baulotterie im Betrage von 75 000 Mk. fiel der 16 Jahre alten Tochter einer mit 6 Kindern gesegneten sehr armen Witwe aus Wahlscheid bei Hausweiler (Reg.-Bez. Trier) zu. Das glückliche Mädchen hatte kurz vorher in der Stettiner Pferdelotterie den kleinen Betrag von 4 Mk. 50 Pf. gewonnen, wofür es sich das Glückslos erstand.

* Aus demSpessart, 26. Juni. Der große Waldretchtum unseres Spessarts ist weit­hin bekannt; um einen kleinen Beleg hiezu zu geben, sei folgendes mitgeteilt. Im Forstbezirk Rohrbrunn z. B. giebt es noch etwa 40,000 Stück Eichen im durchschnittlichen Alter von 400 Jahren und etwa 100,000 Eichen im Alter von etwa 250 Jahre. Rechnet man nun z. B. nur die letzteren Stämme zum Durchschnittspreis von 180 Mk. für den Stamm, so repräsentieren allein die 100,000 Eichstämme ein Kapital von 80 Millionen Mk. Nach ungefährer Schätzung dürfte das Forstamt Rohrbrunn allein im ver­gangenen Jahre für etwa 320,000 Mk. Holz versteigert haben.

* Berlin, 26. Juni. LautMagdeb. Z." unterliegt es keinem Zweifel mehr, daß dem Reichstage im Herbst ein Trunksuchtsgesetz (das schon lange verzögert wurde), zugeht.

* Missionar Greiner, der erste der Missionare, welchen die Ev. Misfionsgesellschast für Deutsch- Ostafrika in ihr Wirkungsgebiet hinausgesandt hat, der Begründer der Missionsstation Dar- es-Salaam ist, so schreibt dieN. A. Ztg/" vor Kurzem nach 4jährtgem Aufenthalt in Afrika zur Erholung nach Deutschland zurück­gekehrt. Nach einem Besuch in seiner süd­deutschen Heimat ist er jetzt nach Berlin ge­kommen, um sich hier auf die Missionspredigt­reise vorzubereiten, auf der er aus seinen Er­fahrungen berichten wird. Er hat 2 Kinder mitgebracht, einen 13jährigen Negerknaben mit Namen Karl von seiner Station Dar-es-Sa- laam, und ein kleines Mädchen Farhuma, Er- steren aus mehreren Gründen, während er zu der 5jährigen Fathuma auf eigene Weise ge­kommen ist. Die Nachrichten aus der ostafrik. Mission teilen darüber Folgendes mit:Auf dem deutschen PostdampferReichstag", mit dem er von Dar-es-Salaam bis Neapel fuhr, befand sich nämlich u. A. ein Ehepaar ans Egypten mit 2 Kindern, der Mann war Ser­geant der deutschen Schutztruppe in Tanga ge­wesen, war entlassen und kehrte heim. Greiner fiel der abweichende Volkstypus der Eltern im Gegensatz zu dem einen Kinde auf; er sprach mit anderen Passagieren darüber; der Kapitän hörte davon und in der alsbald angestellten Untersuchung kam es zu Tage, daß die Kleine gar nicht das Kind des Ehepaares war, son­dern ein gekauftes oder wahrscheinlich geraubtes Sklavenkind, das sie in Egypten für 40 Pfund zu verkaufen gedachten. Also Sklavenschmuggel an Bord des deutschen Reichspostdampfers l Selbstverständlich wurde das saubere Ehepaar bestraft was aber wird aus dem Kinde?

Niemand will es haben. Da denkt Greiner, es wird doch in der Heimat Christenmenschen geben, die solches Kindleins sich erbarmen, und nimmt es an sich. Der Kapitän giebt die Ueberfahrt bis Neapel frei, die Passagiere sammeln unter sich das Reisegeld bis Worms und so meldet sich Greiner plötzlich mit zwei Heidenktndern bei uns an. Vor der Hand find Beide, Karl und Fathuma, in Bielefeld, er­weisen sich als recht zutraulich und geweckt und werden leiblich und geistlich versorgt."

* Berlin. Die projektierte Kolonial-Lot- terie soll eine allgemeine deutsche werden; eine Verständigung mit den Bundesstaaten sei bereits erzielt. Die Lotterie wird von der Mehrzahl der Berliner Blätter, ohne Unterschied der Par­tei, lebhaft angegriffen.

* Neisse, 26. Juni. Das Schwurgericht verurteilte den Vorsteher der hiesigen Reichsbank­nebenstelle, Gottlieb Mayer, wegen Wechsel­fälschung und Unterschlagung von 62 299 M. zu 10 Jahren Zuchthaus. Die Gesamtsumme der von Mayer in Umlauf gesetzten falschen Wechsel belief sich am 28. Februar d. I. auf 90500 Mark.

* Glogau, 25. Juni. Der herrschaftliche Kutscher Tost in Schien erschoß 3 seiner schla­fenden Kinder, verletzte seine Ehefrau durch einen Revoloerschuß und erhängte sich selbst auf dem Hausboden. Das Motiv derThat war Dienst­entlassung und Nahrungssorge.

* Aus Oppeln wird derFr. Z." über einen jungen Abenteurer berichtet: Es war vor­auszusehen, daß die Lorbeeren des türkischen Räuber-Hauptmanns Athanas etliche erhitzte Jünglingsköpfe nicht schlafen lassen würden. So beschloß der 14jährige Sattlerlehrling Wil­helm Gramsch aus Rosdzin, dem Räuber seine schätzbaren Dienste zur Verfügung zu stellen. Zur Beschaffung der erforderlichen Ausrüstung, Dolch, Revolver und Munition, und zur Deck­ung der Reisekosten stahl er seinem Meister Mk. 72.50; damit dampfte er zunächst nach Beuthen und von da nach Oppeln, wo er den Orientzug erwartete. Ehe dieser eintraf wurde der romantische Jüngling bereits verhaftet und wieder heimgebracht.

Ausländisches.

* Wien, 26. Juni. Das Befinden des Grafen Hartenau (Alexander von Battenberg) hat sich verschlimmert. Die Aerzte diagnosti­zieren ein gefahrdrohendes Magengeschwür, weshalb die Karlsbader Kur unterbleibt.

* Prag, 26. Juni. 155 russische Juden, welche Prag passierten, um nach Amerika zu reiten, wurden in Bodenbach angehalten, und da sie nicht den Nachweis des Besitzes von Schiffs­karten für die Ozeanfahrt liefern konnten, an der Weiterreise gehindert. Hier wird für diese Ausgewiesenen eine Hilfsaktion eingeleitet.

* Bern, 26. Juni. Aus Emmenthal wer­den infolge Hochwassers Bahnbetriebsstörungen gemeldet. Die Linie Bern-Luzern ist bei Langenau

* Hohenstein, OA. Besigheim, 25. Juni. Seit einigen Tagen werden in den hiesigen Weinbergen blühende Trauben gesehen.

* (Kritische Tage.) Der Juli müßte sich nach der Berechnung Falbs günstig gestalten. Der Wettergelehrte zeichnet für diesen Monat nur einen kritischen Tag zweiter Ordnung und einen solchen dritter Ordnung. Der 21. Juli ist der schwerer belastete Tag, während der 6. Juli ein kritischer Tag dritter Ordnung ist.

* (Verschiedenes.) In Backnang fiel ein einjähriges Kind in eine Wassergelte und ertrank. JnErsingen hat Mühle­besitzer Schaich den sämtlichen Viehbestand, 28 Stück, durch Milzbrand verloren. Im Neckar bei Cannstatt ist der 21 Jahre alte Fabrik­arbeiter Gottlob Jdler von Fellbach beim Baden infolge eines Herzschlags ertrunken. Im Obernheimer Walde Thann wurde ein italienischer Arbeiter beim Wegbau von einem umstürzenden Baum mit solcher Wucht auf die Stirne getroffen, daß er nicht mehr zum Be­wußtsein kam, sondern auf dem Transport nach Obernheim verschied. Am Montag entfernte sich ein Soldat von Gmünd ohne Urlaub um seine Eltern in Backnang zu besuchen. Im Laufe des Tages lief ein Telegramm ein, und als der Deserteur merkte, daß man ihn holen wollte, sprang er in die Murr, wurde aber von 2 Männern, die in der Nähe arbei­teten wieder herausgezogen und in den Arrest verbracht. Am Dienstag wurde er in Be­gleitung eines Schutzmannes nach Gmünd ein­geliefert. In Mühlhausen a. N. wurde ein Pferdeknecht von einem ausschlagenden Pferde so schwer an die Stirne getroffen, daß das Gehirn durch die Wunde heraustrat. Der­selbe wurde sofort ins Bezirks-Krankenhaus verbracht. Im Oberamt Sulz sind die Gemeinden Bickelsberg, Binsdorf, Brittheim, Leidringen, Rosenfeld durch Hagel und Wolken­bruch schwer betroffen worden. Die bürger­lichen Kollegien der Stadt Rottenburg haben den Bau einer städtischen Wasserleitung beschlossen. In Balingen fiel em 3jähr. Knabe in eine offenstehende Dohle des Stadt­bachs und wurde tot herausgezogen. In Haigerloch trat infolge eines heftigen Ge­witters Hochwasser ein, das in kurzer Zeit das Thal an einzelnen Stellen ganz überschwemmte, vieles Heu mit sich brachte und auch im un­tern Thale noch einzelne Wiesen völlig räumte. Glücklicherweise war in den drei letzten sonnigen Tagen weit über die Hälfte des Heuerträzniffes eingeführt worden, sonst wäre der Schaden ein sehr erheblicher.

* Mannheim, 26. Juni. Ein furchtbarer Wolkenbruch suchte letzte Nacht einen Teck der bayerischen Pfalz heim. Das Wasser zerstörte die Eisenbahnbrücke von Gersheim; die Passa­giere mußten umsteigen. In Niedergeilbach ist ein Haus eingestürzt, zwei Bewohner ertranken.

* Der Hauptgewinn der Wormser Dom­

(Nachdruck verboten')

Roman von Karl Ed. Klopfer.

(Fortsetzung.)

Heinrich war aufs höchste überrascht. Diese unvermittelte Anrede stand zu dem ersten Empfang in solchem Kontrast, daß er vergebens nach passenden Worten der Erwiderung suchte. Aber Herr Ertl riß ihn schon aus der Verlegenheit.

Ich bitte Sie, meine anfängliche Schroffheit zn entschuldigen. Aber bei ernsten Geschäften kommt bei mir nur der Kaufmann zum Wort. Jetzt stehe ich Ihnen ganz zur Verfügung. Haben Sie vielleicht irgend welche Wünsche in bezug auf Ihre Wohnung, auf Ihre Bedienung? Oder kann ich Ihnen in pekuniärer Hinsicht dienen? Eine neue Anstel­lung legt einem jungen Manne immer gewisse Kosten auf, was ich sehr wohl begreife. Sprechen Sie sich ohne Zeremonie aus, ich hoffe, wir werden uns verstehen.»

Heinrich dankte mit einer gewissen Rührung, während er in seinem Innern sein vorgefaßtes Urteil über den Chef feierlichst widerrief.

Selbstverständlich erwartete ich nicht," fuhr Herr Ertl fort,daß Sie Ihre Stellung schon heute oder morgen antreten. Gönnen Sie sich Zeit, ordnen Sie Ihre Privatangelegenheiten, besehen Sie sich unsere Sladt, den Hafen, vielleicht auch schon die Börse, kurz, übernehmen Sie die Geschäfte, wann es Ihnen gut dünkt."

Sormann erwiderte, daß er trotzdem schon morgen den Platz der Firma im Börsenkontor einnehmen wolle, sei es auch nur, um sich vor­bereitend zu informieren. Eine längere Unthätigkett entspräche weder seinen Neigungen noch seinen Gewohnheiten.

Halten Sie das, wie Sie wollen," erwiderte der Chef freundlich, für heute erweisen Sie mir das Vergnügen, an meinem Familientische teilzunehmen. Ich werde Sie da nicht nur meinen Angehörigen, sondern

auch einigen Geschäftsfreunden vorstellen können, was Ihnen die Lange­weile separater Vorstellung ersparen wird. Um zwei Uhr wird Sie der Kontordiener rufen. Bis dahin haben Sie Zeit, sich im Hause umzusehen."

Nochmals ein kräftiger Händedruck, dann schied Sormann von dem Chef, leicht und zufrieden.

Hier gefällt mir's hier mag ich lange bleiben!" murmelte er lächelnd vor sich hin, als er die Treppe zu seinem Zimmer Hinaufstieg.

Er warf sich in Gesellschaftstoilrtte und harrte der Stunde, wo er zum Tische der Familie gerufen werden sollte.

Genau um die festgesetzte Zeit erschien der Diener, der ihn ins erste Stockwerk hinabbat, wo die Wohnräume des Chefs lagen.

Als er durch ein stilvolles Vorgemach in das Empfangzimmer trat, kam ihm Herr Ertl entgegen und begrüßte ihn ebenso herzlich, wie kurz vorher. Hierauf führte er ihn zu seinen Gästen, die unter verschie­denen Gesprächen auf und nieder gingen. Es waren durchwegs Kauf­herren, Geschäftsfreunde der Firma.

In diesem Moment läutete es zu Tische. Die hohen Flügelthüren zum Speisesaal flogen auseinander. Die Gäste traten ein und wurden von zwei Frauenstimmen begrüßt. Heinrich, der'hinter einigen dicken Großhändlern einherging, konnte die Damen noch nicht sehen, aber schon beim ersten Ton einer gewissen Stimme, die an sein Ohr drang, durch­zuckte es ihn mit einem freudigen Schreck.

Hier, Herr Sormann!" stellte Herr Ertl den Ankömmling seiner Frau vor, einer kleinen, schmächtigen, kränklich aussehenden Frau, deren Lächeln fast einem versteckten Weinen glich.Und hier meine Tochter Olga!"

Ehe Heinrich noch Zeit hatte, ein Wort zu sagen, reichte ihm das herrliche Mädchen, dessen ebenmäßige Schönheit jetzt ohne den verhüllen­den Mantel in ihrer vollen Glorie strahlte, die kleine Hand.