des Bürgermeisters Krämer I ein und durchschnitt sich mit einem Brotmesser den Hals.

* Petersthal (A. Oberktrch), 28. Okt. Der hiesige Gemeinderechner Wilhelm Ztmmermann wurde verhaftet »nd nach Oäerkirch abgeführt. Z. soll Ge­meindegelder unterschlagen und für sich verbraucht haben, in welcher Höhe ist noch nicht bekannt.

* Frankfurt, 28. Okt. Der soz.-dem. Partei­tag ist am Freitag geschloffen worden. In seiner Schlußrede sagte Singer: »Sie haben gehört, daß Caprivi »nd Eulenburg entlassen wurden. Wer auch kommen mag, es bleibt dasselbe, wenn auch die Färbung anders wird. Wir haben den alten Kurs erlebt und Bismarck ist vor der Sozialdemokratie ge­gangen, auch Caprivi ist vor der Sozialdemokratie gegangen. Wir haben den neuen Kurs erlebt, wir bangen nicht vor dem neuesten. Die künftige Re­gierung wird auch nur eine Vertretung der Gesell­schaft sein, die wir bekämpfen. Die gesamte bürger­liche Gesellschaft steht gegen uns. Feinde ringsum! Aber wir sagen: Schach dieser Gesellschaft und werden sie matt setzen!" (Beifall.) Die Versammlung schloß mit einem Hoch ans die internationale Sozialdemokratie.

* Frankfurt a. M., 30. Okt. Der Vorstand der hiesigen Kochkunstausstellung sah sich infolge massenhaften Protestes der Aussteller genötigt, die schon abgeretsten Preisrichter telegraphisch zurückzu- rufen und eine neue Preiszuerkennung einzuleiten, ein Unikum in der Ausstellungsgeschichte. Heute aber findet eine Preisrichtersttzung statt. Man erwartet dabei heftige und stürmische Verhandlungen.

* Der Viehhändler Jakob Nußbaum aus Bette ri­tz aus en (Sachsen-Meiningen) wurde bei Träbes er­mordet und ausgeraubt.

* Berlin, 23. Okt. Durch kaiserliche Verord­nung ist der Reichstag auf 15. November ds. Js. einberufen worden.

* Berlin, 28. Okt. Dem Lokalanzeiger zufolge wünscht Graf Caprivi nicht, ein militärisches Kom­mando anzunehmen, sondern in den Ruhestand zu treten und sich in Skteren bei Crossen niederzulassen.

* Berlin, 29. Okt. Die Ernennung des Statt­halters Fürsten Hohenlohe zum Reichskanzler und preuß. Ministerpräsidenten, sowie zum preuß. Minister der Auswärtigen Angelegenheiten ist nunmehr definitiv erfolgt, ebenso diejenige des Unterstaatssekretärs v. Köller zum preuß. Minister des Innern.

* Berlin, 30. Okt. Der Kaiser empfing heute mittag den bisherigen Reichskanzer Grafen von Caprivi.

* Berlin, 30. Okt. Fürst Hermann zu Hohen- lohe-Langenburg wurde nach Potsdam berufen. Seine Ernennung zum Statthalter von Elsaß-Lothringen steht bevor.

* Außerordentlich herzlich begrüßt die »Kölnische Zeitung" den neue« Reichskanzler, Fürsten Hohenlohe. Sie schreibt unter Anderem: »Unter allen lebenden Staatsmännern sind nur noch sehr wenige, welche in gleichem Maße sich die höchsten Verdienste um die Einigung und Festigung des deutschen Reiches erwor­ben haben. Ihm ist in erster Linie der offene und ehrliche Anschluß der süddeutschen Staaten an den norddeutschen Bund zu verdanken, «nd mit Recht ist

Wofen.

Von Georg Harder.

(Nachdruck verboten.)

Im Rosenthal von Kasanlyk, wer kennt seine märchenhafte Pracht, die von schirmenden Wänden umschlossen wird, am Südfuß des Balkangebirges, stand auf vorspringender Klippe, einem Adlerhorst vergleichbar, ein weißes Steinhaus.

Die Rosen des Thales hatten ihren Weg hinauf gefunden bis zu dem kleinen Hause, das von ihnen ganz umrankt war, vom Fußboden bis zum flachen Dache, hinter dessen Brüstung in den Abendstunden ein weißbärtiger Türke sich zeigte.

Dann und wann tönte durch den Rosenvorhang hindurch, der von weitem einem köstlichen, buntfar­bigen und schillernden Teppich glich, ein süßer Sang zum tönenden Klange der Harfe, aber die Scheu, die der Orientale nun einmal empfindet, wenn es sich darum handelt, weiblichen Familienangehörigen eines Glaubensgenossen entgegenzutreten, hatte bisher alle Moslems, ob Alt oder Jung, verhindert, weiter nach der Sängerin zu forschen.

Und Christen im Thal durften überhaupt nicht wagen, dem Frauengemach des Rosenhauses, wie es allgemein nur genannt ward, zu nahe zu kommen, denn über Kasanlyk herrschte noch der Halbmond, und Griechen und Bulgaren gehorchten ihm, wenn auch unter dumpfem Knurren.

Im vollsten Blütenschmuck stand das Rosenthal, wie eine Feuerwoge umrankten die Rosen in ihrer

ihm als höchster Ruhm das Beiwort der lebendigen Mainbrücke verliehen worden. In leitender bayrischer Stellung als Nachfolger des Ministers v. d. Pfordten hat er vom 1. Januar 1867 bis zum 8. März 1870 diesen Anschluß in der gründlichsten und umsichtigsten Weise vorbereitet; als erster Vizepräsident des Zoll­parlaments »nd des deutschen Reichstages von 1867 bis 1877 hat er auch in parlamentarischer Thätigkeit an hervorragender Stelle das gegenseitige Sichverstehen- lernen zwischen Norden und Süden wesentlich geför­dert. Mit reichstem diplomatischen Erfolge war er von 1873 bis 1885 als Nachfolger des Grafen Harry Arnim in Paris als deutscher Botschafter thätig und hat hier mit glücklicher Hand zu einer Milderung der schroffen Gegensätze zwischen den beiden Nachbar­ländern beigetcagen. Aas Bäte des Westen B smarck, der erkrankt war, hatte er im Jahre 1880 längere Zeit die Geschäfte des Staatssekretärs des Auswär­tigen Amts und die allgemeine Stellvertretung des Reichskanzlers übernommen. Was er als Statthalter von Elsaß-Lothringen in nunmehr neunjähriger segens­reicher Wirksamkeit geleistet hat, wie er durch kluges, maßvolles, zielbewußtes und festes Auftreten die Schä­den des Manteuffel'schen Regiments nach und nach ausgemerzt hat, wie es ihm gelungen ist, die Be­wohner der Reichslande mit dem Gedanken ihrer Un­trennbarkeit vom Deutschen Reiche auszusöhnen, das ist allzu bekannt, als daß wir es hier ausführlich zu schildern brauchten. Kurzum, die ganze Vergangen­heit des Fürsten ist eine solche, daß der Kaiser für seine glückliche Wahl die vollste Anerkennung verdient.

* Berlin, 30. Okt. lieber den Fürsten Chlod­wig von Hohenlohe schreibt die Nattonalliberale Kor­respondenz, die Ernennung desselben kenne nur so verstanden werden, daß sie eine Art dekorativer Würde darstelle; auch sei sie als eine Uebergangsepisode zu betrachten.

* Berlin, 30. Okt. Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung erfährt: Gegen das nunmehr im Wortlaute vorliegende Erkenntnis der Disziplinarkammer in Sachen Leist wird im Aufträge der Vorgesetzten Be­hörde Berufung an den Disziplinarhof eingelegt werden.

* Berlin, 30. Okt. Das bisherige Verbot der Beleihung russischer Papiere im Lombard der Retchs- bank ist heute durch eine a i die Bankstellen erlas­sene Anweisung außer Kraft gesetzt worden.

* Der »Retchsanzeiger" schreibt, der »Vorwärts" fahre fort, unter den Arbeitern der Kgl. Munitions­fabrik in Spandau Unzufriedenheit zu erregen und bringe wiederum Verunglimpfungen der Bestrebungen der Direktion des Feuerwerks-Laboratoriums, die Arbeiter zum Sparen anzuregen. 880 Arbeiter hätten in 4 Monaten 13,000 Mk. zurückgelegt. Daraus geht hervor, daß die Löhne in den Kgl. Fabriken auskömmlich und alle Hetzereien der Sozialdemokraten bei diesen Arbeitern vergeblich seien.

"Arnswalde, 25. Okt. Auf dem Vorwerk Neuwedell hatte ein Arbeiter-Ehepaar, welches auf dem Felde beschäftigt war, seine vier jüngsten Kinder in der verschlossenen Stube zurückgelaffen. Als der älteste Knabe aus der Schule kam. bemerkte ec, daß die Stube voll Rauch war, und schlug Lärm. Die herbeigeetlten Eltern fanden drei der Kinder tot, das jüngste 1 Jahre alt, lag unter der Wiege und lebte

Pracht das schlichte Haus. Ein so köstlicher Anblick, daß mancher Wanderer, der des Weges daherkam, am Fuße des Hauses stehen blieb, und den Haus­herrn, den weißbärtigen Abdallah, grüßte, der oben auf dem Dache rauchend saß.

Abdallah gehörte zu den Leuten, welchen ein be­stimmtes Lebensalter schwer zuzuerkennen ist. Ec konnte siebenzig Jahre sein, so weiß waren Bart und Haupthaar; ein Anderer, der in seine blitzenden Au. gen, mit dem durchdringend scharfen Blick geschaut, hätte ihm nur fünfzig Jahre gegeben. Und wer den Alten mit würdevollem aber festem Schritt dahin gehen sah, hätte sich unbedingt dieser Ansicht angeschloffen.

»Großvater!", klang es da plötzlich zur Platt­form des Daches herauf; ein flüchtiges Lächeln fuhr über das bis dahin so unbewegliche Gesicht des Greises. Dann nahm es wieder seinen gewöhnlichen ruhigen Ausdruck an.

»Noch ist nicht die Stunde gekommen, in wel­cher Mirza das Dach des Hauses betreten darf," klang es dann mit gütiger Stimme zur Antwort zu­rück; »licht ist der Himmel, und die Soane ist noch nicht im Westen hinter den Bergen verschwunden. Harre ein wenig, mein Kino."

»Großvater!", klang es da wieder, und aus der Treppenöffnung dicht neben dem Sitze des Alten tauchte ein schwarzlockiger Mädchenkopf auf, in dessen reichen Haarschmuck üppig blühende Rosen geflochten waren. »Großvater, bitte, erlaube es, daß ich zu dir komme, «nd nur einmal das Thal im schönen Sonnenlicht an deiner Seite sehe. Ich will mich zu

noch. Allem Anschein nach haben die Ander mit Streichhölzern gespielt «nd dadurch die Betten ent­zündet.

* Wiesau, 30. Ok-. In der benachbarten Ge­meinde Fuchsmühl, welche einen Prozeß gegen den Frhrn. von Zollern wegen streitiger Waldrechte ver­loren, herrscht seit kurzem eine weitgehende Erregung, welche dahin ausartete, daß 200 mit Aexten und Sä­gen bewaffnete Leute in den Zollernschen Waldungen eindrangen, dieselben verwüsteten und viel Holz weg­schleppten. Da die Gendarmerie zur Unterdrückung des Exzesses nicht ausreichte, wurde laut »Ambecger Postzettung" aus Ambers telegraphisch Militär requi­riert, welches 50 Mann stark unter dem Kommando eines Premierlieutenants heute in Wiesau eintcaf.

* Esscn a. R., 29. Okt. Auf dem Kongreß christlicher Bergarbeiter gelangten die Statuten in der vorgeschlagenen Fassung zur Annahme.

* Ein schönes Geschenk hat die Stadt Elb erfeld von einem kürzlich verstorbenen Frl. Emilie Königs­berg erhalten. Die Verstorbene hat ihr nämlich mit Ausnahme von zwei Legaten in einer Gesamthöhe von 19,600 Mk. ihr ganzes Vermögen, annähernd 100.000 Mark vermacht mit der Bestimmung, daß die Zinsen des Kapitals jährlich an alte hilfsbedürftige Perso­nen verteilt werden.

* Sowohl in Hamburg als in Bremen und Lübeck ist durch den Senat die Einfuhr lebenden Rind­viehes und frischen Rindfleisches aus Amerika ver­boten worden, weil zwei Transporte Rinder brachten, die am Texasfieber erkrankt waren. Die Sendungen, die nachweislich bis zum 28. Okc. Amerika verließen, dürfen noch eingeführt werden, müssen aber sofort geschlachtet werden.

Ausländisches.

* Wien, 29. Okt. Vor der Wohnung des Mos­kauer Polizeipräfekten, Oberst Wlastowsky, sammelte sich gestern eine große Menschenmenge an, die laut schrie, daß die Wahrheit über das Befinden des Za­ren verheimlicht werde, und drohenderwetse neue Nach­richten verlangte. Berittene Gendarmen zerstreute» die Menge.

* Pest, 29. Okt. Der Sühn Koffuths wurde auf dem Bahnhof begrüßt und antwortete, er beuge sich vor dem Willen der Nation, welch: sich mit der Dy­nastie versöhnt habe. Mit Negation hätte selbst sein Vater nichts auszurtchten vermocht. Ec hege volle Loy alität gegen den König von Ungarn, der ein Mu­ster der Verfassungstreue sei and den er hochachte als Herrscher wie als Menschen.

* Lemberg. 26. Okt. Der Gatsverwalter Michael Twardijewicz im Dorfe Lozowska, der den Bauern verbot, ihr Vieh aus die herrschaftliche Weide zu treiben, wurde beim Nachhausegehrn von einem Haufen Männer und Weiber vom Wagen gerissen und so lange mißhandelt, bis daß er das Leben auf­gab. Der Fall steht leider in jener Gegend nicht vereinzelt da. Die Blätter halten ihn für den Aus­fluß sozialistischer Agitatoren.

* Eine Pnloermühlr in der Ortschaft Bisztra (Ungarn) ist in die Luft geflogen. Dabei wurden drei Arbeiter getötet und 14 tödlich verletzt. Die Pulver­mühle enthielt angeblich 1000 Zentner Schießpulver.

deinen Füßen ntederkauern, ganz am Boden so daß niemand mich steht!"

Ueber Abdallah's Antlitz huschte wieder ein lei­ses Lächeln, und kaum hatte das Mädchen es be­merkt, als es dasselbe auch schon als Erfüllung sei­ner Bitte deutete; leichtfüßig, wie eine Gazelle, flog Mirza die Stufen hinauf, und sank neben dem Groß­vater am Boden nieder, ihr rosengeschmücktes Haupt liebevoll an der Brust des Greises bergend.

»Da bist eizrvsinnig und trotzig," strafte Ab­dallah seine Enkelin mit verstelltem Ernst; »bedenke, daß du diese Eigenschaften ablegen mußt, wenn dudereinst einem Mmne in sein Haus folgst als seine Gattin."

»Ich bleibe bet dir, Gcoßoater," protestierte die schöne Mirza und erhob die mit Goldspangea um­wundenen nackcen Arme zu seinem Halse empor. Abdallah dlickce das reizenoe Kind mit einem tiefen Seufzer an, dann sagte er langsam:

»Mehr als 70 Jahre sind über mein Haupt da­hin gezogen, Mirza, meiner Fatme Tochter; ich muß denken an den Tag, an welche« Allah mich abberuft aus einem langen und traurigen L wen, dessen letzten Jahre du, mein Kind, erheitert und verschönt hast. Mag der Allmächtige dafür dich segnen dem Leben­lang. Mein D mk an dich ist groß, um ihn dir zu beweisen mutz ich dich einem Galten zuführen, dem dein junges heiß:s Herz in Liebe entgezenschlägt. einem Gatten, der dir für alle ferneren Jahre Freund und Rater und Beschützer sein soll, wenn mein Auge nicht mehr die Sonne schaut!"

Mirza senkte das Haupt nachdenklich zur Erde;

L