böser Geist. Als kürzlich der großserbische Agitator Katianski beerdigt wurde, kam es zu sehr feindseligen Kundgebungen gegen Oester­reich-Ungarn, wegen deren allerdings Gruitsch dem österreichischen Gesandten sein Bedauern ansdrückte. Jetzt verlautet gar, cs finden von Belgrad aus große Bemühungen statt, daß Belgrad zum Sitze des für das nächste Jahr in Aussicht genommenen allgemeinen Slawen­kongresses gemacht werde. Eine stärkere Heraus­forderung von Oesterreich ließe sich allerdings kaum denken.

Deutscher Reichstag.

Im Reichstage wurde am Mittwoch ein Antrag des Abg. Böckel auf Einstellung des Strafverfahrens gegen den Abg. Werner (Kassel) wegen einer Privatbeleidigung angenommen. Eine Interpellation des Abg. Bamberger be­züglich des Vollzuges von Freiheitsstrafen, Haupt- i sächlich wegen politischer Vergehen, wurde vom Staatssekretär v. Oehlschläger dahin beantwortet, daß ein Gesetzentwurf in der gewünschten Rich­tung in Vorbereitung begriffen, daß aber bei den großen Schwierigkeiten bisher eine Einigung noch nicht erzielt sei. Ein Antrag des Abg. Rintelen, betr. das gerichtliche Zustelluugswesen, wurde an eine Kommission verwiesen. Der Antrag des Abg. Rickcrt auf event. Wahl von zwei Wahlprüfuugskommissioncn wurde an die Gcschäftsordnungskommissiou verwiesen. Dann vertagte sich das Hans bis zum 9. Juni.

Laudesuachrichteu.

* Alten steig, 27. Mai. Am gestrigen Pfingstmontag wurde in Martin smoos der Invalide Joh. Gg. Schaible zu Grabe getragen. Derselbe war am Freitag im Walde beschäftigt und als er abends nach vollbrachter Arbeit nach Hanse kam, befiel ihn ein heftiger Kopfschmerz, worauf schon nach wenigen Stunden (um 11 Uhr) der Tod Lei ihm Einkehr hielt. Schaible war Inhaber des eisernen Kreuzes, welches ihm für sein braves mutvolles Verhalten in der Schlacht bei Champigny zuteil wurde. In dieser Schlacht soll Schaible. ein Artillerist, als sämtliche Mannschaft seiner Batterie ge­fallen war, das Geschütz allein noch bedient und gefeuert haben bis auch ihn ein Granatsplitter ins Auge traf, das alsbald auslief. Er bezog seither einen ansehnlichen Jnvalidengehalt. Wenn man den großen starken, gesund und frisch aus­sehenden Mann noch vor einigen Tagen sah, der durch sein stets verbundenes Auge jedermann auffiel, so glaubte wohl kein Mensch, daß er den Todeskeim in sich trage oder daß er gar ein Kandidat nahen Todes sei. Wie Avir zu­verlässig vernehmen, ergab die stattgefundene Sektion, daß das so plötzliche Hinscheiden des Mannesdessen kräftige Konstitution noch 20 lange Jahre dem Tode Stand gehalten -- in ursächlichem Zusammenhang mit seiner 1870 erhaltenen Verletzung steht und haben wir also wieder ein Opfer des schrecklichen Krieges vor

uns. Möge dem mutvollen Krieger, der nun zurgroßen Armee" eingerückt ist, die Erde leicht werden!

Bei dem Brande in Beure n am Freitag ist außer dem Wohnhaus auch die Scheuer des Bauern Jakob Kirn abgebrannt. Das Feuer griff so rasch um sich, daß bald an ein Retten des Anwesens nicht mehr zu denken war, und mußte sich die Thätigkeit der herbeigceilten Feuerwehren in der Hauptsache darauf beschränken, die Nachbargebäude zu schützen, was mit vieler Mühe gelang. Der Mobiliarschaden soll ein sehr beträchtlicher sein, lieber die Entstehungsursache des Brandes ist noch nichts ermittelt.

Bereits liest man, daß in den gepriesenen Weingegenden des Unterlandes einzelne Wein­stöcke blühen. Aber auch auf unserem Schwarz­wald blühen schon die Reben wenigstens i teilt uns Hr. Oberförster Stock mit, daß ihm von Hrn. Forstmeister Hopfengärtner in Wild­berg ein blühender Traubenschößling übersandt wurde, der von einer Kammerz des dortigen Forstamtsgartens stammt. Die herrliche Wit­terung der letzten Zeit hat eben im gesamten Pflanzcntnm wahre Wunder hervorgezaubert.

* Nagold, 21. Mai. Die Mitglieder der im Bezirk bestehenden Krankenkassen wur- deik bisher in Erkrankungsfällcn in den Spi­tälern zu Nagold, Alteusteig, Wildberg und Haiterbach untergebracht. Abgesehen nun davon, daß sich die Räumlichkeiten in den genannten Krankenanstalten bis jetzt vielfach als unzu­länglich erwiesen, trat auch vielfach eine Ab­neigung gegen die Benützung derselben besonders aus vem Grunde zu Tage, weil in denselben auch Spitalisten beherbergt werden müssen. Um den hieraus sich ergebenden Mißstäuden zu be­gegnen, hat die heute stattgehabte Amtsver- sammlung auf entsprechenden Vortrag des Vor­sitzenden, Oberamtmanns Dr. Gugel, einstimmig die Errichtung von Bezirkskrankcuhäusern für ein Bedürfnis erklärt und im Anschluß hieran den Beschluß gefaßt, es solle je in Nagold und Altensteig ein den Verhältnissen entsprechendes Bezirkskrankenhaus erstellt werden. Mit den Vorarbeiten soll alsbald begonnen und die er­forderlichen Mittel sollen im Wege der Kapital­aufnahme aufgebracht werden.

* Nagold, 23. Mai. Der Vorstand der

K. Zentralstelle für Gewerbe und Handel, Di­rektor v. Gaupp, besuchte vor einigen Tagen unsere Stadt, um sich über die Gewerbthättg- keit derselben zu orientieren. Unter Führung des Gewerbevereinsvorstands Sannwald wurden mehrere Fabriken und gewerbliche Anwesen besucht. (N. Tgbl.)

* Der 7. württemb. Brauertag wird am 8., 9. und 10. Juni d. I. in Freudenstad t abgehalten.

* Freudenftadt, 23. Mai. Der Aus­schuß des landw. Bezirksvereins hat in seiner letzten Sitzung beschlossen am 25. Juli ds. Js: in Freudenstadt ein landwirtschaftliches Fest

abzuhalten und damit eine Lotterie, bei welcher land- und hauswirtschaftliche Gerätschaften aus­gespielt werden, zu verbinden.

* Stuttgart, 23. Mai. Die hies. Straf­kammer verhandelte am letzten Dienstag über einen sensationellen Prozeß. Auf der Anklage­bank saß unter der Anschuldigung des Dieb­stahls die 22jähr. Musikschülerin Miß Mildred Mary Schmith. Die Angeklagte, welche aus einer angesehenen Familie bei London stammt, leugnete jede Schuld. Gleichwohl waren die Verdachtsgründe gegen sie so erheblich, daß der Staatsanwalt die Anklage festhiclt und 2 Mo­nate Gefängnis beantragte. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Payer, stützte sich auf die Lücken in der Beweisführung und die fehlenden Motive zu der That und führte dadurch die Freisprech­ung der Beklagten herbei. Dank der günsti­gen Witterung schimmern unsere Weinberge jetzt schon in ziemlich kräftiger Belaubung von den die Stadt umschließenden Hügeln herab. Der Fruchtansatz ist ein so reichlicher, daß er die Berechtigung zu den schönsten Hoffnungen giebt. Seine Majestät König Karl wird die Pa­raden der Garnisonen Stuttgart und Ludwigs­burg am 4. Juni vormittags 10 Uhr auf dem Exerzierplatz bei Cannstatt. und der Garnison Mm am 11. Juni zu noch zu bestimmender Zeit auf dem Exerzierplatz iu der Friedrichsau ab­halten.

* Stuttgart, 22. Mai. Ein Fall von prinzipieller Bedeutung ist kürzlich hier entschieden worden. Ein Dienstmädchen, wel­ches hier bei einem Beamten diente, verließ plötzlich ohne Aufkündigung den Dienst, weil die Frau vom Hause angeblich ihr vorgeworfen hatte, sie esse zu viel. Auf Anzeige bei der Polizei wurde das Mädchen iu 5 Mk. Strafe genommen. Das Mädchen aber forderte gericht­liche Entscheidung und wurde freigesprochen.

* Heilbronn, 23. Mai. (Kirchenbau­lotterie.) Der auf den 28. Mai vorgesehene Ziehungstag ist unwiderruflich auf den 30. Juni d. I. verlegt worden.

* Gelmersbach, 23. Mai. Au der Kammerz des Gemeinderats Ehr. Leiß sind an einem Stock (Weißelbling) nicht weniger als 652 Trauben vorhanden, worunter seit gestern blühende.

* Vom Allgäu, 19. Mai. In einer Gemeinde war eine Familie zwei Jahre und einen Tag ansässig und erhält jetzt von der Gemeinde jährlich 400 Mark gesetzliche Unter­stützung. Zur Ablösung dieser Last macht das teure Familienoberhaupt jetzt den ernstlichen Vorschlag, die Gemeinde solle ihm durch Ab­schlagzahlung und Bürgschaft verhilflich sein zum Ankauf eines Anwesens im Wert von 56000 Mk. Diese Nachricht erzählt dieT.CHr."

* Für das Ulm er Münster fest wird ein riesiger Verkehr erwartet, da für den Haupt­festtag (Sonntag den 29. Juni) allein 31 Extra­züge in Ulm angesagt sind.

* (Verschiedenes.) In Stuttgart

Sage dem Herrn Willhöft, ich ließe bitten und führe ihn hierher," erwiderte Waldsee.

Das ist ja eine Bekanntschaft von dir, Bella," fahr der Graf fort, nachdem Jakob sich entfernt,den müssen wir im Familienkreise empfangen."

Der Vetter Hohenfels wird ihm wohl Grüße an uns aufgetragen haben," sagte Jsabella.

Du hast in deinem Reiseberichte seiner Erwähnung gethan; er­zähltest du nicht, daß der Vetter sehr von ihm eingenommen war?"

Das war er, ebenfalls die Kousine er war bei allen Offizieren sehr beliebt, selbst die höchsten zeigten ihm ein ausgesprochenes Wohlwollen. Der Prinz W. sogar, der einige Tage auf dem Schlosse logierte, zeichnete ihn besonders aus und forderte von allen Offizieren ihn allein auf, einen Spazierritt mit ihm in die Berge zu machen."

Was du sagst!"

Nur Tante Ursula," fügte Jsabella lächelnd hinzu,war und blieb gegen ihn zurückhaltend."

Natürlich, er hatte ja kein blaues Blut und wer das nicht hat, zählt in ihren Augen durchaus nicht mit, mag er sollst die vollkommen­sten und edelsten Eigenschaften besitzen. Du hast mich ja ganz gespannt auf den Herrn Willhöft gemacht. Doch, da kommt er!"

Heinrich trat ins Zimmer.

Graf Waldsee erhob sich, ging ihm einige Schritte entgegen und sagte:Ah, Herr Willhöft, ich bin sehr erfreut"

Auch Jsabella hatte ihren Sitz verlassen und war einen Schritt vorgetretcn. Sie erwiderte mit einem verbindlichen Kopfnicken und einem freundlichen Gesicht Heinrichs tiefe Verbeugung.

Ich crl uibe mir, Ihnen meine Aufwartung zu machen," sagte letztererund komme zunächst im Aufträge des Grafen Hohenfels und

seiner Frau Gemahlin, um Ihnen die herzlichsten Grüße zu überbringen, dann aber" fuhr er fort, sich Jsabella nähernd,hat mir der Zufall noch eine sehr angenehme Mission übertragen."

Er griff in die Seitentasche keines Fracks und holte daraus einen in Seidenpapier gewickelten Gegenstand hervor.

Sollte es möglich sein," rief Jsabella,daß Sie"

Ich habe am letzten Tage meines Aufenthalts auf Hohenfels das Glück gehabt, Komtesse, das Ihnen so wertvolle Medaillon, welches Sie verloren und so schmerzlich vermißten wiederzufinden. Hier ist es."

Er überreichte es ihr und nachdem sie das Seidenpapier entfernt und die Kapsel des Medaillons geöffnet, sagte sie mit einem freundlichen Blicke auf Heinrich:O, Dank, tausend Dank! Das ist eine große Freude! Dies Medaillon ist ein Andenken meiner unvergeßlichen Mutter und enthält ihr Bild. Ich bitte, mir zu sagen, wo haben Sie es ge­funden?"

Ich ersuche Sie, Herr Willhöft, gefälligst Platz zu nehmen," sagte der Graf,und wenn es Ihnen recht ist, setzen wir uns in jene Epheulaube wir nennen diesen Ausbau so, wo es sich ganz be­haglich plaudert."

Heinrich verbeugte sich leicht als Zeichen seiner Zustimmung, Jsa­bella ging voran und nahm ihren früheren Sitz wieder ein, Waldsee setzte sich in die Mitte des Halbkreises, Willhöft der Tochter des Hauses gegenüber.

Das Medaillon," beantwortete Heinrich jetzt erst die an ihn ge­stellte Frage,fand ich auf der Anhöhe im Parke, aus die ich die Ehre hatte. Sie, Komtesse, an jenem Abende hinaufzuführen, wo das Licht des Vollmondes vom wolkenlosen Himmel auf uns herabschien.

(Fortsetzung folgt.)