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KonnersLag den 17. Aprik
ErnrückungSpreis der Ispalt. Zeile für Altensteig und nahe Umgebung bei lmal. Einrückung 8 ^ bei mehrmaliger je 6 auswärts je 8
1890,
Amtliches.
Die Königlichen Kamelalämter erlassen eine Aufforderung zur Folierung des Kapital-, Renten-, Dienst- und Berufs-Einkommens für das Jahr I. April 1890 bis 31. März 1891.
Entlassen wurde au» dem Staatsforstdienst, behufs Uebernahme der Gemeindesörstsrstelle in Baiersbronn, Re- vikramtsassiftent Stoppel dascibü,
Oeffentlich belobt wirb die Feuerwehr von Unterthalheim wegen ausgezeichneter Hilfeleistung bei dem Brande daselbst am 5. November v. I.
Gestorben: Pens. Stadtschultheiß Engel, Nagold; Kaufmann Leclair, Moskau—Stuttgart; Prokurist Hehl. Heidenheim; Kameralverwalter a. D. Roller, Cannstatt; Kommerzienrat Böhm, Gmünd; Franz Rauh, Gastgeber zum Hecht, Stuttgart; Professor Dr. Seyffer, Stuttgart.
* Der „Bekämpfung der Sozialdemokratie mit geistigen Waffen"
einem oft gehörten Schlagwort, widmet ein Artikel der „Köln. Zig." eine eindringende Betrachtung. Der Verfasser sieht sich die in den sozialdemokratischen Massen bunt gemischten Elemente darauf an, wie weit sie einer solchen Bekämpfung mit geistigen Waffen zugänglich sein möchten, wobei die andere Hauptfrage un- erörtert bleibt, wieviele der Gebildeten und Besitzenden wohl, selbst bei genügender Befähigung, geneigt sein dürften, sich persönlich an dieser Bekämpfung zu beteiligen. Da sind zunächst in der Sozialdemokratie unstreitig geistig begabte Menschen, die ein oft leidenschaftliches Bildungs- streben besitzen, selten jedoch ein ruhiges Denken. Sie werden leicht zu Schwärmern und Ideologen, viele von ihnen sind von einem brennenden Ehrgeiz beseelt, andere so sehr von der „Lehre" befangen, daß sie außerhalb dieses Gedankenkreises vollkommen blind sind. Wie denkt man sich nun den „geistigen Kampf" mit ihnen? Jst's überhaupt denkbar, daß man sie durch Wort und Schrift von der Unrichtigkeit ihres Denkens, von ihren Fehlschlüssen überzeugen könnte? Würden sie etwa belehrende Schriften lesen? Wohl kaum einer. Wie will man dann aber den geistigen Kampf mit ihnen ousfechten, wenn sie aus ihren Vcrschauzungen überhaupt nicht hcrauskommen? Wenn sie gar oft mit dem Starrsinn der Halbbildung es überhaupt ablehnen, einen Gegner nur ruhig anzuhören? Betrachten wir eine zweite Gruppe, jene der sonst ruhigen Arbeiter, die jedoch mehr oder minder unter dem Zwang der Genossen stehen, teils weil sie von der „Lehre" eine bleibende Besserung ihrer Lage erhoffen, teils weil ein falsches Ehrgefühl es ihnen als Pflicht vorspiegelt, sich von den „Genossen" nicht zu trennen. Sie sind an sich durchaus nicht umsturzsüchtig, aber durch die ihnen stets vorgesprochenen „Grundsätze" im Denken und Fühlen irregeleitet. Das klingende Wort macht auf ihren etwas schwer- beweglichen Geist tiefen Eilidruck, und jedes Uebel, das durch ungünstige materielle Lage über sie verhängt wird, gilt ihnen als Bestätigung der „Lehre". Wohl mögen einzelne von ihnen klaren Vernunftgründcn zugänglich sein; aber wer vermöchte solche jedem dieser Schicht zu vermitteln? Ihre geistige Nahrung schöpfen sie doch zumeist nur aus den Zeitungen und Flugschriften ihrer Sippe oder aus Gesprächen mit „vorgeschrittenen" Genossen. Alles andere wird abgelehnt, denn es kommt ja doch nur aus den Kreisen der „Besitzenden" und „Genießenden", es will den Arbeitern nur Sand in die Augen streuen. Glaubt nun jemand wirklich, daß sich dieser Wall von Vorurteilen durch billige Schriften brechen lasse? Sie werden einfach nicht gekauft und, wenn geschenkt, nicht gelesen oder
verspottet. Wie stellt man sich also in diesem Fall den geistigen Kampf eigentlich vor? Die dritte Gruppe wirbt sich zumeist aus den Arbeitern der großen Mittelpunkte des Gewerbelebens an, zum größten Teil aus solchen, die als Kinder von Arbeitern unter stetem Einfluß der sozialdemokratischen Strömung ausgewachsen sind. Oft ohne jede innere Einwirkung religiössittlicher Gedanken groß geworden, gewitzte Kinder der Groß- oder Weltstadt, vielleicht verderbt durch Beispiel, verroht durch Mangel an Erziehung, treten sie schon als halbwüchsige Bursche in die Reihen der Sozialdemokratie. In diese Gemüter, denen oft jeder Glaube an ein Höheres fehlt, fallen und zünden nun die prunkenden Worte der neuen Lehre. Sie wird ihnen Glaubenssache, wird mit der Leidenschaft verschmolzen unter der Stichflamme der Begierde, des Hasses, der Genußsucht. „Die Besitzenden sind Ausbeuter, sie genießen, trinken feine Weine, essen gute Sachen, ziehen sich schön an und thun nichts oder nur Scheinarbeit. Wenn sie für den Arbeiter zu sorgen vorgeben, ist's bloße Wort- macherei, denn diese Leute sind ja durchweg selbstsüchtig, von Lastern durchseucht, begierig nach Herrschaft. Sie mästen sich von unserm Schweiß und Blut und verzehren, was uns gehört, was wir, wir allein geschaffen haben. Gott und Religion, Staat und Gesetz, Eigentum und Geld, Ehe und Familie -- das sind alles nur Einrichtungen, die von den Besitzenden erfunden wurden zu dem Zweck, um ihre Vorrechte zu beschützen und die Enterbten im Zügel zu halten." Eine Kluft hat sich zwischen diesem Teil des Volkes und dem andern, der doch die Mehrheit bildet, aufgethan, so weit, daß sie uns andere überhaupt nicht mehr verstehen. Aber gerade diese Gruppe, die stärkste von allen, stellt in der Bewegung den blinden Willen dar, der in allen aufrührerischen Bewegungen, von denen die Geschichte weiß, den Ausschlag gegeben hat. Nun trete man vor diese Verkörpcrer des blinden Willens und predige ihnen: „Unsere Vorfahren und wir haben teils aus eigener Selbstsucht, teils unter dem Zwang des Zeitgeistes au den Arbeitern uns verschuldet, wir wollen alles gut- machen, soweit es Menschenkraft und Menscheu- vernuuft vermögen" — sie werden antworten: „Dann sollt ihr dafür büßen — jetzt wollen wir herrschen." Man versuche, sie durch Wort und Schrift zu belehren, daß die Grundgedanken ihrer Heilslehre unausführbar sind und an der Wirklichkeit scheitern müssen — sie werden unsere Weisheit verlachen. Man spreche ihnen vom christlichen Geist und predige Frieden — sie werden uns verhöhnen. Man spreche von Gott — sie werden johlen. Wie denkt man sich nun den geistigen Kampf mit dem blinden Willen, der vernunftloseu Leidenschaft? Der Ausruf, den die Anarchisten jüngst in Paris zur Verbreitung unter den Arbeitern aller Länder verfaßt haben, sagt: „Ihr seid die Zahl, d. h. die Kraft." Und Kraft wird nur von Kraft besiegt. Also soll man die geistigen Waffen einfach beiseite legen? Nein, denn es giebt eine geistige Waffe, die sich nicht im Wort erschöpft: die That, die von Gerechtigkeit, Liebe und Vernunft beseelt wird. — Der Verfasser führt im weitern aus, wie diese That in positivem sozialreforma- torischem Schaffen, wie in der Niederhaitung aller gewaltthätigen Ausbrüche der Leidenschaft sich auszuwirken hat.
Lallocsuachrichkeu.
* Nagold, 11. April. Heute wurde ein
braver Greis zu Grabe getragen, dessen Namen in hiesiger Stadt unvergeßlich bleiben wird. Es war dies der seit 2 Jahren in Ruhestand lebende Stadtschultheiß Eduard Engel. Bet dem letzten Brandfall mußte der kranke 81jährige Mann in der Nacht aus seiner Wohnung geflüchtet werden, was seine bald darauf erfolgte Auflösung zur Folge hatte.
* Schramberg, 11. April. Auf das an den früheren Reichstagsabgeordneten unseres Kreises, Hrn. von Ow, von hier abgegangene Dankschreiben ist eine Antwort desselben eingetroffen, aus dem wir entnehmen: „Alles in der Welt beruht auf Gegenseitigkeit, und für- wahr, mein Gefühl der Dankbarkeit ist Ihnen gegenüber nicht weniger groß. Nicht zum mindesten verdanke Ich es Ihrem unentwegten Festhalten an den Grundsätzen nationaler Gesinnung und Ihrem unerschütterten Vertrauen in meine redliche Absicht, für das Wohl des ganzen Volkes thätig zu sein, daß es mir seit länger als einem Jahrzehnt vergönnt war, an den großen Aufgaben der deutschen Volksvertretung Mitwirken zu können. Ich habe mich der mir von dem 8. Wahlkreis in 4 Legislaturperioden übertragenen Verpflichtung mit Liebe und Treue hingegeben, und es gereicht mir zu besonderer Geuugthuung, daß die Zeit meiner parlamentarischen Thätigkeit zusammenfiel mit dem Leben und Wirken jener unvergeßlichen Männer, welche unser deutsches Vaterland einig und groß gemacht haben. Nur zu rasch uns leicht wird die Bedeutung der Errungenschaften der Jahre 1870—71, je weiter wir uns von diesem Jahre entfernen, von vielen vergessen, und in den Augen der Massen stehen vorübergehende Tagesfragen und der Eindruck stets vorhandener Uebelstände und politischer Unvollkommenheiten im Vordergrund. Dies erklärt zum großen Teile den Ausfall der Wahlen vom 20. Februar 1890. Ich selbst habe für vorhandene Uebelstände stets ein offenes Auge gehabt, und ich kenne so recht die Gründe vorhandener Unzufriedenheiten nach mancher Richtung; um so mehr war ich jederzeit bereit, die Hand zu bieten zu besonnenem Fortschritt auf allen Gebieten des politischen und wirtschaftlichen Lebens. Von unerfüllbaren Versprechungen freilich habe ich mich ferne gehalten, und nüchtern und einfach habe ich in voller Offenheit die Verhältnisse so geschildert, wie sie liegen, und nicht mehr versprochen, als ich glaubte halten zu können. Ich selbst habe mich unter andcrm darin nie getäuscht, daß die so wohlwollend gemeinte soziale Gesetzgebung den vielfach erwarteten Erfolg sobald nicht haben wird, indem die Arbeiter nicht zufriedener geworden sind, während in den Kreisen der Arbeitgeber (Bauern, Gewerbetreibenden und Industriellen) vielfach Mißstimmung über diese neuere Gesetzgebung herrscht, und auch bei den Wahlen deutlich zu Tage getreten ist. Es wird der größten Vorsicht auf diesem gesetzgeberischen Gebiet bedürfen, wenn man diese Gesetze so gestalten will, daß sie nicht nur theoretisch richtig sind, sondern als Wohlthat, als praktisches Christentum, vom ganzen Volk verstanden und empfunden werden."
' Stuttgart, 12. April. Eine K. Verordnung vom 1. April d. I. besagt: Für die Invalidest?- und Altersversicherung nach Maßgabe des Rcichsgesetzes vom 22. Juni 1889 wird eine sich auf das ganze Landesgebiet erstreckende Versicherungsanstalt errichtet. Dieselbe hat iu Stuttgart ihren Sitz, ist dem Mi-