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Erscheint wöchentl. Lmalr DimStag, Donnerstag und Samstag und kostet in Wensteig SO ^ im Bezirk SO außerhalb 1 das Quartal.
Donnerstag dw 6. August.
EinrückungSpreiS der lspalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei Imal. Einrückung 8 ^ Sei mehrmaliger je 6 auswärts je 8
1891.
Amtliches.
Die zweite theologische Dienstprüfung haben u. a. mit Erfolg bestanden: Hermann Beitter, Pfarrverweser in Thumlingen; Gottlob Frey, Pfarrverweser in Schwann; Christian Sigel, Pfarrverweser in Rohrdorf.
Gestorben: Pfarrer Lenze, Gültlingen; Konditor Buhler, Bietigheim; Stadtpfarrer Kriegstötter, Munder- kingen; Elementarlehrer a. D. Kleinfelder, Tübingen.
D Zur Schweizer Cenlemmrfeier.
Am 1. August konnte das Schweizer Staatswesen auf einen 600jährigen Bestand zurückblicken. Am 1. August 1291 schlossen Urh, Schwyz und Unterwalden jenes Bündnis gegen die Herrschaftsbestrebungen Albrechts von Oesterreich, des nachherigen deutsch-römischen Kaisers, das unter dem Namen die „Eidgenossenschaft* historisch geworden ist.
Freilich, ganz so, wie die Sache in der herrlichen Dichtung unseres Schiller, im „Wilhelm Dell", dargestellt wird, ist sie nicht vor sich gegangen. Schiller baute sein Schauspiel auf Angaben des schweizer Chronisten Gilg Tschudi auf, welche die neuere Geschichtsforschung als vollständig unhaltbar verwirft. Man muß von den dem Volksglauben lieb gewordenen Gestalten für immer Abschied nehmen: Wilhelm Dell gehört trotz der jetzt noch gezeigten Tells- platte und Tellskapelle in das Reich der Fabel. Auch Geßler und der Rütlischwur gehören dahin — vor dem kritischen Auge der Geschichte ist die Romantik verschwunden und es sind ziemlich nüchterne Thatsachen an ihre Stelle getreten.
Als das deutsche Kaisertum durch seine ewigen Kämpfe mit Italien und dem Papsttum innerlich zerfiel — „das Gluck war niemals mit den Hohenstaufen" — und die deutschen Fürsten sich immer mehr von der Kaisergcwalt unabhängig machten, da wollten eben die „drei Waldstälte" Ury, Schwyz und Unterwalden auch ihr Teil Frciheü haben und deshalb vereinigten sie sich zu einem Bunde, aus dem durch Angliederung von Städten und Landschaften allmählich die Schweiz — Schwyz gab den Namen dazu — in ihrer heutigen politischen Gestaltung heranwuchs.
Die Schweiz ist im Kampfe mit den Habsburgern und auf deren Kosten entstanden. Rudolf der Alte war der vom Kaiser bestellte Gaugraf von Zürich und Aarau und richtete über die Leute von Schwyz und Unterwalden; später wurde ihm auch Uri unterstellt. Ein Hohcnstaufe machte aber die Leute von Uri reichsunmittelbar, d. h. Heinrich VII. stellte ihnen einen Freibrief aus, demzufolge sie direkt unter dem Kaiser stehen sollten. Da aber der Kaiser schon dazumal keine Macht mehr hatte, so bedeutete dieser Brief vollständige Freiheit. Dieser Freibrief vom 26. Mai 1231 ist dis älteste Urkunde der Schweizergeschichte. Schwyz und Unterwalden, die noch unter der Grafengewalt der Habsburger blieben, unterstützten den Kaiser im Kriege durch einen Heerbann und wurden dafür gleichfalls „reichsunmittelbar". Das wollten sich die habsburgischen Grafen nicht gefallen lassen und es kam darüber zum Kampfe. In jene Zeit würde etwa dieSchiller- sche Rütliszene passen, die aber gegen die habsburgischen Grafen, nicht gegen den Kaiser gerichtet gedacht werden müßte. In diese Zeit Mt auch die ganze Tellsage überhaupt. Dieser Kampf endete aber nicht mit dem Siege der Schwyzer, sondern dieselben mußten sich unterwerfen.
Auch die von der Dichtung mit glanzvollen Eigenschaften umwobene Gestalt des Grafen Rudolf von Habsburg, der später deutscher Kaiser wurde, hat sich vor den Forschungen der Geschichte nicht als waschecht erwiesen; Ländergier war in Wirklichkeit Rudolfs Haupteigenschaft. Bei den damaligen zerfahrenen politischen Verhältnissen brachte er in kurzer Zeit Baden, Kiburg, Winterthur, Frauenfeld, Dtessenhofen, den Thurgau, Aarau, Zug, Wil- lisau und Sempach unter seine Herrschaft, erkämpfte sich ein Jahr nach seiner Wahl zum deutschen Kaiser in der Schlacht auf dem Marchfelde Oesterreich und noch ein Jahr vor seinem Tode wurde Luzern eine habsburgische Landstadt. Aus dem gewaltigen Besitze des Habsburgers ragten die reichsunmittelbaren Städte wie kleine Inseln hervor, die jeden Augenblick überflutet werden konnten. Und da die „drei Waldstätte" zwar Freibrief hatten, aber nach diesem unter dem Kaiser standen, so lastete auch auf ihnen seine schwere Hand. Sein Tod (15. Juli 1291) war den Schweizern wie dir Erlösung von einem Alpdruck, und damals entstand der Bund zwischen Uri, Schwyz und Unterwalden, der die Eidgenoffenschaft begründete.
Unter den Männern, die diesen Bund schließen, werden v. Attinghausen und Stauffacher genannt, Namen, welche Schiller in seinem Drama verwendete. Dieser Bund war der erste Schritt zur Trennung von Oesterreich, welche durch die Schlacht von Morgarten (1315) zu einer entscheidenden und endgiltigen wurde.
Laudesmchrichteu.
* Stuttgart, 3. Aug. Bei den Pferden des hiesigen Ulanen-Regiments herrscht seit einigen Tagen die Lungenseuche, so daß dasselbe wahrscheinlich nicht zu den Manövern abrücken kann.
' (Eisenbahnsache.) Die Ausrüstung der Lokomotiven und Wagen der Württemberg. Staatseisenbahncn mit der Luftdruckbremse, System Westinghouse, ist soweit vorgeschritten, daß zur Zeit, mit Ausnahme einiger, nur an gewissen Tagen laufenden Zügen und mit Ausnahme der Züge auf den nach der Bahnordnung für Bahnen untergeordneter Bedeutung betriebenen Linien, bei sämtlichen fahrplanmäßigen Schnell-, Personen- und Lokalzügen diese Bremse angewendet wird.
* (Sommertage.) Blauer Himmel und Sonnenschein, ein Artikel, den immer seltener zu bekommen wir dem Anscheine nach alle Aussicht haben. Wir haben über die Sommertage in den Jahren 1881—91 bis zum jedesmaligen 31. Juli folgende sehr wenig erfreuliche Tabelle: 1881 erfreut sich der höchsten Zahl mit 40 Sommertagen, dieselbe sinkt daun 1882 auf 29, steigt 1883 auf 34, hält sich 1884 auf der gleichen Höhe, um 1885 auf 33, 1886 gleich auf 24 zu sinken; das Jahr 1887 hat wieder 38 Sommertage, 1888 nur 21, 1889 steigt wieder auf 32, 1890 sinkt auf 18 und das jetzt lausende Jahr 1891 hat den traurigen Ruhm, mit nur 17 Sommertagen bis 31. Juli den vorläufig niedersten Stand erreicht zu haben. Hoffentlich wächst die Zahl im begonnenen Jahrzehnt wieder an, wäre es auch nur allmählich ; denn bei einem weiteren Abnehmen derselben käme es am Ende gar dahin, daß wir das Wort „Sommer" aus unserem Lexikon streichen müßten.
* (Verschiedenes.) Am letzten Freitag mittag brannte iu dem 3 Kilometer von Freudenstadt entfernten Lauterbade ein Wohnhaus
nieder. — In Oeschelbronn bei Herren
berg sind 2 Scheuern und 1 Wohnhaus abgebrannt. Das Feuer griff so rasch um sich, daß nur wenig gerettet werden konnte. Die Abgebrannten sind versichert. — In Herrenalb feierte der 77 Jahre alte Metzger Gottlob Gräßle mit seiner 75 Jahre alten Gattin, umgeben von Kindern und Enkeln, das Fest ihrer goldenen Hochzeit. — In Weiler ob Helfenstein (Geislingen) brach in einer Scheuer Feuer aus, welches dieselbe bis auf die Grundmauern zerstörte. — Auf der Straße zwischen Radelstetten und Gmünd wurde ein Dienstknecht ermordet aufgefunden; dessen Gesicht war mit 6 Stichwunden bedeckt. — In Alten st adt fiel ein Maurer durch das Garbenloch seiner Scheuer auf die Tenne herunter und verletzte sich hiebei derart, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. — Wie die „Jagstzeitung" meldet, hat die Strafkammer von Ellwangen den Schreiner Schanz von Giengen a. Br., welcher den Grabstein des Schultheißen Maier mit frevelhaften Schreibereien verunziert und die Blumen auf dem Grabe seines (Schanz's) Schwagers herausgerissen hatte, zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt. Schanz glaubte, der Schultheiß habe seinen Schwager zur Abfassung eines für Schanz ungünstigen Testaments veranlaßt. — In Untertürkheim kamen am Monrag zwei Kinder unter einen Steinwagen; während das eine unversehrt blieb, wurde das andere überfahren und blieb tot auf dem Platze.
* Einem Privatbriefe aus Wörishofen entnimmt der „Frank. Kour." die Nachricht, daß ein dortiger Badearzt des Herrn Pfarrers Kneipp in den letzten Tagen mit einer bedeutenden .Summe, man spricht von 30,000 Mark, durchgegangen sein soll.
* Berlin, 1. Aug. Minister Thielen teilte heute einer Abordnung des Vereins für den Zonentarif mit, es sollten Versuche mit dem Zonentarif gemacht werden und zwar sei Berlin als Mittelpunkt des neuen Systems in Aussicht genommen. Zunächst seien nur kürzere preußische Linien ins Auge gefaßt.
* Ueber den Zusammenbruch einer Art Dachauer Bank wird aus Berlin berichtet: Der Kaufmann Nitschmann, der zuerst Teilhaber und später Stadtreisender der in der Curstraße 18—19 belegenen Colonialwarenhandlung von Nitschmann u. Dehne war, hatte zahlreiche Leute, meist sogenannte „kleine Leute", dazu veranlaßt, ihm ihre Ersparnisse behufs Ankaufs zinstragender Papiere zu übergeben und dann die Wertpapiere in seinen Händen zu lassen. Als er am Dienstag voriger Woche nicht mehr in das Coutor seiner Firma kam, wurde der Polizei Anzeige gemacht, worauf der Vermißte einige Tage später in Hamburg wegen Betrugs und Unterschlagung verhaftet wurde. Die unterschlagene Summe beziffert sich nach der bisherigen Feststellung auf über 300000 Mk. Man vermutet, daß die veruntreuten Gelder nahezu eine halbe Million Mk. ausmachen. Nitschmann, welcher bereits hierher gebracht worden ist, stammt aus Könnern bei Halle und hat auch seinen 84 alten Vater, welcher seit länger als 60 Jahren die Cantorstelle in dem genannten O)rt inne hat, um sein ganzes Vermögen gebracht. Die Firma Nitschmann u. Oehme ist nur mit wenigen Tausend Mark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Szenen, welche sich in dem Geschäfislokal in der Curstraße abspielen, sind kaum zu beschreiben, da immer neue Opfer sich