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1896.
D „Pariser Zarenbesuch und kein Ende!"
könnte man jetzt ousrufen, wenn man eine große Tageszeitung zur Hand nimmt und mit Staunen bemerkt, daß die deutsche Berichterstattung diesem Besuch die höchste, bis in das kleinste und kleinlichste gehende Aufmerksamkeit zuwendet. Daß die Franzosen, eine lebhafte und mit dem äußeren Tand zugewandte Nation, ihrem hohen Gaste und Verbündeten ganz andere Ovationen darbringen würden, als die Fürsten und Völker, die der Zar bisher besuchte, war von vornherein klar und der Abstand zwischen dem englischen und dem französischen Aufenthalt des Zarenpaares springt jedem deutlich in die Augen. Aber nichts wäre verkehrter, als wenn man daraus weitgehende politische Schlüsse ziehen wollte.
Wenn man den französischen Blättern Glauben zu schenken hat, so ist der vergangene Dienstag der denkwürdigste Tag im ablaufenden Jahrhundert, der folgenschwerste für das kommende Jahrhundert gewesen. In der übrigen Welt, selbst in Rußland betrachtet man die Dinge nüchterner und sieht in der Anwesenheit des Kaisers Nikolaus in Paris vor allem die Bestätigung des glücklichen Umstandes, daß ein solcher Besuch jetzt stattfinden kann, ohne die Ruhe Europas in Frage zu stellen, daß er somit geeignet erscheint, der durchweg friedlichen Lage ein Siegel bei-
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LandeSnachrichten.
* Altensteig. 10. Oktober. Ihre Majestät die Königin Charlotte von Württemberg feiert beute Samstag ihr 32. Geburtssest. Aus diesem Anlaß sah sich Ihre Majestät veranlaßt, außerordentliche Spenden für Zwecke der Wohlthätigkeit wobei insbesondere die Notstände auf dem Lande Berücksichtigung fanden, zu geben. So erhielt der neubegründete Notstandsfond der Zentralleitung des Wohlthätigkeitsvereins die Summe von 1000 Mk.; der Verein zur Hilfe in außerordentlichen NotstandsfSllen auf dem Lande die Summe von 500 Mk. Außerdem wurden die durch das Brandunglück in Haiterbach betroffenen Familien, die Nationalindustrieanstalt (zur Verwertung von Handarbeiten unbemittelter weiblicher Personen) und der Freischülerinnenfond der Arbeitsschule des Schwäbischen Frauenvereins mit reichen Gaben bedacht. Durch diese milden Spenden giebt unsere erhabene Landesmutter ein erneutes Zeugnis von ihrem Wohlthätigkeitssinn, von der Liebe zu all' ihren Unterthanen, welche besonders die Armen und Notleidenden fühlen dürfen. An dem heutigen Geburtstage der Königin, der geliebten Landesmutter, ist unser aufrichtiger Wunsch, es möge ihr ein langes, segensreiches Wirken beschieden sein.
* Altensteig, 10. Okt. Wie wir von zuverlässiger Seite erfahren ist hier beabsichtigt zu Gunsten der Haiterbacher Abgebrannten eine Lotterie zu Veranstalter.
-u Be rneck. 9. Okt. Die Korrektion der Zufahrtsstraße mit der neuen Brücke über den Köllbach ist nun beendet und der Weg dem Verkehr übergeben. Die Herstellung der Brücke und Ausbesserung der Vicinalstraße erforderte einen Kostenaufwand von rund 6000 Mk.
^ Aus dem Calwer Bez irk, 10. Okt. Die Erbauung der neuen Straße von Station Teinach nach Neubulach, welche dem Bauunternehmer Kaupp in Haiterbach übertragen ist (der auch die Straße Teinach-Röthenbach erbaute), ist bereits in Angriff genommen und bei der schönen Witterung, welche zur Zeit herrscht können die Arbeiten sehr gefördert werden. Neubulach erhält nicht nur eine nähere, sondern auch eine recht beqmüne Zufahrtsstraße zur Station Teinach, die Steige erhält im Maximum 6 bis ?o/g Steigung. Altbulach wird zu der Straße einen besonderen Zusahrts- weg erstellen kaffen, da entgegen der früheren Annahme, die neue Straße nicht direkt in den Ort führt, was vielfach bedauert wird. — In Calw wurde letzter Tage einem Schlaffer das zum Aufmachen der Schlösser
bestimmte Sperrzeug gestohlen. Darüber herrscht vielfache Besorgnis in der Stadt.
* Tübingen, 9. Oktbr. (Schwurgericht.) Der Milchhändler Gottlieb Bischer von Conweiler, OA. Neuenbürg, der verheiratet und Vater von 10 Kindern ist, wurde wegen Verbrechen im Sinn des 8 176 Z. 1 des St.-G.-B. zu 1 Jahr und 1 Monat Zuchthaus und 5 Jahr Ehrenverlust verurteilt.
* Reutlingen, 9. Oktober. Auf einem Rübenacker unterhalb der Eiffertshöhe wurde gestern nachmittag die Leiche eines ermordeten Mädchens aufgefunden. Der Thäter ist ein 19jähriger Fabrikarbeiter, welcher das Mädchen, welches sich in anderen Umständen befand, mit einem Schuß vorsätzlich niederstreckte. Innerhalb eines halben Jahres ist dies der dritte schreckliche Fall solcher Art, der hier in Reutlingen vorgekommen ist.
IV Ulm, 9. Okt. Gestern Nachmittag fand in der Reperaturwerkstätte der Schleicher'schen Fahrrad- und Nähmaschinenhandlung eine Benzinexplosion statt, wobei ein Arbeiter, der mit einer Löthlampe arbeitete, durch Brandwunden schwer verletzt wurde. Die Fensterscheiben der Werkstätte wurden zertrümmert und auch sonst richtete die Explosion ziemlichen Schaden an.
* Aus Ulm schreibt man der „Neck.-Ztg.": Zur Warnung für auswanderungslustige Mädchen möge folgender Fall dienen. Vor einigen Tagen bekam eine Reisende auf dem hiesigen Bahnhof einen Anfall von Geistesstörung, infolgedessen sie ins Krankenhaus verbracht wurde. Wie sich nun herausstellt, kam die Kranke in Begleitung ihrer Mutter von Amerika zurück, wohin sie seinerzeit im Glauben, eine gute Stelle zu bekommen, gegangen war, wo sie aber in ein verrufenes Haus gesteckt wurde. Es gelang ihr jedoch, dem Besitzer zu entfliehen, allein durch ihr von demselben aus Rache beigebrachtes Gift wurde sie schwer krank. Der Thäter wurde verhaftet und hat sich im Gefängnis den Hals abgeschnitten. Körperlich und geistig ruiniert brachte die Mutter das Mädchen in die Heimat zurück.
* Karlsruhe, 9. Okt. Die „Bad. Landesztg." will aus bester Quelle wissen, daß der württ. Justizminister von Faber in allernächster Zeit sich in den Ruhestand zurückziehen werde. Als sein Nachfolger wird in erster Linie Staatsrat v. Breitling bezeichnet.
2 Die Aufbesserung der Beamtenbesoldungen erfordert nach einer Mitteilung, welche die Münch. Allg. Ztg.' aus Berlin erhält, den Betrag von 27 Millionen Mk. (Darin ist wohl der Gesamtbedarf für das Reich und Preußen begriffen.)
Ausländisches.
* Tours, 7. Okt. General Trochu ist gestorben. Zu Anfang des Krieges 1870 erhielt er das Kommando der 12. Territorialdivision zu Toulouse und ward dann zum Befehlshaber der Landungsarmee an der deutschen Küste ausersehen. Da diese Landrmg unterblieb, ernannte ihn der Kaiser am 17. August zum Gouverneur von Paris. Allein Trochus Popularität nützte dem sinkenden Kaiserreiche nichts mehr. Als dasselbe am 4. September zusammenbrach, trat Trochu an die Spitze der Bewegung und ließ sich zum Präsidenten der Regierung der nationalen Verteidigung ernennen. Er blieb zugleich Gencralgouverneur von Paris und Oberbefehlshaber sämtlicher Streitkräfte in der Hauptstadt. Während der Belagerung entfaltete er eine großartige und erfolgreiche Thätigkeit in der Organisation der Verteidigungsarmee. Er beabsichtigte, nach Rouen, nach Nordwesten, durchzuzubrechen, doch kam dieser Plan nicht zur Ausführung, weil sich Trochu nicht mit der Regierung in Tours verständigen konnte. Uebrigcns hatte er kein Vertrauen auf Erfolg und hielt die Verteidigung von Paris für eine „noble Tollheit." Als die Kapitulation unvermeidlich war, legte er am 22. Januar 1871 sein Amt nieder. Er blieb Präsident der Regierung bis zum Zusammentritte der Nationalversammlung. Er sprach später als Mit
glied der Nationalversammlung noch wiederholt für die Armeereformfrage. 1872 zog er sich ins Privatleben zurück.
* Paris, 7. Okt. Die Blätter berichten, der Empfang in Paris habe auf das russische Kaiserpaar einen tiefen Eindruck gemacht; besonders die Kaiserin habe sich begeistert und voll Entzücken geäußert. Der Zar äußerte gegenüber dem Präsidenten und mehreren der ihm vorgestellten politischen Persönlichkeiten wiederholt, er werde diesen Tag niemals vergessen. Der „Siöcle" hebt hervor, daß beide Trinksprüche im Elysee die Worte enthielten: „Die Bande, welche uns vereinen". Dieser Austausch einer gewiß vorher studierten Wendung sei ein Beweis dafür, daß zwischen beiden Regierungen mehr bestehe, als nur natürlicke Sympathien und selbst eine unbestimmt definierte Entente.
* Paris, 8. Okt. Der „Soleil" fragt, warum man auf alle Ehrenpforten das Wort „Uax" (Friede) eingeschrieben habe? Wozu diese Lüge, der das in Waffen starrende Europa ein eklatantes Dementi gebe? Dann fährt das Blatt fort: „Wir dürfen hoffen, daß die Feier der französisch-russischen Hochzeit für uns einen neuen Ausgangspunkt bildet. Soviel Komplimente müssen doch ein anderes Resultat haben, als uns gegen ein zweites Unglück zu schützen und unser erstes Unglück zu bestätigen."
* Versailles, 9. Okt. Von der Fahrt durch den Park zurückgekehrt, verließen die russischen Majestäten den Wagen. Präsident Faure bot der Kaiserin den Arm. Der Zug stieg die Königintreppe empor, oben von Madame Faure und Fräulein Faure erwartet, welche sich anschlossen. Der Zug durchschritt die einzelnen Gemächer. Die Majestäten verweilten länger in den Zimmern Ludwigs XIV. Sie erschienen darauf in der Spiegelgallerie und betraten den Balkon des Zentralpavillons. Auf der Terrasse hatten sich 15 OM Zuschauer eingefunden und brachten Ovationen dar. Die Majestäten sprachen sich über die Wasserkünste entzückt aus. Als es zu dunkeln anfing, wurde das Schloß und die öffentlichen Gebäude, sowie die Privathäuser beleuchtet. In den nach dem Schloß führenden Avenuen waren die Bäume mit venetianischen Laternen und Girandolen bedeckt. Auf den Plätzen wurde inusiziert und gesungen. Die Menschenmassen machten ein VorwärtLkommen unmöglich. Im Schlosse wurde den Majestäten eine goldene Gedenktafel des Instituts überreicht. Das von Präsident Faure gegebene Diner fand um 7 Uhr abends in der Gallerte des Batailles statt. IM Personen nahmen an einer Tafel daran Teil. Der Kaiser und Präsident Faure saßen sich gegenüber, zur Rechten des Kaisers Madame Faure, zur Rechten Faure's die Kaiserin. Es wohnten die Minister und Präsidenten beider Kammern, Baron v. Mohrenheim, Schischkin und Montebello bei. Bei der Ankunft des Wagenzuges vor dem Schlosse gingen beide Pferde des Finanzministers durch und warfen etwa 20 Personen um. Sechs davon sind verwundet, darunter 3 schwer.
* Versailles, 9. Okt. Um 10 Uhr abends fand ein Konzert zu Ehren der russischen Majestäten statt. Der Kaiser führte Madame Faure, der Präsident die Kaiserin. Unter den Künstlern befanden sich Sarah Bernhardt, Delanuey, Coqueliu, der Sänger Delmas und die Sängerin Delma. Die Tänzerinnen der Oper führten alte Tänze aus. Um 114/, Uhr begaben sich die Majestäten unter den Ovationen der Bevölkerung durch die glänzend erleuchteten Straßen nach dem Bahnhof und reisten um 11 Uhr 35 Min. ab. Faure reiste um 11 Uhr 45 Min. ab.
* Chalons, 9. Okt. Die amtlichen Ziffern der zur Schau befohlenen Truppen betragen 3090 Offiziere, 66,756 Mann, 18,679 Pferde und 1060 Geschütze und Fahrzeuge. Uin 10 Uhr 15 Minuten verkündete ein Kanonenschuß die Ankunft des Kaisers im Hauptquartier^
Lriamwonllcher Nedakteur: W. Nieter, Alten steig.