bemerkenswerte Vermehrung der Demokraten in den übrigen Landesteilen hat also nicht stattgefunden gegen 1874.
* Der „Oberschw. Anz." weist in einem Artikel über den Wahlausfall darauf hin, daß die beiden Parteien, welche bisher am wenigsten dem Wechsel unterworfen waren, das Zentrum und die Konservativen sind, und findet den Grund darin, daß beide den Gedanken vertreten, daß der Staar nur auf christlicher Grundlage seine hohen Zwecke gedeihlich erfüllen kann. Dann heißt cs weiter: „Es existieren in der gegenwärtigen Gesellschaft zwei thätige Kräfte: eine Kraft der Erhaltung, deren Prinzip das Christentum ist, und eine Kraft der Zerstörung, welche Alles durchdringt, um Alles aufzulösen. Diese beiden Kräfte sind im Kampf miteinander. Hier handelt es sich nicht um katholische oder protestantische Interessen -- sondern um die Interessen beider Bekenntnisse, um die Zukunft Deutschlands, ja Europas. Da müss.n die Patrioten beider Bekenntnisse, so getrennt sie sonst marschieren, vereint schlagen. Deutschland ist kein Reich der Protestanten und kein Reich der Katholiken, wo die eine Konfession über die andere herrschen kann, — sondern die christlichen Konfessionen müssen nebeneinander leben, sich miteinander vertragen, sich Beide aufrichtig, ehrlich, und von Herzen gegenseitig respektieren."
* (Verschiedenes.) In Stuttgart gerieten zwei Bewohner des Armenhauses in Streit.
Der eine stach den anderen in lebensgefährlicher Weise in den Unterleib; der Thäter ist verhaftet.
— Postsekretär Klett von Dußlingen wckkde wegen Unterschlagung von Briefmarken u. s. w. zu 1 Jahr 6 Monaten Gefängnis verurteilt.
— Fünf Arbeiter schlugen aus reinem Mutwillen an dem Fabrikgebäude von Gust. Hauck in der Badstraße in Heilbronn 8 Scheiben ein. Zwei der Thätcr wurden festgenommcn.
— Ein in Stuttgart entschiedener Ehescheidungs-Prozeß, der die Schuld der Ehefrau bewies, wird noch einen weiteren Prozeß im Gefolge haben. Der betrogene Ehemann will nämlich den Verführer der Frau dem Gericht übergeben. Derselbe, ein Arzt, soll seine Stellung zu den gröbsten Sittlichkeits-Vergehen benützt haben. — Jn Mötzingen stürzte ein 8jähriger Knabe in der Scheuer herunter und war nach wenigen Stunden eine Leiche. — Die „Ulmer Schnellpost" berichtet: Herr Emil Teichmann in London, Sohn des kürzlich hier verstorbenen Kaufmann August Teichmanu, hat zum ehrenden Gedächtnis seines Vaters der Stadt Ulm 10000 Mk. geschenkt, aus deren Zinsen jährlich den Armen Holz verabreicht werden soll.
— In Geislingen entwendete ein Arbeiter der Metallwarenfabrik nach und nach eine Menge von Gegenständen. Bei der gerichtlichen Haussuchung fand man einen ganzen Koffer voll gestohlener Sachen. — Während anderwärts über Fastnacht jeder Verein ein Ballvergnügen veranstaltet, haben sämtliche Vereine in Vaihingen a. E. mit Rücksicht auf den geringen Ernte-
Auf Irrwegen.
Original-Novelle von Claire Gerhard.
, (Fortsetzung.)
„O nein, Herbert," erwiderte sie bittend, „laß uns noch bleiben, ich höre ja den Lohengrin zum ersten Male und fühle schon im ersten Akte die Zauberkraft dieser wunderbaren, mächtigen Musik. Sie trägt mich wie auf Wolken und doch empfinde ich dabei das lebhafteste Mitgefühl mit den edlen, menschlichen Charakteren der Helden."
„Es freut mich von Herzen," gab Walden zurück, „daß du auch über Wagner meine Ansicht teilst, meine Nora, ich gestehe, ich halte die Menschen für gefühlsarm, die von einer Wagnerschen Oper nicht entzückt sind, denen beim Anhören einer solchen nicht eine Ahnung kommt von dem, was uns über Erdenstaub und Erdennot erhebt."
Sie sah ihn mit einem warmen Blicke an. „Du urteilst aus der Tiefe deines edlen großen Herzens und daher gilt mir dein Ausspruch -höher, als die der glänzendsten Kritiker."
Er drückte ihren schlanken Arm an seine Brust, als wollte er ihr damit danken für das liebevolle Wort; jeder Schatten war von seiner Stirn geschwunden und stolz erhobenen Hauptes führte er seine liebliche Braut durch die Reihen des eleganten Publikums. Sie trafen dabei viele Bekannte und tauschten manch grüßendes oder neckendes Wort. Mit dem Menschenstrome betraten sie die erst vor kurzer Zeit dem Publikum geöffneten Schinkelsäle und kamen so auch in die Nähe des Bäffetts. Auf einer Seite desselben stand eine äußerst lebhafte Gruppe. Der Mittelpunkt derselben war jene schöne, blonde Frau, die vorher die allgemeinste Aufmerksamkeit erregt hatte. Ein leuchtendes, rotes Seidengewand umhüllte ihre schlanke und doch üppige Figur und während sie ein Glas Limonade schlürfte und mit den Kavalieren plauderte, musterten ihre großen schwarzen Augen unablässig das Publikum.
Vater sei in schlaftrunkenem Zustande in das Werk geraten, und da niemand bei dem Vorfall zugegen war, mußte man ihm Glauben schenken. Im Jahre 1882 brach in Pettkus Feuer aus, wodurch 11 Familien obdachlos wurden, und auch hier wurde Krüger, der inzwischen in seinen Vermögensverhältnisseu sehr zurückgekommen war, als der Brandstifter bezeichnet, ohne daß mau ihn überweisen konnte. Man erwartet, daß er auch wegen dieses Verbrechens seine Schuld zugeben werde. Der Mörder wird ins Landgerichtsgefängnis nach Potsdam verbracht und vor das-.nächste Schwurgericht gestellt werden.
* (Ein merkwürdiger Feuereifer.) Die freiwillige Feuerwehr von Lugan hatte schon lange kein größeres Feuer mehr zu löschen gehabt und um die Ehre derselben zu retten, zündeten nach ihrem unumwundenen Geständnis 2 Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr in Lugau ein dortiges Gehöft an; es wurde vollstäuvig eingeäschert, die Bewohner retteten kaum das nackte Leben und verloren ihre nicht einmal versicherte Habe. Für diese Art von Ehrenrettung bestrafte das Schwurgericht in Chemnitz jeden der beiden Feuerwehrleute mit vier Jahren Zuchthaus.
* Bei einer am Sonntag in Metz stattgehabten Feuerwehrübung brach eine Rettungs- leitcr, wobei 6 Mann verunglückten. Einer ist tot, zwei sind schwer und drei leichter verletzt.
Bvslimdifchi's.
* Wien, 24. Fcbr. Einer Meldung der „Pol. Corresp." aus Sofia zufolge beschloß der Ministerrat die Auszahlung der rückständigen Kosten der russischen Okkupation.
* Wien, 24. Febr. Die Spannung zwischen Bulgarien und Serbien ist im Zunehmen. Der serbische Minister forderte von dem bulgarischen Minister eine kategorische Ermahnung des bulgarischen diplomatischen Agenten in Belgrad wegen dessen unziemlicher Agitation.
* Am 22. wurde die älteste Frau Wiens, Magdalene Ponza, welche ein Alter von 115 Jahren erreicht hatte, zu Grabe getragen.
* Paris, 24. Febr. Die Kammer nahm den Gesetzentwurf betreffend die Versorgung der Stadt Paris mit Qucllwasser an.
'' Paris, 24. Febr. Der Gemeiuderat von Paris nahm mit 33 gegen 13 stimmen eine Resolution an, worin gegen jeden Akt der Gnade für den Prätendenten protestiert wird, während Republikaner wegen Vergehen gegen das Vereins- uud Preßgesetz verurteilt werden und fordert sofortige Amnestie für alle Vergehen gegen das Vereins- und Preßgesetz, sowie für Slreikver- gehen. Der Seinepräsckt beanstandet die Resolution.
* Paris, 25. Febr. Eine Versammlung von 600 Maurern in Marseille protestierte gegen die Verwendung italienischer Arbeiter beim Bau des Postgebäudes. Der Präfekt versprach, sich mit der Angelegenheit zu beschäftigen und er-
Da bemerkte sie Walden und Nora und wie mit einem Zauberschlage war das schöne lächelnde Antlitz verändert. Ein drohender Blick flog zu dem Paare hinüber; dann aber schürzten sich die roten Lippen zu einem spöttischen Lächeln, sie wandte sich und schritt, gefolgt von den Herren, dem Paare entgegen. Mit leichtem Fächerschlage berührte sie Waldeus Arm und rief mit silberheller Stimme: „Sieh da, Professor Walden! ich muß meinen Glücksstern preisen, der mich gleich beim ersten Abend meines Hierseins den berühmten Mann sehen läßt und dazu noch," fügte sie spottenden Tones zu, „als liebegirrenden Schäfer! Wer hätte das gedacht! Glück auf, schöne Braut!" Damit rauschte sie davon, die beiden in der furchtbarsten Seelennot zurücklasfend.
Walden stand bei den höhnischen Worten der jungen Frau bleich wie aus Erz gegossen da; er hatte bei ihrer Begrüßung kaum das Haupt geneigt. Auf Noras süßem Antlitz jagten sich Röte und Bläffe in schnellem Wechsel und nun rief sie rötlich erschrocken: „Herbert, wer war jenes schreckliche Weib?"
Ein düsterer Zug legte sich um seinen Mund, er sah das holde Mädchen wie geistesabwesend an; dann antwortete er bitter: „Wer sie ist? Sie heißt Frau von Brodinska, ich lernte sie vor manchem langen Jahr kennen."
Er sprach es ernst und zögernd und um Noras klopfendes Herz legte es sich wie eine Eisrinde. „Geliebter, sage, was meinte sie mit jenen höhnischen Worten? Ich verstand sie kaum, aber sie hat mich unsäglich erschreckt."
„Mein armes Liebchen," sagte er nun zärtlich, wie leid thut mir das! Jene Frau ist es nicht wert, daß du nur einen Augenblick durch sie bekümmert bist. Sie ist gleich jener bösen Ortrud, die sich zwischen das Glück der Liebenden drängt; o, mein Herzblatt, laß dich nie in deiner Liebe durch sie beirren."
und Herbst-Ertrag im vorigen Jahr auf die Faschingsvergnügen verzichtet.
* Von den 14 badischen Reichstagswahlkreisen ist nur in sechs ein endgiltiges Ergebnis gleich im ersten Wahlgang zu Stande gekommen: im 2. wurde v. Hornstein (wild), im 3. Pfarrer Schüler (neu gegen den Liberalen Krafft in St. Blasien), im 8. Dekan Lender, im 12. und !3. die Konservativen Menzer und Graf Douglas, im 14. der badische Zentrumsführer v. Buol gewählt. In den acht anderen Bezirken sind Stichwahlen vorzunehmen, bei welchen die Verhältnisse für die Nationalliberalen recht ungünstig liegen. Sehr leicht könnte da der Fall eintreten, daß aus Baden überhaupt keine nationalliberalen Abgeordneten in den Reichstag einziehen.
- Aus München berichtet man, daß während der 3 Fastnachtstage der Andrang zu den Leihhäusern ein ungemein starker war. Eine einzige Versetzerin in der Altstadt erhielt 17 Betten, 21 Uhren und 30 Ringe, 8 Operngucker und 14 Ueberzieher zum Versetzen.
* Ein vor mehreren Jahren begangener heimtückischer Mord ist nun ans Tageslicht gekommen. Der Bauer und Jagdpächter Spöckmair von Asenham im Rotthal (Niederbayern) geriet vor etwa 4 oder 5 Jahren in eine Legbüchsc und wurde so schwer getroffen, daß er tot auf dem Platze blieb. Niemand hatte von dem Schlingen- leger eine Spur, bis dieser Tage der Bauer Frz. Eiukammerer von Lengsham einem Freunde anvertraute, daß er es war, der dem Spöckmair, mit dem er in Feindschaft lebte, die Büchse gelegt hatte. Die Sache kam dem Gericht zu Ohren und der Mörder ist nunmehr verhaftet worden.
* Mainz. Auf Anregung des Kriegsministeriums in Berlin hat das Kriegsgericht in Mainz eine Untersuchung gegen eine Anzahl Militärpersouen eingeleitet, die mehrere zu den Hebungen eingezogcne Volksschullehrer durch beleidigende Ausdrücke herabgewürdigt haben sollen. Die Untersuchung ist angeblich durch ein an das Kricgsministerium gerichtetes anonymes Schreiben veranlaßt worden.
* Aus Flensburg wird dem Berl. Tagbl. gemeldet: Die Personenpost von sonderburg nach Flensburg wurde Freitag abend 10 Uhr bei Gravenstein beraubt. Die Räuber hatten die Chaussee durch Bäume gesperrt, schlugen den Postillon nieder und erbrachen das Wertgclaß, aus dem sie Werte in der Höhe von etwa 10,000 Mark entwendeten. Die Gendarmerie ist in voller Thätigkeit, um der Räuber habhaft zu werden.
* Der Müller Krüger aus Pettkus im Fläming hat dieser Tage vor Gericht das Geständnis abgelegt, daß er vor 14 Jahren seinen leiblichen Vater ermordet, indem er denselben in das Räderwerk der Mühle stieß, so daß er zu Tod gequetscht wurde. Schon damals schöpfte mau gegen ihn Verdacht; aber er gab an, sein