in gemeinsamer Arbeit zurückblicken. Unser aller Leitstern war das Wohl des Landes, wenn auch in der Wahl der Mittel die Anschauungen auseinandergtn- gen. Nachdem der Präsident allseitig gedankt für das Vertrauen und die Mithilfe, die man ihm bei der Führung der Geschäfte entgegen gebracht, spricht Dentler den Dank des Hauses aus für die Umsicht, die Sachkenntnis, das Wohlwollen und die Unparteilichkeit, womit Herr v. Hohl die Geschäfte leitete. (Das hohe Haus erhebt sich.) Die Sitzung ist geschlossen. Nach der gemeinsamen Sitzung trat Herr v. Mittnacht an den Ministertisch, um im Namen des Königs den Landtag als in Gnaden entlassen zu erklären. Auch der Minister giebt sodann eine kurze Geschäftsüberstcht und meint, daß die Witterungs- Verhältnisse zu der Hoffnung berechtigen, daß die durch die Futternot geschlagenen Wunden sich bälder schließen werden, als man noch vor wenigen Monaten annahm. Zum lebhaften Bedauern konnte man über die Verfassungsreviston nicht zu einer Verständigung gelangen, da die Ansichten zu sehr auseinandergehen. Was das nicht mehr erledigte Volksschulgesetz anbelangt, so werde eine neue Vorlage unter Berücksichtigung der in der Kammer zu Tage getretenen Wünsche eingebracht. Für das unter Mitwirkung des Landtags Erreichte spricht der Minister den königl. Dank aus. Fürst Waldburg-Zeil bringt ein begeistert aufgenommenes Hoch auf den König aus, worauf man sich trennte.
Laudesnachrichteu.
* Alten steig, 8. Juni. Nachdem die Mehlpreise in letzter Zeit wesentlich zurückgegangen sind, haben sich unsere Bäcker dazu verstanden, die Preise des Brotes ebenfalls herabzusetzen. Es kosten nun 4 Pfd. Schwarzbrot 40 Pfg. (seither 44), 2 Pfd. Kernenbrot 23 Psg. (seither 25), 1 Pfd.-Laible 12 Pf. (seither 13.) Dieses Vorgehen der Bäcker ist erfreulich und hoffentlich läßt bet dem großen Futterreichtum eine Reduktion der Milchpreise gleichfalls nicht mehr lange auf sich warten.
* Alpirsbach, 6. Juni. Ueber die auch von uns der „Schwäb. Dorfztg." entnommene Nachricht betreffs Suspendierung des hiesigen Stadtschultheißen wird der „Schwarzw. B." von amtlicher Sette aufmerksam gemacht, daß diese Mitteilung der Wahrheit nicht entspreche.
* Li ebenzell, 5. Juni. Nachdem vor vier Jahren der hiesige Liederkrauz das Fest einer Fahnenweihe begangen hat, wird nun am Sonntag, den 1. Juli d. I. die hiesige freiwillige Feuerwehr ihr 25jähriges Jubiläumsfest verbunden mit Fahnenweihe begehen. Es verspricht die Beteiligung an dem Feste von seiten der Nachbarorte eine sehr starke zu werden.
* Aidlingen, 6. Juni. Fortuna hat es dieser Tage mit einem hiesigen Bürger gut gemeint. Der Schuhmachermetster A. Gampper kaufte für seine Müder ein Los von der Laudenbacher Kirchenbaulotterie, auf welches der respektable Gewinn von 7000 Mk. gefallen ist, welche bereits von dem betr. Losverkäufer in Stuttgart ausbezahlt wurden.
* Böblingen, 5. Juni. Wegen Anbietens in Württemberg nicht konzessionierter Mecklenburger und Saalselder Lotterielose wurde vom Schöffengericht
Böblingen die ledige Amalie Gerloff in Nauen bei Berlin gemäß Art. 7 Ziffer 3 des württembergischen Polizeistrafgesetzes zu der Geldstrafe von 120 Mk>, eventuell 12 Tagen Haft verurteilt. Dieselbe hatte einem Einwohner von Weilimdorf gedruckte Prospekte übersandt, denen eine gedruckte Instruktion beigegeben war, wie sich Käufer verbotener Lose zu verhalten haben, nämlich daß sie eventuell die Wahrheit nicht eingestehen und vor Gericht das Zeugnis verweigern sollen, weil an der strafbaren Handlung selbst beteiligt. Diese Anweisung wurde als straferhöhend angerechnet und die gegen das schöffengertchtliche Urteil eingelegte Berufung vom Landgericht Stuttgart kostenpflichtig verworfen.
* An der K. Universität Tübingen befinden sich im laufenden Sommerhalbjahr 1209 Studierende, worunter 801 Württemberger und 408 Nichtwürttem- berger.
' Nach der Rangliste des 13. (württ.) Armeekorps für 1894 sind von circa 900 württ. Offizieren 48 nach Preußen kommandiert, während 29 preußische Offiziere nach Württemberg kommandiert sind« 1893 war das Verhältnis 43 und 29, 1892 39 und 25.
* Cannstatt, 6. Juni. Wiederholte chemische Untersuchungen des städt. Untersuchungsamts hier ergaben, daß die von der Polizeibehörde übergebenen Proben von auswärts bezogenem Schweineschmalz mit Baumwollsamenöl oder Talg und von sog. Allgäuer Rindschmalz mit Margarinfett in ganz erheblicher Weise verfälscht waren, so daß gerichtliche Verfolgung wegen Nahrungsmittclverfälschung einzuleiten war.
* Waiblingen, 5. Juni. Das Fußartillerie- bataillon Nr. 13, Garnison Ulm, sollte gestern mittag 11 Uhr auf dem Rückmärsche vom Schießplätze Wahn bei Köln hier eintreffen und Quartiere beziehen. Die Truppen trafen aber sehr verspätet (nach einem Bericht des „Schw. Merk." erst um 1 Uhr) und mit einer Anzahl Maroden und Kranken truppweise ein. Durch hiesige Fuhrleute wurden diejenigen, welche auf der Landstraße zwischen Waiblingen und Neckarrems nicht mehr weiter kommen konnten, hieherge- bracht. Noch auf dem Wagen starb der Einjahrig- Freiwillige Martz von Balingen, ein weiterer Kanonier, gebürtig aus Hannover starb abens im hiesigen Bezirkskrankenhause, ein dritter Mann liegt schwerkrank heute noch hier. Wie die Soldaten erzählten, ist das Bataillon erst um 7 Uhr morgens in Großbottwar abmarschiect und hat bet dem hügeligen Terrain in drückender Schwüle nur ein einzigesmal Halt gemacht, auch den letzten Teil des Weges in sehr raschem Tempo zurückgelegt. Obwohl die Mannschaft, wie jedermann sah, äußerst herabgestimmt war, auch viele fußkranke Leute dabet waren, wurde heute der Marsch dennoch über den Schurwald nach Ebersbach a. Fils fortgesetzt, allerdings wurde diesmal schon um 5 Uhr abmaschiect und mit erleichtertem Gepäck.
* Waiblingen, 6. Juni. Das hier einquartierte Bataillon verließ gestern früh 5 Uhr die hiesige Stadt mit klingendem Spiel, die Stadt, in welcher zwei tote Kameraden lagen, sowie ein dritter, von dem man nicht weiß, ob er mit dem Leben davonkommen
^ wird, und außerdem noch mehrere auf dem entsetz
lichen Marsch Erkrankte. Einige derselben kamen so erschöpft hier an, daß sie nichts mehr essen konnten, vielmehr nur trinken wollten. Der hier verstorbene Einjährig-Freiwillige wurde gestern von seinen Verwandten abgeholt, um in seine Heimat Balingen verbracht zu werden, woselbst er beerdigt wird. Der hiesige Krieger- und Militärverein gaben demselben das Geleite bis an den Bahnhof, wo der Vorstand des Kriegervereins im Namen der beiden begleitenden Vereine einen Kranz auf den Sarg legte. Heute nachmittag um 2 Uhr fand die Beerdigung des zweiten hier verstorbenen Soldaten statt. Der Vorstand Schätzle, welcher den Kranz des Militärvereins niederlegte, hob in seiner Rede am Grabe hervor, daß viele Waiblinger, welche nach den ihnen ins Quartier zugewiesenen Soldaten fragten, zur Antwort erhielten: „draußen liegen sie im Grab er»," und daß ein solcher Einzug in Waiblingen noch nie vorgekommen sei. Seitens der Offiziere wurde gleichfalls ein prachtvoller Kranz niedergelegt, ebenso von den ^ Unteroffizieren und von hiesigen Einwohnern. Der ! gauze Vorgang vom Einzugstage des Bataillons bis zu seinem gestrigen unter klingendem Spiele erfolgten Abmarsch hat unter der hiesigen Bevölkerung eine hochgradige Erregung hervorgerufen.
* H eilbronn, 6. Juni. Der Gemeinderat beschloß in seiner heutigen Sitzung, er wolle zu der Pensiontrung Hegelmaiers keine Stellung nehmen, ^ bevor nicht das Gesuch (des Gemetnderats) um Dienst- i enthebung erledigt sei. Der Bürgerausschuß wolle angesichts dieses Beschlusses auch keine» Schritt thuu, billigte aber das Verhalten des Gemeinderats und gab insbesondere zu, daß die Gründe, die der Gemeinderat in seiner Eingabe angezogen, triftige seien.
Als besonders ins Gewicht fallend wird angeführt, daß Hegelmaier sich vor dem Disziplinarhof über manche Gemetnderäte mißliebig geäußert und einzelnen eine eigennützige Handlungsweise vorgeworfen habe.
* Ulm, 5. Juni. Gestern wurde der inhaftierte Bernheim an die Mordstätte im Gökelschen Hause geführt und dort einem längeren Verhör unterzogen. Hierauf wurde die Untersuchung im Klingerschen Hause in der Grünhofgaffe, in der Wohnung Bernhetms fortgesetzt. Als Becnheim wieder in das Untersuchungsgefängnis zurückgebracht wurde, kam es zu > unschönen Scenen. In der Grünhofgaffe hatte sich s eins große Menschenmenge, darunter viele Schulkinder, angesawmelt, die bei dem Erscheinen Bernheims in laute Verwünschungen ausbrach; während des Transports strömten immer neue Scharen hinzu und der Auflauf nahm schließlich einen solchen Charakter an, daß Beruh eim außer durch den Gefängnisaufseher auch noch durch den Polizei-Inspektor und vier Schutzleute geschützt werden mußte, sonst hätte die etwa 2000 Köpfe betragende Menge Lynchjustiz geübt. Heute Vormittag 9 Uhr wurde Bernheim unter Begleitung zweier Gefängnisaufseher vor den Untersuchungsrichter geführt. — Die mit Blutflecken behafteten Gegenstände, welche in der Wohnung Bernheims versteckt aufgefunden wurden (Messer, Garniernadel), sowie die Hose, find zur Untersuchung nach Tübingen gesandt worden. Hierorts wurden die Flecken als von Menschenblut herrührend festgestellt.
* (Verschiedenes.) Beim Abführen von Lang-
da sie sich dem Staatsanwalt allein gegenüber sah, begann sie zu zagen. O Gott, sie hatte sich wohl mehr vorgenommen, als sie ausführen konnte. Was sollte sie nun thun s Es war als ob sie auf einmal alles, was sie sagen wollte, und was sie sich so schön ausgedacht hatte, vergessen hätte.
Indessen kam ihr der Staatsanwalt höflich und mit Freundlichkeit entgegen. Nachdem er sie zum Sitzen genötigt, was sie erst nach einigem Sträuben annahm, sagte er gütig: „Ich freue mich, daß Sie gekommen sind. Ich wollte Sie schon rufen lassen, da Sie mir vielleicht wichtige Aufklärungen geben können. Ich muß Sie aber bitten, sich in allen Stücken genau an die Wahrheit zu halten und weder etwas zu verschweigen, noch etwas hinzuzusetzen."
Nachdem Lina dies leise und schüchtern versprochen hatte, fuhr er fort: „Sie sind schon längere Zeit als Kellnerin im „Prinzen von England?"
„Ja, über ein halbes Jahr."
„Wo waren Sie früher?"
„Bei meinem Vater. Meine Mutter war schon vor sechs Jahren gestorben. Wir hatten ein kleines Restaurant. Aber als mein Vater starb, da blieb nichts übrig, und da habe ich die Stellung im „Prinzen von England" angenommen."
„Kannten Sie Herrn Kramer schon früher?"
„Nein ich habe ihn erst dort keunen gelernt."
„Wann etwa?"
„Bald, nachdem ich hingekommen war."
„Und Kramer hat sich um Sie beworben?"
Lina errötete noch stärker «. nickte verschämt: „Ja l"
„Bekamen Sie in ihrer Stellung Gehalt?"
.Ja."
„Erhielten Sie auch regelmäßig Trinkgelder von den Gästen?"
„Ja, fast von allen."
„Auch Kramer hat ihnen wohl viel Trinkgeld gegeben?"
„In der ersten Zeit, als wir uns kennen lernten, ja. Nachher habe ich nichts mehr von ihm genommen."
„So? Aber er wird Ihnen Geschenke gemacht haben?"
„Zu Weihnachten hat er mir diese Kette geschenkt," erwiderte Lina, indem sie auf die Korallenkette zeigte, die sie um den Hals trug.
„Und sonst nichts?"
„Nein, ich habe weiter nichts angenommen."
„Warum nahmen Sie eigentlich von Kramer nichts an?"
„Lina lächelte verschämt und blickte auf ihr Kleid nieder, auf dem sie mit Eifer eine Falte glatt zu streichen suchte. „Wir wollten uns ja heiraten," erwiderte sie dann.
„yal Ihnen das Kramer gesagt?"
„Gesagt hat er es nicht gerade," entgegnei Lina zögernd, indem sie noch immer an der Falt glättete, „aber so was merkt man doch. Wir ginge manchmal zusammen aus und da sagte er dann, da wir zusammen paßten, und so was. Und daß er e ehrlich meinte, das wußte ich ja auch. Und heul Morgen hat er es mir auch gesagt, daß wir uns he raten wollen."» „ ^
„Wie? Heute Morgen?" fragte der Staatsanwalt aufmerksam. Sollte hier doch vielleicht irgend ' etwas nicht ganz in Ordnung sein? Jedenfalls war > das Zusammentreffen denn doch merkwürdig.
„Ach. Herr Staatsanwalt," sagte Lina, die allmählich lebhafter wurde, „denken Sie doch nichts Schlechtes! Das ist es ja gerade, warum ich komme. > Das war nämlich zwischen uns schon lange. Ich wollte ja doch gern aus dem Wirtshausleben heraus und hätte es ja am liebsten gesehen, wenn wir nicht noch lange warten müßten. Und ich spielte denn auch manchmal darauf an, weil tch's gerade heraus doch nicht sagen konnte. Und er verstand es ja auch, j (Fortsetzung folgt.) !
Wähne nicht!
Wähne nicht, was du mußt tragen,
Ist die allerschwerste Last,
Hörst du nie den Andern sagen,
Daß er selbst erlieget fast?
Wähne nicht, daß deine Sorgen Enden einst nach kurzer Frist,
Wisse, hier tagt nie der Morgen,
Wo du ohne Kummer bist!
Wähne nicht, du hast gesunden Einen Freund, der denkt wie du,
Es ist Täuschung, schnell entschwunden, Schließ dein Herz vor allen zu!
Wähne nicht, du mußt erliegen,
Kannst nicht weiter kämpfen nun,
Wenn du willst, so kannst du siegen. Aber niemals kannst du ruhn!