Kaiser Friedrich, im Souterrain der Moltkekaserne mit seinem Dtenstgewehr erschossen. Er hatte das­selbe mit einer scharfen Patrone geladen, hielt sich die Mündung an den HalS und drückte mit seinem Seitengewehr loS. Die Kugel durchbohrte den Kopf des Unglücklichen, der sofort eine Leiche war. Ueber die Motive der That kursieren verschiedene bis jetzt unkontrollierbare Gerüchte. In Calmbach ver­unglückte auf dem Bahnhof ein älterer Mann. Der­selbe wollte mit dem 8 Uhr Zug von Wildbad nach Pforzheim fahren und hat auf dem Bahnhof dm Wagen auf kurze Zeit verlassen und als der Zug abgefahren war, fand ihn ein Stationsdiener gräßlich verstümmelt neben den Schienen liegen. Der Ver­unglückte starb kurze Zeit darauf. Am letzten Mittwoch gerieten inAltdorf 3 Knaben miteinander in Streit, welcher damit seinen Abschluß fand, daß der 12jährige Sohn des Jagdpächters Ludwig Hahn den 8 V,jährigen Sohn des Schmieds Berner durch einen Schuß, welchen er aus einem seinem Vater gehörenden Gewehre abfeuerte, derartige Verletzungen im Unterleib und auf der Brust beibrachte, daß an dessen Aufkommen gezweifelt wird. Vor einigen Wochen mietete sich in H eilbro nn bei einem Maurer ein junger Mann ein, der vorgab, bei der Fahrpost angestellt zu sein. Vor den Feiertagen ist der Mieter jedoch verschwunden ohne zu bezahlen und ließ noch aus einem erbrochenen Koffer 30 Mk. mitlaufen. Ein gräßliches Unglück hat sich am Sonntag abend in Kuchen ereignet. Der ledige 24jährige Metall­drücker Hans Wiedmann beteiligte sich an der Christ­baumfeier des Turnvereins Kuchen und spielte mit Theater. Mit einer Reitpeitsche kam er der Erdöl­lampe zu nahe, diese fiel herunter und zerplatzte auf seinem Kopf. Sofort stand er in Hellen Flammen. Statt, daß ihn nun einer sofort mit einer Decke zu­gedeckt und die Flammen erstickt hätte, sprang der Bedauernswerte ins Freie und wälzte sich auf der Straße. Wiedmann liegt schwer verletzt darnieder. Der Bahnbedienstete Maurer von Crailsheim, ein verheirateteter, pflichtgetreuer, etwa 50 Jahre alter Mann, wurde aus der Bahnstrecke zwischen Hall und Heffenthal vom Zug überfahren und sofort getötet.

* Karlsruhe, 27. Dez. In Durlach erschoß der Korbflechter Beck seine 4 Kinder im Alter von 1 bis 7 Jahren und dann sich selbst. Der Mord­versuch seine Frau mißlang. Das Motiv ist in' Familienzwistigkeiten zu suchen. Nach amtlicher Fest­stellung ist noch weiter zu berichten: Der 32 Jahre alte Korbmacher Peter Beck aus Gochsheim, in der Herrenstraße zu Durlach wohnhaft, hat am 25. abends, seine Ehefrau nach Karlsruhe geschickt zu seiner Schwiegermutter, um von derselben Geld zu holen, das sie ihm noch schulde, und hat vor dem Weg­gehen in Durlach zu derselben gesagt, wenn sie kein Geld bekomme, dann schieße er sie, daun seine 4 Kin­der und dann sich selbst rot. Die Frau kam am 25. nachts etwa um halb 11 Uhr nach Durlach zurück und teilte ihrem Ehemann mit, daß sie kein Geld be­kommen habe. Hierauf schloß er sie in ein Zimmer ein. Die Frau flüchtete sich aber durch ein Fenster des ersten Stockwerkes in den dritten Stock, während

ihrem lieblichen Gesicht aber auch ein Zug stillen, in­nigen Friedens.

Und als der Abend hereiugebrochen, da schim­merte im bleichen Mondenscheine auf dem einsamen Grabe des armen Peter ein frischer Kranz Vergiß­meinnicht, welchen Lieschen in treuem Gedenken dem geliebten Toten dargebracht. Auf dem hohen Söller des Schlosses aber standen innig umschlungen die bei­den Neuvermählten Paare und blickten in seeliges Träumen verloren in die märchenstille Nacht hinaus. Und in diesem Augenblick erklang es plötzlich vom Thale herauf leis verhallend im Gesänge:

Wir hatten einst wildfremde Stunden,

Die lüsten bas heiligste Band.

Nun haben wir heim uns gefunden.

Zu dem teueren Vaterland.

Ende.

* (Do ischt au no ebbes") In dem Oder­amt Besigheim war es zu Anfang der vierziger Jahren bezeichnend für die damalige Zeit Vor­schrift, daß diejenigen Personen, welche mit Beamten zu thun hatten, im Frack das Amtszimmer besuchten. Kam da e nes Tages ein ehrsamer Bürgersmann aufs Oberamr und wurde bet dem Oberamtmann vorgelassen. Sei es nun, daß die Schöffe seines Frackes etwas schmal waren, oder war die stattliche Leibesfülle des Mannes daran schuld, daß dieselben dem prüfenden Blicke des gestrengen Beamten ent­gingen, genug, dieser fuhr ihn an:Wie kann Er sich unterstehen, im Kamtsol aufs Oberamt zu kommen?* Doch unser wackerer Bürgersmann ließ sich nicht

ihr Ehemann an das Blutbad ging und die im Bett liegenden und schlafenden Kinder eines na- dem an­dern durch je einen Revolverschuß in den Kopf tötete und zwar: Elise 7Jrhre alt, Wilhelm 5 Jahre alt, Karl 3 Jahre alt. Dem 13 Monate alten Kinde feuerte er ebenfalls einen Revolserschuß in den Kopf. Das Kind ist am 26. abends gestorben. Nach diesem Blutbad hat Beck sich selbst erschossen, während die Frau durch ihr Flüchten dem Tod entgangen ist. Beck war früher in der Rhein. Kreditbank in Mannheim Diener und wurde wegen Unredlichkeit dort enllnfsen, seit etwa einem halben Jahre betrieb er in Darlach mit 2 Arbeitern eine Korbflechterei.

* Ke h l, 23. Dez. Die Veruntreuungen des Spar- kassencechners Leser in WiKstätt, der sich einen Tag nach der bei ihm oorgenommenen Revision den Hals durchschnitt, beziffern sich nach den eben beendeten Feststellungen auf 20000 Mk.

* Berlin, 24. Dezember. Ein Petersburger Blatt erfährt, daß Kaiser Wllhelm den Wegging des Grafen Schuwaloff aus Berlin sehr ungern steht und in einem eigenhändigen Brief an den Zaren gebeten hat, Schuwaloff als Botschafter in Berlin zu be­lassen. Der Zar würde den Wunsch erfüllen, die Schwierigkeit liegt aber darin, daß dem Grafen Schuwaloff der Warschauer Posten bereits in binden­der Form zugesagt ist und daß der Graf lebhaft wünscht, seine Thättgkeit in der Heimat zu beschließen.

* Nach derKöln. Volksztg." ist ein großer Teil der Konservativen am Montag während der Reichs- tagssttzung auf der Jagd gewesen. Wenn dies richtig ist, so kann es nicht verwundern, daß Hr. v. Levetzow verstimmt sein soll.

D (Die Beschlußunfähigkeit des Reichs­tages.) Wer noch keiner Sitzung des Reichstages oder irgend einer anderen größeren parlamentarischen Körperschaft betgewohnt hat, der macht sich davon aus eigener Phantasie etwa folgendes Bild: Zu der vom Präsidenten angesetzten Stunde erscheinen die Abgeordneten und ein jeder nimmt den ihm Ange­wiesenen Platz ein. Die Glocke des Vorsitzenden er­tönt, die Sitzung beginnt, die Redner besteigen die für sie bestimmte vor dem hohen Präsidentenplatz belegene Tripüne; alles lauscht andächtig, und wenn der Redner geendet, so besteigt ein anderes Mit­glied die Tribüne, um dem Vorredner za erwidern. In dieser Weise wird alles Für und Wider genau erwogen und der längere oder kürzere Zeitungsbericht gibt dann ein Bild des schließlich durch Rede und Gegenrede Erreichten. In Wirklichkeit verhält sich indessen die Sache ganz anders. Es müssen schon außerordentlich interessante Gegenstände auf der Tagesordnung stehen, wenn sich die Mitglieder einiger­maßen vollzählig von der Pünktlichkeit ganz zu schweigen versammeln sollen. Sonst kann man getrost annehmen, daß im Reichstage höchstens die Hälfte der Abgeordneten im Saale bei den Dabatten anwesend sind. Ihre Anwesenheit bedeutet aber keineswegs eine Teilnahme an den Debatten. Wozu auch? Das meiste ist schon vorher in den Kommis­sionen und Frakttonssitzungea festgesetzt worden, wo auch diejenigen bestimmt zu wsroen pflegen, die sprechen sollen. Dis letzteren umstehen meistens die Rednertribüne und folgen dem Redner. Dis übrigen

aus der Fassung bringen; seine beiden Arme ver­schwanden hinter seinem Rücken, und als sie wieder zum Vorschein kamen hing über jedem ein Frackflügel, während er mit behaglichem Lächeln sagte:Herr Oberamtmann, do ischt a» no ebbes!*

* q-

» (Das Ftschlein im Genick.) DasJll. Wiener Extcavl." erzählt:Man lernt nicht aus auf dieser Well*, klagt seit ewigen Tagen eine brave Grünwaren- und Fischhändlerin, die ihren Doppelstand auf dem Lerchenfeldermarkt hat, und die wackere Frau hat diese alte Wahrheit an sich erprobt. Kommt da neulich zu ihrem Stand ein junger Mann und fragt die Frau, ob sie ihm nicht ein winziges Fischlein in das Genick steckeKxvolle. Sie möge ob dieses Liebes dienstes nicht böse sein, denn er dürfe sie weder darum bitten noch ihr dafür danken, denn das Mittel wirke nur dann, wenn er mit dem Fischlein im Genick so­fort zu laufen beginne. Als ihr der junge Mann noch weiter erzählte, daß er brustletdend sei, war die Ftschhändlerin vollkommen überzeugt, daß es sich hier um ein Sympathiemittel handle, und sie war auch sofort bereit, das gute Werk zu thun. Der junge Mann bückte sich, und die Frau steckte ihm ein Fisch­lein in das Genick.So ist's nicht gut*, sagte der Kranke, das Fisch'l g'hört zwischen Hemd und Genick. Wenn's auch a bisl kalt is, das schad't nix.* Mit einem Handgriff war der Platzwechsel vollzogen und jetzt begann der brustleidende Mensch zu laufen, als habe er eine Lunge von Eisen. Ueber diese Kraft­äußerung wunderte sich die Frau gewaltig; was aber

Herren Abgeordneten stehen häufig genug in Gruppen zu zweien und mehreren und pflrgeu gemütlich der Unterhaltung; dadurch entsteht haust; ein Sstmnm- gewirr, daß man auf per Zuhörertribüne von dem eigentlichen Redner kein Sterbenswörtchen verstehen kann: noch andere Abgeordnete sitzen auf ihren Plätzen und erledigen Briefschaften oder treiben Lektüre; da hinten in der Ecke schläft auch ein gar etwas dickbäuchiger Volksvertreter. Jetzt ist dieDebatte* zu Ende. Wir kommen zur Abstimmung!* konstatiert der Präsident und nun erst tritt etwas Ruhe ein. Saal­diener eilen hinaus an? Büffet «ud teilen mit, daß eine Abstimmung vorgenommen werden soll; auch holen wohl eifrige Fraktionsgenoffen die Hungrigen und Durstigen aus den Restaurationsräumen herbei. Der da hinten in der Ecke Schlafende wird geweckt indessen nur dann, wenn etwa das Stimmen­verhältnis von vornherein zweifelhaft sein könnte, was man ja immer vorweg weiß. Sonst läßt man ihn ruhig weiterschlafen. Wenn ein Fremder von der Tribüne mit dem Plane in der Hand, der die Plätze der einzelnen Abgeordneten angibt, diese danach aufsuchen wollte, so wäre das natürlich in neun von zehn Fällen vergebene Mühe. Selbstver­ständlich ändert sich das Bild in etwa? bet Haupt- »nd Staatsaktionen oder wenn tüchtige Redner sprechen; sonst aber macht die Plenarsitzung des Reichstages auf einen Uneingeweihten keinen besonders würdigen Eindruck. Allerdings muß man bedenken, daß die Hauptarbeit in den Kommissionen und Frak- ttonssitznnzen geleistet wird. Aoer auch in diesen sind es immer nur einzelne Abgeordnete, welche die eigentliche Arbeit verrichten. Es kann daher nicht wunder nehmen, daß der Reichstag häufig beschluß­unfähig ist, häufiger, als seinem Ansehen dient. Ab­hilfe thut hier not, und da man gerade dabet ist, die disziplinarischen Befugnisse des Präsidenten zu erhöhen, steht der Einführung von Strafen gegen säumige Abgeordnete wenig tm Wege. Es muß Mit­tel geben, Leute, die sich der ihnen auf dringenden Wunsch übertragenen Ehre unwürdig zeigen, zur Einkehr zu zwingen; der TitelMitglied des Reichs­tages" hat doch auch noch andere Zwecke als den, Visitenkarten zu schmücken. Es ist nun vorgsschlagen worden, dem Präsidenten die Machtbefugnis zu er­teilen, Abgeordnete, die ihre parlamentarischen Pflich­ten andauernd vernachlässigen, vor dem ganzen Lunde rügen zu dürfen. Die Wähler, die sich in der Täu­schung befinden, ihr Erkorener fülle seinen Platz red­lich aus, müss n erfahren, wes Geistes Kind sie in den Reichstag gesandt haben. Empfohlen wirs fer­ner, alle Depuuer.e, die ohne Entschuldigung fehlen, festzustellen und amtlich za veröffentlichen. In be­sonders schweren Fällen soll der Präsident das R-cht haoen, de unverbesserlichenSchwänzer" aufzufordern, ihr Mandat ntedeez ulezen. Der Reichstag wrs, wenn auch widerwillig, so doch im Interesse seines Ansehens beim Volke, den einen oder anderen Vor­schlag gutheißen müssen.

* Berlin, 24. Dez. Die an der Ausschmückung des Weißen Saales beteiligten Künstler versammelten sich auf Einladung des Kaisers gestern nachmittag im Kapitelsaal des königl. Schlosses. Geladen wa­ren Hofbaurat Ihne und Hofbauinspektor Geyer, in

machte sie erst für Angen, als sie zufällig in die an ihrer blauen Schürze außen angebrachten großen Geld­taschen griff und entdeckte, daß ihr fast die ganze Tageseinnahme fehle. Jetzt begriff sie alles. Z« ihrem Schaden machte sie auch ihre Berufsgenossinnen mit der gar seltsamen Wirkung dieses Sympathie­mittels bekannt; jetzt har sie nicht nur dm Verlust ihres Geldes zu beklagen, sondern auch gegen einen deshalb erhaltenen Spitznamen hitzige Wortgefechte z» führen, denn sie selbst wurdeWunderdoktortn* zube- nannt, ihr Stand heißt aber seit dem Vorfällezum Fisch'l im G'nick."

* (Ein kleiner Egoist.) Mama:Also, daS ist der Wunschzettel, den du für dich und Klärchen gemacht hast. (Liest.) Ein Schlitten, eine Trommel, Bleisoldaten, ein Schaukelpferd, Schlittschuhe, ein Ge­wehr und eine Puppe. Aber Karlchen, der Wunsch­zettel ist viel zu lang, da mußt du etwas streichen.* Karl:Na, dann laß' Klärchens Pupp: weg!*

* (Gemütlich.) Polizetbeamier: Sie stad der Landftretcherei angeklagt. Haben Sie Barmittel? Vagabono: Warum? Sind der junge Herr vielleicht in Geldverlegenheit?

* (Ueberrafchendes Resultat.) Tochter: Mama, weißt Du, tch habe anonym annonciert, daß ich die Bekanntschaft eines liebenswürdigen Herrn machen möchte. Mama: Aber Gcetchen, das schickt sich gar nicht für ein junges Mädchen aus so anstän­diger Familie. Hat sich denn jemand gemeldet! Tochter: Ja, der Papa!

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