fangs wenig beachtete; da er aber mit Wildhäuten beschäftigt war, die mit Schimmel behaftet oder gar milzbrandig waren, so trat bald Blutvergiftung ein, und ärztliche Hilfe konnte nichts mehr ausrichten. — Der schon mehr als 70jährige Xaver Schmidberger von Schömberg stürzte so unglücklich durch das Garbenloch auf die Tenne der Scheune herab, daß nach Zstündigem bewußtlosem Zustande der Tod eintrat. — Das Schwurgericht U l m verurteilte den Schneidergesellen M. Ruck von Feldstetten wegen erschwerter Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt zu sechs Monaten Gefängnis. Derselbe hatte den Polizeidiener von Bruck durchgeprügelt. — In der Kattun- manufakiur in Heidenheim fiel ein Arbeiter in einen Ballon mit Schwefelsäure, wobei er furchtbare Brandwunden erhielt; auch hat er das Augenlicht verloren. Es ist wenig Hoffnung vorhanden, ihn am Leben zu erhalten. — In der sich gegenwärtig in Ehingen befindlichen Menagerie Berg kam ein roter sehr wertvoller Papagei, welcher frei herumflatterte, dem Käfig des Panthers zu nahe, worauf die Bestie den wunderschönen Vogel mit den Krallen packte, ihn zerriß und auffraß. Der Vogel wurde um 125 Mk. angekauft. Vor etwa 14 Tagen bissen die 2 russischen Wölfe die Thüre durch, welche in das Käfig der zwei Lama führte. Ein Exemplar der letzteren wurde zerrissen. Der Ankauf desselben war 700 Mk.
* München, 20. Juni. Hiesige Künstler und Bürger bereiten für den Fürsten Bismarck eine Ehrung vor, bestehend in einer Serenade.
* (Selbstmord.) Der steckbrieflich verfolgte Hauptmann Ulrichs von Würzburg wurde auf dem Niederwald erschossen aufgefunden.
* Dresden, 18. Juni. Fürst Bismarck traf um 8 Uhr 52 Min. hier ein. An der Spitze einer Abordnung der städtischen Behörde hielt Oberbürgermeister Stübel eine Begrüßungsrede. Bismarck dankte für die hohe Auszeichnung, die eine höhere neue Ordensklasse sei. Er sagte: „In meinen alten Tagen ist man nicht mehr so leistungsfähig, nimmt aber an allen Interessen des Vaterlandes Anteil, wenn auch ferne dem Berufe. Wenn meine Arbeit Erfolg hatte, so gebührt ein wesentlicher Anteil davon dem König Albert, der mir immer ein gnädiger Herr gewesen ist. Nochmals Dank." Im Hotel Bellevue erschien eine Abordnung des Festausschusses. Die Straßen zum Hotel waren geschmückt und illuminiert. Der Fackelzug verlief glänzend. Die Vorträge eröffnete der Massengesang von Adam „Wie könnt' ich Dein vergessen." Es folgten das „treue deutsche Herz", die „Wacht am Rhein", Beckers „Bismarcklied und der allgemeine Gesang „Deutschland über Alles". Durch das Entgegenkommen des Kgl. Finanzministeriums ist es ermöglicht worden, daß die Sänger mit brennenden Lampions ihren Weg durch den Zwinger nahmen.
* Berlin, 21. Juni. Die „Nordd. Allg.
Ztg." hört, daß nach der heutigen Parade in Potsdam die Verlobung der Prinzessin Margarethe mit dem Prinzen Friedrich Karl von Hessen, dem zweiten Sohn des verstorbenen Landgrafen Friedrich von Hessen und Bruder des Landgrafen Alexander Friedrich, proklamirt worden ist.
* Berlin, 21. Juni. Dem Empfange des italienischen Königspaares wohnte ein vieltausendköpfiges Publikum bei; die Wartehalle war mit Laubgewinden und Fahnen in den italienischen und deutschen Farben prächtig geschmückt. An der von üppigen Topfgewächsen und Blumen umgebenen Etngangsthüre des Wartesalons war ein purpurner Baldachin angebracht mit dem Wappen des Hauses Savoyen, ein weißes Kreuz auf rotem Grunde. Die Majestäten befanden sich ersichtlich in frohester Stimmung. Der Kronprinz stand bet derLetb- kompagnie des 1. Garderegiments zu Fuß in der Front. Auf dem Wege zum Neuen Palais wurden die Gäste immer wieder von brausenden Hochrufen und Evivvas begrüßt. Viele Italiener sind hier anwesend.
* Berlin, 21. Juni. Die „Vossische Ztg." meldet: Der Posten eines russischen Militär- bevollmächtigten am hiesigen Hofe soll aufgehoben werden.
* Berlin, 21. Juni. Der Raubmörder Wetzel, der im vorigen Jahre den Kaufmann Hirschfeld in Spandau ermordete, wurde heute Morgen 6 Uhr unter Ausschluß der Oeffentlich- keit hingerichtet.
* Potsdam, 21. Juni. Im Lustgarten fand um zehn Uhr vor dem Kaiser und dem König von Italien eine Parade der Potsdamer Garnison statt, der die Kaiserin und die Königin von den Fenstern des Stadtschlosses aus beiwohnten. Eine zahlreiche Menschenmenge akklamierte die Majestäten und ihre hohen Gäste enthusiastisch.
* Kiel, 18. Juni. Die Absperrungsmaßregeln bei der neultchen Anwesenheit d:s Zaren in Kiel haben zu einem kleinen Nachspiel geführt. Es wurden bekanntlich die zur Landnngsbrücke führenden Straßen im weiten Umfange abgesperrt, auch mußte das dem Schlosse gegenüberliegende große Etablissement „Seegarten", welches bis auf den letzten Platz mit Schaulustigen besetzt war, auf Befehl der Polizei geräumt werden. Dies geschah auf Anordnung seitens desOber- prästdenten v. Steinmann. Verschiedene Gewerbetreibende haben jetzt, wie der „Kreuzztg." geschrieben wird, Entschädigungs-Ansprüche geltend gemacht, so hat u. a. der Besitzer des „Seegartens" eine Entschädigung von 2820 Mk. von der Landespolizeibehörde verlangt.
* Bautzen. Dieser Tage sollte in einem nahegckegenen Dorfe die Hochzeit eines sehr wohlhabenden Paares stattfinden. Alles war fertig, das Hochzeitsmal hergerichtet, und das Brautpaar schickte sich an, den Gang auf das Standesamt in Begleitung der Hochzeitsgäste zu thun. Beim Austritt aus dem Wohnzimmer
welche Beschwerden vorzutragen, machten (gewiß ein seltenes Vorkommnis) dieses Mal zwei Leute Gebrauch; ein Hoboist vom 3. Infanterieregiment und ein Musketier vom 7. Regiment. Bet der Hin- und Herfahrt vom Paradeplatz wurden die Majestäten vom Publikum ehrfurchtsvoll begrüßt.
* Tuttli ngen, 19. Juni. Während der beiden letzten Tage war unsere Stadt in freudigster Festesstimmung. Die Feier der Enthüllung des Schneckenburger-Denkmals wurde gestern Abend durch ein Bankett auf dem Festplatz eingeleitet. Zum heutigen Festakt waren Tausende in die Stadt geströmt, u. A. hatte sich auch der Fürst v. Fürstenberg eingefunden. Die Enthüllungsfeier wurde mit Musik und Gesang eingeleitst, worauf Prof. Hicber vom Karlsgymnasium in Stuttgart, bis vor Kurzem Stadtpfarrer dahier, die formvollendete Festrede hielt und dabei etwa folgendes ausführte: Der glänzenden Denkmale sind viele, die vom Fels zum Meer, in Städten und Märkten, Gegenwart und Zukunft erinnern an die große Zeit vor 22 Jahren. Und auch im bescheidenen Dorfkirchlein des Nordens wie des Südens verewigen die umkränzten Gedächtnistafeln die Hunderte und Tausende, die mit ihrem Blute die große Zeit besiegelt haben. Anderer Art ist das Denkmal, um das wir uns heute festlich versammelt haben: es gilt einem schlichten deutschen Bürgersmann, der ferne von der Heimat in Heimweh nach ihr sich verzehrt hat und dessen Gebeine 21 lange Jahre schon die fremde Erde deckte, als auch sein Sehnen nach der deutschen Einheit in Erfüllung ging. Unbekannt war sein Name, als die große Zeit eintraf und „ein Ruf wie Donnerhall" erbrauste. Sein bekanntes Lied, das „durch Hunderttausende zuckte", beflügelte der Krieger Schritte über des heiligen Rheines wogende Fluten. Und der Dichter des Liedes — wer war er? Professor Hundshagen in Bonn machte dem Fragen ein Ende, indem er öffentlich kundthat: ein einfacher deutscher Kaufmann in Burgdorf habe anno 1840 das Lied gedichtet. Mar Schneckenburger aus Thalheim bei Tuttlingen. Es wird allezeit einen Ruhmestitel unseres schwäbischen Stammes bilden und Niemand soll ihn uns rauben, daß hier im Süden die Einheit Deutschlands unter Preußens Führung zuerst gefordert war. In Hellem Jubel brach Schneckenburger einmal in die Worte aus: Es scheint mir, es werde keine große Reihe von Jahren mehr vergehen, so tritt unsere große Feuerprobe und Bluttaufe ein und da müssen wir einig, einig sein! Neben den Helden des Schwertes gebührt der erste Dankespreis, daß Deutschlands Schuld nun gelöst ist, den Männern des Lieds, die im Geiste zuvor geschaut, was nachher das Schwert erkämpfte. Hochragend mag am Donaustrand des Sängers Hoffnungsbild grüßen, die Wacht am Rhein uns mahnen zur jubelnden Freude, daß wir geworden ein einig Volk von Brüdern und daß, wills Gott, noch viele, viele Jahre Mar Schneckenburgers stolzes Wort gesungen werden darf: Lieb Vaterland magst ruhig sein! Hierauf verlas Prinz Weimar die Schenkungsurkunde an die Stadt, worauf der Stadt- vorstaud das Denkmal übernahm und die weitere Mitteilung machte, daß die zum Denkmal führende Straße den Namen „Kaiserstraße" erhalten werde. Auch eine Bismarck-, Moltke- und Weimarstraße werde Tuttlingen für die Folge besitzen. Nachdem noch verschiedene Kränze, vom Schultheißen von Thalheim, und Redakteur Singer namens der Turnerschaft rc. am Denkmal niedergelegt worden waren, schloß mit dem allgemeinen Gesang der „Wacht am Rhein" die erhebende Feier. Bei dem Festessen in der „Post" toastete Prinz Weimar auf Kaiser und König, Dekan Jäger auf die Königin und Königin-Witwe u. s. w. Nachmittags ging eiv Festzug durch die Stadt und die Kriegervereine defilierten vor dem Ehrenpräsidenten des württemb. Kriegerbundes, dem Prinzen Weimar. Den Schluß der festlichen Veranstaltungen bildete eine gesellige Vereinigung aus dem Festplatz.
"(Verschiedenes.) In Ebingen starb am Sonntag der erst 30jährige Gerber Rümele am Wundstarrkrampf nach nur zweitägiger Krankheit. Derselbe hatte sich an einem Finger eine leichte Verwundung zugezogen, die er an
Aer Schein trügt. (Nachdruck verboten.)
Eine wahre Geschichte, erzählt von E. v. Waldow.
(Fortsetzung.)
„Mein gnädiges Fräulein," sprach Sternau, der es vernommen hatte, „würden Sie es nicht unter Ihrer Würde halten, mit mir deswegen eine Wette zu machen?"
„Mit dem größten Vergnügen!" antwortete Elisabeth, „wenn Sie mich gewinnen lassen wollen."
„Wenn das in meinem Belieben stände — gern!" sprach Sternau galant. „Also zur Sache: ich wette darauf, daß Herr von Hubenstein noch vor drei Tagen in Teplitz war und Sie gesehen hat. Wenn Sie gewinnen, so erkläre ich mich an feiner Stelle zu jeder Buße bereit; wenn Sie verlieren, so haben Sie die Güte, ihm „Vergeben und Vergessen" zu gewähren."
„Sie sind ein liebenswürdiger Anwalt," sprach Elisabeth sinnend, „die Wette gilt! Uebrigens glauben Sie mir," fuhr sie kokett fort, „grolle ich dem Beter nicht, daß er von Teplitz fern geblieben ist. Sein guter Stern hat ihm peinliche Augenblicke erspart — denn ich hätte trotz aller Ehrfurcht vor dem Willen eines Toten, dennoch seine Hand abgelehnt und das auf das entschiedenste."
Sternau blickte tief in Elisabeths ihm zugewandte Augen, als wolle er auf dem Grunde ihrer Seele lesen, dann ergriff er ihre Hand und sie flüchtig an seine Lippen führend, sprach er: „Als Abgesandter habeich die traurige Pflicht zu erfüllen, dies Körbchen, das um so schmerzlicher zu empfangen, je schöner die Hand ist, die es gibt — mit dem innigsten Bedauern entgegen zu nehmen."
Elisabeth antwortete darauf mit einem Scherz, ohne dem jungen Manne die Hand zu entziehen, während die Hofrätin, mit ganz anderen
Gedanken beschäftigt, nach der Thür blickte und Marien zuflüsterte: „Wenn doch die Erlauchten bald kämen!"
Und wie als Antwort auf diesen Stoßseufzer eines sorgenden Mutterherzens öffnete Auguste die Mittelthür und meldete: „Graf Lichtenfels."
Die Hofrätin hatte nur gerade noch Zeit, mit einem Schrei zu rufen: „Nicht hier herein! Se. Erlaucht in den Ahnensaal!" als der Graf schon in der Thür erschien und der bestürzten Gesellschaft seine Verbeugung machte. Wir haben seine äußere Erscheinung schon im Anfänge unserer wahren Geschichte geschildert, und fügen nur hinzu, daß, da kein melancholischer Ernst seine Züge beschattete, er auch des romantischen Anstriches entbehrte und aussah wie ein recht lebenslustiger junger Mann.
„Um Vergebung, meine Damen," nahm der Graf, der augenscheinlich in Eile war, denn er ließ sich kaum die Zeit, Atem zu schöpfen, jetzt das Wort: „um Vergebung, wenn ich störe, aber ich werde Ihre Nachsicht nicht lange in Anspruch nehmen, da mir die Zeit sehr knapp gemessen ist. Ich konnte es mir doch nicht versagen, den Auftrag meiner Mutter selbst-"
Trotz des Respektes und der Devotion, welche die Hofrätin in ihre Gesichtszüge zu legen versucht hatte, konnte sie sich doch nicht enthalten, den jungen Mann bei dieser interessanten Stelle seiner Rede zu unterbrechen, indem sie lebhaft ausrief: „Auftrag Ihrer Frau Mama, Erlaucht?" Ach, da werden Sie wünschen, mich allein zu sprechen — bitte, folgen Sie mir in den Salon, wo alles zu Ihrem Empfange bereit ist."
Elisabeth errötete tief, mit stockender Stimme begann sie eben eine Unterhaltung mit dem Grafen anzuknüpfen, als dieser sie der peinlichen Situation überhob, indem er, Sternau erblickend, erstaunt ausrief. „Ach,
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