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Die Redaktion und Expedition.

Gestorben: Katharine Treiber, Wildberg; Oberregier­ungsrat v. Schittenhelm, Stuttgart; Bezirksamtmann a. D. Siegle, Stuttgart.

X Das Jahr 1894.

n.

Wir gehen nun zu den: Auslände über und be­schäftigen uns zunächst mit den uns befreundeten und verbündeten Staaten: Oesterreich-Ungarn hat ein ge­rade so bewegtes Jahr hinter sich, wie das deutsche Reich. Nicht allein der Nationalitätenhader machte fortgesetzt viel von sich reden, beide Regierungen in Wien wie in Pest gerieten in kritische Lagen. Reden wir zunächst von Oesterreich. Ministerpräsident Graf Taafe in Wien hatte seit zehn Jahren eine sogenannte Versöhnungspolitik der Nationen betrieben, die aber weiter nichts war, als eine Verhöhnung der guten Rechte der Deutschen. Graf Taafe machte Czechen und Genossen auf Kosten der Deutschen übermütiger und immer übermütiger, und im Beginn dieses Jahres hatte er es glücklich soweit gebracht, daß seine ehema­ligen Freunde von ihm mehr forderten, als er ihnen zu bewilligen im Stande war, während die Deutschen jedes Vertrauen zu dem wankelmütigen Manne ver­loren hatten. Eine Kammerauflöstmg nützte nichts, eine Reformvorlage erst recht nichts. Graf Taafe war am Ende seiuer Leistungen, er ging. Sein Nach­folger, Fürst Windischgrätz bildete ein Ministerium aus hervorragenden Mitgliedern aller großen Parteien, und die Sache machte sich auch im Anfänge sehr gut. Aber nun, wo das neue Kabinett zu reformieren be­ginnen will, zeigen sich doch die alten Eifersüchteleien und Streitigkeiten unter den Parteien, es will nichts mehr vom Fleck. Daneben haben die Sozialisten eine große Agitation zur Herbeiführung des ihnen von der Regierung bestimmt verweigerten allgemeinen Wahl­rechtes begonnen, und mit der alten, vielgerühmten Wiener Gemütlichkeit ist es in der Kaiserstadt an der Donau aus. Verwickelter stehen die Dinge in Pest. Das Ministerium Wekerle erachtete eine liberale Kirchen­gesetzgebung für notwendig, und Kaiser FranzJoseph gab, wenn auch widerwillig, seine Genehmigung dazu. Da gab es einen Zwischenfall infolge des Todes Ludwig Kossuths, des ungarischen Diktators aus dem Revo­lutionsjahr 1848, der seit seiner Flucht aus Ungarn nie wieder den Boden seines Vaterlandes betreten, sondern in Turin in Oberitalien seinen Wohnsitz ge­nommen hatte. Aber seine Leiche sollte doch in un­garischem Boden ruhen, und die Leichenfeier gab zu ungemessenen Ovationen für den Revolutionsmann Anlaß. Die Folge war die, daß Kaiser Franz Jo­seph dem Kabinet 'Wekerle gegenüber eine äußerst fro­stige Haltung beobachtete. Die neuen Kirchengesetze wurden im Oberhause des ungarischen Reichstages ab­gelehnt, das Ministerium gab seine Entlassung, blieb aber wieder, die Ersatzmänner fehlten. Nur: wurden die Kirchenoorlagen angenommen, aber das Ministerium hatte das kaiserliche Vertrauen verloren. Der Kos- suthrnmmel begann von Neuem, weil Kossuths ältester Sohn eine politische Nolle spielen wollte, und nach vielem Hängen und Würgen ist die Ministerkrisis end­lich zuill offenen Ausbruch gekommen, da die Dinge unhaltbar geworden waren. Auch Ungarn geht schwe­ren Zeiten entgegen.

Mit anarchistischen Verbrechen, die in einem At­tentat ans den Ministerpräsidenten Crispi gipfelten, hatte man in Italien viel zu thun, und es wurde aus diesem Anlässe eine scharfe Anarchistengesetzgebung geschaffen. Die Führer der revolutionären Unruhen in Toskana und aufderJnsel Sizilien wurden streng bestraft. Denr Ministerpräsidenten Crispi gelang es von den Kammern eine Anzahl neuer Steuern bewilligt zu er­

halten, um die außerordentlich schwere Finanznot einiger­maßen zu mildern; er that jedoch fast nichts für soziale und wirtschaftliche Reformen, die doch in Italien so außerordentlich dringlich sind. Viel böses Blut im Volke machte die Freisprechung des Schwindelbank­direktors Tanlongo in Rom, und diese Angelegenheit hatte nun bei der Wiedereröffnung des Parlaments im Herbst ein ernstes Nachspiel. Der Abgeordnete Gio- litti trat plötzlich mit Geheimpapieren aus dem Ban­kenschwindel hervor, in welchen auch der leitende Staats­mann schwer verdächtigt wurde. Indessen Herr Crispi ließ sich nicht verblüffen, er erklärte alle Anschuldig­ungen für boshafte Verläumdung und schloß das Par­lament, welches nun im neuen Jahre eine Auflösung über sich ergehen lassen wird. Der König schenkte dem Premierminister sein vollstes Vertrauen; indessen die italienischen Volksvertreter sind recht wetterwendisch, und auch nach den Neuwahlen wird Herr Crispi ^ schwere Zeiten haben.

In England machte sich der Rücktritt des alten, halbblinden Gladstone für die an der Regierung befind­liche liberale Partei doch sehr ernst geltend; sein Nach­folger, der jetzige Premierminister Roseberry ersetzt ihn bei weitem nicht und die liberale Parlamentsmehrheit schmilzt bedenklich zusammen. Nach außen hin trieb England seine Krämerpvlitik so ungeniert, wie nur mög­lich ; es wird gut sein, wenn wir Deutschen uns dies für den Fall merken, daß man sich von London wieder an uns herauzuschlängeln versucht.

Frankreich hat das schwere Jahr, welches ihm beschieden war, bisher ohne offenkundigen Schaden für die Republik bestanden. Anarchistische Attentate häuften sich ans Attentate, eine Hinrichtung folgte der andern, bis zuletzt Präsident Carnot bei seinem Besuche in Lyon unter dem Messer des Mörders Caserio verblutete. Die Regierungsgeschäfte führte im Anfänge des Jahres der heutige Präsident Casimir Perier, trat aber bei erster sich darbietender Gelegen­heit zurück, um dem heutigen Premierminister Dupuy den Platz zu räumen. Zwischen Perier und Carnot hatte eine stille Rivalität wegen der Präsidentenwahl bestanden, umsomehr räumte die Ermordung Carnots ihm den ersten Platz ohne weiteres ein. Die Teil­nahme für den Ermordeten war eine allgemeine und gerade von deutscher Seite aus hat es an Teilnahme- kuudgebungeu nicht gefehlt. Herr Casimir Perier hat sein Amt bisher mit Würde, wenn auch nicht frei von Chauvinismus, geführt. Fieberhaft erregt wurden die Franzosen durch das schnelle Hinscheiden des Kaisers von Rußland, dem sieKronstadt" und Toulon" nicht vergessen können. An politischen und unpolitischen Skandalaffairen hat es natürlich auch in diesem Jahre trotz Panama in Paris nicht gefehlt und das ärgste war die große Erpressungsangelegen- heit und der gegen den Kriegsminister Mercier geschlen­derte Vorwurf der Bestechlichkeit. Gegen Deutschland ist man, wie oben weiter schon gesagt, etwas höflicher geworden, doch sind dadurch Hetzereien keineswegs verhindert, besonders als gegen den französischen Är- tilleriekapitän Dreyfuß die Anklage wegen Spionage und Hochverrats erhoben wurde. Einer von den französischen Thronprätendeuten, Graf Phllipp von Paris, Haupt der Familie Orleans, ist gestorben. Sein Tod wurde sehr wenig beachtet, die Republik hatte von ihm blutwenig zu befürchten, von seinem Sohn, dem großsprecherischen Herzog Louis Philipp von Orleans, noch weniger. Einen Krieg führt Frank­reich gegen Madagaskar.

Großen Eindruck rief der Tod des Kaisers Alexander 111. von Rußland hervor. Das Jahr war für Rußland sonst leidlich still hingegangm. Der Zar hatte sich persönlich um das Zustandekommen des Handelsvertrages mit Deutschland bemüht und fühlte sich auch ganz wohl. Da mit einem Male tauchten die ersten Meldungen von einem inneren Leiden auf; man nahm die Sache nicht so ganz ernst, am allerwenigsteil der Zar selbst. Dann folgte der

Streit der Aerzte und hieran die Kundgebung, an eine völlige Genesung sei nicht mehr zu denken. Nach kurzen Schwankungen trat der Tod ein, der den erst 26jährigen Großfürsten Nikolaus, welcher sich bald nach dem Tode seines Vaters mit der Prinzessin Alix von Hessen vermählte, auf den Thron brachte. Alexander Ai. war kein großer Monarch, aber ein friedliebender Regent, und das war für unsere Zeit ausschlaggebend. Von seinem Sohne Nicolaus scheinen die Russen noch manches erwarten zu dürfen; vor­urteilsfrei und liberal denkend, huldigte er nicht den starren altrussischen Anschauungen seines Vaters und auch von einem übertriebenen Polizeiregiment scheint er kein Freund zu sein.

Die Balkanhalbinsel mit ihrem Staatenbündel bot mancherlei für Europa, was zwar nicht gerade eine besondere Aufregung, aber doch eine weitgehende Beachtung erzielte. Der griechische Staatsbankerott, ein wahres Schwindelmanöver, dessen Urheber in Rechtsstaaten Zuchthaus erhalten würden, veranlaßte die Großmächte im Interesse der Gläubiger zu wieder­holten Vorstellungen; geholfen haben die letzteren nichts. In Bulgarien brachte der Wille des Fürsten , Ferdinand und der heiße aber nicht in Erfüllung ' gegangene Wunsch des Fürsten, die Gunst des russischen Zaren zu erwerben, plötzlich das Ende des Regiments des Ministerpräsidenten Stambulow hervor, dem Fürst Ferdinand überhaupt seine Wahl verdankt. Jetzt ist man in Bulgarien offenkundig dahin gekommen, daß die russische Partei sich als Herrin zu fühlen beginnt. Der Fürst kann dabei noch nette Erfahrungen sam­meln, inan erkennt das schon am Verlauf der soeben stattgehaben Ministerkrisis. In Serbien regiert nach den wiederholten Verfassungsbrüchen des jungen Königs Alexander der Säbel. Exkönig Milan, dessen Geld alle geworden, bleibt ruhig in seinem früheren Lande und läßt sichs wohl sein. An Rumänien ist das letzte Jahr ohne wesentliche Erschütterungen vorüber­gegangen und die Türkei dämmert ihre einförmige Existenz weiter. Einige Aufregung hat aber doch die Kunde von den scheußlichen Christenmassakres in Armenien gegeben, die nun durch eine europäische Untersuchimgstommission festgestellt werden sollen. In Aegypten sind die Engländer nach wie vor die eigent­lichen Landesherrn.

Die europäischen Kleinstaaten hatten verschiedene Schicksale. In Dänemark, Schweden und Norwegen, die früher die Schauplätze heftiger Parteikämpfe waren, zieht sich mancher Riß zu. Die Schweiz führt ihren Zollkrieg mit Frankreich tapfer weiter, in Belgien und den Niederlanden, besonders in ersterem Staate, tritt die Sozialistenfrage immer mehr in den Vorder­grund. Durch die Reform des belgischen Wahlrechts sind ein Viertelhundert Sozialisten in die Kammer gekommen und an aufregenden Zwischenfällen hat es schon nicht gefehlt. In Spanien wie in Portugal bleibt die innere Lage jämmerlich; beide Staaten scheinen wirklich keine Lebenskraft mehr zu haben und aus ihrem tiefen Fall sich nicht mehr anfrütteln zu können. Der Krieg zwischen China und Japan hat Europa nur mäßig interessiert und auch keinen Staat zur Einmischung veranlassen können. Die be­vorstehende Einnahme von Pecking erst wird den Hochmut der Chinesen brechen können. In den Ver­einigten Staaten von Nordamerika bereitet sich wieder ein Umschwung vor. Die allgemeinen Neuwahlen sind gegen den Präsidenten Eleveland und die demokratische Partei ausgefallen, so daß eine Wiederwahl unwahr­scheinlich ist. In Zentral- und Süd-Amerika dauert die Mißwirtschaft in den einzelnen Republiken fort. Irgendwo ist immer ein Bürgerkrieg im Gange und wer jeweils am Ruder ist, versteht es ganz vortrefflich, ans Regimentsunkosten sich die Taschen zu füllen. Es sieht in ganz Amerika recht schlecht ans.

Laasesaachnchlea.

* Alt enstetg, 31 . Dez. Der Liederkranz hielt