Frankreich zur weiteren Ausbildung und ihr Later folgt als Verwalter auf eines der Güter des Franzosen.
* Eine geradezu ungeheuerliche Nachricht bringen englische Blätter: Mackenzie soll in einem Ehrenbeleidigungsprozesse gegen die St. James Gazette beschworen haben, daß erst 4 Tage vor der Thronbesteigung Kaiser Friedrichs (also am 5. März 1888) die Krebsdiagnose klargestellt worden sei. Demgegenüber sei daran erinnert, daß in der bei den Akten des kgl. Hausministeriums in Berlin befindlichen Erklärung, welche die in San Nemo vom 9. bis 11. November 1887 versammelten Aerzte verfaßten, wörtlich gesagt ist: „Nach wiederholten eingehenden Untersuchungen sind die versammelten Aerzte vollkommen klar, daß cs sich bei Sr. kaiserl. Hoheit um Krebs des Kehlkopfes handelt." Unterschrieben ist diese Erklärung von Mackenzie, Schrötter, Schräder, Krause, Schmidt» und Howell. Bekanntlich befand sich damals Prinz Wilhelm, der jetzige Kaiser, in San Remo und in seiner Gegenwart wurde auch jenes erste Bulletin für den „Reichsanzeiger" abgefaßt, welches bestimmt war, die deutsche Nation über die traurige Natur des Leidens des damaligen Kronprinzen aufzuklären.
* (Hoch die Konkurrenz!) Ein Huthändler in Frankfurt, der seine Hüte Stück für Stück für 2.80 Mk. verkauft, hat die Einrichtung getroffen, daß jeder Käufer eine Messing- Marke bekommt, für welche er in einer benachbarten Restauration ein Glas Bier erhält. Ein anderer Huthändler in der gleichen Straße hat seinen Kollegen überboten, indem er für seine Kundschaft ein ganzes Los der Schloßfreiheit- Lotterie erwarb. Der Anteil am event. Gewinn richtet sich nach der Höhe der Rechnung, die allerdings quittiert sein muß.
* Aus Essen wird gemeldet: Eine Berg
arbeiterversammlung der Zechen Gustav, Helene und Hoffnung beschloß, festzuhalten an der Forderung einer Proportionellen Lohnerhöhung bis zu 50 Proz. und einer achtstündigen Schicht einschließlich Einfahrt und Ausfahrt. I
* Dem „Berliner Tagbl." zufolge wurde in Bremen ein Kassierer verhaftet, welcher im Laufe mehrerer Jahre seinen Prinzipalen die Summe von 700 000 M. veruntreut und mit seiner gleichfalls verhafteten Geliebten, einer Putzmacherin, verthan hat.
Ausländisches.
* Wien, 11, März. Zum vierten deutschen Sängerbundesfeste sind bis jetzt 9000 Sänger angemeldet; 12000 werden erwartet.
' Lemberg, 9. März. Der Notstand wächst in Galizien; der Ernteausfall wird auf rund 85 Millionen Gulden geschätzt, wovon der Kleinbesitz mit 58Vr Millonen betroffen ist.
* (Die „Nona".) Wie aus Essegg berichtet wird, ist in dem nahen Cepin die Schlafkrankheit „Nona" ausgetreten. Mehrere Fälle endeten tötlich. Ob diese Krankheit selbständig
oder in Folge einer anderen Krankheit eingetreten ist, wurde noch nicht sestgestcllt. Die Symptome sind dieselben, wie bei den in Italien vorgekommenen Fällen; die Personen verfielen in einen drei- bis viertägigen Schlaf, aus dem sie nicht mehr erwachten. — Wie der „Troppauer Zeitung" berichtet wird, tritt auch in Freiberg (Mähren) die eigenartige Krankheit „Nona" auf. Bisher sollen zwei Fälle konstatiert worden sein. Zwei Arbeiter der Wirkwarenfabrik liegen an der Krankheit darnieder; der eine ist seit 24 Stunden, der andere seit 48 Stunden in totähnlichem Schlafe.
* Pest, 10. März. Herr v. Tisza wurde heute vormittag vom Kaiser in Privataudienz empfangen; heute nachmittag empfängt der Kaiser den Minister Szapary und sodann den Minister Csaky.
"Pest, 11. März. Dem „Pester Lloyd" zufolge würde sich das von Szapary zu bildende Cabiuett am Ende der Woche dem Parlamente vorstellen. Da Teleky aus dem Ministerium ausscheidet, dürfte dem Obergespan Grafen Zichy das Ministerium des Innern angeboten werden.
* Rom, 10. März. In der heutigen Sitzung der Kammer teilte der Vizepräsident Diru- dini mit, der Kammerpräsident Manchen habe seine Einlassung gegeben. Crispi ersuchte, die Entlassung nicht anzunchmen. was die Kammer auch einstimmig beschloß. Darauf zog Manchen sein Entlassungsgesuch zurück. — Zu Delegierten bei der Berliner Konferenz sind der Deputierte Ellena, Senator Boccordo und der Generaldirektor des statistischen Amts, Bodio, in Aussicht genommen.
* Rom, 10. März. Heute wurden mehrere tausend aus Paris kommende anarchistische Broschüren aufgefangen.
* Paris, 9. März. In der Kammer interpellierte Deloncle über die Vorgänge an der Sklavenküste. Unterstaatssekretär Etienne erinnerte an die alten Verträge mit Dahomey; der König bestreitet nun die Rechte Frankreichs
I und weigert sich das Protektorat anzucrkcnnen. Sodann erzählt Etienne die Vorgänge in derselben Weise wie der „Temps", die Demütigungen. welche Bayol sich seitens des Königs Gls-Glö gefallen lassen mußte. Frankreich habe eine Engelsgeduld bewiesen, aber dadurch sei der Negerkönig nur immer frecher geworden. Wenn derselbe fortfahre, die Verträge zu mißachten, so werde notwendig sein, ihm eine Lektion zu erteilen, welche ihm alle und jede Lust, sich an Frankreich zu reiben, austreibe. Wo die französische Fahne wehe, dürfe eine Verhöhnung derselben nicht gestattet werden. Die Rede Etienne's wurde mit vielem Beifall ausgenommen. — Zwei jugendliche Mörder, der eine von 17, der andere von 21 Jahren wurden gestern guillotiniert. Dieselben hatten gehofft, wegen ihrer Jugend begnadigt und nach Neukaledomen, dem gelobten Land der Mörder, versendet zu werden. Allein die Rücksicht da
rauf, daß die Mordthaten sich stark mehren, hielt den Präsidenten ab, Gnade zu üben.
* Paris, 10. März. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen das Blatt „Egalite" erhoben, weil es zur Ermordung des deutschen Kaisers aufgefordert habe. Verfolgung findet nicht auf Grund des Preßgesetzes, sondern wegen Aufreizung zum Morde statt.
* Paris, 10. März. Bei den gestrigen Nachwahlen für die Deputiertenkammer wurde in Gien Loreau. in Chinon der Konservative Delahaye, in Fontenaye-Lecomte der Republi» kaner Guillement gewählt, deren Wahl für un- giltig erklärt worden war. In den beiden Toulouse:' Wahlkreisen sind Stichwahlen erforderlich; im ersten, wo eine Ersatzwahl für den Minister Constans, der demissioniert hat, zwischen dem sozialistisch-radikalen Kandidaten Leggne und dem Boulangisten Susini, im zweiten zwisLen dem Konservativen Labat und dem sozialistisch radikalen Calvinhac, dessen Wahl für ungiltig erklärt wurde.
* Paris, 10. März. Minister Spuller trug heute Jules Simon offiziell an, als Vertreter Frankreichs zur Berliner Konferenz zn gehen. Jules Simon bat sich eine kurze Bedenkzeit aus. Falls er annimmt, gilt auch die Annahme des Deputierten Burdeau für sicher.
* Paris, 10. März. Nach dem „XIX. Siöcle" wäre bei Audun-le-Romau ein Deutscher, Namens Niemayer, vormals Jnfanterie- lieutenant, als angeblich der Spionage verdächtig, verhaftet worden.
* Paris, 11. März. Das „Echo de Paris" meldet: Die Artillerie-u. Kavalleriekommissionen nahmen den kleinkalibrigen Nepetierkarabiner an, welcher für sämtliche berittene Truppen geeignet ist. Die Herstellung der Karabiner beginnt Anfangs Mai in der Waffenfabrik Saint Etienne.
* Brüssel, 10. März. Der „Jndepedence belge" zufolge kommt Stanley Ende März in Brüssel an.
* Brüssel, 11. März. Der König verfügte, daß Stanley während dessen hiesigen Aufenthalts außerordentliche Ehren erwiesen werden sollen. Die «tadt Brüssel überreicht dem Forscher ein kostbares Ehrengeschenk.
* London, 10. März. Im Hyde-Park fand am Sonntag nachmittag eine Versammlung zwecks Protestes gegen die unmenschliche Behandlung politischer Gefangener in Sibirien statt. Die öffentliche Beteiligung war schwach. Die Mitglieder der radikalen Klubs waren erwartet, aber nicht erschienen, nur der patriotische Klub, die Sozialistenliga und die sozialdemokratische Verbindung waren vertreten. Es wurde eine Resolution angenommen, welche die englische Regierung auffordert, ihren Botschafter in Petersburg anzuweisen, die Aufmerksamkeit der russischen Regierung auf die Grausamkeiten gegen die Gefangenen in Sibirien, namentlich die Geißelung der Frau Sibrida zu lenken. John Burns und andere Redner hielten Ansprachen.
Auf Irrwegen.
Original-Novelle von Claire Gerhard.
(Fortsetzung.)
Die ersten Semester studierte Walden in Halle. Oft genug setzte er hier den schäumenden Becher der Lust an die Lippen, aber nie vergaß er darüber, daß er arm war und daher unermüdet arbeiten müsse, um bald sein Ziel zu erreichen. Dann ging xr nach Würzburg, wo die medizinische Fakultät besonders tüchtige Vertreter hatte.
Und hier lernte er das Weib kennen, das einen so gewaltigen Einfluß auf sein Leben ausüben sollte. Im Kreise der zechenden Kommilitonen wurde oft der Name Sylvia Helder ausgesprochen.
Sie, des Professors Helder einzige schöne Tochter, war der Gegenstand der begeisterten Liebe fast sämtlicher Studenten und Herbert war begierig, dieses Mädchen kennen zu lernen, von der alle, selbst die kältesten, in den Ausdrücken des Entzückens sprachen.
Der alte Professor Helder war ein tüchtiger Gelehrter, aber fast verknöchert in seinem Studium. Des Lebens buntschillernder Wechsel reizte ihn nicht und seine Studierstube oder der Hörsaal der Universität waren die einzigen Orte, an denen er sich glücklich fühlte.
Seine Gattin war bei Sylvias Geburt gestorben und der Professor glaubte seine Pflicht vollständig erfüllt zu haben, wenn er dem mutterlosen Kinde eine bezahlte Wärterin gab. Ihn selbst störte das kindliche Weinen in seinen Arbeiten und so wurde das kleine Mädchen in das entfernteste Zimmer des weiten Hauses verbannt.
Als Sylvia sieben Jahre alt geworden, schickte der Vater sie in eine gute Töchterschule; flüchtig besah er dann wohl an jedem Vierteljahrsschluffe ihre Zeugnisse und rügte hart, wenn gar zu oft Tadel wegen Unaufmerksamkeit und Wildheit darin standen. Damit war aber
sein Interesse an dem Kinde erschöpft. So wuchs denn Sylvia heran ohne die leitende Hand einer Mutter, ja selbst den erziehenden Einfluß einer gebildeten Frau. Ihre alte Kinderfrau blieb die einzige, die sich ihrer annahm, aber was vermochte die Allzugute gegen die herrischen Launen des schönen Mädchens? Sie liebte Sylvia wie ihren Augapfel und erfüllte alle ihre Wünsche blindlings.
Der Professor wußte es wohl kaum, welch eine liebliche Blume in seinem Garten wuchs, er bemerkte es nicht, daß die Studenten ihn gar so häufig besuchten, oder schrieb dieses ihrem Wiffensdrange zu. Und doch kamen sie nur, um einen Blick der schönen glutäugigen Sylvia zu erhaschen, um ihre schlanke Gestalt, ihr leuchtendes Haar zu bewundern.
Das junge Mädchen erriet es jedoch nur zu schnell, daß es selbst der Magnet war, der alle diese jungen Männer anzog, und es zauderte nicht, seine gefährliche Macht zu benutzen.
Endlich sah auch Walden Sylvia und seitdem war es um seine Ruhe geschehen. Es währte nicht lauge, bis er Sylvia persönlich kennen lernte, und nun war er häufiger in dem großen, öden Hause am Markte zu sehen.
Sylvia schien an dem leidenschaftlichen Jünglinge gefallen zu finden und oft war sie es, die ihm die Thür öffnete und ihn anstatt in das Studierzimmer ihres Vaters in den Garten oder in ihre eignen Wohn- räume führte.
^ Aber es währte doch lange, bis sie ihm ihre Gegenliebe eingestand. Sie spielte mit ihm und quälte ihn zuweilen aufs äußerste, so daß er oft nicht wußte, ob er sie mehr haßte als liebte.
Das schöne schillernde Geschöpf war launenhaft wie Aprilwetter, bald kalt, bald glühend, bald zerstreut und still, bald übersprudelnd in heiterer Laune.