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Donnerstag den 20. Juki
Bekanntmachungen aller Art finden die erfolg- > ^ LQ4
reichste Verbreitung. I 48sS.
Amtliches.
Die niedere Dienstprüfung im Departement des Innern haben u. a. mit Erfolg bestanden: Heinrich Bätzner von Wildbad ; Julius Feldweg von Calw; Christian Weikert von Freudenstadt; Christian Roller von Wildberg.
DieGerichtsferien desK. Amtsgerichts Nagold beginnen am 15. Juli und endigen am 15. September.
Gestorben: Frhr. v. Mollke, Sekretär am Landgericht, Rottweil; Rcollehrer Rist, Ulm; Professor Dr. Wiedmayer, Stuttgart.
D Bismarck und Caprivi.
Es ist bekannt, daß Fürst Bismarck sich gegen die jetzt vom Reichstage angenommene Militärvorlage ausgesprochen hat, daß er ebenso wenig die dreijährige Militär-Dienstzeit misten möchte, wie er die Verstär kung der Präsenzziffer für notwendig hält; dagegen hat er sich wiederholt für eine erhebliche Verstärkung der Feldartillerie ausgesprochen, die nach seiner Meinung in zukünftigen Kriegen eine ausschlaggebende Rolle zu spielen berufen ist.
Da sein ältester Sohn Graf Herbert Bismarck in den Reichstag gewählt wurde, so war man allgemein auf dessen Haltung in der Militärvorlage gespannt. Der Graf war, wie das zu erwarten stand, der konservativen Fraktion beigetreten und als Mitglied derselben schien er moralisch verpflichtet, für die Vorlage zu stimmen. Da er sich durch eine solche Zustimmung aber gewiffermaken in Widerspruch mit seinem Vater setzen mußte, so glaubte man an die in die Blätter gebrachte Meldung, Graf Herbert Bismarck werde bei der entscheidenden Abstimmung im Reichstage nicht anwesend sein, sondern seine Eltern bei deren Ueberfiedelung nach Kissingen begleiten. Das stellte sich jedoch als unrichtig heraus; Graf Bismarck war in beiden Sitzungen am Donnerstag und Samstag anwesend und hat für die Vorlage gestimmt.
Der Graf fühlte wohl das Bedürfnis, seine von der seines Vaters abweichende Stellungnahme zu begründen und er ergriff die Gelegenheit dazu am Freitag. In seiner Rede verteidigte er den Standpunkt seines Vaters und verlangte zwar nicht ohne weiteres, daß man den Entwurf in dritter Lesung ablehne, wohl aber riet er eine Aenderung an, die unbedingt die Ablehnung der Vorlage zur Folge gehabt hätte, wenn sie angenommen worden wäre. Er
bekannte sich als Gegner der zweijährigen Dienstzeit, die nach seinem Urteil ungemein bedenklich sei, die Güte des Heeres beeinträchtige und namentlich dem Eindringen sozialistischer Ideen in das Heer den Weg ebne. Auch fand er, daß die Vorlage zu wenig die notwendige Verstärkung des Artilleriewesens berücksichtige. In der ursprünglichen Vorlage sei eine soche Verstärkung der Artillerie gefordert worden, aber in der Aenderung der Vorlage nach dem Anträge Hucne Hobe mau auf diesen Teil des Ausgleichs für die Einführung der zweijährigen Dienstzeit verzichtet. Ferner erwähnte Graf Bismarck, daß die Probe, die mau bei einem Elite Bataillon der Garde mit der Ausbildung der Truppen in zwei Jahren gemacht habe, nicht als ausreichend aüerkannt werden könne, und daß namentlich im Hinblick auf die Schießausbildung der Truppen sich Nachteile durch die Verkürzung der Dienstzeit Herausstellen würden. Ebenso sei 'es ungemein bedenklich, auf das dritte Dienstjahr zu verzichten, da gerade die dreijährige Schule den Mann militärisch ganz besonders tauglich mache und ihm, was er als Soldat erlernt, vollständig in Fleisch und Blut übergehen lasse, so daß er, wieder zur Fahne berufen, die Einzelheiten des Dienstes durchaus gegenwärtig habe. Die Andeutung von der Nützlichkeit des dritten Dienstjahres als eines Sicherungsmittels gegen das Eindringen sozialdemokratischer Einflüsse in die Armee führte Gras Herbert Bismarck dahin aus, daß die sozialdemokratische Anhängerschaft sich zumeist aus ganz jungen Burschen von sechzehn bis zwanzig Jahren rekrutiere und daß diese ganz jungen Burschen ihre sozialdemokratischen Wahnvorstellungen in die Armee hincinbrächten und während der ersten beiden harten Dienstjahre behielten, während sie sie in dem freieren dritten Dienstjahr aufgcben lernten, um sich vom echten soldatischen Geist durchdringen zu lassen. Bei dieser Gelegenheit erwähnte Graf Herbert Bismarck, daß von sozialdemokratischer Seite die jungen Sozialdemokraten aufgesordert worden seien, sich im Dienste besonders eifrig und tüchtig zu zeigen, damit sie Unteroffiziere würden und dann als Unteroffiziere im Kreise ihrer Kameraden Propaganda machen könnten.
Graf Caprivi legte dagegen dar, daß wir eine dreijährige Dienstzeit in Deutschland überhaupt nicht
gehabt haben, daß durch das System der Dispositions- Urlauber die Zahl der Leute dritten Jahrgangs pro Kompagnie sich auf 15 bis 25 beschränkte, und daß nach den geltenden Dienstvorschriften gerade die schlechtesten Leute ein drittes Jahr festgehalten werden mußten. Der dritte Jahrgang stellte also nicht eben die besten Soldaten dar, und am allerwenigsten war er geeignet, einen Damm gegen das Eindringen sozialdemokratischer Ideen in das Heer zu bilden. Der Reichskanzler bemerkte ferner, daß nicht bloß bet einem Elite-Bataillon der Garde, sondern bei den verschiedensten Bataillonen im Osten und Westen der Monarchie die Probe auf die Einführung der zweijährigen Dienstzeit gemacht worden sei und die sich dort bewährt habe.
Das waren die bezeichnendsten Punkte in dem Duell Bismarck-Coprivi, das allein die zweite Beratung der Militärvorlage in etwas belebt hat.
Die «eue Militärvorlage
hat folgenden Wortlaut: § 1. Die Friedenspräsenzstärke des deutschen Heeres an Gemeinen, Gefreiten und Obergefreiten wird für die Zeit vom 1. Oktober 1893 bis 31. März 1899 auf 479 229 Mann als Jahres-Durchschnittsstärke festgestellt. An derselben sind die Bundesstaaten mit eigener Militärverwaltung nach Maßgabe der Bevölkerungsziffer beteiligt. Die Einjährig-Freiwilligen kommen auf die Friedenspräsenzstärke nicht in Anrechnung. Die Stellen der Unter- oifiziere unterliegen in gleicher Weise wie die der Offiziere, Aerzte und Beamten der Feststellung durch den Retchshaushalts-Etat. In offenen Unteroffiziersstellen dürfen Gemeine nicht verpflegt werden. 8 2. Vom 1. Oktober 1893 ab werden die Infanterie in 538 Bataillone und 173 Holbbataillone, die Kavallerie in 465 Eskadrons, die Feldartillerie in 494 Batterien, die Fußartillerie in 37 Bataillone, die Pioniere in 23 Bataillone, die Eisenbahntruppen in 7 Bataillone, der Train in 21 Bataillone formiert. Artikel 41. Für die Zeit vom 1. Oktober 1893 bis zum 31. März 1899 treten bezüglich der Dienstpflicht folgende Bestimmungen in Kraft: § 1. Während der Dauer der Dienstzeit im stehenden Heere sind die Mannschaften der Kavallerie und der reitenden Feldartillerie die ersten drei, alle übrigen Mannschaften die ersten zwei
Eine merkwürdige Kandetsverßindung.
Novelle von Heinrich Berthold.
(Fortsetzung.)
Edward, in Verbindung mit einem jungen Brasilianer im Geschäft seines Chefs, übernahm stufenweise die Kontrolle der Verwaltung des ausländischen Handels, wie der Korrespondenz. Mac Pherson war bereits ein alter Mann, dessen Kräfte nicht mehr hinreichten, das große Geschäft ganz zu führen. Er brauchte daher eine derart tüchtige, verläßliche und in jeder Hinsicht vertrauenswürdige Kraft, wie er sie in Edward gefunden hatte, und war froh, alle Arbeit auf dessen Schultern wälzen zu können. Letzterer, mit einem außerordentlichen Sprachentalent begabt, hatte sich in überraschend kurzer Zeit die Kenntnis der portugiesischen, als der Landessprache Brasiliens, erworben, und machte sich seinem neuen Herrn bald ganz unentbehrlich. Dieser pflegte stets nach kurzem Aufenthalte zu seinem alten Freunde da Cuccha hinüberzugehen, um mit diesem über alles mögliche zu sprechen. Seit Edward in seinem Geschäft wirkte, kannte Mac Pherson außer den geschäftlichen Besprechungen mit da Cuccha nur ein Thema, und das war eine stete, unendliche Lobeshymne auf seinen neuen Korrespondenten, und der alte Schotte wußte seinem Freunde nicht überschwänglich genug seinen Dank auszudrücken für eine derartige seltene Zuweisung, und auch da Cuccha war stolz, seinem langjährigen bewährten Freunde einen so ausgezeichneten Dienst erwiesen zu haben.
Mac Pherson aber vermied es zugleich mit einer wahren Aengstlichkeit, seinem Korrespondenten und Vertrauensmann etwas von der übergroßen Zufriedenheit zu zeigen, die er über ihn und seine Thätigkeit fühlte. Er beschränkte sich darauf, mit Edward höflich, aber kurz und trocken über Geschäftsangelegenheiten zu sprechen —umsomehr aber bekundete er seine Erkenntlichkeit beim Jahreswechsel, indem er seines Korrespondenten Gehalt um das Doppelte, aso auf 4000 Dollar erhöhte.
Edward war ein sehr solider junger Mann voll Ernst und Streben, dabei von großer Sparsamkeit und allen lockeren, seichten Vergnügungen und Fexereien aus voller Seele abhold. Da er überdies bei Mr. Mac Pherson freie Station hatte, so war es ihm ein Leichtes, den größten Teil seines Einkommens beiseite zu legen. Dieser Umstand, welcher bald Mac Pherson bekannt wurde, hob Edward nur noch mehr in dessen Achtung, und stillschweigend beschloß er, seinem Korrespondenten seine Gunst noch mehr fühlen zu lassen.
Edward mühte sich unterdessen in seinem Berufe wacker fort. Bald wurde er auch näher mit seines Chefs Freunde Mr. Manuel da Cuccha bekannt. Dieser gewann den jungen Mann sehr lieb und beehrte ihn mit seinem schmeichelhaftesten Wohlwollen und Vertrauen. Er erzählte ihm unter anderem auch einmal die Geschichte seiner Freundschaft mit Mac Pherson. Dieser war vor mehr denn 50 Jahren nach Rio gekommen. Er war ein junger Mann, wenig über 20 Jahre alt, und erhielt in dem Hause eines Landsmannes Kondition. Seine geschäftsmännische
Umsicht, sein Eifer, wie seine Rechtschaffenheit gewannen ihm mit der Zeit Herz und Vertrauen seines Prinzipals, der ihn abmählich in den Stand setzte, sich emporzuschwingen, bis ihn dieser — Mr. Munchead
— als Mr. Pherson 31 Jahre alt geworden war, zu seinem jüngeren Gesellschafter erhob und mit seiner Tochter verheiratete. Letztere war nichts weniger als eine Schönheit, und so war man in den Kreisen der Bekannten beider Teile der Ansicht, Mac Pherson habe die Heirat nur aus selbstsüchtigem Interesse geschlossen; aber als nach weniger als einem Jahre Mac Phersons Frau im Wochenbette starb und eine Woche später das Kind ihr nachfolgte, zeigte sein tiefer, fortdauernder Kummer, daß er seine Frau wirklich geliebt habe; das brachte ihm allseitige Achtung und Sympathie ein. Mac Pherson heiratete auch nicht wieder, obwohl es sich so manche vermögende, wohlausgestattete brasilanifische Jungfrau zur Ehre angerechnet hätte, von dem hoffnungsvollen, emporstrebenden jungen Kaufmann mit einem ehrenvollen Anträge beglückt zu werden. Aber der verwitwete Gesellschafter der Firma Munchead glaubte seiner Frau wie auch seinem Kompagnon als ehemaligem Prinzipal und immerwährenden Wohlthäter diese Treue übers Grab hinaus schuldig zu sein. Er widmete sich mit um so größerem Eifer dem Geschäfte und Mr. Munchead lohnte diese Treue und Anhänglichkeit damit, daß er in seiner letztwilligen Verfügung
— abgesehen von einigen Legaten an nahe Verwandte in Schottland daheim — seinen Gesellschafter zum Erben seines ganzen großen Besitzes machte, welches sich in