Gesetze über die Sonntagsfeier besprochen wurden. In der Debatte wurden allerlei Erfahrungen mitgeteilt, die mit diesen Sonntagsgesetzen bisher gemacht worden sind.
* Freuden stadt, 28. Septbr. Gestern nachmittag fand das zweite Missionsfest des Bezirks statt und zwar in Ober-Jflingen, wohin aus den umliegenden Ortschaften viele Zuhörer sich einfanden, so daß die für eine Dorfgemeinde recht geräumige Kirche dicht gefüllt war. Den Anfang machte Pfarrer Völker von Loßburg mit Gebet und kurzer Ansprache. Hierauf redeten Missionar Härtter, der in Westafrika tTogo- land), und Missionar Schaible, der in Indien arbeitete. Nachher fand noch eine sehr zahlreich besuchte gesellige Vereinigung in einem Wirtshaus statt, in welcher die beiden Missionare noch weitere Mitteilungen machten über Land und Leute, Sitten, Gebräuche, Mißbräuche, traurige und erfreuliche Erfahrungen aus ihrer Missionsarbeit.
* Freudenstadt, 26. Sept. In Oberiflingen brannte vorgestern vormittag das Wohnhaus des Bauers Johs. Maier bis auf den Grund nieder. Schon im Laufe der polizeilichen Untersuchung hat die Ehefrau des Abgebrannten einbekannt, daß sie die Garben in der Scheuer angezündet habe. Da die Frau aber seit längerer Zeit geisteskrank ist — sie war dieserhalb in der Jrrenklinik in Tübingen, von wo sie erst vor Kurzem zurückkehrte — ist ihr die That nicht zur Schuld anzurechnen.
* Stuttgart, 26. Sept. (Die Verwaltung der Rechtspflege im Jahre 1895 in Württemberg.) Aus dem Bericht des Justizministers an Se. Mas. den König ist zu entnehmen, daß am 31. Dezember 1895 bei den württemb. Gerichten 194 Rechtsanwälte zugelassen waren, genau dieselbe Zahl wie im Jahre zuvor. Auf Grund der erweiterten Simultanzulassungen sind im ganzen 24 Amtsgerichtsanwälte auch zu gleichzeitiger Ausübung der Praxis bei dem betr. Landgericht zugelassen worden. Für den Justizetat sind 1895 4 232 829 Mk. ausgegeben worden. Die Soll-Einnahmen betrugen im ganzen 2 885 311 Mk., darunter an Sporteln 962 076 Mk., an Gerichtskosten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und im Konkursverfahren 572 384 Mk., an Gerichtskosten in Strafsachen 830170 Mk., an Geldstrafen u. s. w. 497 031 Mk. Davon sind eiugegangen oder den Finanzbehörden zum Einzug überwiesen 2 533 797 Mk., der Rest, etwa 350 000 Mk., hauptsächlich Gerichtskosten in Strafsachen, ist uneinbringlich. Schuldklagsachen waren bei den Vorständen der Gemeindegerichte anhängig 47 686 gegen 48 168 im Vorjahre, bürgerliche Rechtsstreitigkeiten 6911 gegen 7287. Konkursverfahren sind 1895 343 „eröffnet" worden gegen 357 im Jahre 1894. Mahnsachen waren bei den Amtsgerichten anhängig 75 809 und Zahlungsbefehle wurden 75 781 erteilt. Hierbei ist gegen 1894 eine Zunahme von je etwa 2000 Fällen zu verzeichnen. Bei den 14 Gewerbe- gerichteu des Landes waren 1867 Rechtsstreitigkeiten angefalleu, die bis auf 54 erledigt wurden. Von den Landgerichten wurden 167 Ehescheidungen ausgesprochen. Die Schwurgerichte verurteilten 1895 211 Personen (73,26" <>) und sprachen 77 (26,74"/g) frei, die Strafkammern (erste Instanz) verurteilten 3098 Personen (88,49"/o) und sprachen 403 (11,51"/v) frei. Von
den 1895 gefällten 5 Todesurteilen wurden 2, an dem Dienststiecht Mauth und dem Taglöhner Vöster, vollzogen. — Was die Verwaltung der nicht streitigen Gerichtsbarkeit anbelangt, so waren bei den Gerichtsund Amts-Notariaten 1895 46 968 Inventuren und Teilungen anhängig, von denen 45316 erledigt wurden. 1894 waren etwa 2 500 Fälle mehr anhängig. Vormundschaftsrechnungen waren 20 755 (20 826) anhängig. Die Ausgaben für das Notariatsinstitut betrugen 1894—95, abgesehen von den Pensionen und Gratialen der Notare 571353 Mk., darunter Besoldungen 355 532 Mk., Kanzlei- und Reisekostenaverse 187 932 Mk. Die von den Notariaten angesetzten Notariatssporteln erreichten die Höhe von 856 597 Mk.
* Stuttgart, 27. Septbr. Zur Beachtung für Rekruten. Die zur Ableistung ihrer Militärdienstpflicht einrückenden Rekruten werden gut thun, ihre Quittungskarten über die bezahlten Beiträge zur Alters- und Jnvaliditätsversicherung sorgfältig aufzubewahren, da felbige nach der Entlassung bei Wiedereintritt in versicherungspflichtige Beschäftigungen abzugeben sind. Die Militärdienstzeit wird den Versicherten so angerechnet, als hätten sie während dieser Zeit ihre Beiträge bezahlt.
* Stuttgart, 28. Sept. Norddeutsche Blätter melden die Verlobung der Prinzessin Pauline, einziger Tochter des Königs von Württemberg (geb. 19. Dez. 1877) mit Prinz Christian von Dänemark (geboren 20. Sept. 1870) ältestem Sohne des dänischen Kronprinzen. In den hiesigen Hofkreisen ist jedoch nichts davon bekannt. Bereits vor einigen Monaten tauchte dieses Gerücht auf.
* Stuttgart, 28. Septbr. Obgleich die Endabrechnung der Ausstellung vor März kaum zu erwarten ist, so kann doch schon jetzt konstatiert werden, daß der Ueberschuß ein sehr großer ist und mit 150000 Mk. nicht zu hoch gegriffen sein dürfte.
* Leonberg, 28. Sept. Der ledige 26jährige Bauernsohn Chr. Arzt von Mönsheim, welcher im Verdacht stand, im vorigen Jahre den großen Brand in unserer Stadt in verbrecherischer Weise verursacht zu haben, wurde nun zum zweitenmal verhaftet und diesmal nach Stuttgart eingeliefert. Arzt, der schon nach dem Brand in Haft genommen, aber wieder entlassen wurde, ist bald darauf nach Amerika ansgewandert, aber kurz vor Ausbruch des letzten, fünften Brandes innerhalb eines Jahres ist er im Juli d. I. wieder heimgekehrt. Verdächtige Reden, die er da und dort fallen ließ, veranlaßten seine zweite Verhaftung.
* Schwenningen, 28. Sept. In hiesiger Gemeinde wird seit 1. April 1890 für jeden steuerbaren Hund ein örtlicher Zuschlag zur Hundeabgabe erhoben, welcher der Ortsarmenkaffe alljährlich im Durchschnitt etwas mehr als 500 Mk. einbringt. Trotz der immerhin nicht unbeträchtlichen Belastung nimmt aber die Zahl der Hunde (gegenwärtig etwa 130) von Jahr zu Jahr bedeutend zu und es kommt nicht selten vor, daß das Publikum durch die zum Teil recht unnützen Kläffer belästigt wird. Die bürgerlichen Kollegien haben daher letzten Samstag nicht allein die Forterhebung eines örtlichen Zuschlags zur Hundeabgabe auf die nächsten siebenBerwaltungsjahre, sondern gleichzeitig auch eine Erhöhung desselben um 2 Mk. beschlossen.
so daß künftig einschließlich der staatlichen Abgabe von 8 Mk. insgesamt jährlich 16 Mk. für die Hunde zu zahlen sind. Ausnahmen für einen Teil der Hundebesitzer (Müller, Ziegler u. s. w.) werden nicht zugelassen.
* Die Eröffnung des Betriebs der neuerbauten Lokalbahn Schussenried-Buchau wird am 13. Oktober stattfinden. Tags vorher wird die Besichtigungsfahrt vorgenommen.
* (Verschiedenes.) In Mainhardt war eine Frau auf dem oberen Boden einer Scheuer beschäftigt. Plötzlich that sie einen Fehltritt und stürzte, ein Brett durchschlagend, in die Tiefe. Nach einigen Stunden ist die Frau gestorben. — Im Liemersbacher Wald bei Sulzbach a. N. verunglückte Holzhauer Bauer dadurch, daß er unter einen Stamm geriet und erdrückt wurde. — Am Freitag nachmittag schoß sich der ledige 26jährige Weinbergschütze Eiffele von Hessigheim durch ungeschickte Handhabung mit einer Pistole in das Armgelenk des linken Ellenbogens, wodurch ihm das Gelenk und die Hauptader vollständig zerrissen wurden. Eifele erlitt dadurch einen schweren Blutverlust; sein Zustand ist höchst bedenklich. — In Bietigheim hatte Forstwart Settele das seltene Glück, einen stattlichen Flußadler zu erlegen. Das stattliche Tier hat über 1*2 m Flugweite. — In Welzheim hatte der Jagdpächter Christian Bauer das Unglück, seinen Jagdteilhaber, Rößleswirt Köngeter von Breitenfirst, lebensgefährlich anzuschießen. Der unglückliche Schütze wurde alsbald in Haft genommen. — In den letzten Tagen wurde das Haus des Steinhauers Müller in Birkenfeld abgebrochen, wobei ein menschliches Skelett und eine Lanze zum Vorschein kam. — Am Sonntag abend hat der Bildhauer Andr. Müller von Uuterth alheim auf der Straße zwischen Dotternhausen und Dormettingen dem ledigen 24 Jahre alten Schuhmacher Leo Berner von Dormettingen mittels eines Revolvers zwei Kugeln in die Brust geschossen. Berner ist schwer verletzt; der Thäter ist verhaftet. Er giebt an, aus Notwehr geschossen zu haben. — Am letzten Freitag ist dem C. Nonnemann aus San Francisko, der in Lauffen a. N. auf Besuch weilt, auf der Eisenbahnfahrt nach Ludwigsburg seine Brieftasche mit 500 Mk. in bar und einem Kreditschein auf 20000 Mk. abhanden gekommen. Bis jetzt hat sich noch kein Finder gemeldet.
* Karlsruhe, 28. Sept. Aus verschiedenen Teilen des Landes melden die heutigen Blätter Hochwasser. Der „Landesztg." wird aus Kehl berichtet, daß die Kinzig seit Samstag vormittag in raschem Steigen begriffen ist und einen Teil der anliegenden Wiesen überschwemmt hat. Der Pegel zeigte gestern abend 2,74 Meter. Der Rhein hatte gestern abend 8*/- Uhr einen Pegelstand von 4,67 Meter. Die „Bad. Presse" meldet aus Waldkirch, daß die Elz aus ihrem Bett getreten ist und bei anhaltendem Regen das schlimmste befürchten läßt. Aus dem Wiesenthal treffen schlimme Meldungen ein. So hat die Wiese bei Zell das Notwasserwehr und einen Verbindungssteg weggerissen. Auch die Dreisam in Freiburg ist ausgetreten; doch ist der Schaden bis jetzt ein geringer.^ Als Ursache des Hochwassers bezeichnet man Schneefall auf den Höhen und eingetretenen Regen.
W _L-f-srucht. K
In jeder Kunst steckt ein ehrliches Handwerk. Wird es verleugnet, tritt es gerade spottend hervor, wird es gepflegt und anerkannt, tritt es bescheiden zurück.
Die fetLfcrrne KeivcrL.
(Fortsetzung.)
„Wann soll unsere Hochzeit sein, Sylvia?" fragte er eifrig. „Du sagtest bald."
„Wann Du willst, Arthur. Du hast meine Launen so geduldig getragen, daß ich es zur Belohnung Dir überlasse, die Zeit zu bestimmen."
Der Herzog war entzückt.
Etwas so Entgegenkommendes hatte er sich von seiner bis jetzt so stolzen Geliebten nicht träumen lassen.
„Kann sie in vier Wochen sein? Oder ist das zu früh?"
„Also in vier Wochen," lächelte Mylady.
Hätte er gesagt morgen — oder heute, so wäre ihr das noch lieber gewesen.
Als er sie in die Arme schloß und ihr berückend schönes Gesicht mit Küssen bedeckte, fragte sie sich selbst in diesem Augenblicke fast wild, ob es ihr wirklich gelingen würde, seine Gattin zu werden. Würde ihr Feind still sein und es erlauben? Konnte sie ihn in irgend einer Weise überlisten?
Oder, wenn das nicht möglich war, war sie im Stande, ihren Anbeter so zu bezaubern, daß sie ihn festhalten konnte trotz Allem, was Sever sagen konnte?
Derrick Duvar machte sich, vollkommen unbewußt, welchen schrecklichen Streich man auf Danger Cliff gespielt, und in Folge dessen vergnügtester Laune auf den Heimweg nach Schloß Dare.
„Es ist augenscheinlich," dachte er sich, „daß auf irgend eine Weise sich ein unbestimmter Verdacht der Wahrheit verbreitet hat; doch etwas Bestimmtes kann man nicht wissen, und ehe es so weit kommt, muß ich das Land verlassen haben. Aber ich gehe nicht," fügte er hinzu, indem er die Lippen verzweifelt zusammen- prehte, „ohne viel Geld! Eine so lange und gefahrvolle Arbeit, wie die meine, muß mir etwas Ordentliches einbringen, und das soll sie auch. — Erst Mrs. St. Ulm — das ist ein herrliches Geschöpf!" unterbrach er sich enthusiastisch. „Und sollte es bei ihr mißglücken, so muß Sylvia das Nötige schaffen. Sie wird es auch bis zur Hälfte ihres Vermögens thun, nur um mich los zu werden."
Er lachte höhnisch und blieb Plötzlich auf der Stelle stehen, zu welcher er gelangt war, indem er seinen gewöhnlichen Weg über die Hügel zu der Eisenbahnstation nahm.
Es war der Ort, zu welchem er vr. Stroud gelockt, und wo er, wie er vermutete, seine widerspenstige Zunge auf ewig zum Schweigen gebracht.
Er stand da und blickte sich mit unverschämtem, gotteslästerlichem Großthun um.
„Wenn die Geister der Verstorbenen zurückkehren," murmelte er leichtfertig, „so sollte dieser Ort unheimlich für mich sein. Aber — pah! Die Toten sind tot — Staub — Asche!"
In demselben Augenblicke beobachtete ihn eine Gestalt, welche gleich vom Anfänge seines Weges an nicht weit hinter ihm gewesen war, aus kürzerer Entfernung mit schwarzen, blitzenden Augen.
Das Gebüsch verbarg diese Gestalt, so daß man nicht sehen konnte, wie sie eine sonderbare geformte Schußwaffe hob und nach einem trockenen, hervorstehenden Zweige, welcher sich gerade über Duvar's Kopfe befand, zielte.
Im nächsten Augenblicke durchschnitt, ohne daß man einen Knall hörte oder Rauch sah, eine Kugel die Luft, schoß erschreckend nahe bei dem hübschen, höhnisch lächelnden Gesicht vorüber und fuhr in den Baum, der neben ihm stand.
Duvar sprang zurück, während jede Spur von Farbe aus seinem Gesichte wich, und die Gestalt hinter dem Gebüsche warf sich flach auf den Boden und glitt geräuschlos davon, bevor der erschreckende Bösewicht seine betäubten Sinne genügend gesammelt hatte, um nach ihm zu sehen.
Duvar untersuchte, sobald er ein wenig zu sich gekommen war, den ganzen Platz schnell und gründlich und setzte dann, als er Nichts fand, blaß und bestürzt seinen Weg fort. Er hatte wohl gemerkt, daß man keinen Knall, sondern nur das Zischen der Kugel gehört, und auch keinen Rauch gesehen hatte.
„Ein Geist ist es doch nicht," brummte er, als er untersuchte, wo die Kugel getroffen hatte. „Wahrscheinlich eine Luftpistole; aber — wer schoß? Und war es Zufall oder Absicht?"
Er eilte weiter und blickte sich zuweilen furchtsam