Antworten, welche seitens der Parteien erfolgen werden, richtet sich seiner Zeit die Stellungnahme des Verbandes zu den Kandidaten derselben, da die württ. Wirte mit aller Kraft sich an den nächsten Landtags- Wahlen beteiligen werden, um eine Erlösung aus dem ebenso ungerechten wie unerträglichenZustande. welchen das württ. Umgeld mit sich bringt, herbeizuführen, iudem nur für solche Abgeordnete eingetreten und gewirkt werden soll, die offen und frei erklären, für Abschaffung des Umgelds einzutreten.
* Böblingen, 4. Aug. Gestern abend stieß Forstwärter Länge von Musberg im Stadtwald auf Plattenhardter Wilderer. Von einem derselben erhielt er, wie der B. B. berichtet, einen Schuß in den Rücken und in die Waden. Einer der Wilderer wurde noch gestern nacht verhaftet, während der andere heute früh dem Gericht etngeltefert wurde. Der Verletzte, welchem die eingedrungene Schrotladung durch den Arzt entfernt werden konnte, ist außer Gefahr.
* Der Gewerbeveretn W a l d s e e beschloß, sich der von der Handelskammer zu vertretenden Vorstellung an kompetenter Stelle »m Herbeiführung eines billigeren Tarifs für Briefe und Pakete im Landbeftell- bezirke anzuschließen.
'Ravensburg, 4. August. Der Angeklagte Heinrich Zainer, welcher vom Schwurgerichte für schuldig erklärt und zu der Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war, ist gestern aus der Haft entlassen worden; es geschah dies infolge des Geständnisses des Angeklagten Karl Stöckler, daß nicht Heinrich Zainer, sondern er den Landjäger Wais niedergesprungen habe.
* (Verschiedenes.) Aus Furcht vor einer anzutretenden 14tägigen Arreststrafe hat der 17jährige Sohn eines Gipsermeisters in Herrenberg seinem Leben durch Erhängen ein Ende gemacht. — In Magstadt wurde ein bet Verwandten auf Besuch weilender 8jähriger Knabe von einem Schlaganfall betroffen und war nach wenigen Minuten eine Leiche. — In Ulm hat sich aus bis jetzt noch unbekannter Ursache der Privatier B. erhängt. — In Entrin- g e n stürzte beim Aufführen eines Kamins der Maurer Sautter herab und starb am Sonntag an den erhaltenen Verletzungen. — In Stuttgart wollte ein 12jähriger Knabe von einem Wagen absteigen. Ein vorübergehender Arbeiter trieb aus Mutwillen das Pferd an, der Knabe kam unter die Räder und wurde so schwer verletzt, daß er auf dem Weg zum Spital starb. Der Arbeiter, der das Unglück veranlaßt hat, wurde verhaftet. — In Oßweil gerieten mehrere junge Burschen miteinander in Streit, wobei der 21 Jahre alte Friedrich Würth durch einen Stich in den rechten Oberschenkel derart verletzt wurde, daß er nach kaum 10 Minuten seinen Geist ausgab. Der Thäter ist verhaftet. — In Waiblingen wurde ein Knecht vom Tode des Ertrinkens gerettet. Derselbe führte seine Pferde zur Schwemme, kam aber an eine zu tiefe Stelle; die Pferde sanken unter, kamen ober sofort wieder zum Vorschein. Eines der Pferde versetzte seinem abgeworfenen Reiter einen Schlag auf den Hinterkopf, worauf derselbe versank. Ein in der Nähe beschäftigter Arbeiter kam dem Unglücklichen mit einem Nachen zu Hilfe und konnte ihn
vom Tode des Ertrinkens retten. — Ein bei dem Straßenbau in Stetten i. R. beschäftigter Arbeiter erwartete eine Geldsendung. Em anderer Arbeiter erfuhr dies, ging sofort zur Post und meldete sich als Eigentümer der Sendung. Als am andern Tag der wirkliche Eigentümer zur Post kam und sich legitimierte, wurde die Gaunerei entdeckt. Der Betrüger wurde in das dortige Amtsgericht einzeliefert. — In Untertürkheim ließen die dortigen Milchhändlerinnen durch öffentliches Ausschellen bekannt machen, daß sie von nun an für das Liter frische Milch nur noch 11 Pfg. bezahlen. (Der bisherige Preis war 12 Pfg.)
* Mannheim, 4. August. Die heutige Nummer der hiesigen sozialdemokratischen „Volksstimme" wurde wegen des Abdruckes von „Remirüscenzen aus dem Jahre 1849 konfisziert, die Direktoren Dreesbach, Feutz und Redakteur Teufel wurden wegen Aufreizung zum Hochverrat verhaftet.
* Dem Apotheker Hartmann inStecküorn wurden in der letzten Zeit nach einander 2 Pferde vergiftet. Der oder die Uebelthäter konnten bisher leider nicht ausfindig gemacht werden.
* Villach, 3. Aug. Infolge grober Sittlichkettsvergehen in einem hiesigen Fcanziskanerkloster, beschloß der Gemeindeausschuß in der gestrigen Sitzung darauf hinzuwirken, daß die Franziskaner entweder die Stadt verlassen oder daß denselben das Unterrichtsrecht entzogen und den Schülern das Betreten des Klosters untersagt werde.
* Leipzig, 6. Aug. Der sächsische General- Staatsanwalt Held dehnte, wie der hiesige General- Anzeiger meldet, die Verfügung vom Jahre 1891, wonach Subalternbeamten der sächsischen Staatsanwaltschaft die Beteiligung an politischen Vereinen untersagt wird, auch auf die Kriegervereine aus.
* Mittweida in Sachsen, 7. Aug. Wegen sozialistischer Umtriebe hat die hiesige Polizei die freiwillige Feuerwehr aufgelöst.
* Berlin, 6. Aug. Ein amtlicher Bericht aus Tokio an die hiesige japanische Gesandtschaft bestätigt den Sieg der Japaner bei Asan. Darnach wurden am 2. Aug. die chinesischen Verschanzungen bei Chanko, in der Nähe von Asan erstürmt. Von 2800 Chinesen sind 500 gefallen. Die Japaner verloren 5 Offiziere und 70 Mann, eroberten 4 Kanonen und viel Material. Sie besetzten das chinesische Hauptquartier.
* Dem Bankier Julius Bleichröder in Berlin ist, wie man in der „Börsenzeitung" liest, der Kronenorden 4. Klasse verliehen worden. Herr Bleichröder ist in den letzten Tagen wiederholt genannt worden als Schwiegervater des Privatdozenten Dr. Leo Arons, des ersten Assistenten des physikalischen Instituts der Berliner Universität, der sich bekanntlich offen der sozialdemokratischen Parteirichtung angeschlossen hat.
* Berlin, 7. Aug. Der „Reichsanz." empfiehlt der deutschen Geschäftswelt, Waren auf Kredit nur an solche ausländischen Firmen zu liefern, über deren Zuverlässigkeit und Zahlungsfähigkeit sie die sorgfältigsten Erkundigungen bei vertrauenswerten Aus- knnftsstellen eingezogen haben.
* B erlin, 8. Aug. Die Hauptaufgabe des Reichs
tages in seiner bevorstehenden Session wird die Regulierung der Reichsfinanzen sein. Es ist noch nicht endgiltig klargelegt, aus welchen Quellen die Ausgabe für die letzte Armeevorlage gedeckt werden soll. Der Reichstag und die Reichsregierung haben aber doch nicht blos daran zu denken, wie sie für Militär und Marine Geld einbringen, sie haben doch auch an die großen Kulturaufgaben des Reiches zu denken, an die Pflege und Forderung des gesamten nationalen Lebens in allen seinen verschiedenen Ausstrahlungen. Es wäre deshalb zu wünschen, daß bei den bevorstehenden Finanzdebatten im Parlamente man nicht blos an Geldaufwendungen für Militärzwecke dächte und davon spräche, sondern sich daran erinnerte, daß auch noch manches sonst im deutschen Reiche vorhanden ist, was einer Unterstützung sehr wohl bedarf.
* Nach den soz.-dem. Blättern giebt dieBerliver Sozialdemokratie den Boykottkampf keineswegs verloren. Die „Schwäb. Tagwacht" konstatiert: „Am Sonntag vor acht Tagen konnte der „Vorwärts" zirka 1100 Bierlokale, Restaurationen und Gasthäuser benennen, in welchen kein Ringbier verzapft wird; für letzten Sonntag waren es über 1700."
* Berlin, 8. Aug. Scheidermeister Dowe behauptet in einer Zuschrift an ein hiesiges Blatt, der in Spandau durchschossene Panzer sei gar nicht von ihm gewesen, und bietet 5000 Mk. für ein Durchschießen seines Panzers.
* Zwei Millionen Liter Milch verbraucht Berlin täglich. In der Stadt selbst werden davon in 400 Molkereien mit rund 5000 Kühen 70000 Liter reine Milch gewonnen, während von auswärts jeden Morgen 1,500,000 Liter eintreffen und der Rest mittels Fuhrwerk zur Stadt gebracht wird.
* Wtlhelmshafrn, 5. Aug. Heute morgen nach 8 Uhr trat der Kaiser mit der Hohenzolleru, welcher der Kreuzer Prinzeß Wilhelm folgte, die Reise nach Co wes au. Kaiser Wilhelm ist andern Tags nachmittags 3 Uhr daselbst eingetroffen und begab sich alsbald zur Begrüßung der Königin nach Osborne.
* Etwas viel verlangt ist es, wenn am Schluffe einer Einladung eines Bürgerschützenvereins zu Erkrath in der Nähe von Düsseldorf steht: Die Bürger Erkraths werden gebeten, zur Verschönerung des Festes Flaggenfchmuck anzulegen!
Ausländisches.
'Rom, 7. Aug. Die Mutter Caserios schrieb an Madame Carnot, die Welt werde ihre Großmut ehren, wenn sie sich für ihren unseligen Sohn verwenden werde.
* Paris, 6. Aug. Zuveclässigerseits wird gemeldet, ein Mitglied des Prüfungsausschusses für die Erfindung Turpins erklärte: Die Mehrheit des Ausschusses sei überzeugt, daß Versuche müder Erfindung Turpins demnächst vor einer Kommission von Generalen stattfänden. Der Kriegsminister Mertin lasse in der nächsten Woche neue Prüfmaschinen nach Plänen Turpins anferttgen.
* Parts, 7. Aug. „Petit Paristen" meldet, daß gestern an der italienischen Grenze bei Cannes auf französischem Gebiet ein höherer italienischer Offizier verhaftet worden sei, als er mit der Zeichnung einer
KerzenswanbLungen.
(Fortsetzung.)
„Aber meine Augen?"
„Baden Sie dieselben in kaltem Wasser und machen Sie sich bereit. Sie würden mir eine wahrhafte Freude machen, wenn Sie mich begleiten wollten."
Nach vielen Gegenreden gab Jda den Bitten der Gräfin nach. Madame Avioli war in einem offenen Wagen gekommen. Die kühle, angenehme Lust, die rasche Fahrt und ihr lebhaftes Geplauder brachten die leichte Röte in Jdas Wangen und den Glanz in ihre Augen zurück. Sie hatte wieder ihr gewöhnliches Aussehen, als plötzlich eine Stimme an ihr Ohr drang, deren Ton sie unwillkürlich zusammenschrecken machte.
„Welches Glück, Ihnen zu begegnen, meine Gnädigen! Wohin fahren Sie?"
Es war Oberst St. Argyle, der auf einem herrlichen Pferde an dem Wagenschlage hielt.
„Das ist schwer zu beantworten," sagte die Gräfin. „Aufrichtig gesagt, wir wissen es selbst nicht."
„Dann werde ich Sie begleiten," sagte der Oberst lachend.
„Aber wenn wir keine Begleitung wünschen?"
„Sie werden doch nicht so grausam sein, mich fortzuschicken s" bat der Oberst, während er neben dem Wagen herriit.
„WennSierecht liebenswürdigu. unterhaltend sein wollen, mögen Sie bei uns bleiben," erwiderte die Gräfin.
„Ihre Gesellschaft wird mich dazu begeistern," rief der Oberst galant.
Jda hatte außer einigen Worten höflicher Begrüßung weder gesprochen, noch einen Blick für den Begleiter. Sie war verstimmt, daß Argyle sie bemerkt hatte, gegen den sie Widerwillen zu empfinden begann. Sie wäre viel lieber mit der Gräfin allein gewesen, auch war es ihr unangenehm, Reginald auch nur einen Schatten von Berechtigung für unbegründete Eifersucht zu geben-
„Habe ich vielleicht dem Geist der Schweigsamkeit über Frau Delamare hei^sbeschworen ?" fragte Oberst Argyle munter, nach ein oder oder zwei vergeblichen Versuchen, sie in das Gespräch hineinzuziehen.
„Wie geht das zu, Jda?" fragte die Gräfin Avioli lächelnd. „Es muß wirklich au Ihnen liegen, Oberst, denn die kleine Frau war gesprächig genug, ehe Sie kamen."
Jda blickte mit blitzenden Augen auf, um die Beschuldigungen zurückzuweisen, sie wollte nicht, daß der Oberst glauben solle, seine Gesellschaft habe in irgend einer Werse Einfluß auf ihre Stimmung, als plötzlich Pferdegetrappel sich auf dem Reitwege vernehmen ließ und einige elegante Reiter an ihnen vorbeisprengten. Mit einem Blick hatte sie ihren Mann erkannt, dessen Auge mit strengem, vorwurfsvollen, bitter verächtlichen Ausdrucke das ihrige traf.
„Ihr Gatte!" rief die Gräfin. „Warum hält er nicht an, um mit uns zu sprechen?"
„Schon wieder," dachte Jda, die Hände krampfhaft zusammenpressend. „Was hilft es mir, gegen das Verhängnis zu ringen? Ich kann mich ebenso gut widerstandslos dem überwältigenden Strome überlassen."
Inzwischen hatte Reginald in einiger Entfernung von dem Wagen den rasenden Galopp seines Pferdes gezügelt und den anderen Reitern Zeit gegeben, ihn einzuholen. Es waren Dalton und Longsdale.
„War das nicht St. Argyle, der mit Ihrer Frau und der Gräfin Avioli sprach ?" fragte Dalton, etwas außer Atem von dem schnellen Ritt. „Ich glaubte sein Pferd zu erkennen, aber wir sausten an ihnen vorüber, wie ein Wirbelwind, so daß ich Mühe hatte, mich in dem Sattel zu halten."
„Ja, er war es," sagte Longsdale. „Eine kuriose Geschichte, nicht wahr, jene Affäre zwischen St. Argyle und dem armen Kerl, dem du Plessis?"
„Ich habe nichts davon gehört. Irgend etwas Neues?" fragte Dalton, stets begierig, eine Skandalgeschichte zu hören.
„Nun, es scheint, daß St. Argyle ziemlich hoch spielt, und kein eigenes Geld zu verlieren hat. Madame du Plessis hatte die Gewohnheit, ihrem Gatten fabelhafte Summen unter diesem oder jenem Vorwände abzuverlangen. Der arme du Plessis gab ihr arglos, was ste forderte, bis vor kurzem, wo es bet dem Scheidungsprozefse durch einen der Zeugen herauskam, daß jenes Geld dazu gedient hatte. St. ArgyleS Spielschulden zu bezahlen."
„Der Schurke!" rief Dalton. „Ich bin empört über die Gesetze der Gesellschaft, welche es duldet, daß ein Elender, wie dieser St. Argyle, straflos ausgeht, während sie die ganze Schwere der Vergeltung an einem schwächlichen, hilflosen Weibe ausübt."
Longsdale zuckte die Achseln.