Uht. In dasselbe kam eine Frauensperson, um im angeblichen Aufträge eines dem Kürschner­meister wohlbekannten Ingenieurs eine Auswahl von Herren-Pelzkragen zu holen. Solche wur­den auch anstandslos verabfolgt, es kam jedoch nichts mehr zurück. Auf Anfrage stellte sich der Betrug heraus. Nachträglich scheint der Betrügerin jedoch das Gewissen geschlagen zu haben, denn einige Tage nachher erhielt der Händler die Kragen in einem Postpacket bis auf ein Stück zurück. In Wittlensweiler verletzte sich beim Neujahrsschießen ein 17 Jahre alter Bursche derart an der Hand, daß ihm 3 Finger vollständig abgerissen und die übrigen 2 Finger so verletzt wurden, daß solche wohl auch abgenommen werden müssen. Die Frau des Uhrmachers Sch. in Ravensburg hat sich in einem Anfall von geistiger Störung im Boden­see ertränkt. Den ersten Gewinn der Gmün­der Kirchenbaulotterie mit 15 000 Mk. erhielt Bäckermeister Georg Maaß in Gerabronn. In Giengen wollte in der Hommelmühle ein 16 Jahre alter Müllerbursche aus Brenz einen Riemen auf die Transmission legen. Er wurde von derselben erfaßt und trug 2 Arm­brüche und einen Schenkelbruch davon. In Herrenberg ist seitens der jungen Lehrer die Gründung eines Vereins für Naturkunde beschlossen worden. Eine empfindliche Strafe erhielt von der Strafkammer inEllwangen Christian Wagner von Geradstetten, welcher we­gen Zerstörens 5 junger Obstbäume zu IV» Jahr Gefängnis verurteilt wurde. Eine schändliche Bosheit wurde in Waldsee aus­geübt. Durch einen Schlauch, durch welchen man das in den letzten Tagen gesammelte Eis in den dicht neben dem Lagerbierkeller des Bräumeister Schöllhornz. Lamm" angebauten Eiskeller eingeworfen, wurde in denselben ab­gestiegen und in den Bierkeller eingedrungen. Hier schlug man die Spunden von 2 Bierfässern, mit einem Gehalt von 1200 Litern los und ließ das Bier auslaufen. In der Nacht vom Neujahr auf Samstag zwischen 10 und 11 Uhr kam inGrünmettstetten eineMesser- affaire vor; zwei junge Männer von Bittel- bronn wurden aus der Ortsstraße durch 2Grün- mettstetter Bursche mit Messerstichen verletzt, der Eine ungefährlich, der Ändere aber, ein junger lediger Gipser, welchem der Stich in die Lunge gedrungen, ist lebensgefährlich ver­wundet. Der Beweggrund zu dieser Ünthat scheint Eifersucht zu sein.

* Nach einer Bekanntmachung des Mini­steriums in Karlsruhe hat der Großherzog befohlen, daß in Zukunft die badische Flagge gelb-rot-gelb in drei Längsstreifen zu führen ist.

* (Lebend begraben.) In Gerichts st etten, badischen Amts Buchen, wurde eine junge, im Wochenbett verstorbene Frau zu Grabe getragen. Nachdem die Leiche beerdigt und die Leidtragen­den sich zerstreut hatten, gewahrte der den Sarg mir Erde bedeckende Totengräber plötzlich ein

starkes Klopfen und nahm Reißaus. Der Pfarrer und einige Ortseinwohner wurden her­beigeholt und als man den Sarg öffnete, lag so wird versichert die Leiche umgekehrt, die Haare wirr durch einander, das Gesicht ver­kratzt u. s. w. Das Vorkommnis erregte in der Bevölkerung großen Unmut. Die Frau soll nur im Starrkrampf gelegen sein.

* In Worms hat der Rhein den höchsten Stand seit der großen Ueberschwemmung im Winter 1881/82 erreicht. Der Fluß ist allent­halben aus den Ufern getreten. Die Keller der dem Rheine zunächst liegenden Häuser waren alle mit Wasser angefüllt.

* Berlin. Die Berufs-Genossenschaften leiten gegenwärtig die Arbeiten zur Aufbringung der für das 1892 fällig gewordenen Beiträge der Betriebsunternehmer ein. Außer den von der Post verauslagten und sonstigen Entschä­digungsbeträgen sowie den Verwaltungskosten sind haiststWlich auch die Zuschläge zur Bil­dung de^Reservefonds zu decken. Die letzteren betragen für das Jahr 1891 60 Prozent der Entschädigungsbeträge. Von nun an vermindern sich diese Zuschläge von Jahr zu Jahr um 10 Prozent. Sie werden zum letzten Male für das Jahr 1896 in Höhe von 10 Prozent der Entschädigungen erhoben werden.

* Berlin, 4. Jan. Eine Versammlung streikender Buchdrucker erklärte das Festhalten am Streik. Bedauert wurde, daß bereits einige Kollegen in Berlin abgesprungen und die Ge­hilfen in Breslau, Glogau u. s. f. wieder in Arbeit getreten seien.

"Berlin, 5. Januar. In ausländischen Blättern tauchte wiederholt die Notiz auf, Kai­ser Wilhelm beabsichtige, zur goldenen Hochzeit des dänischen Königspaares nach Kopenhagen zu reisen. Diese Nachricht ist unbegründet; auch haben wegen dieses Besuches keinerlei di­plomatische Verhandlungen stattgefunden.

* Berlin, 7. Jan. LautVoss. Ztg." meldet der Czas aus Vtlna fortwährendes Vor­schieben neuer russischer Truppen an die deutsch­österreichische Grenze, obgleich in den Westgou­vernements große Sterblichkeit herrscht.

* Der Reichskanzler Graf Caprivi hat dem Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Vereins in Sachsen-Altenburg, welcher ihm einen zu­stimmenden Beschluß des Vereins zu den neuen Handelsverträgen übermittelt hatte, eine Ant­wort erteilen lassen, in welcher hervorgehoben wird, daß der Reichskanzler an der Ueberzeug- ung festhalte, daß der deutschen Landwirtschaft, von deren hoher Bedeutung er durchdrungen sei, die gedeihliche Entwicklung der vaterländischen Gewerbthätigkeit, die sich jetzt auf weitem Felde sicher entfalten könne, in reichem Maße zu gute kommen werde.

" Als ein Mittel der Germanisierung in Posen und Westpreußen war auch die Anstell­ung von Volksschullehrern aus reindeutschen Provinzen betrachtet und durch besondere Staals- zufchüsse zum Gehalt der Lehrer gefördert wor­

den. Diese Zuschüsse werden jetzt zurückgezogen und den Lehrern wird anheimgestellt, wieder Stellungen in ihren Heimatprovinzen einzuneh­men. Die deutschen Lehrer harren bei der Er­teilung des Unterrichts an die polnischen Kinder mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, es sollen aber besondere Ergebnisse zu Gunsten des Deutsch­tums nicht zu erkennen gewesen sein.

* Der Kaiser wünscht, daß seine Offiziere auf jeden Platz, auf den sie berufen werden, auch voll und ganz ihre Pflicht und Schuldig­keit thun, also auch im Ballsaal. Wenigstens deutet eine Äeußerung des Monarchen darauf hin, welche derselbe am ersten Weihnachtsfeier­tage nach Schluß des Gottesdienstes beim Ver­lassen der Garnisonkirche in Potsdam gethan haben soll, und die nunmehr in der Nachbar­residenz viel besprochen wird. Der Kaiser ließ nemltch, wie es heißt, die Kommandeure der Potsdamer Regimenter an sich herantreten und sagte zu ihnen:Sagen Sie Ihren Herren Of­fizieren, daß diejenigen, welche nicht tanzen kön­nen, die Hofbälle nicht besuchen sollen."

* Wilhelmshaven, 3. Jan. Der letzte gestrige nach Bremen bestimmte Personenzug stieß nahe bei Reiherholz mit einer leeren Lo­komotive, deren Führer das Haltesignal miß­verstand, zusammen. Lokomoriv - Führer und Heizer wurden zermalm:. Von dem Personen­zug sind nur die Maschine und der Postwagen entgleist, mehrere Beamten sind verletzt, die Passagiere blieben unverletzt. Heute ist das Geleise frei.

* Osterburg. Ein alter Kuhhirt in Beh- rend, der seit seinem 16. Lebensjahre auf dem­selben Hofe im Dienste stand, starb vor einigen Tagen und hinterließ seine gesamte Ersparnisse von 4500 Mark seinem Brotherrn.

* Posen. Arm und verlassen ist in Posen im Alter von 90 Jahren der Adjutant des polnischen Revolutionsgenerals Gielgut, Sta­nislaus v. Kaczynski, gestorben. Er nahm an allen Gefechten des Jahres 1831 teil, floh dann ins Ausland und lebte dürftig in Süd­amerika lange Jahre, bis er zurückkehren durfte. Sein Vermögen, über 500 000 Thtter, war eingezogen worden. Als Tagelöhner fristete er sein Leben.

"Metz, 5. Jan. Der Gemeinderat be­schloß nach derStraßb. Post" einstimmig auf Antrag aus seiner Mitte, in oorpors an dem Festmahl zu Kaisers Geburtstag teilzunehmen.

* In Prag hat sich ein Verein gebildet, um die russische Sprache als allgemeine Kul­tursprache unter den Slavven einzuführen. Zweigvereine sollen in ganz Böhmen und Mäh­ren errichtet werden.

"Wien, 4. Jan. In Teheran wurden Plakate angeschlagen, die zum heiligen Krieg gegen die Europäer auffordern weil ihnen das Tabaksmonopol verpachtet worden ist.

* Pest, 2. Jan. Großes Aufsehen erregt

Aer Gerichlsturm. (^4^ verb°,e.)

Kriminal - Erzählung von L. Grothe.

(Fortsetzung.)

Ich nahm die Laterne und stieg die um den engen Hof sich win­denden Steintreppen hinan. An einem hier befindlichen kleinen Fenster blieb ich einen Moment stehen und blickte hinab zu dem Fenster der von Theodor bewohnten, im Souterrain gelegenen Zelle. Diese war finster. Die über den Ämtslokalen gelegene Etage, in welcher sich die acht Zellen für leichte Hast befanden die sogenannten oberen Zellen waren nach oben und nach unten mit eisernen Gitterthüren abgeschlossen, zu denen ich den Schlüssel bei mir führte.

Hier war alles still. Noch eine Treppe von etwa 30 niedrigen Stufen, und ich befand mich in meiner hohen Wohnung.

Der Onkel hatte wahr gesprochen; eine schauerliche Musik aus allen Tonarten empfing mich hier oben. Das Heulen des Windes er­tönte wie das von tausend zur Hölle Verdammten; die schweren Wetter­vorhänge draußen an den hohen Fenstern schlugen die gewaltigen Flügel gegen die klirrenden Glasscheiben; die verrosteten eisernen Windfahnen auf den Dachspitzen kreischten wie vierhundert Besessene; und der Regen trommelte auf den Zinkplatten des Daches, als übten sich fünfzig Tam­bours im Wirbelschlagen. Es war, als wenn das wilde Heer das alte Gebäude umtobte.

Das focht mich indes nicht an. Ich fühlte mich noch zu wach, um ans Schlafen zu denken. Daher vertauschte ich meine nasse Klei­dung mit der bequemen Haustracht und begab mich in mein Arbeits­zimmer. Hier hatte die wackere Frau Melzer, meine Anwesenheit schon kennend, alles Nötige für ein Stündchen behaglichen Aufenthaltes her­gerichtet.

Im Kamin ich hatte solche aus früherer Zeit hier oben vor­gefunden und sie aus Vorliebe für das Behagliche gelassen lagen neben einem für die ganze Nacht ausreichenden Vorräte die ausgetrockneten Holzscheite regelrecht aufgeschichtet und ich bedurfte nur eines Zündhölz­chens, um sie in Brand zu setzen.

Ebenso geringe Mühe kostete mir das Anzünden der Lampe auf dem Arbeitstische. Daneben auf dem Tischchen mit der Marmorplatte glänzte die blanke Maschine zum Bereiten von heißem Wasser und die Ingredienzien, um nach Belieben eine Tasse Kaffee, Thee oder ein Glas Grogk brauen zu können, nebst dem erforderlichen, höchst sauberen Ge­schirr warteten meiner Wahl. Ich entschied mich für die Alternative, und bald gesellte sich das angenehme Singen der Maschine und das ebenso angenehme Knistern des im Kamine brennenden Feuers zu dem einförmigen Pendelschlag der Wanduhr und zu dem ungestüm nächtlichen Toben da draußen, während das milde Licht der Lampe sich eben nur über den Arbeitstisch verbreitete, die Flammen im Kamine aber in schnel­ler Abwechselung ihre grellen, beweglichen Streiflichter über die einfach gemusterte Wandtapete bis zum weißen, noch mit vergoldeten Stück­arbeiten gezierten Plafond, die Akten- und Bücher-Repositorien, mit den auf ihnen befindlichen Gypsbüften berühmter Juristen, die dunklen Fenster­scheiben und den braunen, den ganzen Fußboden bedeckenden Teppich warf.

Als der Grogk im Glase mit der langen Pfeife um die Wette dampfte, fühlte ich mich ungemein behaglich hier im Warmen, Trockenen und Hellen, gesichert gegen alle Unholde der Erde durch die Höhe des Turmes und durch vierfache starke Thüren und Schlösser, und belächelte die Besorgnis meiner guten Tante, die nach meiner Ansicht nur durch die Aeußerungen einer weiblichen Laune der heute Abend nervös aufgeregten Johanna hervorgerufen worden.

Zum wirklichen Arbeiten oder Studieren fühlte ich heute denn