Turnverein von Altensteig, die Kriegervereine von Nagold, Rohrdorf, Ebhausen, Egenhausen, Spielberg, Haiterbach, Oberschwandorf, Hochdorf, OA. Horb, Mindersbach, Jselshausen, die Feuerwehr Beihingen und eine Deputation von Ueberberg. Es war ein ansehnlicher Festzug, welcher sich um V-2 Uhr durch die Straßen des Orts auf den Festplatz bewegte. Hier war eine geräumige mit Tanneureis geschmückte Tribüne errichtet, an deren vorderer Seite als Inschrift uns die vertrauenerweckenden markigen Worte unseres Reichskanzlers entgegenblickten: „Wir Deutsche fürchten Gott und sonst nichts in der Welt!" — Die Vereine stellten sich vor der Tribüne auf, während das Festkomite und die Festdamen in derselben Platz nahmen. Hr. Schullehrer Kappus hielt zuerst eine Begrüßungs-Ansprache, in welcher er die erschienenen Gäste herzlich willkommen hieß, dann an die ruhmreichen Waffenerfolge unserer deutschen Krieger erinnerte und auf die Pflichten hinwies, welche die jüngeren Krieger, die noch nicht vordem Feind gestanden sind, in Zeiten der Gefahr zu erfüllen haben werden. Die Festrede hielt Hr. Pfarrer Binder, nachdem auf seinen Vorschlag zuerst der erste Vers des Liedes: „Nun oanket alle Gott" gemeinsam von den Festteil- ehmern gesungen worden war. Redner gedachte zuerst des allgüligen Gottes, ihm die Ehre gebend und den Dank zollend, daß mau die Feier begehen dürfe, betonte die Opferwilligkeit und die rührige Thätigkeit aller Einwohner, wodurch der längst gehegte Wunsch der Vereinsmitglieder, eine Fahne zu erhalten, endlich befriedigt werden könne, führte aus, wie berechtigt die Anschaffung der Fahne sei und erklärte ihre symbolische Bedeutung. Inzwischen hatte sich der regendrohende Himmel immer mehr verfinstert, es fing plötzlich bei Blitz und Donner wolkenbruchartig zu regnen an, so daß Hr. Pfarrer Binder feine Rede nicht vollenden konnte; alles flüchtete unter das schützende Dach. Doch so gar schlimm hatte es der Himmel nicht gemeint; nach Zeit einer Stunde lächelte die Sonne wieder die etwas verdutzten Gesichter an, der Himmel hellte sich zusehends auf und man zog zum zweitenmal auf den Festplatz, diesmal um nicht wieder verscheucht zu werden. Nun wurde die Fahne enthüllt, nachdem eine Festdame zuvor gereimte Widmungsworte gesprochen und die Fahne übergeben hatte. Sie wurde mit anhaltendem Jubel und mit Hochrufen begrüßt. Den offiziellen Schluß der Handlung bildete ein von Hrn. Schull. Scheib auf se. Maj. unseren geliebten König Karl ausgebrachtes 3maliges Hoch. Unter den Klängen der Musik und den munteren Gesängen entwickelte sich jetzt ein frohbewegtes Leben auf dem Festplatz und nur zu bald zogen die einzelnen Vereine wieder der Heimat zu. Die Feier beschloß abends ein Ball im Gasthaus zum Rappen.
* Alten steig, 11. Juni. Die lieblichen Pfingstfeiertage lockten diesmal wieder Jung und Alt hinaus in die wunderschöne Natur, um
sich an deren Reizen zu laben und au der reinen Luft zu stärken. Das Auge erfreute diesmal besonders der Grasreichtum auf den Wiesen und die in saftigstem Schmelz stehenden Frucht- felder. Unter der Gunst der Witterung hat die gute Mutter Erde wahre Wunder hervorgezaubert: Es war dies Grund genug, daß die Brust höher schlug und man sich der Pstngstfreudeu voll und ganz hingab. Leider wurden diese aber durch die Botschaften von erschütternden Unglücksfällen unliebsam beeinflußt. In der Nachbargemeinde Warth war der K. Forstwart Kennhöfer am Freitag morgen dienstlich in den Staatswald Buhler gegangen, kehrte aber nicht wieder nach Hause zurück. Noch am gleichen Abend wurde nach ihm ohne Erfolg gestreift; bei einer erneuten Streife am Samstag morgen wurde er jedoch aufgefunden mit einem Schuß durch den Kopf, welcher seinen alsbaldigen Tod herbeigeführt hatte. Wie man hört, war der Bedauernswerte mit geladenem Gewehr auf dem Anstand, bei der Hitze scheint er eingeschlafen zu sein, und durch irgend eine Bewegung ging das Gewehr los und brachte ihm den verhängnisvollen Tod. Eine Frau und 4 Waisen trauern um den Gatten und Vater. Hiezu kommen noch die gleichbetrübenden Unfälle: Dem 71 Jahre alten Michael Härter von Wenden wurden am Freitag in der Nähe des Hochgerichts durch einen rollenden Stamm beide Beine abgeschlagen; ein Schneider aus Lützenhard stürzte im Armenhaus in Ett- mannsweiler die Stiege herunter und starb an der hiedurch eingetretenen Gehirnerschütterung und im Wildberger Steinbruch wurde ein Familienvater durch einen stürzenden Stein erschlagen. In diesem Falle sind 3 Waisen vorhanden. Es sind dies wahrlich genug Hiobsbotschaften auf einmal!
* Neubmlach, 11. Juni. (Korresp.) Seit Oktober v. Js. wurde hier von Wafferbautechniker Kröber aus Stuttgart eine Wasserleitung erbaut, die in allen Teilen wohl gelungen ist und gestern eingeweiht wurde. Tief aus dem Ziegelbachthal schöpft eine sog. Wassersäulenpumpe, die Motor undPumpe zugleich, ist das Wasser 156 m hoch in den Hochbehälter. Sie bedarf dazu nur einer Triebkraft von 50 Liter pro Minute und liefert täglich 320 Hektol. Wasser. Der Hochbehälter faßt 1200 Hektol. und speist 7 Ventilbrunnen u. 9 Hydranten. Das Werk kostete gegenüber einem Voranschlag von 33 000 nur 30 500 M.
* Stuttgart, 6. Juni. Die Abgeordneten sind für den 13. d. Mts. von Sr. Maj. dem König zu einem Mittagessen auf Schloß Rosenstein eingeladen. Ein Extrazug bringt die Eingeladenen bis zum Eingang des Rosenstein-Parkes.
* Berlin, 7. Juni. Die „Nordd. Allg. Ztg." tritt energisch der von der „Kreuzztg." verbreiteten Behauptung entgegen, daß den Bergbehörden Westfalens die mißliche Lage der Bergarbeiter entgangen sei; sie sagt, daß eine solche mißliche Lage gar nicht bestanden habe. Niemand zweifle mehr daran, daß der Streik nicht eine Lohn
frage und nicht das Bestreben wäre/'ieine bestehende mißliche Lage zu verbessern, vielmehr „von außen hineingetragen" worden sei. — Zwischen den Regierungen Belgiens und Deutschlands finden Unterhandlungen wegen Anlegung eines direkten Telegraphenkabels zwischen Ostende und Amerika statt. Deutschland soll zur Unterstützung des Unternehmens in finanzieller Hinsicht bereit se>n.
' Der Schah von Persien, dessen Ankunft in Berlin am ersten Pfingstfeiertag abends erfolgen sollte, wird von Berlin zunächst nach Hannover und Münster und dann nach Amsterdam, Haag und Brüssel reisen. Von hier wendet sich der Schah nach England, wo er 25 Tage verweilen will. Sodann trifft er (am 28. Juli) in Paris zu einem Mägigeu Aufenthalt ein. Von Frankreich geht die Reise des Schah nach der Schweiz, und zwar nach Lausanne, Bern und Zürich. Sodann besucht er Stuttgart (3 Tage), Baden-Baden (5 Tage) und München (4 Tage.) Am 5. September betritt er österreichischen Boden und wird in Salzburg 4 Tage, in Linz 3 und in Pest 4 Tage verweilen. Am 18. September trifft der Schah in Konstantinopel ein und bleibt dort 10 Tage. Am 30. September reist er zurück nach Wien und bleibt dort 7 Tage. Von Wien wird die Rückreise über Lemberg nach Rußland angetreten.
* Berlin, 7. Juni. Der Kaiser hat anläßlich der schnellen transatlantischen Fahrt des Dampfers „Augusta Viktoria," welcher in 6 Tagen 8 Stunden nach Amerika gelaugte und somit alle englischen und amerikanischen Schiffe schlug, an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Geh. Kommerzienrat Schlutow, ein Beglückwünschungstelegramm gerichtet.
* Die Zahl der Selbstmorde ist in Berlin in diesem Jahre beispiellos groß. In den ersten Monaten des Jahres fiel auf, daß das Verhältnis zu den letzten Monaten des Vorjahres ein wesentlich anderes war, als das der ersten Monate des Jahres 1888 zu den Monaten November und Dezember 1887. Jetzt ist die Thatsache vollkommen deutlich, daß eine starke Vermehrung der Selbstmorde konstant ist, und man kann sich der Befürchtung nicht erwehren, daß das zuerst für ungewöhnlich und vereinzelt gehaltene Verhältnis eine dauernde Bedeutung gewinnt. Der Monat Mai wies die für diesen Monat niedagewesene Zahl von 38 Selbstmördern auf; die Vermehrung erstreckt sich aber allein auf das männliche Geschlecht, da nur 8 Frauen und Mädchen Selbstmord begingen.
Ausländisches.
"Wien, 6. Juni. Nach einer Meldung des „Pester Lloyd" weigert sich Italien, angeblich wegen eines Formfehlers, den russischen Obersten, Baron Rosen, Militäragenten in Rom, anzuerkennen. Italien berief seinen Militär- attachee in Petersburg ab.
" Bern, 8. Juni. Wie verlautet, wird die Bundesversammlung noch in dieser Session die
Küßen und Drüben.
Novelle von Hubert Halm.
(Fortsetzung.)
Wie erstaunte Wilhelm, als sie nach wenigen Minuten durch das Thor sprengten und Tom sich beeilte, ihnen beim Absteigen behilflich zu sein. Die ältere wartete seine Dienste gar nicht ab, sondern schwang sich leicht aus dem Sattel, gab dem Pferde einen Schlag mit der Pentsche — und bot ihrer jüngeren Begleiterin die Hand, die ebenfalls ohne Toms Hilfe zur Erde sprang. Tom mußte den Damen etwas zu^eflüstert haben, denn sie blickten beide gleichzeitig nach Wilhelms Fenster. Erschreckt, wie aufgescheuchte Rehe, rannten sie dem Hause zu, als sie entdeckten, daß ihre Neugierde bemerkt wurde.
„Das waren ja ein paar himmliche Gestalten," sagte Wilhelm vor sich hin. „War das ein Märchen aus tausend und eine Nacht, oder bin ich in einem verzauberten Schlosse, wo Feen und Najaden Hausen? Ich habe doch in meinem Leben manches schöne Mädchen gesehen, aber hier finde ich alles übcrtroffen. Wer sie wohl sein mögen? Am Ende Verwandte oder gar die Töchter des Hauses! — Die Pferde wußten in den Ställen Bescheid, und Tom war sehr dienstfertig. Sollte ich wirklich so glücklich sein, sie wieder zu sehen?"
Er sprang auf und lief unruhig im Zimmer hin und her, er konnte die Zeit nicht abwarten, bis Tom ihn zu seinem Prinzipal rufen würde. Aber seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, denn eine Viertelstunde nach der andern verging und der so heiß ersehnte Bote kam nicht. Es dunkelte bereits, als an seine Thür geklopft wurde und Tom seinen schwarzen Krauskopf ins Zimmer steckte.
„Mister möchten zum Thee kommen," meldete er. Wilhelm warf noch einen prüfenden Blick ans seine Toilette und folgte dem Diener, der ihn in den kleinen Salon führte.
Bei seinem Eintritt saß Anna am Klavier und spielte ein Schubert- sches Lied; sie hielt jedoch sogleich inne, als sie den Fremden gewahr wurde. Alle erhoben sich.
„Mein neuer Buchhalter," stellte ihn Müller vor, wir haben nur die Person gewechselt, der Name ist derselbe: Herr Häsler! — hier meine Tochter Bertha, meine Pflegetochter Anna."
Der neue Buchhalter machte eine etwas linkische Verbeugung, bekam einen feuerroten Kopf und stotterte: „Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich störe, Ihr Herr Vater war so gütig, mir zu erlauben-"
„Und so weiter und so weiter," sagte Müller. „Mein Bester, hier ist alles Zeremonie! verbannt, nur keine gedrechselten Redensarten, die macht man in Deutschland und Frankreich, aber hier legt man das ab. Machen Sie sich's bequem nehmen Sie einen Stuhl und rücken Sie zum Tisch — nicht war ihr Mädchen, ihr seid einverstanden, daß wir wie früher unsere Mahlzeiten mit unserem Buchhalter teilen?"
„Gewiß Papa," sagten Anna und Bertha.
„Nun, so sind Sie auch meinen Damen willkommen! — und jetzt greifen Sie herzhaft zu und thun Sie, als ob Sie zu Hause wären — Bertha Thee!"
Bertha reichte Wilhelm die Tasse, die er mit einem dankbaren Blick entgegennahm.
„Wünschen Sie Rum?" fragte Anna.
„Ich bitte!"
„Das ist recht! so laß ich mir's gefallen. Kinder, nur nicht steif und hölzern, mir ist nichts schrecklicher als eine Gesellschaft, wo ich mich genieren muß."
Er warf seine Zigarre in den Aschbecher und läutete Tom.
„Bring' eine Kiste Virginia von der dunkelsten Sorte, so schwarz wie du selber bist!"