wird der Vertrag am 20. Juli 1890 außer Kraft treten."
* Berlin, 25. Juli. Die „Norddeutsche Allg. Ztg." spricht sich bei dem Blitzzug Berlin- Rom für die Brenner-Route aus, welche als die natürliche und allein in Frage kommende erscheine.
* Berlin. Ueber die körperliche Tüchtigkeit der jugendlichen männlichen Bevölkerung im Deutschen Reiche veröffentlicht das Kaiserliche Gesundheitsamt eine Tabelle nach den Ergebnissen des Aushebungsgeschäftes. Aus derselben ergiebt sich, daß die Zahl der für dauernd untauglich erklärten Personen abgenommen hat; hingegen ist die Zahl der als tauglich befundenen Personen seit 1879 allmählich gewachsen.
* Gegenwärtig wird eine bessere Markierung der deutsch-französischen Grenze vorgenommen. In dem Eisenwerke zu Kaiserslautern sind 200 neue Grenzzeichen hergestellt worden, welche überall an solchen Stellen angebracht werden, wo starker Wagenverkehr über die Grenze besteht, oder wo besondere Terrainverhältnisse ein besseres Kenntlichmachen derselben erfordern. Die neuen Grenzzeichen bestehen, der M. Ztg. zufolge, aus einer etwa 3 Meter hohen gußeisernen Säule, deren Sockel fest in den Boden eingelaffen wird, während das andere Ende eine gleichfalls gußeiserne Scheibe in deutschen Farben trägt. An letzterer befindet sich auf weißem Grunde der Reichsadler nnd die Inschrift: Deutsches Reich. Wohl mit Rücksicht darauf, daß erfahrungsgemäß französische Heißsporne gern ihr Mütchen an den deutschen Grenzzeichen zu kühlen pflegen, sind diese so solid gearbeitet, daß eine Zerstörung derselben felbst unter Anwendung von großer Gewalt nicht gut möglich ist. Die gemeinschaftlich mit Frankreich vorgenommene Bezeichnung der Grenze deren Länge 500 Kilometer beträgt, besteht aus rund 4000 Hauptgrenzsteinen und 1400 Zwischengrenzsteinen, wozu noch 60 Kreuz- und 270 Doppelsinne kommen. Sämtliche dieser Grenzsteine ragen nur sehr wenig aus der Erde hervor, so daß sie leicht übersehen werden können, namentlich in den mit Wald oder Gestrüpp bewachsenen Gebieten.
* Berlin, 24. Juli. Der kommandierende General des 1. Korps, der frühere Kriegsminister von Bronsart, hat vor drei Tagen bei einem Toast auf Ostpreußen geäußert, daß er von Kriegsbefürchtungen in der Provinz Kenntnis erhalten habe; er versichere aber, daß dieselben unbegründet seien und Störungen des Friedens überhaupt nicht in Aussicht stehen.
* Leipzig, 22. Juli. Eine hochherzige Stiftung verdankt die Ortskrankenkasse für Leipzig und Umgegend einem dem Arbeiterstande zugeneigten und wohlgesinnten, mit irdischen Gütern gesegneten Leipziger Bürger, dessen Name leider verschwiegen bleiben soll. Er hat der Kasse zwei von ihm eigens für diesen Zweck angekaufte große Besitzungen im sächsischen Erzgebirge zur unentgeltlichen Benützung als Heim
stätte für Genesende überwiesen, d. h. für Arbeiter, die sich in der Rekonvalescenz befinden, deren Unterbringung in Pflegstätten von seiten der Ortskrankenkaffen aber teils durch andere Umstände auf große Schwierigkeiten stößt. Das eine Gut, welches der edle Menschenfreund erworben hat, liegt bei Schneeberg, das andere ist das Rittergut Förstel bei Schwarzenberg. Beide Besitzungen liegen in prächtiger waldreicher Gegend und sind zu einer derartigen Heimstätte wie geschaffen.
* Die sächsische Regierung hat sämtliche Bezirksaufsichtsbeamten der Staatsstraßen mit Dreirädern ausgerüstet.
* Köln, 23. Juli. Die „Köln. Ztg." dementiert offiziös die Meldung der Blätter betreffend den Eintritt der Türkei in den Dreibund.
* Für die Reichstagsersatzwahl in Metz ist an Stelle des Gemeinderats Laniqne, welcher die auf ihn gefallene Wahl ablehnte, der Pfarrer Delles als Kandidat aufgestellt worden. Derselbe kandidiert angeblich als katholischer Kandidat ohne politisches Glaubensbekenntnis. Er soll gemäßigt sein und deutsch sprechen.
* Metz, 25. Juli. Bei der Reichstagsersatzwahl erhielt Pfarrer Delles im Stadtkreis 2460 von 2554 Stimmen. Der Landkreis steht noch aus.
* Metz,25.Juli. Das annähernde Gesamtresultat der Reichstagswahl ist: Abbe Delles 9491 Stimmen. Bei dem vorigen Wahlgang erhielt Laniqne 8436 Stimmen.
Ausländisches.
* Wien, 23. Juli. Seitdem Kaiser Franz Joseph den Delegationen gegenüber sowohl den Bulgaren wie dem Fürsten Ferdinand ein Zeugnis des Wohlverhaltens feierlich und öffentlich ausgestellt, wollen die Gerüchte nicht verstummen, daß die Anerkennung des Koburgers durch die Mächte nahe bevorstehe. Die neueste darüber umlaufende Version spricht davon, daß die Pforte als erste Macht diese Anerkennung -ausspreche und den Fürsten formell in seiner Würde zu bestätigen gedenke. Wenn der Sultan sich zu diesem Schritte wirklich entschlösse, so hätte das zu bedeuten, daß er sich stark genug fühlt, es auf einen Bruch mit Rußland ankommen zu lassen.
* Graz, 23. Juli. Die hiesige akademische Burschenschaft Stiria wurde behördlich ausgelöst, weil bei der Semesterschlußkneipe „Heil dir im Siegerkranz" gesungen wurde.
" Rom, 25. Juli. Der hiesigen deutschen Botschaft wird offiziell gemeldet, daß das Kaiserpaar Ende September einen wöchentlichen Aufenthalt in Italien nehmen werde, ohne Rom zu berühren.
* Paris, 23. Juli. Im Departement Charente hat laut „Köln. Ztg." der Oberpostdirektor angeordnet, daß alle Wahlzettel und Maueranschläge, welche die Kandidatur Bou- langers für die Generalratswahlen am nächsten
teten auch in der zweiten Hälfte der Nacht keinen anhaltenden Schlaf. Heute ist das Fieber mäßig, die örtlichen Erscheinungen links sind zurückgegangen, das Allgemeinbefinden ist befriedigend.
* Ein merkwürdiger Hausverkauf macht in Durlach von sich reden. Der Käufer hat nämlich für jedes Fenster, ob nach vorn, nach hinten oder in den Hof u. s. w., eben wo man den Kopf Hinausstrecken kann, das Doppelte wie für das vorhergehende zu zahlen. Das erste Fenster kostet nur 1 Pf. Da aber schon bei dem 30. Fenster das Haus bereits über fünf Millionen Mark — es hat, nebenbei bemerkt, nur einen Wert von ungefähr 25 000 M. — kosten würde, so hofft man, daß sich der Hausverkanf nicht etwa zu einem juristischen Streit, sondern nur zu einem gemütlichen Abend für die betreffenden Zeugen ausdehnt.
* Offenburg. Vor dem hiesigen Schöffengericht saß jüngst ein Lehrer auf der Anklagebank, angeklagt der Ehrenkränkung eines zwölfjährigen Schulknaben, dem er in der Schule gesagt hatte: „Du hast dich betragen wie ein Schurke." Der Vater des Knaben hatte Klage erhoben, und das Schöffengericht verurteilte den Lehrer zu einer Geldstrafe von 20 Mk. und in die Kosten wegen Ehrenkränkung.
* München, 24. Juli. (Turnfest.) Heute Nachmittag fand trotz Unterbrechung durch einen heftigen Gewitterregen das Riegenmassenturnen von über 3000 Knaben in Stab- und Freiübungen mit glänzendem Erfolge statt. Das zahlreiche Publikum brach wiederholt in stürmischen Beifall aus über die Gewandtheit der kleinen Turner und das Gelingen des hochinteressanten Unternehmens.
* Regensburg, 23. Juli. Vergangenen Sonntag abend hatte Gutsbesitzer Max Freiherr v. Pfetten zu Ramspann, als er sich auf dem Anstand befand, mit zwei Wilderern eine Ren- kontre, welche beide, als sie des Jagdherrn ansichtig wurden, sofort ihre Gewehre in Anschlag brachten. Da die wiederholte Aufforderung, die Gewehre zu strecken, keinen Erfolg hatten, schoß Baron von Pfetten auf die Wilderer. Einer derselben blieb sofort tot, während der andere nach abermals nutzlosem Anrufen mittels eines Schrotschusses derart verletzt wurde, daß er bald nachher verschied. Die beiden Toten sind noch nicht agnosziert.
* Berlin, 23. Juli. Wie bereits gemeldet, ist die Kündigung des deutsch-schweizerischen Niederlassungsvertrages am 20. d. erfolgt. Der schweizerische Bundesrat macht amtlich bekannt: „Die deutsche Regierung hat am 20. Juli den Niederlassungsvertrag vom 27. April 1876 nebst den Zusatzprotokollen vom gleichen Datum und vom 21. Dezember 1881 gekündigt. Da nach Art. II. des Vertrages dieser bis nach Ablauf eines Jahres von dem Tage an in Geltung bleibt, an welchem der eine oder andere der vertragabschließenden Teile gekündigt hat, so
A A (Nachdruck verboten.)
Novelle von L. Haidheim.
(Fortsetzung.)
„Ach, wie interressant! — Nun also mein liebes Kind — Sie thun mir den Gefallen? Die Wahrheit zu sagen, meine Tochter hat sich gestern verlobt! Ich weiß nicht, wo mir der Kops steht — die unzähligen Besorgungen —"
Erna Kaland gratulierte und versicherte abermals ihre Bereitwilligkeit, welche ihr verschiedene warme Händedrücke etntrug.
„Und zuerst fahren Sie zur Generalin von Grumbach. — Dem Fräulein von Willwart, der Nichte desselben, ist mit Ihnen der Blumenladen durch das Loos zugefallen. Ich bitte, bringen Sie Fräulein Emmy diese gewiß erfreuliche Nachricht." —
„Willwart — ?"
„Ja sie ist nämlich die Nichte unserer hochverehrten Exzellenz von Grumbach."
Erna Kaland wurde bleich und rot. Die Komiteedame mißverstand diesen Farbenwechsel, ermutigte die kleine Befangene noch einmal, preßte ihr die Liste in die Hand, fagte ihr in aller Geschwindigkeit noch viel Liebenswürdiges, dann für den hochverehrten Herrn Kaland viel Verbindliches und endlich durfte Erna in ihren Wagen steigen und ganz konfus von dem Wortschwall wegfahren.
Sie befahl dem Kutfcher, den nächsten Weg aus der Stadt zu nehmen.
Ruhe! Sie mußte sich erst besinnen.
Dieser Antrag, Emmy von Willwart kennen zu lernen, mit ihr in dem Blumenladen zu verkaufen. — Ach, sie hatte diese Auszeichnung so sehr gescheut, welche man ihr seitens des Komitees zum Dank für ihres
Vaters Großherzigkeit aufnötigte, so sehr gescheut. Wie groß war ihre Furcht gewesen, mit lauter fremden jungen Damen so in Berührung zu kommen. Jetzt gewann die Sache Interesse für sie, sie faßte Mut. Vielleicht war die Schwester des jungen Offiziers ebenso freundlich wie dieser. Aber seine Schwester? — war sie das?
„Du bist ja so nachdenklich und siehst aufgeregt aus, Erna?" fragte die Dame neben ihr.
„Ja, Tante Luise — diese Bazargeschichte, die dich so freute, zieht allerlei Weiterungen nach sich," erwiderte das junge Mädchen und erzählte der Pflegerin ihrer Kindheit, welche in Herrn Kalands Hause zugleich die Stelle der Hausfrau vertrat, die Begegnung im Laden und von den erhaltenen Aufträgen.
„Aber das ist gut, liebes Kind, du kommst so mit all' diesen Damen in Verbindung und hast gleich eine Position."
Erna lachte schelmisch.
„Eine Position für ein paar Tausend Mark, die der Papa zeichnete. Ach, das Geld, Tante! es kann so viel. — Aber ich glaube, diesen vornehmen Damen imponiert es doch nicht."
„Dein Geld? Dein Vermögen? Pah' Liebste Erna, in diesen Kreisen imponiert es ebenso, wie überall in der Welt. — Wärst du ein Fräulein Habenichts — na, natürlich, so sähe man dich nicht an, aber — nun, Schatz, traue unfern Erfahrungen in dieser Hinsicht! Ich bin fest überzeugt, Herr von Modlaczek macht heute oder morgen auch seinen Antrag."
„Tante, ich sprach nicht drei Worte mit ihm. Aber freilich, mich wundert nichts mehr," sagte leise das junge Mädchen und auf dem Gesicht lag eine tiefe Traurigkeit.
„Nun, so nimm doch nicht jeden Antrag tragisch! Lache darüber. Auf die eine oder andere Weise lernt man die Welt immer kennen.