den Beweis, daß gerade an von ihm vorherbestimmten kritischen Tagen, an welchen die Flutfaktoren in hervorragender Weise zusammenwirkten, meistens auch Winter-Gewitter eingetreten sind. Als solche kritische Tage für die nächste Zukunft bezeichnet Herr Falb den 4. November und 3. Dezember 1888 und den 1. Januar 1889. Letzterer sei besonders kritisch, weil an ihm die Flutfaktoren noch durch eine Sonnenfinsternis verstärkt würden. Nachdem Redner sodann noch den Einfluß des Mondes auf die schlagenden Wetter in den Bergwerken hervorgehoben, verbreitete er sich eingehend über die bei allen Völkern austretende Sage von der 10000jährigen Hochflut und der damit in Verbindung stehenden Vergletscherung der Erde. Flut-Maximum sei etwa 4100 v. Christi gewesen, treffe also mit der biblischen Sintflut zusammen. Das letzte Flut-Minimum, d. h. das größte Zurücktreten der Gletscher sei 1150 n. Ehr. gewesen, was sich auch aus alten Chroniken beweisen lasse.
' Stuttgart, 27. Okt. In einem gestern unter dem Vorsitze des Prinzen Wilhelm abgehaltenen Ministerrate wurde beschlossen, gegen die hiesigen Verbreiter der „Münchener Neuesten Nachrichten", betitelt „Unliebsame Erörterungen", Anklage wegen Beleidigung des Landesherrn erheben zu lassen. Untersuchung ist bereits eingeleitet.
- Anläßlich des Regierungsjubilänms des Königs im nächsten Jahre will man in Stuttgart ein großes „Huldigungsfest" veranstalten. Es hat sich zu diesem Zweck ein Konnte gebildet, welchem einige Herren des Hofes und der Gemeindevertretung, sowie Männer der Kunst und Wissenschaft, der Industrie und des Handels angehören. An der Spitze steht Prinz Hermann zu Sachsen-Weimar.
* In Neukirchen hatte kürzlich ein Mann seine Kuh mit Petroleum eingerieben, um dieselbe gegen Insekten zu schützen. Abends kam die Frau dem Tiere mit der Lampe zu nahe, und sofort brannte dessen Haut lichterloh. Es gelang zwar, den Brand zu löschen, doch die Kuh verendete.
" M ü n ch en, 27. Okt. Der ehemalige ultramontane Gemeindebevollmüchtigte und Kirchen- pflcger Heinrich Brunnbcmer hat sich eine Wechsel- fälschung von 36 000 Mark zu Schulden kommen lassen. Die Geschädigten sind mehrere hiesige Bankgeschäfte. Die Angelegenheit ist bereits in den Händen des Staatsanwaltes. Es besteht die Befürchtung, daß Brunnbauer auch Kirchengelder unterschlagen hat.
* Berg, 21. Okt. Nachgerade fängt es an, an der Unglücksstätte zu Berg unhümlich zu werden. Heute nachmittag wurden wieder zwei Leichen, und zwar die von zwei Damen, die sich fest umschlungen hielten, vom Fischer Liedl in Berg an genannter Stelle ans dem Wasser gezogen. Allem Anscheine nach sind es „Mutter und Tochter"; erstere mag etwa 40 -45 Jahre
alt sein, letztere 16—18 Jahre zählen. Regenschirme, Mäntel, ein Armkörbchen, in welchem zwei Paar neue Glacehandschuhe bester Qualität lagen, fanden sich am Ufer sorgsam bei Seite gelegt und zwar zunächst des neuerrichteten Denkmals für weiland König Ludwig II.
* Berg, 26. Oktbr. Die beiden im Starnberger See aufgefundenen Frauenleichen sind erkannt. Es sind Frau und Tochter des Kassiers der Kunstausstellung im Glaspalast, Hensel. Der Polizeibericht besagt, der Selbstmord scheine damit im Zusammenhänge zu stehen, daß demnächst die Tochter wegen einer Reihe von Betrügereien strafrechtliche Aburteilung zu gewärtigen haste.
* Nürnberg, 24. Oktbr. Die im Frühjahre hier in der Schuhwareubranche ausgebrochene Krisis, welche zu einer Reihe von Konkursen Anlaß gegeben hatte, führte heute zu einer Verhandlung vor der Strafkammer, indem sich der Kaufmann Karl Bärlein, der ein Schuh- Warengeschäft sä Kl-os betrieb, wegen Betrugs zu verantworten hatte. Der Genannte hatte im April seine Zahlungen eingestellt, wobei 175 000 M. Passiva und nur 14 000 M. Aktiva vorhanden waren. Es wird ihm zur Last gelegt, daß er noch kurz vor seiner Zahlungseinstellung von zwei Lieferanten Waren erhielt und von Einem Decken zu erhalten suchte. Durch die Verhandlung wurde konstatiert, daß Bärlein, trotzdem er mit seiner Frau eine Mitgift von 25 000 M. erhalten hatte und sehr einfach lebte, sich schon seit Jahren in mißlichen Verhältnissen befand, so daß er oft große Posten Waren entweder im Leihhanse versetzte oder an einen Trödler verkaufte, auch gezwungen war, hie und da bei seinem Ausgeher ein Darlehen zu machen. Das Urteil lautete für Bärlein auf acht Monate Gefängnis, Aberkennung der Ehrenrechte auf drei Jahre und sofortige Verhaftung.
* Nürnberg. Ein hiesiger Wirt lieferte das Bier für die Arbeiter eines benachbarten Neubaues. Eines Tages erhielt er seine Maßkrüge von dem Ban nicht mehr zurück; alles Nachforschen war umsonst, die Maßkrnge blieben spurlos verschwunden. Endlich klärte ein Lehr- bnrsche die Geschichte aus. Sämtliche Maßkrüge waren von den Arbeitern in den Ban mit eingemauert worden, zur Vergeltung dessen, daß der Wirt den Arbeitern angeblich abgestandenes Bier geschickt hatte. Die fragliche Stelle der Mauer wurde ans Veranlassung des Baumeisters wieder aufgebrochen und die Bierkrüg'l ihrer feucht-fröhlichen Bestimmung wiedergegeben. Die Sache dürfte noch die Gerichte beschäftigen.
* (Ländlich, sittlich!) In Osterhofe n (Niederbayern) hat beim jüngsten Jahrmärkte die Gendarmerie verschiedenen zum „Raufen" herzugezogenen Bauernburschcn 7 Totschläger und 12 Messer abgenommen.
* Berlin, 20. Okt. Von einem entsetzlichen Unglücksfall wurde der MaschinenmeisterH. heimgesucht. Als derselbe in seiner Werkstatt mit dem Ausgießen von sogenannten Lagern be-
der bestehenden herbeigeführt, angemessen sein. Die Verfassungsrevision soll zur Herbeiführung von erweiterten konstitutionellen Rechten des serbischen Volkes stattfinden. Das Manifest, welches den Charakter eines historischen Aktes trägt, erregt allgemeine Ueberraschung. — In diplomatischen Kreisen wird die Proklamation, wie man der „Fr. Ztg." telegraphiert, als ein Schachzug des Königs betrachtet, darauf berechnet, die durch die Scheidung aufgeregten Volksmassen zu besänftigen und den L-cheidungsakt in den Hintergrund zu drängen.
Landesuachrichtell.
* Alten steig, 28. Okt. Oekonom Seid von Hochdorf, welcher, wie wir in letzter Nr. berichteten, hier unter das Rad eines Wagens geriet, in Freitag abend an den Folgen seiner schweren Virletzuug erlegen. Es ist dies wiederum ein recht trauriger Unglücksfall, welcher zeigt, wie bald es oft um das Leben eines Menschen geschehen ist. Innige Teilnahme wendet sich der schwergeprüften Familie zu.
* Freudenstadt, 25. Okt. Ein im 13. Jahre stehender Realschüler machte gestern mit 3 Kameraden einen Ausflug, regalierte sie und fuhr mit ihnen per Bahn wieder nach Hause. Heute wollte der Lehrer, welchem diese Sache zur Anzeige gekommen war, stch vergewissern, auf welche Weise der Schüler zu dem Gelde gekommen ist; der Schüler aber flüchtete sich, begab sich auf die Bahnlinie, wo er vom Bahnwärter verjagt wurde, endlich flüchtete er sich in ein Gartenhänschen und hängte sich, wurde aber von einem Nachbarn losgeschnitten; der hinzugekommeue Vater brachte ihn nach und nach wieder zum Leben.
* In Aach, OA. Freudenstadt, wurde ein neues Rat- und Schulhaus eingeweiht.
* Stuttgart, 25. Oktbr. Der bekannte Erdbeben-Theoretiker Rudolph Falb hielt heute abend auf Veranlassung des Kanfm. Vereins einen interessanten und ungemein zahlreich besuchten Vortrag über den Einfluß des Mondes auf das Wetter. Der Redner hob vor allem die große Anziehungskraft des Mondes nicht allein auf das Wasser, sondern auch ans den uns umgebenden Luftozean hervor, was er durch eine Erklärung der Passat- und Antipassatwiude bewies. An den sog. kritischen Tagen, d. h. an solchen, an welchen die Anziehung des Mondes eine erhöhte ist, zieht derselbe auch am Aequator die heiße Luft besonders kräftig in die Höhe, welche sich dann in den oberen Luftschichten verteilt, was wieder die Ursache davon ist, daß die kalte Lust von den Polargegenden besonders heftig nach dem Aequator strömt. Lei dem Zusammentreffen der heißen Luft aus dem Süden mit der kalten Luft aus dem Norden werden elektrische Reibungen verursacht, d. h. es entstehen die Wintergewitter. Stürzen die beiden Luftströme nicht so heftig aufeinander, so kommt es nur zu Niederschlägen. Redner erbrachte sodann an der Hand von Aufzeichnungen
Gr soll dein Kerr sein!
Roman von Marie Lichtenberg.
(Fortsetzung.)
„Sie sind ein unwissendes, weltunbekanntes Kind, Irma", warf die Baronin verdrießlich ein, „und können gar nicht beurteilen, welchen Kampf es eine ältere Frau kostet, ein derartiges Geständnis zu machen. Erstens fürchtete ich Egons und meines Schwagers Zorn, und zweitens fürchtete ich die Liebe meines zweiten Gatten durch dieses Geständnis zu verlieren. Ich war erst kurze Zeit wieder verheiratet und liebte meinen Gemahl zärtlich. Dieser aber überwachte alle meine Schritte so eifersüchtig, daß ich nichts ohne sein Wissen thun konnte. So kam es, daß ich so lange schwieg. — Doch jetzt, da ich unglücklich und von meinem zweiten Gatten verlassen bin, jetzt pocht die Reue mit Allgewalt an mein Herz. — Jetzt läßt mir dieses entsetzliche Verbrechen Tag und Nacht keine Ruhe, und deshalb gestand ich Ihnen alles. — Irma, eure Ehe ist ein fluchwürdiges Verbrechen! — Eine Todsünde! — Und diese muß die Strafe des Himmels auf Egons Haupt herabziehen! — Ja,
es wird und muß ein schweres Strafgericht-"
„Halten Sie ein", unterbrach Irma die Baronin mit einer an ihr ganz ungewöhnlichen Energie, indem sie ihre kleine Hand fest auf deren Arm legte, „Egon ist völlig schuldlos ihn kann keine Strafe treffen! — Ich glaube nicht nur an die Gerechtigkeit, sondern auch an die Barmherzigkeit des Himmels! — Egon hat, um Ihre Schuld zu sühnen, Liebe und Glück geopfert, als er sich, durch meinen Vater moralisch gezwungen, mit mir vermählte; wie könnte er da Strafe verdienen, wo er unbewußt gesündigt hat? — Unsere Ehe ist völlig ungültig; also ist Egon frei und kann noch glücklich werden!" schloß Irma, unter Leonies triumphierenden Blicken leise zusammenschauernd und ihr von heißer
Thränenflut überströmtes Antlitz in den Händen bergend. Dann aber, nach einer kurzen Pause, wie von einem neuen Gedanken ergriffen, raffte sie sich fast gewaltsam aus ihrem schmerzlich-bitteren Sinnen auf und sagte hastig: „Ich will sofort an Egon schreiben, ihm alles sagen, denn er allein wird wissen, was wir thun muffen."
„Sind Sie von Sinnen, Irma?" fiel ihr die Baronin mit leidenschaftlicher Erregtheit ins Wort. „Wie können Sie von mir verlangen, daß ich meinem Sohne jetzt, nachdem Sie länger als ein Jahr seine Gattin gewesen, eingestehen sollte, daß Sie seine Schwester seien und ich um diese Schmach gewußt, ohne sie verhindert zu haben? — Nein, nein, das ist jetzt eine Unmöglichkeit! — Sie lieben Egon, Sie kennen seinen excentrischen Charakter und wollen ihm dennoch diesen entsetzlichen Schmerz bereiten? Wollen Egon für sein ganzes Leben durch das Bewußtsein dieser Schmach eine geistige Folterqual auferlegen, so daß er niemals wieder froh und frei aufatmen kann? — Ego» haßt in seinem fast übertriebenen Ehrgefühl die Schande mehr als den Tod! Opferteer doch damals durch seine Verheiratung mit Ihnen sein ganzes Liebesglück, um keinen Makel auf feiner unbefleckten Ehre dulden zu müssen. Wissen Sie wohl, was Egon, dieser stolze Feuerkopf, der keinen Schandflecken auf seiner Ehre ertragen kann, thun würde, wenn er unser Geheimnis erführe? Er würde sich einfach eine Kugel durch den Kopf jagen! — Wollen Sie dies erleben? Oder wollen Sie, indem Sie sich für ihn opfern, Egons wahres Glück gründen?"
Mit marmorbleichem Antlitz hatte Irma auf die wohlberechnete Rede der Baronin gelauscht, dann glitt sie leise zu deren Füßen nieder und flüsterte mit matter, tonloser Stimme: „Sagen Sie, was ich thun muß, um Egons Glück zu gründen, ich bin zu allem bereit!"
„Sie müssen fort," warf die Baronin hastig ein, „müssen für Egon auf immer verschwinden-und deshalb für tot ausgegeben