soll zwischen den Beiden zn lebhaften Szenen gekommen sein. In dem von Eifersucht ge­quälten Weibe reifte der Entschluß, ihm und sich das Leben zu nehmen, und diesen führte sie heute aus. Gegen 5 Uhr morgens erwachte der junge Manu aus dem Schlafe infolge eines knackenden Geräusches, das er dicht an seinem Ohre vernommen hatte. Gleichzeitig spürte er an seinem Kopfe ein Gefühl der Wärme, und als er hinfaßte, fühlte er Blut an seiner Hand. Sich umblickend, gewahrte er seine Geliebte, die sich eben eine Kugel in die Herzgegend jagte. Er besaß noch die Kraft, ihr den Revolver zu entreißen und Lärm zu machen; die herbei­eilenden Hausbewohner sorgten für die Ueber- führung beider Schwerverletzten nach der Kgl. chirurgischen Klinik. DorE wurde festgestellt, daß der junge Mann eine Schußwunde in der rechten Schläfe, die Dame eine gleiche unterhalb des Herzens hatte. Beide Kugeln sind noch nicht entfernt worden.

* (Z ü ch t i g u n g s r e ch t der Lehrer.) Der preußische Kultusminister Dr. v. Goßler hat kürzlich die Nachgeordneten Behörden ange­wiesen, sämtliche das Züchtigungsrecht der Lehrer betreffenden, resp. dasselbe beschränkenden Ver­fügungen und Anweisungen aufzuheben. Nun­mehr hat der Minister in Konsequenz obigen Schrittes eine neue Verfügung erlassen, in welcher die Provinzialschnlbehörden angewiesen werden, in Privatklagesachen gegen Lehrer und Beamte der Schulaufsicht wegen Beleidigung und Körper­verletzung von Kindern den Kompetenzkonflikt nicht mehr zu erheben, sondern es bei dem ge­richtlichen Verfahren bewenden zu lassen. Die neueste Rechtsprechung des Reichsgerichts hat -festgestellt, daß eine lleberschreitnng des Züch­tigungsrechts seitens eines Lehrers als vorsätz­liche Mißhandlung im Amte nur dann strafbar ist, wenn der Lehrer sich dieser Uebcrschreitung bewußt gewesen ist.

* Potsdam. Der Assistenzarzt Mackenzies, Dr. Mark Hovell, hat sich mit Fräulein Green, der Gesellschafterin der Töchter des Kaisers Friedrich, verlobt; die Hochzeit wird in London gefeiert.

Kiel. Ein Flensburger Kaufmann hatte kürzlich das Mißgeschick, auf seiner Reise über den Mont Cenis beim Ueberschreiten der alten, von Napoleon l. angelegten Gebirgsstraße als preußischer Spion von französischen Behörden verhaftet und so lange festgehalten zn werden, bis seine Befreiung durch telegraphische Ver­mittelung seines Bruders, des Rechtsanwalts Löhmann in Flensburg, gelang.

* Solingen, 28. Juli. Heute fand hier eine Versammlung des evangelischen Bundes in der Kirche statt, wobei Pfarrer Thümmel über die Aachener Heiligtnmsfahrt sprach. Die Ver­sammlung wurde aufgelöst, als Thümmel den Erzbischof von Köln und die Aachener Geistlich­keit der Gotteslästerung beschuldigte.

* Sp rottau. Ein verzweifelter Kampf zwischen Mann und Frau wurde dieser Tage

hier geführt. In einem Anfalle von Schwer­mut stürzte sich eine junge Frau in die hoch angeschwollene Sprotta. Der Ehemann stürzt ihr sofort nach und springt der mit den Fluten Ringenden zu Hilfe. Nun beginnt ein gräß­licher Kampf. Die Frau will durchaus in den Wellen ihren Tod finden; der Mann will sie um jeden Preis den Fluten entreißen. Endlich wird sie matter; er faßt sie und reißt sie glück­lich zum Ufer, von wo sie unter dem Beistände der Nachbarn ans Land gezogen wird. Halb- tot wurde die Frau nach Hause getragen, wo sie schwer krank darniederliegt.

* Von der schlesisch-russischen Grenze wird derK. Ztg." geschrieben: Eine wohlthätige Wirkung auf die Verkehrsverhält- uisse an der Grenze übt die Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit dem Zaren aus. Durch die russischen Grenzbeamtcn, über deren schroffes Wesen allenthalben Klage geführt wurde, geht jetzt ein ganz auffälliger Zug freundlichen Ent­gegenkommens. Kaufleute, welche in Geschäften die Grenze überschreiten müssen, sind voll des Lobes, und solche, die schon jahrelang mit rus­sischen Geschäftsleuten verkehren, versichern, daß die russischen Beamten eine solche Freundlichkeit und Zuvorkommenheit kanm zur Zeit der ver­trautesten Freundschaft der beiden Kaiserreiche an den Tag gelegt haben. Bei Kattowitz und Myslowitz ist jetzt sogar Personen, welche den Greuzbeamten bekannt sind, das Ueberschreiten der Grenze ohne Paß gestattet. Das sind in der That greifbare Wohlthaten für den Grenz­verkehr, und einen wohlthuenderen Einfluß der Kaiserzusammenkunft konnten die Grenzbewohner überhaupt nicht verspüren.

* Saarburg, 24. Juli. Die drei ausge­schiedenen elsäßischen Kreistagsmitglieder Brodt, Bour und Schott haben zum Zweck ihrer Wie­derwahl einen Wahlaufruf erlassen, worin sie u. a. sagen:Wir bringen der Regierung die loyalste Offenheit entgegen. Wir sind keine Pro­testler, wir erkennen die Lage an. Wir sind, was unsere Väter waren: gute und loyale deutsche Unterthanen. Wenn die Bewohner eines so gesegneten Landes, wie das unsere ist, schon längst ihre wahren Interessen verstanden hätten, wurden wir glücklich sein und unser Elsaß-Lothrin­gen würde eine der am ineisten durch ihr Wohl­ergehen nnd ihre Ruhe beneideten Gegenden sein. Wir wollen keine Ausstellung machen, wir er­klären, daß in Deutschland Ordnung und Frei­heit herrschen."

Ausländisches.

* Prag, 24. Juli. Nach einer Meldung desCzech" rettete Prinz Philipp Ernst Hohen­lohe eigenhändig ein Kind aus den Flammen eines brennenden Hauses. Bei seiner Durchfahrt durch Sandlhota fand er das Gebäude des Landwirts Hervert in Flammen; die beiden in den Zimmern befindlichen Kinder Herberts schienen verloren, als es der Entschlossenheit des Prinzen

erhebliche Verdachtsgründe mit Bezug auf das am 6. August in Basel entführte und nachher erdrosselte Kind Bertha Brunner vor. Bilger hat nachmittags 2 Uhr das Geständnis abgelegt, daß er der Mörder der Bertha Brunner sei. Derselbe heißt Lorenz Bilger, ist von Neuwiler (Elsaß), seines Berufs Gipser und Maurer, er wohnte früher in Basel an der oberen Rheingasse im gleichen Hause, wie die Familie Brunner, so daß das Kind ihn von jener Zeit her kannte. Eine erwachsene Zeugin erkannte ihn bestimmt, und auf Grund dieses Zeugnisses legte Bilger das Geständnis ab. Bilger wird sich als An­gehöriger des deutschen Reiches wegen der hier und in Baselland begangenen Verbrechen der Entführung und des Mordes vor den deutschen Gerichten zu verantworten haben. So hat sich binnen Jahresfrist das über dieser grauen­vollen That gelegene Dunkel erhellt.

* München, 26. Juli. AusSchladming in Steiermark meldet man den ,N. N/ von heute: Drei Touristen aus Judenburg bestiegen vorgestern von hier aus den Dachstein. Gestern kehrte einer von ihnen wieder hierher zurück, die beiden anderen, Dr. Zeitlinger und Thaii- hauser aus Judenburg sind abgestürzt und blieben tot.

* Berlin, 27. Juli. Es befestigt sich hier immer mehr die Ansicht, daß die Antrittsbesuche, die Kaiser Wilhelm den befreundeten Höfen ab­stattet, durch eine gemeinsame Monarcheu-Zu- sammenknnft auf deutschem Boden erwidert werden wird.

* Berlin, 27. Juli. Nach neueren Be­stimmungen gedenkt der Kaiser auf seiner Reise nach Wien sich einen Tag in Friedrichshasen aufzuhalten, um dem württembergischen Königs­paar einen Besuch abzustatten. Erst im nächsten Jahre wird der Kaiser nach Stuttgart kommen, und zwar im Juli, zum Regierungsjubilänm des Königs Karl. Sein Aufenthalt daselbst wird dann wohl einige Tage dauern.

* Berlin, 27. Juli. Die Meldung, daß für den Fürsten Bismarck in Kissingen bereits Wohnung bestellt sei und daß auch vom Prinz­regenten von Bayern die königlichen Wagen zum Gebrauch des Reichskanzlers nach Kissingen be­ordert seien, stellt sich als unbegründet heraus. Bis jetzt ist in Kissingen noch keine Anzeige von dem Eintreffen des Fürsten Bismarck ein­gegangen.

" lieber ein Liebesdrama, das sich am Mitt­woch morgen in Berlin zugetragen, wird der Nat.-Ztg. folgendes berichtet: Ein junger Pole, Sohn eines in der Musikwelt bekannten Professors in Warschau, lebte seit einiger Zeit in Berlin, um sich mit dem Studium der Musik zu beschäftigen. In einem Hause der Fried­richsstraße hatte er eine Chambregarnie-Wohn- ung inne nnd knüpfte mit seiner Wirtin, oder wie andere Angaben lauten, mit deren Tochter ein Verhältnis an. In der letzten Zeit glaubte die Dame 'Ursache zu haben, über Vernachläs­sigung seitens ihres Geliebten zu klagen und es

In einem schwachen Augenökick.

Von Arthur Zapp.

(Fortsetzung.)

Verzweiflungsooll rang der Doktor die Hände. Regte sich denn gar keine menschliche Empfindung in der Brust dieses Mannes, an die er appellieren konnte?

Kurt", begann er wieder, »du weißt, ich bin ein armer Mann

Ich kann meiner Tochter keinen Pfennig mitgeben, du wirst eine Bettlerin heiraten. Für keinen von uns würde ein Vorteil aus dieser Verbindung entspringen, die mein Herz ebenso wie das ihre brechen würde. Wo wird dann dein Vorteil sein? Höre mich an, Kurt! Verzichte auf deine Idee und ih will dir dreitausend nein, sechs­tausend Mark geben."

»Sechstausend Mark!" ries der Maler aus. »Wo wolltest du armer Teufel das Geld hernehmen?"

»Ich will es auf meine Lebensversicherungs-Police erheben", ver­setzte der Doktor eifrig. »Wenn du willst, so gehen wir morgen"

»Nein, nein", unterbrach ihn der andere, »ich will nicht. Sechs­tausend Mark sind bald verzehrt und dann?"

»Halt! halt!" schrie der Doktor in seiner Verzweiflung, als sich der andere von seinem Sessel erhob. »Höre mich an! Gieb den Ge­danken auf, und ich will dich von morgen an wie meinen Herrn und Gebieter ansehen, ich will arbeiten für dich wie ein Sklave. Du weißt, meine Praxis nimmt von Tag zu Tag zu ich will mich bemühen Tag und Nacht, für dich; alles, waS ich verdiene, soll dir gehören. Ich bedarf nur einer Kleinigkeit zum Leben, und du du sollst leben herrlich und in Freuden."

Der Dotor hatte sich in einen wahren Paroxismus von Angst

hine'mgesprochen. Nur von dem einen Gedanken getrieben, seine Tochter vor einem schrecklihen Schicksal zu retten, war er willig, alles zu opfern.

»Und deine Tochter, wovon wird sie leben?" fragte der andere lauernd.

Dr. Werner schwieg. Er wußte im Augenblick nicht, was er ant­worten sollte. Sein Stillschweigen rief einen Verdacht in dem Maler wach, einen Verdacht von der Wahrheit.

»Sie wird sicherlich heiraten", forschte er, »und aller Wahrschein­lichkeit nach eine gute Partie machen?"

Es ist möglich", antwortete Dr. Werner in ungewissem Tons, dem forschenden Blicke des andern ausweichend.

Der Maler trat dicht an den Doktor heran und legte ihm seine Hand auf die Schulter.

»Werner", sprach er, »sage mir die Wahrheit, deine Tochter ist mit irgend jemand versprochen?"

»Und wenn so würde das dich etwa unglücklich machen?"

»Das ist eine Frage", lachte Hagen, »aber keine Antwort auf meine Frage. Doch ich sehe jetzt klar genug. Alma liebt den Grafen Weldern und er liebt sie und hat ihr seine Hand versprochen. Ich ähnle so etwas. Aber sie her! Ohne die Einwilligung seiner Mutter wird der Graf sich nicht trauen lassen und eine Ehe zur linken Hand", fuhr er mit einem hämischen Lächeln fort

Dem Doktor stieg die Röte des Unwillens in die bleiche Wange.

»Zur linken Hand!" unterbrach er heftig den Maler.Ih weiß, waS du damit sagen willst. Aber du irrst dich mit deiner schimpflichen Vermutung, die jeder Grundlage entbehrt. Gräfin Weldern hat bereits eingewilligt."

Ah, die Gräfin hat eingewilligt", wiederholte Hagen gedehut.