kanntlich hat sich der Reichstag die Bemessung des Geldbedarfs für das Denkmal Vorbehalten, als er der Person des Monarchen die Entscheidung über den Platz und die Gestalt des Standbildes anheimgab. (Das jetzt im Foyer des Reichstages aufgestellte Modell wird übrigens fast von allen Seiten abfällig beurteilt.)
* Frankfurt a. M. Ueber das Ende eines Lebensüberdrüsfigen erzählt der Polizetbericht eine Geschichie aus der hiesigen Umgegend. Ein seit einer langen Reihe von Jahren bei einem Landwirt in Steckbach in Dienst stehender Knecht Reininger hat sich am letzten Freitag aus seiner Stelle entfernt. Er hatte vorher erzählt, daß er seine Ersparnisse in der Hdh: von etwa 1800 Mk. bei der Sparkasse in Hanau erheben, den Betrag vergraben und sich dann selbst erhängen wolle. Am 5. Januar wurde in der Nähe der Tempelseemühle bei Offenbach an einem Baume hängend in der That die Leiche eines etwa 52 bis 53 Jahre alten Mannes aufgefunden, auf den die Beschreibung des Reininger genau paßt.
* Einen Feldhüter, der nicht krank werden darf, sucht die Polizeiverwaltung in Paderborn. In der Bekanntmachung heißt es ausdrücklich: „Bei mangelhaftem Wohlbefinden tritt sofortige Entlassung ein!" Es wird wünschenswert sein, wenn sich zu dieser Stelle nur solche Leute melden wollen, die gewiß sind, in ihrem ganzen Leben nie krank zu werden.
* Köln, 13. Jan. Die Köln. Ztg. meldet aus Petersburg: Wie verlautet, bestellte der Verkehrsminister 250 Lokomotiven und mehrere tausend Wagen im Auslande. Da wegen des Zollkrieges der bisherige Hauptlieferant Deutschland umgangen wurde, fiel der Hauptanteil der Aufträge Oesterreich zu, der
* Die „Köln. Volksztg.", das führende Blatt des rheinischen Zentrums, erklärt sich gegen den Antrag Gröber u. Gen. betr. die Einschränkung des Hausierhandels. Sie macht nicht nur geltend, daß die Wirkung des Antrags, falls er Gesetz wird, über die beabsichtigte und gerechtfertigte Beseitigung von Auswüchsen weit hinausginge, sondern sie erhebt auch den prinzipiellen Einwand, daß das Hausiergewerbe an sich eine durchaus ehrliche und unanfechtbare Er- werbsthätigkeit darstelle, die aus bloßen Nützlichkeitsrücksichten gegen andere durch Gesetzesgewalt zu schädigen oder zu unterdrücken einem Ausnahmegesetz gletchkäme. „Sollen wir die Existenz der Schwächsten gefährden, um das Wohlergehen der Schwachen zu fördern, oder um dem Publikum in manchen Gegenden Deutschlands allerhand Unbequemlichkeiten zu ersparen, vor welchen es sich übrigens schon nach Lage der bestehenden Gesetzgebung selbst schützen könnte?"
"Hamburg, 11. Jan. Der hiesige Staatsanwalt erläßt einen Steckbrief hinter dem entflohenen großen Bauunternehmer Karl Zschernitz. Viele Lieferanten und kleine Handwerker verlieren große Summen.
* Bremerhaven. Ein außergewöhnlich großer Haifisch wurde am Mittwoch mittag von dem der Hochseefischereigesellschaft Droste und Gehrels gehörenden Fischdampfer „Annie" angebracht. Derselbe ging abends beim letzten Zuge in das Schlepp
netz. Seine Länge beträgt etwa 11 Fuß und das Gewicht reichlich 600 Pfund. Dieser Haifisch gehört nicht zu der Sippe der Menschenhaie, die bekanntlich in der Nordsee nicht Vorkommen.
Ausländisches.
* Brünn, 13. Jan. In den Kasernen wurden aufreizende sozialistische Schriften massenhaft verbreitet.
* Rom, 12. Jan. Die Militärjournale find ermächtigt, das Gerücht von einem angeblichen Befehle des Kriegsminifters, die Forts an der Grenze gegen Frankreich und die Schweiz und die Befestigungen an der tyrrhenischen Küste in Kriegszustand zu setzen, für grundlos zu erklären.
* Florenz, 13. Jan. Bei einigen Soldaten wurden aufrührerische Flugblätter gefunden. Bet Licogna in der Provinz Fenua wurde eine Tasche mit Dynamitbomben gefunden.
* Palermo, 13. Jan. Ein Erlaß untersagt die Einfuhr aller Feuerwaffen in Sizilien und fordert die Einwohner aut, die Waffen bet der Polizeibehörde zu hinterlegen. Die bisherigen Waffenpäffe werden für ungültig erklärt, sie werden jedoch eventuell unter Berücksichtigung der Persönlichkeiten und Verhältnisse erneuert. Übertretungen des Waffenverbots werden mit ömonatlichem bis Mhrigem Gefängnis bestraft. Die hinterlegten Waffen werden seinerzeit kostenlos zurückgestellt.
* In dem bekannten Setdengeschäft G. Henneberg in der Bahnhofstraße in Zürich platzte in der Nacht zum 10. d. ein Wasserrohr und es wurde das ganze Warenlager überschwemmt. Der angerichtete Schaden wird auf 1—200 000 Fr. taxiert, kann sich jedoch noch reduzieren, sofern es gelingt, die beschädigten Waren durch Appretur wieder verkäuflich zu machen.
* Paris, 10. Januar. In dem Gefängnis von Porto Allegro auf Sardinien starb dieser Tage Giuseppe Ramas, der vor dreißig Jahren verurteilt wurde, weil er Wurst aus Menschenfleisch fabrizierte. Am Morde von 16 Personen soll er beteiligt gewesen sein.
"Paris, 12. Januar. Es macht sich in der Kammer eine Stimmung für Einführung der obligatorischen Wahl geltend. Gauthier de Clagny hat einen diesbezüglichen Antrag eingebracht. Dem allgemeinen Wahlrecht soll die allgemeine Wahlpflicht gegenüberstehen; es soll niemandem erlaubt sein, sich zu den Geschicken des Landes gleichgiltig zu verhalten. Als Strafen für die Wahlenthaltung schlägt Gauthier vor: fürs erstemal Anschlag des Namens am Rathaus; fürs zweitemal eine polizeiliche Geldbuße; fürs drittemal eine strafgerichtliche Geldstrafe, die gleich hoch sein soll, wie der Betrag der direkten Steuern, welche der Delinquent in der Gemeinde bezahlt, wo er hätte wählen sollen, sowie Suspension des Wahlrechts auf zwei Jahre; fürs viertemal end- iltige Streichung aus der Wahlliste. Entschuldigungen nd anzunehmen wegen Krankheit oderberuflicherGründe.
* Paris. Letzter Tage feierte in Verviers die armlose deutsche Fußkünstlerin Elisabeth Kuueich ihre Hochzeit, Ihr Gatte, ein österreichischer Impresario, hat jedenfalls keinen Mißgriff gethan, wenn er Ach um den „Fuß" der Künstlerin bewarb, denn letzterer
bringt viel ein. Auf jdem Standesamt unterschrieb Elisabeth Kunetch mit festem Fuß die Heiratsurkunde und -ei der kirchlichen Trauung wurde ihr vom Priester der Trauring an sie vierte Zehe des rechten Fußes gesteckt.
* In etwa acht Tagen soll Vaillant h'mgerichtet werden. Der Abg. La Mtre, der bet dem Attentat verwundet wurde, begab sich zum Präsidenten Carnot und bat um die Begnadigung Vaillants. Carnot erklärte, das Gutachten des obersten Gerichtshofes abwarten zu müssen.
' Aus Luxemburg wird berichtet, daß bei Anwesenheit der russischen Deputation, die den Großherzog zu seinem 50jährigen Jubiläum als Chef eines russischen Infanterie-Regiments beglückwünschte, von den französischen Vertretern ein Verbrüderungs- rummel in Szene gesetzt wurde. Luxemburg ist bekanntlich ein neutrales Land und mit dem Deutschen Reich durch die gemeinsame Zollgrenze verbunden.
* Mit der Vergrößerung der englischen Flotte wird es Ernst. „Daily Teleg." bestätigt, daß das Kabinett sich am Dimsag mit dahin zielenden Maßregeln beschäftigte. Der nächste Flottenooran' schlag werde den vorjährigen im Betrage von 11240 106 Pfd. nicht allein. wesentlich übersteigen, sondern die Admiralität verlange, daß für die nächsten fünf Jahre jährlich 4500000 Pfd. für den Bau von neuen Kriegsschiffen verausgabt werden sollen, um die.Reichsflotte den Flotten Frankreichs und Rußlands zusammen überlegen zu machen. Der neue Marinevorschlag werde dem Parlament Anfang März unterbreitet werden.
* Madrid, 12. Jan. Die Morgenblätter veröffentlichen ein Manifest des Republikaners Zorilla, worin er dem Papste nnd der spanischen Geistlichkeit huldigt und der Armee die Hand bietet. Die „Epoca" beschuldigt Zorilla, er denke an einen Gewaltstreich mit Hilfe militärischer Elemente.
"Kapstadt, 12. Jan. In den letzten Tagen herrschte hier so große Hitze, daß die Gesträuche Feuer fingen. Mehrere Anpflanzungen wurden zerstört.
* Rio Grande, 13. Jan. Die Regierungstruppen errangen bei Jtajabi einen Sieg.
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" Billiges Petroleum giebt's in Schwetzingen. Ein dortiger Kaufmann schreibt das Liter Petroleum zu 14 Pfennige aus.
"(Vorschlag zur Güte.) A.: „Ich finde deine Wohnung für eine so zahlreiche Familie ziemlich beschränkt." — B.: „Ja, ja. Ich auch. Du solltest eine von meinen Töchtern heiraten."
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„Ach ja," nickte Ada ganz befangen, „ich glaube, es wird heute nicht regnen."
„Gewiß nicht," um den Mund des jungen Offiziers spielte ein etwas moquantes Lächeln, „es hat stark gethaut, der beste Beweis, daß es schön bleibt. Gnädige Gräfin waren sehr interessant beschäftigt?"
Er bückte sich und hob die zerpflückte Blume auf, an der nur das letzte Glücksblättchen noch hing. Ada wäre am liebsten vor Verlegenheit in die Erde gesunken, das Weinen war ihr näher als das Lachen und hilflos sah sie sich um; aber niemand kam und sie faßte plötzlich einen heroischen Entschluß.
„Es war gar nicht recht, daß Sie mich hier so Äerfielen, Herr Lieutenant," schmollte sie, zu ihm aufsehend, „aber, damit Sie mich nicht gar zu sehr auslachen, will ich Ihnen sagen, wonach ich das Gänseblümchen fragte."
„Ah, doch natürlich das bekannte: „Er liebt mich — von Herzen — mit Schmerzen."
„O nein," entgegnete sie naiv, „ich wüßte ja gar niemanden, der mich oder den ich von Herzen, mit Schmerzen lieben sollte. Ich wollte — nur wissen — ob ich heute — tanzen würde —"
Es kam ihr doch sehr schwer an, die Unwahrheit zu sagen, sie schlug die blauen Augen zu Boden und konnte daher auch Willens skeptisches Lächeln nicht sehen, mit dem dieser der Beichte lauschte.
„Aber, meine Gnädigste, wie konnten Sie daran zweifeln —"
„Wollen Sie mir einen Gefallen thun, Lieutenant Willen?"
„Gewiß Gräfin, zehn für einen!"
„Nun, so sagen Sie nt mandem, daß — daß ich ein Gänseblümchen gezupft habe."
„Auf Ehrenwort, gnädigste Gräfin, es gereicht mir zur Ehre und zum Vergnügen, das Geheimnis einer Dame zu teilen."
„Hm, ein Geheimnis ist es doch eigentfich nicht, aber doch —"
„Ueber meine Lippen dringt kein Wort, gnädige Gräfin —" er verneigte sich lächelnd und abermals flog übers Gesicht der jungen Gräfin ein verlegener Ausdruck; sie hatte gewiß etwas Ungeschicktes gethan.
„Wir wollen aber nun zurückgehen," meinte sie hastig, „Mama kommt gewiß bald zum Frühstück."
„Und Gräfin Cousine wohl auch?"
„Viktoria? das ist verschieden, sie trinkt ihre Schokolade auch manchmal auf ihrem Zimmer. Haben Sie übrigens heute kein Manöver?"
„Nein, es ist Ruhetag. Morgen geht es dann wieder weiter und wir müssen von Schloß Hohenburg scheiden."
„Ach ja, daun bekommen wir die Husaren ins Quartier. Nein warhaftig, da ist ja Viktoria schon am Fenster!"
Lieutenant Willens Blick flammte auf, er grüßte so tief Uno ehrfurchtsvoll, als sei die schlanke Mädchengestalt im hellblauen Negligeekleide dort eine Fürstin. Gräfin Viktoria neigte dankend das Haupt und lächelte dann Ada einen Morgengruß zu.
„Schon so früh auf, Cousinchen," rief sie herunter, „du hättest zum Ball die Kräfte sammeln
sollen. Kommst du nach dem Frühstück etwas zu mir?"
Gräfin Hohenburg und einige der Offiziere traten jetzt auf die Veranda und bald saß man heiter um den elegante» Frühstückstisch, Ada sehr befriedigt, von ihrem unfreiwilligen Beisammensein erlöst zu sein.
Und endlich kam der ersehnte Moment, wo man die Wagen bestieg, um in der nahen Stadt die Restaurattonsräume aufznsuchen, in denen der Ball stattfiadeu sollte.
Von Schloß Hohenburg fuhren vier Wagen ab, alle ganz voll; Ada saß ganz selig in ihren Mantel gehüllt ta der Ecke und ließ sich geduldig von den Eltern «ud Herrn von Lützow necken, der mit ihnen fuhr. Der Oberst und seine Tochter hatten nebst noch zwei Offizieren im nächsten Wagen Platz genommen und es ging sehr ruhig zwischen diesen vier Personen zu.
Endlich! die Saalthüren flogen auf, um die Familie Hohenburg nebst einem ganzen glänzenden Ofstzlersgefolge etnzulassen, der Arrangeur trat mit den Tanzkarten zu den jnngen Damen, die in einem Nu von allen Seiten umringt waren.
Und in der Thal, sie sahen, wenn auch ganz verschieden, so doch beide ungemein schön und lieblich aas. Adas weißes Tüllgewand wogte, von Heckenröschen gehalten und mit denselben bestreut, um die zierliche Figur, die blonden Haare waren von Annettens geschickten Hänven ungemein kleidsam arrangiert, kurz ste war eine außerordentlich graz öse Libellen- erschetuung. (Fortsetzung folgt.)