wird aber teufelswild, wenn all' Augenblick Schulbuben kommen und anfragen, ob er nicht Drescher brauche. — Von der Strafkammer in Ravensburg wurde die 15jährige Tochter des Besitzers des Harzerhofes bei Haidau, welche vor ca. 2 Monaten das elterliche Haus zweimal anzündete, zu zwei Jahren Gefängnis, zu erstehen in der Anstalt für jugendliche Verbrecher, verurteilt; dieselbe war geständig und gab als Motiv an, sie habe ein neues Haus wollen.
* Die b a d i s ch e evangel. Missionsgesellschaft hat in den 50 Jahren ihres Bestehens ihr? Jahreseinnahme, welche dem Basler Missionshaus zufließen, von 2239 fl. auf 61,534 Mk. erhöht. Auch sind in dieser Zeit 77 Jünglinge aus Baden in die Baseler Mission eingetreten. Das Missionsgebiet ist hauptsächlich Indien, wo vor 50 Jahren 4 Stationen mit 16 Missionaren bestanden, während es jetzt 24 Stationen mit 60 Missionaren sind. Auf der Goldküste in Afrika sind nunmehr 9 Stationen mit 30 Missionaren besetzt; vor 50 Jahren konnte daselbst die einzige Station nicht ständig besetzt werden, da alle Missionare starben. In Kamerun ist im vorigen Jahre die Station Manyamba gegründet worden.
* Konstanz, 21. August. Vor der Strafkammer kam heute vormittag die Anklage gegen die Schneider Sebastian Amann's Eheleute in Konstanz wegen Körperverletzung zur Verhandlung. Die Anklage beschuldigte die genannten Eheleute der fortgesetzten schweren körperlichen Mißhandlung ihres Stiefkindes, der 5 Jahre alten Elsa Maier. Es waren 13 Zeugen, alle aus der Stadt Konstanz geladen. Nach dem Gutachten des Herrn Bezirksarztes Dr. Honsel, welcher das Kind körperlich untersucht hat, ist dasselbe fortgesetzt durch Schläge, Würgen, Fußtritte u. s. w. mißhandelt worden und sind die Spuren dieser Behandlung am ganzen Körper des Kindes festgestellt worden. Durch die Zeugenaussage wurde auch bestätigt, daß namentlich die Ehefrau Mina Amann, welche das Kind mit in die Ehe eingebracht hatte, dasselbe fortgesetzt und zwar ohne besondere Gründe hiezu, in der oben angegebenen Art und Weise mißhandelt hat, so daß das Kind am ganzen Leibe blutunterlaufene Stellen davontrug. Ferner wurde festgestellt, daß die Angeklagte das Kind zur Winterszeit nur mit dem Hemdchen bekleidet eine halbe Stunde lang in den Gang hinausgestellt hat, und daß es überhaupt auf mehrere der Zeugen den Eindruck gemacht hat, als ob das Kind aus dem Wege geräumt werden solle. Auch stundenlang wurde das arme Geschöpf in den Keller gesperrt und ohne Mittagessen in die Schule geschickt. Der Gerichtshof hat denn auch in Anbetracht dieser unmenschlichen gefühlslosen Züchtigungen die Ehefrau zu einer Gefängnisstrafe von 8 Monaten und den Ehemann zu einer solchen von 4 Wochen und zur Tragung der Kosten verurteilt.
* Der frühere Wohnsitz Scheffels, die Halbinsel Mettnau bei Radolfzell am unteren
Bodensee, wird von den Erben des Dichters zum Verkauf ausgeboten.
* Kissing en, 23. Aug. Der Empfang der deutschen Partei von Heilbronn durch den Fürsten Bismarck nahm einen tiefergreifenden Verlauf. Punkt V->2 Uhr wurde die Abordnung vorgelassen. Hierauf begrüßte Vereinsbankdirektor Schund den Fürsten, indem er kurz auf die Verdienste Bismarcks hinwies. Dieser dankte gerührt und führte u. a. aus, wenn Wirren kommen sollten, solle man denken an das vor Paris vergossene Württemberger Blut, das sei der festeste Kitt zur Einheit des Reiches. Man setzte sich zu Bier. Prof. Egelhaaf brachte auf den Fürsten ein Hoch aus. Der Fürst dankte, er empfinde jetzt die Annehmlichkeiten eines beschaulichen Lebens, ihm sei so wohl, wie seit Jahrzehnten nicht. Was die Zeitungen schreiben, fei für ihn Staub, den eine Bürste abwische. Er warte das Urteil der Geschichte ab, sein einziger Ehrgeiz sei eine gute Grabschrift. Herr Fuchs toastete auf die Fürstin Bismarck. Die Partei wurde mit Händedrücken nach Vr Stunde verabschiedet.
* Berlin, 22. Aug. Die „Post" führt in einer Besprechung der Reise des Kaisers nach Rußland aus, jetzt sei nur eine Fristung des Friedens auf kurze Zeit möglich. Wenn Rußland seinen Militär. Aufmarsch entlang seiner Westgrenze rückgängig mache, dann würden Deutschland und Oesterreich dies auch thun. Gegenwärtig könne der Friede über Nacht gebrochen und der offene Krieg herbeigeführt werden. Wenn aber Rußland seine Truppen von der Grenze zurückziehe, könnte dies erst nach Wochen geschehen. Wenn Rußland friedliebend sei, müsse es diese Maßregel bewerkstelligen.
* Berlin, 22. Aug. Der Kaiser trifft am 25., von Kronstadt kommend, an Bord der „Hohenzollern" in Memel ein und wird dort während seines mehrstündigen Aufenthaltes die Sehenswürdigkeiten der Stadt und Umgegend in Augenschein nehmen. Von Memel aus reist sodann der Kaiser noch am Abend des 25. August nach Lötzcu weiter und wird dort während der beiden nächstfolgenden Tage den um diese Zeit dort stattfindenden großen Festungs- Manövern gleichfalls beiwohnen. Die Abreise von Lötzen erfolgt voraussichtlich am 27. August früh über Pillan und Kiel ec. direkt nach Potsdam und die Ankunft daselbst, soweit bis jetzt bestimmt, in der Frühe des 29. August auf der Wildpark-Station, von wo aus sich der Kaiser alsdann sofort nach dem Neuen Palais begiebt. Dort sind auch um diese Zeit die Kaiserin und die kaiserlichen Prinzen anwesend, welch' letztere einige Tage früher von der Insel Rügen dorthin zurückgekehrt sein werden. Das Befinden des Kaisers ist ununterbrochen ein ganz vortreffliches.
* Berlin, 22. Aug. Außer dem Etat und der Fortsetzung der Beratung des Arbeiterschutzgesetzes soll der Reichstag mit großen Vorlagen keinesfalls beschäftigt werden.
* Berlin, 23. Aug. Wie verlautet, wird Kaiser Wilhelm an den süd-ungarischen Manövern im September teilnehmen und dabei mit dem König von Rumänien Zusammentreffen.
* Seit zehn Jahren wird über einen deutschtürkischen Handelsvertrag verhandelt. Jetzt soll derselbe endlich unmittelbar vor seinem Abschlüsse stehen.
* Fast in der nämlichen Stunde, in welcher durch den Kaiser der bekannte historische Akt vollzogen wurde, genas die Frau eines armen Schuhmachers der Insel Helgoland eines Knäbleins. Nach dem Uebereinkommen über Helgoland ist die unter englischer Herrschaft geborene Helgoländer Generation von dem deutschen Kriegsdienste befreit. Das Kind dieses Schuhmachers aber war bereits unter deutscher Herrschaft geboren, und da es ein Knabe, so war der erste helgoländische Rekrut dem deutschen Wehrstande gewonnen. Auf diesen Umstand wies in einem teils ernst, teils launig abgefaßten „Aufruf für den ersten deutschen Rekruten Helgolands" der Berliner Maler Herzfeld mit einigen Berlinern hin. Zugleich zeichnete jeder der „Komitemitglieder" 20 Mk. und so würdig eingeleitet machte die Liste bei den anderen Badegästen die Runde, welche, wie man sich denken kann, an jenem bedeutsamen Tage sich in bester Geberlaune befanden; es war daher ein recht hübsches Sümmchen, welches noch vor Sonnenuntergang dem nicht wenig überraschten Elternpaare „des ersten deutschen Rekruten" überreicht werden konnte, der hoffentlich später den Beweis nicht schuldig bleiben wird, daß das angelegte Kapital gute Zinsen getragen.
* Flensburg. Dem hiesigen Landgerichtsgefängnis wurde kürzlich ein Kaufmann wegen vermeintlicher Geistesgestörtheit zur Beobachtung überwiesen. Als nun abends der Gefängnisaufseher mit seinem Kalfaktor die Gefängniszelle betrat, um dem Verhafteten das Essen zu überreichen, packte dieser den nichts Schlimmes ahnenden Aufseher an der Gurgel, um ihn zu erdrosseln. Der so jählings lleberfallene vermochte mit Hilfe des Kalfaktors den Wahnsinnigen abzuschütteln; dieser erfaßte nunmehr den Kalfaktor an der Gurgel und warf ihn samt der brühwarmen Suppe in einen am Eingang stehenden Kohlenkasten. Der Rasende stürzte sich jetzt auf den Aufseher, der dem Wütenden indes einen sogen, „dänischen Kuß" versetzte, worauf sich im Bett des Gefangenen ein heftiger Ringkampf zwischen beiden entspann, der erst durch das Hinzukommen eines Polizeibeamten beendet wurde. Nur mit vieler Mühe gelang es, den Wahnsinnigen zu knebeln und zu binden.
* Hamburg. Die Sozialdemokraten haben bekanntlich seit längerer Zeit eine Anzahl Genossenschaftsbäckereien ins Leben gerufen, von denen die in Hamburg gut prosperiert. Jetzt beabsichtigen die Sozialdemokraten Hamburgs eine Genossenschafts-Brauerei und Destillation
Gin weißlicher Geheimpolizist.
Original-Erzählung von Walter GuZlow.
(Fortsetzung.)
„Das glaube ich nicht. Er hat jat keine Ahnung davon, daß ein Verdacht auf ihm ruht, oder vielmehr, daß er bereits entdeckt ist."
„Er ist schlauer als sie denken. Ich habe ihn scharf beobachtet; er ahnt weit mehr als Sie glauben; wenn es zu spät ist, werden Sie einsehen, daß ich recht hatte."
„Die Sache, lieber Robertson, ist in geschickten Händen und schon in wenigen Tagen wird Henry Wildert überführt und hinter Schloß und Riegel sein. Was nützt uns der bloße Verdacht; wir müssen die Beweise seiner Schuld in Händen haben, ehe er Zeit hat, sich auf Ausflüchte vorzubereiten; das erschwert die Sache; Sie wissen so gut wie ich, warum."
Hätte einer seiner Kollegen auf Henry Wildert geachtet, als er an sein Pult zurücktrat, er hätte einen Geist zu sehen geglaubt.
Henrys Entschluß war gefaßt. Er wurde wieder ruhiger und kam seinen Pflichten nach, als ob nicht dieser Tag der letzte auf Erden für ihn sein sollte.
VI.
Nach beendeter Büreaustunde sagte er seinen Kollegen „Gute Nacht" wie immer; keiner dachte wohl auch nur im entferntesten daran, welchen schweren Entschluß er ausführen wollte.
Er ging in ein Restaurant, um eine kleine Erfrischung zu sich zu nehmen. Ihm gegenüber saß ein fast noch knabenhaft aussehender junger Mann.
Henry war zu sehr m t sich selbst beschäftigt und bemerkte infolge
dessen nicht, daß ihn ein Paar blaue Augen scharf beobachteten. Er glaubte, seine Gedanken in seinem tiefsten Innern begraben, aber jene Augen, die mit großer Teilnahme auf ihn blickten, mußten etwas von seinem schrecklichen Entschlüsse auf seiner umdüsterten Stirn gelesen haben. Gewiß nicht die Einzelheiten dessen, was er vorhatte, aber genug, um eine unausgesetzte Ueberwachung für nötig zu halten.
Henry Wildert verließ nach einer Stunde das Restaurant; es war inzwischen dunkel geworden. Er wanderte nach einem der nahe gelegenen Parks. Auf einer Bank ließ er sich mit einem tiefen Seufzer nieder; er glaubte sich allein, aber dicht neben ihm, im Schatten eines Baumes geborgen, lag eine schlanke Gestalt, den Worten lauschend, mit denen er in halblautem Tone seinem gepreßten Herzen Luft machte.
„Gütiger Himmel! Welche Qual ist mein Leben! Und welche Qualen stehen mriner Mutter bevor! O Gott!" schluchzte er, „meine Mutter, meine arme Mutter! Und doch ist es besser so, viel besser! Ein Sprung und alles ist vorüber — sonst harrt die Schande ihrer."
Seine Stimme wurde plötzlich hart und rauh. „Einmal aber muß ich es noch wagen, muß noch einmal mein Glück im Spiel versuchen — verliere ich, nun, dann werde ich zu sterben wissen."
Henry erhob sich und verließ den Park.
Jedes seiner Worte hatte einen traurigen Widerhall in dem Herzen derjenigen gefunden, die ihn unter der Maske eines jungen Mannes belauschte.
Mary Golling war nicht mehr dieselbe, seit ihre Augen zum ersten Male auf Henry Wildert geruht hatten. Seine schöne männliche Erscheinung hatte einen tiefen Eindruck auf sie gemacht.
Mary Golling folgte dem jungen Manne durch eine Reihe enger Straßen, bis er endlich vor dem Eingang einer berüchtigten Spielhölle stille stand. Als er die Hand an die Klingel legte, ward er zurück-