* Berlin, 21. Okt. Bankier Biber ist mit 18,000 Mk. Rentendepositengelder flüchtig ge­gangen.

* Berlin, 21. Okt. Die Sozialdemokraten beabsichtigen die Errichtung eines besondern so­zialistischen Amtes behufs Untersuchungen über die Verhältnisse verschiedener Gewerkschaften. Der Vorstand des Amtes soll Bebel sein.

* Berlin. Unter den dem Reichstage vor­liegenden Jnitiativ-Anträgen haben die Anträge der Sozialdemokraten und Deutschfreisinnigen auf Aufhebung bezw. Ermäßigung der Lebens­mittelzölle die Priorität. Sie werden an einem der ersten Tage der wiedereröffneten Session zur Verhandlung kommen und voraussichtlich zu eingehenden Debatten über die gesamte wirt­schaftliche Lage führen. Eine Mehrheit für diese Anträge im Reichstag gilt bei der ab­lehnenden Haltung des Zentrums für ausge­schlossen.

* Dem Bundesrate ging der Antrag Sachsens zu, die Einfuhr lebenden Rindviehes aus Oester­reich, mit Ausnahme der großen rauhen Rasse, nach den größeren Schlachthöfen zu gestatten unter der Bedingung, daß ein Ursprungs- und Gesundheitszeugnis beigebracht werde, bei dem Eintritt eine tierärztliche Untersuchung stattfinde, die Tiere direkt zum Bestimmungsorte auf der Eisenbahn überführt, getrennt gehalten und so­fort geschlachtet werden. Motiviert ist der An­trag ausschließlich mit der Fleischteuerung.

* Einan die deutsch-evangelische Christen­heit" gerichteter Aufruf befürwortet die Grün­dung eines Gesamtverbands aller evangelischen Arbeitervereine und ähnlicher, auf evangelisch­patriotischem Grunde stehender Bürger-, Volks­und sozialer Vereine. Der Aufruf zählt 518 Unterschriften, darunter 185 Diener der Kirche, 102 Arbeiter, 56 selbständige Handwerker, 49 Kaufleute und Gewerbetreibende, 44 Beamte, 39 Fabrikbesitzer und Fabrikdirektoren, 32 Lehrer und 11 Großgrundbesitzer und Land­wirte. Schriftführer des einstweiligen Komites ist Pfarrer Lic. Weber, M.-Gladbach.

* Major v. Wißmann wird nun doch in Begleitung des Dr. Bumiller am 25. d. M. nach Ostafrika abreisen. Wie der Reichskom­missar selbst in Lauterberg im August äußerte, sieht er es jetzt als seine Hauptaufgabe an, die Karawanen-Straßen nach dem Innern, also nach den großen Seen, zu sichern und zu diesem Behufe nicht nur in regelmäßigen Entfernungen Stationen anzulegen, sondern auch die im Innern wohnenden Stämme durch allerhand Maßregeln zu gewinnen,

' Nach den in Halle beschlossenen neuen Organisationsbestimmungen nennt sich die Par­tei künftig nicht mehrSozialistische Arbeiter­partei Deutschlands", sondernSozialdemokra­tische Partei Deutschlands."

* Halle a. d. S., 17. Okt. Vor der Straf­kammer wurde der Mansfelder Kollekteur, wel­cher einem Reisenden Vs-Anteil an Vg verschie­denen Losen der Schloßfrciheit-Lotterie verkaufte

Des Goldvauers Wustkanlin.

Eine Dorfgeschichte von Reinhold Sch e f f e l.

(Fortsetzung.)

Daß er allabendlich zur Stelle kam, wo da gesungen ward, zuletzt sogar die Dunkelheit recht ungeduldig erwartete, als hätte er was Gott verhüt', ein Stelldichein, war gleichfalls seine Sache. Ja, er überlegte sogar zuweilen, ob es ihm im Winter nicht ein wenig zu weit sein werde, wie er es jetzt gewohnt, jeden Abend zur Musik zu gehen.

Diese Zukunftssorgen des Goldbauern waren jedoch ganz unnötig, denn wie er einst am Feierabend hinausging, um seine Pfeife bei Be­gleitung einer Singstimme zu rauchen, blieb die letztere völlig aus, und vor Aerger und Enttäuschung ließ der Goldbauer auch die erstere ver­löschen und ging mißmutig dem Hause zu. Zum größten Glück hatte er die Befriedigung, auf dem Rückwege etwas in Unordnung zu finden, so konnte er sich doch in einem Donnerwetter Luft machen. Eine Woche lang ging der Goldbauer den gewohnten Weg und mußte sich seinen Ohrenschmaus von den Fröschen und Grillen bereiten lassen. Sein Ent­schluß stand fest, er wolle sich um die Stadtleute, die selbst zum Singen zu faul sind, gar nicht mehr kümmern und lieber öfter ins Gemeinde­wirtshaus gehen, sich um die politischen Verwickelungen mehr kümmern, als er es in der letzten Zeit gethan.

XIII.

Pas imterörochene -Lied.

Nur weil die Nacht gar so hell und klar, nur weil sich in der windstillen Abendluft kein Hälmchen regte, ging der Goldbauer heute noch zum letzten Male zur Musik.

Seine Ausdauer ward reichlich belohnt.

Ausländische-.

* Aus Klagenfurt wird vom 18. ds. ge­meldet, daß im Gebirge seit 3 Tagen meter­hoher Schnee liegt.

"St. Gallen, 20. Okt. Zwei hiesige Gymnaststen stürzten im Schneesturm vom Säntis ab. Mehrere Rettungsexpeditionen maßten unverrichteter Sache umkehren wegen der Schnee­menge.

* Die italienische Marine ist von einem schweren Verluste betroffen; ein Telegramm aus Livorno meldet: Das von Gaeta nach Spezzia abgegangene Torpedoboot Nr. 105 ist an seinem Bestimmungsort nicht angelangt. Verschiedene zu dem Torpedoboote gehörige Gegenstände find am Strande gefunden worden; es ist zweifellos, daß das Torpedoboot bei dem heftigen Sturme, welcher am 16. d. M. herrschte, gescheitert nnd die ganze Mannschaft umgekommen ist.

* Wie aus Rom gemeldet wird, soll Ad­miral Lovera vor ein Kriegsgericht gestellt werden, weil er durch seine Nachlässigkeit den Verlust des Torpedobootes Nr. 105 und die Havarie des Kriegsschiffes Ruggiero veranlaßt hat.

* Paris, 19. Oktober. Präsident Carnot Unterzeichnete einen Gesetzentwurf, nach welchem die notleidenden Familien, im Falle einer Mobil­machung, Entschädigungen erhalten sollen. In Belfort wurden der Kasernenwächter Diet­rich und seine Schwester als Mitschuldige des Spions Bonnet verhaftet.

" Paris, 21. Okt. In Folge der Mac Kinley-Bill wurden mehrere große Fabriken in Turcotn Roubaix gesperrt.

* London, 20. Okt.Daily Chronicle" meldet aus Warschau: Als der Czar aus West­rußland nach Petersburg zurückkehrte, habe auf der Station Lorjetcha ein Reisender auf den Czaren geschossen, aber gefehlt.

* London. 21. Okt. Die englische Re­gierung benachrichtigte die Vertreter der aus­wärtigen Mächte, daß sie die brasilische Repu­blik anerkannte und englische Kriegsschiffe die Flagge der brasilischen Republik grüßen sollen.

* London, 21. Okt. Stanley konstatiert in einem gereizten Schreiben an dieTimes" das Fehlschlagen der Sammlung für einen Vik- tona-Nyanzadampfer. Wenn nicht 5000 Pfund schleunigst aufgebracht würden, müßten die bis jetzt gesammelten 2000 anders verwendet wer­den. Die Deutschen hätten einen bedeutenden Vorsprung.

* DieTimes" meldet, eine Privatkarawane mit 300 Trägern sei in Ugogo beraubt und völlig vernichtet worden. Ugogo ist das Gebiet hinter Mpwapwa, also deutsch. Nähere Auf­klärung bleibt abzuwarten.

* Brüssel, 20. Okt. Die Liberalen, die gestrigen Wahlsiege bejubelnd, erklärten, der König habe jetzt'die von dem Lande geforderte Parole empfangen. In Brüssel und einigen größeren Provinzstädten haben die Liberalen 2- bis 3000 Stimmen Mehrheit erhalten; in den

Klagender, rührender, ergreifender als jemals zuvor klang ihm das Lied heute entgegen. Immer näher zog es ihn, mit zurückgehaltenem Atem horchte er dem lange entbehrten Genüsse.

Da, gerade bei der schönsten Stelle, brach die Sängerin plötzlich mit einem herzzerreißenden Wehrufe den Gesang ab.

Der Goldbauer war erschreckt zurückgefahren, er überlegte, ob er nicht eintreten solle, zu erfahren, was das Mädchen gestört. Ein spöttisches Lächeln umzog seinen Mund, er erinnerte sich, daß es den zimperlichen Stadtleuten genüge, eine Fledermaus zu sehetl, um ein Zetter­geschrei zu erheben. Verstimmt wollte er sich entfernen.

Da auf einmal öffnete sich die Hausthür, totenbleich vom Mondeuschein umflossen, trat Elisabeth händeringend auf die Schwelle. Der Goldbauer, welcher das Mädchen schluchzen hörte, trat heran und sagte:

Was doch die Weibsleut' veränderlich sind, kaum zuvor habt Ihr Musik gemacht und jetzt fangt Jhr's Weinen an."

Wißt Ihr warum, Herr Vater?"

Nein."

Mit thränenerstickter Stimme sagte das Mädchen:Ich habe meiner Mutter das Sterbelied gesungen und ihr Leben ist entflohen, bevor ich es zu Ende gebracht."

Das Haupt entblößend, trat der Goldbauer ins Haus, er folgte dem Mädchen in die zweite Stube, wo auf dem Bett die Leiche der blassen Stadtfrau lag.

Jetzt hatte ihr Gesicht alles Recht, einen gar stolzen Ausdruck zu zeigen, jetzt war sie den Erdensorgen, den Demütigungen und Kränkungen, der Qual, bitten und betteln zu muffen, auf ewig entrückt, und auch ihr Kind hatte sie einem sicheren Schutze anvertraut, da ja Gott selbst die Waisen schirmt.

und demselben die bezüglichen Nummern durch Postkarte mttteilte, zur Zahlung des auf Vo-Los gefallenen Gewinnanteils von 300 000 Mk. ver­urteilt. Der Kollekteur machte, nachdem obiger Gewinn auf eine Nummer gefallen war, geltend, daß der Reisende an andern Vs-Losen beteiligt sei und ihm versehentlich andere Nummern mitgeteilt oder die Adresse verwechselt wor­den wäre.

* Aus Frankfurt a. M., 20. Oktober, wird geschrieben: Eine schauerliche That ist heute morgen gegen 11 Uhr von dem Porte­feuiller P. M. Hahn verübt worden. Hahn, welcher von seiner Frau getrennt lebt, verkehrte häufig mit der ledigen Katharina Kaltwasser, Neugasse 8 wohnhaft. Heute vormittag gegen 11 Uhr kam er zu ihr; dabei gab es Streit zwischen ihnen, worauf er ihr mit einem großen Dolchmesser mehrere furchtbare Wunden bei­brachte, u. a. Stiche in die Brust und die Schläfe, sowie in die linke Schulter. Die Schwerverletzte wurde alsbald ins Spital ver­bracht. An ihrem Aufkommen wird gezweifelt. Hahn, der die That in einem Anfall von Säufer­wahnsinn vollbracht haben dürfte, ist flüchtig.

* Bückeburg. Ein reiches Fräulein hatte einem Arbeiter, welcher Holz für die Dame zer­kleinert hatte, drei Mark von seinem Lohne ab­gezogen nnd wurde darauf von dem Arbeiter verklagt. Das Amtsgericht erkannte, daß 1 Mk. 50 Pfg. dem Kläger ohne weiteres zukämen; wegen des noch streitigen Restes sollte Beweis­erhebung erfolgen, und zwar wurden der Ver­klagten zwei Eide zugeschoben, nach deren Ab­leistung der Kläger mit der Restforderung ab­zuweisen war. Die reiche Dame ersparte die Summe von 1 Mk. 50 Pfg., indem sie beide Eide schwor, mithin fiel das Endurteil für den Arbeiter ungünstig aus. Aber bald darauf klagte sie sich selbst an, falsch geschworen zu haben. Jetzt hat sie die Folgen zu tragen.

* Luxemburg, 21. Okt. Der Her­zog von Nassau nimmt die Führung der Re­gentschaft an, verbleibt jedoch in Schloß Kö­nigstein.

* Hamburg, 18. Okt. Der hier tagende Ausschuß des deutschen Handelstages beschloß in Sache der kaufmännischen Sonntagsruhe, den Schluß aller Geschäfte mit und ohne Ge­hilfen bis spätestens 3 Uhr nachmittags mit alleiniger Ausnahme der Geschäfte für Nah­rungsmittelverkauf und Gegenstände unmittel­baren Gebrauches zu befürworten.

* Ein dem Trünke ergebener Arbeiter in Metz, Namens Karl Philipp Großhardt, ver­übte ein scheußliches Verbrechen. Nachdem er während des ganzen Tages mit seiner Frau gezankt und sie mißhandelt hatte, so das; sie flüchten mußte, warf er abends sein 20 Monate altes Kind aus dem zweiten Stockwerk auf die Straße. Der Unmensch wurde in Haft genom­men, das Kind, schwer verletzt, befindet sich in Pflege.

(Nachdruck

verboten).