand in Hamburg seiner Genugthuung darüber Aus­druck gegeben, daß die Arbeitgeber so kräftigen und erfolgreichen Widerstand gegen unberechtigte Forde­rungen geleistet hätten, und sich über die Errichtung einer Koalition aller Arbeitgeber ausgesprochen. Eine solche Koalition würde einen Damm gegenVerführung und Ver­hetzung bilden und der Arbeiterwelt selbstzugutc kommen.

T Die d e u t s ch e Regierung hat vom Sultan von Marokko, unter Vorbehalt weiterer Ansprüche, die sofortige Ermittelung und Enthauptung der Mörder des deutschen Kaufmanns Häßner gefordert.

D Der Hamb. Korr.' meldet, daß in den ersten Monaten des Jahres 1897 im Reichstag ein Nach­tragsetat erscheinen wird, der Vorschläge wegen des Baues einer Eisenbahn in Südwestafrika enthalten wird. Die ,Post' ist indessen der Ansicht, daß diese Nach­richt nur ungerechtfertigte Hoffnungen erwecke. Es könne sich um eine Forderung von Mitteln handeln, mit denen die Vorarbeiten für eine etwaige Beteiligung des Reichs gemacht werden sollen.

D Die Naturalisierung von Ausländern soll einem Telegramm des ,Leipz. Tagebl.' zufolge in Zukunft vom Nachweis der Kenntnis der deutschen Sprache abhängig gemacht werden.

* Die Bierprodukion in Deutschland hat im abgelaufenen Etatsjahr eine außerordentliche Höhe er­reicht. Es wurden rund 60 700 000 bl erzeugt gegen 55 370000 bl im Vorjahr. Die Einfuhr betrug 547 000 lil, die Ausfuhr 647 000 bl, fo daß sich der inländische Verbrauch auf rund 60 600000 bl oder pro Kopf auf 116 Liter berechnet. Der Höchstverbrauch pro Kopf, der in den Vorjahren erreicht wurde, be­ziffert sich nur auf 108^2 Liter. An Biersteuer ein­schließlich Zoll- und Uebergangssteuer wurden insge­samt 87 041500 Mk., oder pro Kopf 1,67 Mk. ver­einnahmt, wovon auf das Brausteuergebiet 34633400 Mk. (0,85 Mk.), auf Bayern 33 794300 Mk. (5,85 Mk.), auf Württemberg 9179 900 Mk. (4,41 Mk.), auf Baden 6 240000 Mk. (3,63 Mk.) und auf Elsaß- Lothringen 3 193 300 Mk. (1,95 Mk.) entfallen. Die eingeführten 547 000 bl sind bis jetzt auf etwa 20000 bl österreichischen Ursprungs, wobei es sich also vor­zugsweise um das sog. Pilsener Bier handeln würde. Da die gesamte Bierausfuhr Oesterreichs im letzten Jahr 571000 bl betrug, so ist ersichtlich, m welchem Grade die österreichische Ausfuhr auf den Absatz in Deutschland sich gründet.

^ Frankfurt a. M., 19. Dez. Wie die Frkf. Ztg. meldet, fand in einem der österr.-ungarischen Eisenbahndomäne gehörigen Kohlenbergwerk zu Resicza (Ungarn) infolge schlagender Wetter ein Grubenbraud statt. Von den dort beschäftigten 260 Arbeitern sind 43 tot, 29 schwer verletzt; 15 werden noch vermißt. Der materielle Schaden ist kolossal.

^V Hamburg, 19. Dezember. In 5 Versamm­lungen stimmten heute 7265 Arbeiter für und 3671 gegen Fortsetzung des Streiks. In 1. Linie stimmten die Ewerführer und Quaiarbeiter für Wiederaufnahme der Arbeit, die Schauerleute beschloßen den Streik fortzusetzen. Hervorgehoben wurde, daß namentlich die letzteren anläßlich ähnlicher Zustände 1890 den Ewerführern die Arbeit Wegnahmen.

* Hannover. „Jeder Deutsche, der kein Anti­semit ist, übt Verrat am Vaterlande, bewußt oder unbewußt", einen mit dieser Devise vorgedruckten Briefbogen benutzte der Apotheker Oehlmann in Wülfel (Hannover) zu einem Berichte, den er dem dortigen Amtsgerichte einzureichen hatte. Oehlmann wurde deshalb unter Anklage gestellt und vom Schöffengericht wegen ungebührlicher Aeußerungen vor Gericht zu emer Geldstrafe von 5 Mark verurteilt.

Ausländische«.

* Die italienische Deputiertenkammer beriet den Gesetzentwurf, der eine Million Apanage für den Kronprinzen verlangt. — Jmbriani beantragt, die Zivilliste um eine Million zu kürzen. Costa (Soz.) bekämpft die Vorlage und wünscht Abschaffung der Zivilliste, da die Monarchie unnütz und schädlich sei, (Große Unruhe.) Costa erhält einen Ordnungsruf und wird vom Präsidenten am Weiterreden verhindert. Ministerpräsident di Rudini gibt seiner Entrüstung über diese Worte Ausdruck und verlangt eine Aenderung des Kammerreglements. Der Ministerpräsident wider­spricht den Oppositionsrednern und betont, das Haus Savoyen wurzle in der Liebe des Volkes und brauche nicht zur eigenen Verteidigung die Waffen zu ergreifen. Die Kammer nimmt schließlich einen Antrag an, der den Präsidenten beauftragt, dem König die Dankbarkeit und Ergebenheit des Hauses auszudrücken, genehmigt ferner den beantragten Artikel auf Abänderung des Kammerreglements und bewilligte eine Million als Apanage für den Kronprinzen. Gegenüber dem An­trag Jmbriani stellt der Ministerpräsident eine Vor­frage, die mit 263 gegen 26 Stimmen zur Annahme gelangt. Sodann wird die ganze Vorlage angenommen.

* Mailand, 18. Dezember. Das Blatt „Sera" meldet, daß die Gattin eines sizilianischen Prinzen, Tochter eines hochgestellten Staatsmannes, mit ihrem Kutscher geflohen ist.

* Paris, 19. Dezbr. Die sozialistischen Depu­tierten werden einen Resolutionsantrag einbringen, worin die Regierung aufgefordert wird, im Einver­ständnis mit Rußland die Abrüstungsfrage in Angriff zu nehmen.

* Paris, 19. Dez. In Börsenkreisen geht das Gerücht, der Finanzminister beabsichtige eine Anleihe von einer Milliarde zu 2^2 pCt. Rente.

* Paris, 19. Dez. Gegen den in Amiens wegen Spionage verhafteten Exhauptmann Guillot war 1886 Untersuchung wegen Spionage eingeleitet. Guillot floh ins Ausland; kürzlich ist er in dem Glauben, die Sache fei verjährt, zurückgekehrt und hat sogar das Kriegsministerium um Auszahlung seines 10jährigen Ruhegehaltes ersucht.

D Die Stadt Paris zählt 225 880 schulpflichtige Kinder, von denen nur 131 852 die städtischen Schulen besuchen. 65 000 empfangen den Unterricht in Kongre- ganisten - Anstalten, 7000 in ihren Familien und 2327 sind eingeschrieben, haben aber aus Mangel an Platz nicht ausgenommen werden können. Gar nicht eingeschrieben, ganz außerhalb des Primarunterrichts stehend, sind 21871 Kinder, deren Eltern die Aus­rede haben, es würde ja doch nichts nützen, wenn sie sich anmeldeten; man wisse überall, daß Raummangel herrsche. °

* London, 19. Dez. Die Times meldet aus New-Iork, die Gouverneure verschiedener Staaten hätten an die New-Iorker Morgenblätter telegraphiert und ihre Bereitwilligkeit ausgesprochen, Cuba anzu­erkennen und Freiwillige aufzubieten zum Kampfe gegen Spanien. Dies Zeichen von herrschender Er­

regung mache sich besonders im Westen geltend. — Der Standart erfährt aus New-Aork, der deutsche Dampfer Remus lade für Rechnung der indischen Regierung Mais für Indien. Es sei dies die erste Ladung Mais, welche von Amerika nach Indien gehe.

* Petersburg, 18. Dez. Trotz aller Ableug­nungen dürfte sich schließlich die Meldung, daß Ruß­land einen Küstenstrich am Roten Meere zur Anlegung eines Hafens erworben habe, doch bewahrheiten. Es wird sogar behauptet, daß schon ein russisches Kriegs­schiff unterwegs sei, um das Land in Besitz zu nehmen.

* Man meldet aus Bombay: Bis jetzt sind 1511 Erkrankungen an der Pest und 1094 Todesfälle be­kannt geworden. Die Bevölkerung sträubt sich da­gegen, den Behörden Meldung zu machen. Die Ein­geborenen ziehen noch immer aus der Stadt. 200 000 Personen sollen dieselbe bereits verlassen haben.

Neueste Nachrichten

^v Ebingen, 21. Dez. Gestern früh fand man beim 1. Bahnwartshause an der Linie Straßberg hier­her den verstümmelten Leichnam eines 20 Jahre alten Mannes Salzmann von Winterlingen. Derselbe wurde von dem Abendzug um 8 Uhr überfahren; ob er frei- willig den Tod gesucht, ist nicht ermittelt; geistesge­stört war er.

^ Berlin, 21. Dez. Dem österr. Lloyd zufolge waren während des Grubenunglücks in Resicza (Ungarn) 114 Arbeiter beschäftigt. Bisher wurden 36 Tote und 27 Verwundete geborgen; die Uebrigen werden vermißt.

IV Stettin, 21. Dez. Der Kandidat der Theologie Wallis in Hohenfelde verletzte anläßlich eines Streites seinen Vater durch einen Revolverschuß tötlich. Der Thäter ist verhaftet.

IV Madrid, 21. Dez. Ein offizielles Telegramm des Generals Polaveyas dementiert das Gerücht, wonach zahlreiche spanische Soldaten auf Cuba desertiert seien oder sich gegen ihre Vorgesetzten empört hätten.

A7 Madrid, 21. Dez. Die Rebellenbanden unter Führung des Castillo, Sancherz und Rodriguez sind aus ihren Lagern bei Louisa Delicias in der Provinz Havanna vertrieben worden und werden Schritt für Schritt von den spanischen Truppen verfolgt.

UV Barcelona, 21. Dezbr. Acht Anarchisten wurden vom hiesigen Militärgericht wegen Teilnahme an dem vergangenen Juni verübten Dynamitattentate zum Tode verurteilt.

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