einem Leipziger Beamten z« teil, der lange Zeit hindurch mit einem hiesigen Herr» Karte gespielt hat. Der Alte hat seinem treuen Mitspieler in seinem Testament eine Summe von 50000 Mk. ausgesetzt.
* Hamburg, 3. Mat. In der Gerb- und Farb- Holz-Fabrik von D. L. Waitz und Renner barsten gestern nachmittag zwei Kessel und wurden durch das zweistöckige Gebäude emporgeschleudert. Ein Kessel ging im Hofe der Fabrik nieder, der andere flog etwa 200 m weit, hoch über die Häuser des Billhorner Röhrendammes hinweg. Glücklicherweise richteten beide Kessel beim Ntederfallen kein Unglück an. Leider wurden vier in der Fabrik beschäftigt gewesene Arbeiter schwer verletzt; einer starb bald, die andern wurden ins Krankenhaus geschafft. Es herrscht große Aufregung in der Umgebung, weil überdies drei Arbeiter vermißt werden, die man unter den Trümmern begraben glaubt.
Ausländisches.
* Graz, 7. Mai. Der Taucher ist in die Lug- lochhöhle etngedrungen und giebt an, daß sämtliche Eingeschlossenen leben, die Rettung sei zweifellos.
* Wien, 7. Mai. Heute mittag um 12 Uhr wurden sämtliche 7 Höhlenforscher aus dem Lugloch durch Forstadjunkt Puttig gerettet; sie sind gesund. Es herrschte großer Jubel überall, alle Glocken läuten.
* W i e n,, 8. Mai. Die Rettung der im Lugloch Eingeschlossenen erfolgte folgendermaßen: Nachdem um 11 Uhr vormittags das Wasser infolge der Stauungen von 20 auf 12 Centtmeter gesunken war, drangen der Forstadjunkt Putik nebst dem Taucher Fischer in die Höhle ein und erreichten die Eingeschlossenen, welche angaben, am Dienstag die ihnen zugesandte Kiste mit Lebensmitteln erhalten zu haben. Nachdem ihnen einige Lebensmittel gereicht worden waren, wurden die Sprengungen fortgesetzt, und um 4V» Uhr konnten die Eingeschlossenen auf Tragbahren ans Tageslicht gefördert werden. Abends wurden die meisten mittels Rettungswagen nach Graz gebracht. Der Realschüler Haidt ist sehr angegriffen; die übrigen dürften sich bald erholen.
* Wien, 8. Mai. Die Befreiung der gefangenen Höhlenforscher aus dem Lugloch erregte die freudigste Sensation. Seit langem beschäftigte kein Ereignis in solchem Maße die gesamte Oeffentlichkeit. Die Wirkung der Nachricht war unbeschreiblich. Die Journale wurden telegraphisch und telephonisch um Details bestürmt. Der Kaiser depeschierte ap den Statthalter von Steiermark in Ausdrücken der größten Freude über die Errettung und lobte die energische Aktion. Diese war nur erfolgreich durch den in letzter Stunde entworfenen Plan des vom Ackerbau- Ministerium aus den Schauplatz entsendeten Forstinspektors Wilhelm Putik aus Laibach, welcher Dämme graben und gleichzeitig Sprengungen vornehmen ließ, wodurch endlich der Weg zu den Gefangenen freigelegt wurde. Der erste, der um 3^ Uhr nachm, durch das Schlupfloch zu ihnen kroch, war der Taucher Rudolf Fischer, ein früherer Unteroffizier. Derselbe stieg mir Lebensgefahr hinab und verfiel dann nach der Rückkehr in heftiges Fieber und Schüttelfrost. Fischer fand die Gefangenen alle lebend und in ver
hältnismäßig guter Kondition vor; sie hatten jene Proviantkiste, die man ihnen am Dienstag zuschwimmen ließ und die man verloren glaubte, wirklich erhalten und von den Nahrungsmitteln, welche dieselbe barg, gelebt. Alle waren guten Mutes mit Ausnahme des 17jährtge« Realschülers Rudolf Haidt, der zum Skelett abgemagert und fast blödsinnig geworden ist. Er mußte auf einer Tragbahre transportiert werden. Alle erklärten, Furcht nicht empfunden zu haben, weil sie wußten, man werde zu ihrer Rettung alles aufbteten. Als sie vollends am Samstag Schüsse hörten, verzweifelten sie nicht mehr an ihrer Befreiung; nur Haidt sprach immer vom Tode, gestern abend wurden die Höhlenforscher nach Graz gebracht, wo sie ein tausendköpfiges Publikum mit Ovationen empfing.
* Wien, 8. Mai. Etwa 1000 streikende Maurergehilfen griffen heute vormittag die auf dem Bürgerplatz Arbeitenden an. Die Wache, welche die Ansammlung zerstreuen wollte, wurde mit Steinen beworfen und hieb dann mit flacher Klinge ein; 7 Verhaftungen wurden vorgenommen.
* Am Mittwoch hat in Rom der Prozeß der BancaRomana begonnen. Die Hauptangeschuldigten find der Direktor dieser Bank, Bsrnardo Tanlongo und der Hauptkasster Lazzaroni. Außerdem sind unter Anklage der Handelsdirektor Monzillt, ein Neffe des Hauptkassters, Michel Lazzaroni, der Advokat Reluzzi, sowie die Beamten der Bank Agazzi und Toccafondi. Die Anklage lautet auf Veruntreuung und Unterschleif; unter den Verteidigern befinden sich die berühmtesten Advokaten, auch die Leiden früheren Justizminister Pesstna und Villa. Die der Anklage zu Grunde liegenden Vorkommnisse find kurz folgende. Im Dezember 1892 legte Ministerpräsident Giolittt der Kammer ein Gesetz vor, wodurch das Vorrecht der 6 Zettelbanken auf 6 Jahre verlängert werden sollte. Der Abgeordnete Colajanni trat aber sofort sehr schroff gegen die Vorlage auf und enthüllte die Lage der Banca Romana rücksichtslos. Eine sofort angestellte parlamentarische Erhebung ergab schauerliche Dinge, und die Verhaftung Tan- longos, bis dahin einer der angesehensten Finanzmänner, sowie des Hauptkassters Lazzaroni erfolgte alsbald. 15 Monate sitzen die beiden nunmehr in Haft. Es wurde festgestellt, daß der Notenumlauf um mehr als 60 Mill. überschritten worden und ein Fehlbetrag von mehr als 28 Mill. vorhanden war; für mehr als 40 Mill. gab es falsche Scheine. Diese ungeheuerlichen Schwindeleien sollen jetzt vor Gericht gesühnt werden.
* Mailand, 7. Mai. Achtzig Sozialisten pfiffen Crispi bei der Vorbeifahrt aus. Das Publikum protestierte und brachte Erispi eine lebhafte Kundgebung dar. Crispi reist abends nach Rom, um morgen der Beratung ves Kriegsbudgets in der Kammer beizuwohnen.
* Paris, 7. Mai. Gestern als am Geburtstage Napoleons I. wurden seit vielen Jahren zum erstenmale wieder Kränze an der Vendomesäule nteder- gelegt. Die Polizei ließ die Manifestanten unbehelligt.
* Paris, 7. Mai. Bei der Kammerwahl in Loches ist Daniel Wilson wieder gewählt.
* Haag, 5. Mai. Die königl. Kommission, welche unter dem Vorsitz des Ministers Lely das Projekt der Trockenlegung der Zuidersee berät, hat ihre Arbeiten beendet. Von 26 Mitgliedern find 21 für die Trockenlegung und Errichtung eines Dammes von Nordholland nach Fciesland. Die Kosten find auf 189 Millionen Frs. veranschlagt oder 315 Mill. mit Zinseszinsen; darin sind die Kosten für Verteidig- ungsmaßregeln und Schadloshaltung der Fischer der Zuidersee einbegriffen. Die Kommission empfiehlt einstimmig, die Arbeiten durch den Staat ausführen zu lassen. Durch die Trockenlegung werden 190 000 Hektar Boden im Werte von 326 Millionen gewonnen.
* Zehn Zentner Gold in Zwanzigmarkftücken wurden am Samstag von der Zollkammer Sosnowice nach Warschau befördert. Diese Sendung, welche einen Wert von über 1,300,000 Mk. repräsentierte, ist, wie der „Oberschl. Anz." konstatiert, der Zollerlös für deutsche, nach Rußland ausgeführte Waren für einen Zeitraum von 10 Tagen.
* New - Iork. Infolge der Ermordung eines Weißen, namens Boyce, in Madison in Louisiana durch einen von ihm beschäftigten Neger, ist die Erbitterung zwischen der weißen und schwarzen Bevölkerung in jener Gegend aufs höchste gestiegen. In der vergangenen Woche sind nicht weniger als acht Neger gelyncht worden.
* Ein wahres Eldorado für Gauner and Spitzbuben muß das Städtchen Alogrete im Staate Rio Grande de Sul (Brasilien) sein, wenn das dort erscheinende Blatt „Til" sich veranlaßt fühlt, folgenden Schmerzensschrei auszustoßen: „Der Stand der Dinge in der Stadt ist einfach schändlich. Man sollte nicht glauben, daß dergleichen am Ende des 19. Jahrhunderts in einer Stadt von 4000 Seelen möglich wäre. Die wichtigsten Zweige der öffentlichen Verwaltung sind von den Beamten im Stiche gelassen worden und befinden sich in gräulicher Verwirrung. Die Kaserne des 18. Infanterie-Bataillons, dies schöne, geräumige Gebäude im Norden der Stadt, ist von Strolchen aller Art, von denen es hier wimmelt, nach und nach ausgeraubt worden; nichts, was nicht ntet- und nagelfest war, ist von ihren Diebesftngern verschont geblieben. Sämtliche Möbel find verschwunden, selbst Thüren, Fenster und Fensterläden wurden ausgehoben, Eisenplatten losgerissen, und sogar die eisernen Fenstergitter wurden ausgebrochen, mitgenommen und am Hellen, lichten Tage durch die Straßen geschleppt. Nun ist allerdings eine Durchsuchung verschiedener Häuser veranstaltet worden, um die gestohlenen Gegenstände wieder zurückzubringen, aber es ist nur in kleinen, armseligen Hütten und Baracken nachgeforscht worden, in welchen sich unmöglich große Schränke, seine Schreibtische, Schaukelstühle ec. verstecken ließen. Hätte man doch auch in anderen Häusern nachgesucht! Den armen Leuten wurde ihr bischen Habe konfisziert, worunter sich wohl auch eine oder die andere von den abhanden gekommenen Kleinigkeiten befand, aber der Staat hat nichts damit gewonnen." — Das sind freilich recht nette Zustände!
* Mit seiner Expedition durch den südlichen Teil der Kolonie Deutschostafrika hat der neue Gouverneur Frhr. v. Schele die dritte und bisher größte
Der hätte so viel genommen, als er kriegen konnte. Sehen Sie hier das Paket Hundertmarkscheine, das ganz obenauf liegt; das hat der Einbrecher schon in der Hand gehabt und hat es dann wieder htneinge« worfen; das hätte kein richtiger Einbrecher gethan. Und hier liegt eine lange Rolle Zwanzigmarkstücke; die Hai er offenbar übersehen. Er muß es furchtbar eilig gehabt haben."
„Eilig?" fragte der Staatsanwalt, „weshalb eilig? Der Mord ist doch offenbar bald nach Mitternacht, vielleicht schon gestern abend verübt worden und der Mörder hatte die ganze Nacht vor sich. Ec hatte doch nicht nötig, sich zu beeilen."
„Nun", meinte der Kriminalbeamte, „es sieht so aus, als wäre ihm bei der ganzen Sache unheimlich geworden, und er hätte nicht recht gewußt, was er in seiner Aufregung thun sollte."
„Und was schließen Sie daraus."
„Was ich schon sagle, daß es kein gewiegter Einbrecher war; daß das hier wohl nur ein Versuch gewesen ist, und daß es dem Thäter dabei selber unheimlich wurde. Ec hat die Geldkiste planlos durchwühlt; er hat diese Päckchen mit Geldscheinen herausgeholt und sie dann wieder hineingeworfen; er hat eine Rolle mit Goldstücken durchbrochen und dabei fünf oder sechs auf die Erde fallen lassen, offenbar, weil seine Hänoe zitterten."
„Sie werden recht haben," erwiderte der Staats- anwalr nachdenklich. „Und die Sache ist auch wahrscheinlich genug. Es wird eine der Personen gewesen sem, die bei ihm etwas zum Versatz gebracht hatten.
Vielleicht, daß der Alte damals eine größere Summe Geldes in dem Pulte draußen hatte und dadurch die Begehrlichkeit gereist wurde. Jedenfalls scheint es mir klar, daß der Einbrecher nur durch einen unglücklichen Zufall sein Zeel erreicht Hai. Wäre der Alte in den Hinteren Zimmern geblieben, so hätte der Mörder vermutlich weder Gelegenheit zum Stehlen, noch zum Morden gefunden. Aber indem der Alte selbst den Zugang öffnete, war er verloren."
Man packte, nachdem die vorhandene Summe gezählt und detailliert zu Protokoll genommen war, den Inhalt der eisernen Kiste in einen großen leinenen Sack. Auch die Geschäftsbücher und sonstigen Papiere, die sich vorfanden, wurden mit Beschlag belegt, da daraus jedenfalls die Namen derjenigen Personen zu ersehen waren, die mit dem Trödler verkehrt hatten. Dieselben waren übrigens nicht angecührt worden. Auch sonst fand sich vom Mörder keme Spur. Nirgends war etwas zurückgeblieben, kein Stückchen Papier, kein Streichholz noch sonstiges Merkmal.
„Das Licht," sagte der Staatsanwalt plötzlich. „Womit hat er sein Werk beleuchtet? Denn er konnte unmöglich im Dunkeln arbeiten und der Leuchter des Alten liegt auf dem Boden unangerührt. Das Licht muß b.i dem Kampfe erloschen sein und ist nicht wieder angezündet worden."
„Ich habe mich auch schon danach umgesehen," erwiderte der Kriminalbeamte, „aber es ist nichts zu entdecken. Wahrscheinlich wohl hat er eine Laterne gehabt, vielleicht eine Art Diebeslaterne mit einem Schieber davor, wie sie häufig gebraucht werden."
„Entschuldigen Sie," sagte Vater Fritz, der noch immer daon stand, „aber das glaube ich nicht. Vorhin erzählte mir ein Nachbar, dec gegenüber wohnt, daß er in der Nacht L cht bei dem Alten gesehen hat, das hin und her ging, aber das seinen Schein auf die beiden Rouleaux fallen ließ, die vor den Fenstern sind. Wäre es eine solche Laterne gewesen, so hätte man draußen überhaupt nichts gesehen, oder es wäre doch nur ein Teil beleuchtet gewesen."
Der Staatsanwalt ließ den neuen Zeugen sofort herbeirufen. Es war ein Arbeiter, dec gegenüber wohnte und etwas vor Mitternacht nach Haus gekommen war. Er hatte zu seinem Erstaunen gesehen, daß es bet dem Alten noch hell sei, während derselbe sonst immer schon gegen zehn Uhr das Licht zu löschen pflegte. Es sei kein sehr starkes, doch ein gleichmäßiges Licht gewesen, mir dem die Vorhänge beleuchtet worden seien; ihm sei es vorgekommen wie eine kleine Kerze. Er hätte sich aber nicht weiter darum bekümmert und sei zu Bett gegangen.
Der Staatsanwalt überlegte einen Augenblick. Es schoß ihm ein Gedanke durch den Kopf, doch äußerte er ihn vorläufig nicht.
(Fortsetzung folgt.)
(Lesefrüchte.) Das Bose, das man an sich hat, straft man desto härter an Anderen.
Niemand mag sich einen richtigen Begriff von seines Nächsten Leiden zu machen.