Erscheint Dienstag DonnerS- !«g und SamStag.
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Die Maul- und Klauenseuche in Aichhalden und Oberweiler ist erloschen.
Gestorben: Christine Ergenzinger, Mittelthal; Buchdruckereibefitzer Rupfer, Stuttgart; Fabrikant Stotz, Ammerland- Stuttgart; Gustav Wild, Oberensingen.
D Die chinesische Anleihe.
Man muß es erst in den verschiedenen Zeitungen mit eigenen Augen lesen, ehe man es glauben kann: Das „bekannte Banken-Konsortium" in Berlin, also Bleichröder, die Diskontobank, Warschauer und andere größere Bankhäuser, wollen dieser Tage eine Zwanzig- Millionen-Anleihe für China an die Börse bringen; und das soll nur der Anfang sein, denn das Londoner Haus Rothschild gedenkt den vierfachen Betrag für China anzulegen.
Es wäre als ein bedeutender Kulturfortschritt zu betrachten, wenn in dem gegenwärtigen ostasiatischen Kriege die Japaner Sieger blieben; wenn es ihnen gelänge, das Reich der Chinesen, Mongolen und Mandschuren zu besiegen, ja wo möglich zu erobern. Zwar ist der „Fremdenhaß" in Japan nicht minder zu Hause, als in China, wenn gleich er auf dem Jnselreiche selten so rohe Formen annimmt, wie in dem „Reiche der Mitte". Aber man muß unparteiisch urteilen: die „Fremden" treiben es auch danach. Ihres eigenen Vorteils wegen suchen sie die fernen Länder auf und saugen dann deren Bevölkerung aus. Typisch in dieser Hinsicht ist der Krieg der Engländer vom Jahre 1840, der nur zu dem Zwecke geführt wurde, den Engländern von Indien her die freie Einfuhr von Opium zu erzwingen, während die chinesische Regierung stets nach Kräften bemüht war, der Opiumseuche, die ihre Völker entnervt und dezimiert, entgegenzutreten. Der Zweck der „Fremden" ist nur, die Halbzivilisterten auszurauben und daher ist der Haß jener Völker gegen die Fremden nur allzu erklärlich.
Wenn man den Japanern gegenwärtig den entscheidenden Sieg wünschen muß, so sprechen dafür kulturelle Gründe und das bessere Recht der Japaner. Die letzteren haben sich als ein höchst intelligentes Volk gezeigt, das der Kultur leicht zugänglich ist und in ihr schon sehr erhebliche Fortschritte gemacht hat, während die Bewohner Chinas trotz aller Berührung mit der europäischen Kultur doch das geblieben sind, was sie schon vor zwei Tausend Jahren waren — Chinesen. Der Zopf ist ihr Ideal im körperlichen und ideellen Sinne. Kein Fortschritt, sondern starres Festhalten an den alten und ältesten Formen. Lange vor Christi Geburt hat die chinesische Kultur schon dasselbe Gepräge gezeigt wie heutzutage: dieselbe Bizarrerie, derselbe Aberglaube, derselbe Bienenfleiß auf Nichtigkeiten verwandt, dieselbe Bedürfnislosigkeit der Bevölkerung!
Niemand, außer vielleicht die in China herrschende Mandarinenkaste, hat ein Interesse an der Aufrecht- erhalung dieses Zustandes. Wenn sich europäische Bankiers mit hundert Millionen dafür ins Zeug legen, dann allerdings haben auch sie ein Interesse daran, wie jeder, der einfältig genug ist, seine Spargroschen für die Ausrechlerhaltung chinesischer Zustände anzulegen. Daß dies unsittlich ist, braucht nicht erst des Näheren dargelegt zu werden; daß es auch unklug ist, scheint dagegen weniger allgemein eingesehen zu werden, denn sonst würden die großen Bankhäuser wohl nicht wieder auf den Bauernfang ausgehen, den sie damit verdecken, daß sie sagen, China verpfände zur Sicherheit seine Seezölle. Argentinien, Mexiko, Portugal, Serbien, Griechenland, Rumänien und Aegypten stehen auf den Leichensteinen so mancher kleiner, sauer ersparten Vermögen! Viele Fußstapsen führen in die Höhle des Löwen, keine wieder hinaus!
Der Anspruch Chinas auf die Oberhoheit in Korea gründet sich auf einen zweideutigen Vertrag vom Jahre 1846. Japans Ansprüche darauf sind älter und bester begründet. Die Zustände in Korea sind womöglich noch schlimmer wie die chinesischen.
Dienstag dm 21. August
Deshalb würde der Sieg Japans mindestens die Einführung weitgehender Reformen auf der koreanischen Halbinsel bedeuten. Japan ist der Pionier der Kultur, China der Vertreter des Zopfes. Daß der Zopf nicht dauernd den Ansprüchen der modernen Zeit widerstehen kann, lehrt ein jedes Blatt der neueren Geschichte, wenn auch der Fortschritt im allgemeinen nicht stürmisch vor sich geht, sondern mehr wie bei der Echternacher Springprozession: zwei Schritte vorwärts und dann wieder einen Schritt zurück, aber die Grundtendenz ist doch das Vorwärtskommen und diese verleugnet sich am allerwenigsten bei den in der Entwickelung weit zurückgebliebenen Völkern. Wenn daher die Großmächte in den ostastatischen Konflikt nicht eingreifen, so ist zehn gegen eins zu wetten, daß das kleine Japan das ungelenke großmächtige China «nterkriegt, wie die bisherigen kriegerischen Aktionen schon gezeigt haben. Wer also sein Geld für China eiusetzt, tritt auf die Seite des verlierenden Spielers.
Diese Darlegungen dürften nicht überflüssig erscheinen; der Ankauf von Anleihepapieren wird von den „kleinen Leuten" meistens heimlich auf heimliches Anraten eines entfernt wohnenden Bankiers gemacht. Selbst der Nachbar erfährt davon selten etwas, außer — wenn es zu spät ist und das Mnd im Brunnen liegt. Man halte die Taschen zu und laste sich nicht durch hohe Zinsversprechungen blenden!
Landesuachrichteu.
* Altensteig, 18. August. Die Inhaber von Quittungskarten der Jnvaltditäts- und Altersversicherung machen wir darauf aufmerksam, daß die im Jahre 1891 ausgestellten Karten in diesem Jahre ablaufen und gesetzlich bis zum Schluß des Jahres 1894 bei der Ortsbehörde für Arbetterverstcherung eingereicht werden müssen. Wenn dieselben während obiger vier Jahre nicht mit mindestens 47 Marken beklebt sind, so verlieren sie nach Z 32 des Gesetzes für Jnvaltditäts- und Altersversicherung ihre Gültigkeit. Die Anwartschaft auf eine Rente lebt aber wieder auf, wenn wieder Beiträge geleistet und die fünfjährige Wartezeit wieder zurückgelegt wird.
* Stuttgart, 18. Aug. Zum „Falle Münch" schreibt heute die „Schwäb. Tagwacht": In Sachen der versuchten Entmündigung des Frhrn. v. Münch ist dem Vernehmen nach ein Stillstand eingetrcten. Die Beschwerde desselben an das K. Oberlandesgericht lief unmittelbar vor Beginn der zweimonatlichen Gerichtsferien ein, die am 15. Sept. zu Ende gehen, soll aber den Erfolg gehabt haben, daß der Strafsenat des Kgl. Oberlandesgerichts außer dem beanstandeten Gutachten des Oberamts- und Gefängnis- Arztes Dr. Biestnger in Rottenburg und des Gefängnisarztes Dr. Köstlin hier die Erhebung eines wetteren ärztlichen Gutachtens für zweckmäßig gefunden haben soll. Sehr interessant ist die Sache dadurch geworden, daß im 24. Bande der Zeitschrift für Handelsrecht kein grtngerer Jurist als Landgerichtsrat Gustav Pfizer in Ulm für die Rechtsauffassnng des Freiherrn von Münch in dem Strafverfahren wegen Beleidigung des geheimen Hofrats Kollin eingetrcten ist.
— Ein Berliner Blatt will wissen, der kommandierende General des XIII. württ. Armeekorps, General v. Wölckern, werde kommenden Herbst sein Abschiedsgesuch einreichen und dann durch den Generallieutenant v. Lindequist, derzeit Kommandeur der 1. württ. Division als Corpskommandeur ersetzt werden, während der in der Anciennilät jüngere württ. Generallieutenant Frhr. v. Falkeustein, welcher zur Zeit eine preuß. Division kommandiert, später ein preuß. Armeekorps erhalten solle. Ob etwas Wahres an dieser Meldung ist, läßt sich vorerst nicht ermitteln. Peinlich wäre es immerhin, wenn wiederum das württ. Armeekorps und beide Divisionen nur von preuß. Generälen befehligt würden. Gen.-Lieutenant v. Linde- qutst ist zwar ein vorzüglicher Heerführer uvd hat sich auch beliebt gemacht, aber im „Prinzip", nur
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolgreichste Verbreitung.
Einrück- ungSpreiS f. Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8^, bei mehrmal
j° 6 <4, auswärts je 8 ^ die 1spalt.Zeile
1894.
Preußen an die obersten militärischen Stellen in Württemberg zu setzen, empfindet man in. Schwaben eben eine Zurücksetzung.und Kränkung, die durch hie Ernennung eines Württembergers zum Kommandeur eines preuß. Armeekorps nicht ausgeglichen wird. Für unsere bombensichere Treue gegen Kaiser und Reich können wir Württemberger von preußischer Seite auch volles Vertrauen erwarten und verlangen. Ohnehin macht die militärgertchtliche Entscheidung über den bekannten Waiblinger „Todesmarsch", welche den preuß. Major Lipinsky völlig freisprach, sehr böses Blut im ganzen Lande. Hätten die Offiziere den „schlapp gewordenen" Einjährig-Freiwilligen Martz aus Balingen zum Austxeten veranlaßt, so wäre der hoffnungsvolle junge Manu nicht gestorben. Derartige so überaus traurige Vorkommnisse sind ein wahres Treibhaus für Züchtigung oppositioneller Wahlen. Wenn das die maßgebenden Kreise nicht hören und einsehen wollen, so werden sie es fühlen müssen.
* Ulm, 16. Aug. Mit welch raffinierten Verbrechern man es mitunter zu thun hat, das zeigen die beiden gestern ausgebrochenen Häftlinge Renz und Bemsel. Obgleich sie, wie die U. Sch. schreibt, auf das sorgfältigste beobachtet wurden, weil man sie als gefährliche Burschen kannte, scheint es Renz doch gelungen zu sein, am Körper versteckt eine winzige Säge einzuschmuggeln, mit welcher er die Gitterstäbe durchfeilte. Während des Fellens, das sie wohl längere Zeit hindurch abends Vornahmen, sangen beide, waS aber nicht auffallen konnte, da solche Bezeiguug guten Humors bei Untersuchungsgefangenen keineswegs selten ist. Bei Tage wurden die angefeilten Eisenstäbe mit gekautem Brot beschmiert, so daß die Einschnitte auch dem geübten Auge der gewissenhaften Aufseher entgehen mußten. — Ein Zigarrenhändler aus dem Badischen wollte hier eine Versteigerung von Zigarren vornehmen lasten, die aber, obgleich der hiesige Stadt- inventirer den Verkauf unter seinem Namen besorgen wollte und auch beim K. Kameralamt das Wanderlager auf seinen Namen angemeldet und die Steuer bezahlt hatte, doch seitens der Behörde verboten wurde.
* Vom Lande, 15. Aug. Bei einem unserer Landwirte sprach letzter Tage um die Mittagsstunde ein kräftiger Mensch um ein Almosen vor. „Wenn Sie Arbeit wollen, können Sie dableiben," sprach der Hausherr, was mit Freuden angenommen ward, da er „Alles machen könne." In das bereitstehende Mittagessen hieb der Kunde wacker ein; darauf ward der Wagen mit Strohseilen zum Fruchtbinden bepackt und auf die Zurede des Sohnes, der Bursche solle hinaufsteigen, sagte dieser zurückweichend: „Ja an der Frucht kann ich Euch nicht helfen, ich bin ja Goldarbeiter!" Sprachs und lief zum Hof hinaus.
* (Verschiedenes.) In Gültstein wurde am 14. d. M. der 13 Jahre alte Wilhelm Schill auf der Bühne seines elterlichen Hauses erhängt auf- gefunden. Da der Verdacht einer verbrecherischen Handlung vorlag, wurde gerichtliche Leichenöffnung vorgenommen. Ueber das Ergebnis ist bis jetzt nichts bekannt geworden. — Der Schloflergeselle, welcher in Biberach das Attentat im Hause des Orgelbauers Scheffold beging, hatte sich in einem Taubenschlag verborgen und ist festgenommen und dem Gericht übergeben worden. — In Wiesensteig hat sich der frühere Kaminfegermeister Herbster in einem Anfall geistiger Störung erhängt. — In Gräfen- h a usen stürzte ein 26jähriger verheirateter Mann vom Obenraum der Scheune herab und war eine Stunde darauf eine Leiche. — In Bietigheim stürzte das fünfjährige Söhnletn des Oekonomen Obenland zum Fenster hinaus, wobei es sich am Kopfe so schwer verlegte, daß an seinem Aufkommen gezweifen wird. — Der junge Kaufmann, welcher sich auf dem P lochtnger Bahnhof erschossen hat, giebt in einem hinterlaffenen Brief an seine Geschwister als Grund seines Selbstmords an, daß er von seinem Prinzipal in Cannstatt unter Androhung
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