die Aufhebung des Jesuitengesetzes schon 230Petitionen an den Reichstag mit 25,000 Unterschriften bei ihm eingclaufen seien, viele werden noch Nachfolgen. Die Versammlung war von über 200 Teilnehmern besucht und ist dies ein sprechender Beweis, daß man hierorts dem friedenstörenden ultramontanen Anfinnen nicht gleichgültig gegenübersteht. (Fügen wir noch bei, daß aus dem diesseitigen Bezirk, d. h. aus den Kirchspielen Altensteig Stadt, Altensteig Dorf, Berneck, Ebhausen, Enzthal, Simmersfeld, Spielberg, Walddorf und Warth, Herrn Elben eine weitere Petition mit 1082 Unterschriften behändigt werden konnte. Weitere Unterschriften werden in der Exp. d. Bl. während der laufenden Woche entgegengenommen).
* Alten steig, 8. Dezbr. (Vorläufiges Ergebnis der Volkszählung in Altensteig Stadt). Es beträgt die Einwohnerzahl: 2156 gegen 2154 im Jahr 1885, und 2169 im I. 1880. (Mithin ist die Einwohnerzahl sich gleich geblieben.) Weitere Resultate: Nagold 3563, Zunahme 109. Calw 4523, Abnahme 27.
* Alten st eig, 8. Dez. Wir haben wieder einige bedauerlicherweise schwere Unglücksfälle j zu verzeichnen. Der 15jähr. Sohn des Zimmermanns Mutz von Grömbach wurde in dem Sägewerk Völmlesmühle scheints infolge Unvorsichtigkeit von einem Riemen erfaßt, welcher ihm einen Arm und einen Fuß abdrückte und am ganzen Körper schwer verletzte. Ein anderer Unfall trug sich in Hühnerberg zu. Das Dienstmädchen des Bauern Schleeh fiel mit dem Kopf in die Dreschmaschine, welche sie selbst trieb; die Folge war ein Bruch des unteren Zahnkiefers und eine große klaffende Wunde am Hinterkopfe. Nach ärztlicher Mutmaßung scheint das Mädchen in einem Anfalle von Epilepsie in die Maschine gefallen zu sein.
* Freuden st adt, 4. Dez. Gestern starb der im Oktober 1795 in Thonbach, Gemeinde Baiersbronn, geborene letzte Veteran des hiesigen Bezirks, welcher den Feldzug von 1813 mitgemacht hat.
* Stuttgart, 6. Dez. Unser neuer Eisenbahn-Chef nimmt, wie es scheint, das Heft stramm in die Hand. Er hat bereits mehrere zeitgemäße Verfügungen erlassen, unter welchen namentlich diejenige vom Publikum mit Genug- thuung begrüßt werden wird, daß die lästige Rauchcntwickelung auf den Bahnhöfen und die ohrenzcrreißende Signalpfeiferei aus das aller- notwendigste beschränkt werden soll. Auch der Diensteifer des Zugs- und Stationspersonals wurde durch einen ziemlich schneidigen Mas gespornt. Man wird ganz damit einverstanden sein, wenn eine rasche Abfertigung der Züge durch entsprechendes Arbeiten eingeschärft wird, damit die störenden Verspätungen möglichst vermindert werden,doch darf dies aufKosten der Pünktlichkeit oder Betriebssicherheit niemals geschehen. — Die eingeleitete Dampfheizung der Eisenbahnwagen ist nun soweit durchgesührt, daß von
den vorhandenen 829 Personenwagen diese wohl- thätige Einrichtung an 220 Wagen bereits angebracht wurde, während weitere 211 Wagen vorläufig unter Belastung der Ofenheizung mit Leitungsröhren für Dampfheizung versehen worden find, um in der Zusammenstellung der Züge bezüglich der Dampfheizung nicht gehindert zu sein. Es ist anzunehmen, daß bis zum Winterdienst 1891/92 sämtliche Schnell- und Personenzüge für die Dampfheizung eingerichtet sein werden.
* Aus Gerabronn schreibt man dem „Haller Tagbl.": Für die bevorstehende Landtagswahl hat nun, wie man mit Bestimmtheit hört, die deutsche Partei Herrn Kaufmann Dill in Niederstetten und die Volkspartei Herrn Rechtsanwalt Fr. Haußmann in Stuttgart als Kandidaten aufgestellt.
* Blaubeuren, 3. Dez. Der Vorstand der deutschen Partei berief in der Jesuitenfrage auf den 2. Dez. eine Versammlung, zu welcher die Angehörigen aller Parteien und Konfessionen eingeladen waren. Daß es eine Grenze giebt, über welche hinaus ultramontane Anforderungen nicht gestellt werden können, ohne daß unser Volk sich dagegen wehrt, bewies der ganz außerordentlich starke Besuch der Versammlung. Die aufgelegte Petition wurde zahlreich gezeichnet, auch von mehreren Katholiken.
'(Verschiedenes.) In Ulm wurde ein junges Pärchen, bestehend aus dem Kellner Diehl aus Lorsch in Hessen und einer Taglöhnerstochter, festgenommen. Der Bursche hatte dem Komponisten Merkers van Gent aus Wiesbaden über 1000 Mk. gestohlen. — Ein Bauer von Bechingen hatte eine fette Kuh auf dem Markte in Giengen, konnte fie aber nicht verkaufen. Er verkaufte das Tier dann an einen Schuhfabrikanten um 100 Paar Schuhe, wobei er sich die Auswahl unter 1000 Paaren vorbehielt. Er wird sich aber doch etwas täuschen, denn er hat nicht anbedungen, daß es Lederschuhe sein müssen. — Dem in der Reparaturwerkstätte in Rottweil beschäftigten Arbeiter Burkardt von Lausten wurde von der Transmission, an welcher er einen Riemen anbringen wollte, die linke Hand total vom Arme gerissen. — In Ebingen wollte der Mechaniker Joh. Schnitter an einem Gewehr eine Reparatur vornehmen. Er wollte durch den Lauf blasen um zu sehen, ob das Gewehr nicht geladen war und kam dabei mit dem Kolben dem Gaslicht zu nahe. In diesem Augenblick ging das Gewehr los, und Schnitter fiel tot zu Boden. Er hinterläßt eine Witwe und 3 Kinder.
" Karlsruhe, 4. Dez. Im Bereich der hiesigen Bauunternehmer fährt es fort zu krachen; bis jetzt sind drei Konkurse ausgebrochen, aber noch mehrere sollen in Aussicht stehen. Obwohl dieses Ende längst vorausgesehen würde, so erregt dasselbe doch ein unbehagliches Gefühl. Von den vielen Wirtschaften sind in letzter Zeit auch einige geschlossen worden und man be
fürchtet überhaupt im Gegensatz zu der bisherigen etwas üppigen Periode schwierigere Zeiten.
* Freiburg i. Br., 1. Dezbr. Aus der Klinik des hiesigen Mutterhauses wurde dieser Tage ein Dienstmädchen, welches an Lupus litt und mit Koch'scher Lymphe behandelt wurde, als geheilt entlassen.
"München, 6. Dez. Die Volkszählung lieferte folgendes Gesamtergebnis für München: Die Zahl der Einwohner beträgt 344,893, was, wenn die Einverleibung von Schwabing und Ncuhausen abgerechnet wird, eine Zunahme von 60,000 bedeutet.
* München,6. Dez. Zwei Kupferschmiede sind von dem Dache der Fronfeste am Angerthor bei Anbringung eines Schneeschutzgitters herabgestürzt und tot geblieben.
' Augsburg, 4. Dez. In der verflossenen Nacht stießen fünf Infanteristen einen Sergeanten, der sie anhielt, nieder und brachten ihm erhebliche Verletzungen bei. Die Soldaten wurden verhaftet.
* Berlin, 4. Dezbr. Das soz. „Berliner Volksbl." will jetzt allwöchentlich eine Lifie aller Verurteilungen und Verhaftungen von Sozialdemokraten ausgeben und hat bereits mit 28 Nummern den Anfang gemacht. Es soll damit der Nachweis geführt werden, „was alles auf Grund des gemeinen Rechtes in der neuen Aera möglich und zulässig ist."
" Berlin, 5. Dez. Eine von 2000 Kellnern besuchte Versammlung im Wintergarten beschloß, Protest gegen den Beschluß der Arbeiterschutzkommisston zu erheben, nach welchem der gesamte Kellnerstand der Gesindeordnung unterworfen werden soll.
* Berlin, 5. Dez. Die Volkszählung ergab für Berlin eine ortsanwesende Bevölkerung von 1,574,485 Personen.
* Die „Rostocker Zeitung" erhält folgendes lakonische Telegramm vom mecklenburgischen Landtag, welcher gegenwärtig in Malchin lagt: „Die Unterstützung von 2000 Mk. an den Reiterverein in Wittenburg wurde bewilligt. Die Unterstützung für den Hilfsfonds der Lehrerinnen wurde abgelehnt."
' In Preußen erregt es immer mehr Aufsehen, daß dem früheren Minister v. Lucius vor einigen Jahren die Gebühr für Errichtung eines Fideikommisses, die bei 3V„ etwa 30,000 bis'40,000 Mk. betragen hätte, erlassen worden ist. Man zweifelt die Zulässigkeit dieses Nachlasses, wie es scheint, mit Recht an. Der Fall dürfte im Abgeordnetenhause noch zur Sprache kommen. Die „Württ. Volksztg." sagt zu der Angelegenheit: Derartige Fälle sollten nicht Vorkommen in einer Zeit, in welcher das ganze Volk mit direkten und indirekten Steuern sehr hart angelegt ist und in welcher die „ausgleichende Gerechtigkeit im Steucrwesen" auf aller Lippen schwebt. Solche Vorkommnisse geben der grundsätzlichen Opposition eine willkommene Waffe an die Hand, um den guten Willen und die Aufrichtigkeit der anderen Parteien zu verdäch-
Der Alte sah ihr forschend und sinnend ins Gesicht. Trotz des Schattens, in welchem sie standen, konnte er in ihren Augen die Entschlossenheit lesen, welche bei diesem jungen Mädchen — so sehr auch die Grundzüge ihres Wesens wie ihrer Erscheinung die leichtbesorgte Sanftmut und die zartfühlende Güte waren — immer dann hervortraten, wenn eine That nach jihrem Herzen ihren ganzen Mut erforderte. Tritt eine solche That in der einsamen Stille der Nacht an ein solches Gemüt heran, so fühlt es sich um so stärker auf sich selbst angewiesen und wird zugleich durch die Hoffnung belebt, daß das Schweigen, der Friede ringsum auch für seine That eine glückliche Vorbedeutung sei.
Bewegt schloß der alte Mann das blühende Kind in seine Arme und drückte einen Kuß auf seine reine Stirn.
„Es ist Gottes Wille! Seine Hand sei über dir! Geh, mein liebes, tapferes Mädchen!"
Gewandt schwang sie sich aus dem Fenster, festen Schrittes stieg sie den schwankenden Pfad hinab. Das Auge des alten Mannes folgte ihr, nun er allein war, sorgenvoll, bis das Dunkel unter den Bäumen sie ihm entzog. Fast atemlos harrte er dann ihrer Rückkunft.
Jane erreichte ungefährdet den Wasscrturm, schloß ihn auf und betrat klopfenden Herzens den kleinen Eingangsraum. Tastend suchte fie umher, bis sie Zunder und Feuerzeug, welches der Pförtner hier verwahrte, gefunden hatte.
Sogleich erglänzte ein Licht und erlosch wieder; nachdem sie bis zehn gezählt, glühte das Leuchten abermals auf; und als es zum dritten Male in Nacht versank, erreichte ein leichtes Plätschern das Ohr der Lauschenden.
Ein tiefer Atemzug, und sie empfing den Erwarteten an den vom Master aufwärts führenden Stufen, schloß das Thor und befestigte den Schlüssel am Gürtel.
„Seid still", bat sie leise, als der junge Mann in tiefster Bewegung die Hand seiner Retterin an die Lippen preßte. „Seid still und folgt mir!"
Sie waren fast unter dem Fenster angelangt, als Jane durch den Gedanken erschreckt wurde, sie habe das Feuerzeug nicht wieder an den Platz gelegt, von dem sie es genommen. Den Finger zum Zeichen des Schweigens auf den Mund legend, wandte sie sich schnell zurück, stellte die gewohnte Ordnung wieder her, um jeden Anlaß zum Verdacht zu beseitigen, und legte nochmals den gefahrvollen Weg, doch mit froheren Empfindungen zurück.
Sicher erreichten beide die Leiter; und kaum war der Kavalier oben, so stand auch das junge Mädchen schon an seiner Seite.
„Kein Wort, junger Herr!" flüsterte Eton. „Kein Wort, wenn Ihr uns nicht alle verderben wollt!"
Tief ergriffen standen die drei eine Zeitlang lautlos da. Der Graf ermannte sich zuerst. Er zog die Leiter ein und entnahm nach einigem Suchen dem Schubfach einer reichgeschnitzten Schatulle eine kleine kupferne Lampe, ein Fläschchen Wein, sowie einen wunderlich geformten Schlüssel, welchen er seinem Gast reichte.
Darauf schritt er der mit Büchern bedeckten Wand zu, zog eine« dicken, in Schweinsleder gebundenen Folianten heraus, steckte in eine kaum sichtbare Fuge der bloßgelegten Wandtäfelung ein wie ein kleines, dünnes Brecheisen geformtes Instrument, und nach einem leichten Druck seiner Hand drehte sich wie mit Zauberschlag die Holzbekleidung vom Boden bis zur Decke in den Äugeln eine Thür freilegend, aus deren niedrigem Bogen die Finsternis unheimlich und undurchdringlich gähnte.
(Fortsetzung folgt.)