stöcke teils aus dem Boden herausgerissen, teils die Schenkel abgekuickt und ihm dadurch ein Schaden von mindestens 150 M. zugefügt. — In Waldthann hatte ein achtbarer Bürger seine Hochzeit angekündigt. Der Standesbeamte stand zur Trauung bereit, die Hochzeitspredigt war fertig, die Hochzeitsgäste erschienen, Ochsen und Mastvieh war geschlachtet — als aber der entscheidende Schritt geschehen sollte, sagte die Braut plötzlich: „Ich will nicht!" Alles war in der größten Bestürzung. Der Vater der Braut stellte seine andere Tochter zur Verfügung. Der Bräutigam aber wollte nichts davon wissen. Es blieb nichts anderes übrig, als die Braut ihren Eltern wieder zurückzuführeu. — In Ulm wurde der dortige Eisenbahnportier von einem Fremden um einen Koffer geprellt und hatte den Schaden mit einer beträchtlichen Abfindungssumme zu büßen. — Am Samstag brach in einer Remise der Gebr. Bücher in Ravensburg Feuer aus, so daß das hölzerne Häuschen bald in Flammen stand. Dabei spielte sich eine drollige Scene ab: Ein Bauer, den Regenschirm unter dem Arme haltend, schaute ungeachtet der fliegenden Funken, in nächster Nähe dem Feuer zu. Plötzlich riefen mehrere Kinderstimmen: „s'Dächle brennt!" Alles blickt nach dem eben zusammenbrechenden Dach der brennenden Remise, bis ein neben dem Bauern stehender Knabe denselben aufmerksam macht, daß sein „Regendächle" brenne. Rasch wurde die Glut erstickt, aber das „Dächle" hatte ein Loch, daß der Bauer bequem seinen Kopf hätte durchstecken können.
* Berlin, 27. April. Wenn die Besserung im Befinden des Kaisers wie bisher fortschreitet, so werden wohl bald gar keine Bulletins mehr ausgegeben zu werden brauchen. Es ist überaus erfreulich, zu hören, daß das örtliche Leiden noch immer lokalisiert ist. Die größte Gefahr, welche die jetzt überstandene akute Krankheit im Gefolge hatte, bestand neben der unmittelbaren Lebensbedrohung durch das Fieber hauptsächlich in der Möglichkeit, daß das Uebergreifen des Grundleidens auf bisher nicht angegriffene edlere Teile beschleunigt werden könnte. Diese Besorgnis ist durch den Verlauf der Bronchitis und ihrer Nachwirkungen jetzt mehr in den Hintergrund getreten. Mit so viel Sicherheit, wie bei solcher Prognose überhaupt angewendet werden kann, darf auf einen Stillstand des Leidens für eine Reihe von Wochen gerechnet werden. Es gibt zur Bekämpfung der Krankheit, von welcher der Kaiser befallen ist, kaum ein wichtigeres Hilfsmittel als eine möglichst kräftige Ernährung, um die eintretende Krafteinbuße sofort ersetzen zu können. Dieser so einfachen und doch so wirksamen Kur kommt der ganze von Hause aus geradezu musterhaft angelegte Organismus des Kaisers bereitwillig entgegen, lieber die eigentliche Heilmethode, die gegen das Grundübel angewandt wird, erfährt man nicht viel. Es mag aber doch da
rauf hingewiesen werden, daß es an Schwankungen in der Behandlung nicht gefehlt hat. In San Remo ging die Sorgfalt der Aerzte eine Zeit lang auf die Entziehung jeder zuckerhaltigen Nahrung. Mit dieser Methode glaubte man die Formel für die Bewältigung der Krankheit gefunden zu haben. Jetzt hingegen wird unter den Speisen und Medikamenten, die dem Kaiser gereicht werden, ausdrücklich auch Traubenzucker genannt.
"Berlin, 30. April. Der Direktor der chirurgischen Klinik im Charite-Krankenhaus Geh. Rath Bardeleben ist definitiv an die Stelle v. Bergmann's in der Behandlung des Kaisers getreten. Der Kaiser schlief letzte Nacht mehrere Stunden ohne Unterbrechung, Husten und Auswurf sind immer mehr vermindert.
* Berlin, 30. April. Geh. Rat Prof. v. Bergmann hat nach den jüngsten Vorgängen den dringenden Wunsch ausgesprochen, aus der Reihe der behandelnden Aerzte ausscheiden zu dürfen, was ihm bewilligt wurde.
* Berlin, 30. April. Nach der „Magdeb. Ztg." ist die Hochzeit des Prinzen Heinrich von Preußen mit Prinzessin Irene von Hessen auf unbestimmte Zeit vertagt.
* Berlin, 30. April. Am 28. ds. Mts. wurde ein Vertrag zwischen dem Sultan Cha- lifa von Sansibar und dem kaiserlichen Generalkonsul Michahelles unterzeichnet, wonach die gesamte Verwaltung einschließlich der Zölle in dem Küstenstriche, welcher vor der deutschen Interessensphäre liegt, der Deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft auf die Dauer von 50 Jahren verpachtet wird.
* Am 26. April wurde dem Reichskanzler das erste Exemplar der Fiebel für die Volksschule in Kamerun, verfaßt von dem Lehrer Th. Cristaller, überreicht.
* Berlin, 1. Mai. Das ärztliche Bülletin von 9 Uhr vormittags lautet: Die letzte Nacht war etwas weniger gut, als die vorhergehende, das Fieber war ein wenig gesteigert. Sonst keine wesentliche Veränderung.
* Berlin, 1. Mai. Heute vormittag wurde beim Kaiser ein Wechsel der Kanüle für ratsam erachtet und Mackenzie legte im Beisein aller Aerzte eine neue Kanüle ein, die nur unwesentlich von der bisherigen abweichen soll.
— Wie man der „Wes. Z." mitteilt, ist von der Westküste von Afrika die Nachricht eingetroffen, daß die vom deutschen Reich kürzlich nach dem deutschen Kamerungebiet gesandte Expedition der Lieutenants Kund und Tappenbeck und eines Gelehrten auf ihrem Zug landeinwärts von dem südlichenKamerungebiet(Batauga) aus ein schwerer Unfall betroffen hat. Dieselbe wurde nemlich von einem feindlichen Stamm überfallen, wobei ein großer Teil der eingeborenen Begleiter niedergemacht und Kund sowohl wie Trappenbeck schwer verwundet wurden. Hilflos lag die Expedition, beraubt des Nötigsten, namentlich an Proviantmangel leidend, und es war noch ein Glück, daß es gelang,
einen Boten mit der Unglücksmeldung zur Küste zu schicken, wo durch einen Zufall der Gouverneur in der Wörmaunschen Faktorei zu Besuch eingetroffen war. Dieser machte sich sofort mit Führern, Trägern und Proviant auf den Weg und es glückte, der dem Verschmachten nahen Expedition Hilfe und Unterstützung zu bringen. Die Schwerverwuudeten mußten vorläufig in der Faktorei untergebracht und verpflegt werden. Mit Spannung erwartet man nähere Nachrichten.
* Potsdam, 27. April. Se. Majestät der hochselige Kaiser Wilhelm hat in einem Codicill der hies. Stadt 50000 Mark zur Unterstützung der Armen vermacht.
"Leipzig, 30. April. Der Stuttgarter Verlagsbuchhändler Adolf Kröner ward beim Festakt zur Einweihung des Buchhändlerhauses zum Ehrenbürger von Leipzig ernannt. Vorher überreichten ihm in der alten Börse die Kollegen eine Krönerstiftung (10000 Mk.) Die Stuttgarter Fest-Geschenke für das neue Haus (Cottabüste und Festpokal) wurden jubelnd begrüßt.
" Chemnitz, 25. April. Dieser Tage war ein Bauer in einer benachbarten Feldmark mit Pflügen beschäftigt. Zum Entsetzen des Mannes öffnete sich plötzlich vor seinen Augen die Erde und seine beiden Pferde verschwanden unter einer Staubwolke in die Tiefe; sich selbst rettete der Bauer durch schnelles Zurückspringen. Bei einer späteren Untersuchung des Terrains ergab sich, daß früher unter dem Ackerfelde ein Abbau von Kohlen stattgefunden hat. Die Pferde sind in eine ziemlich tiefe Grube hinabgestürzt und tot.
* Straßburg, 27. April. An Gaben für die Ueberschwemmten in Preußen gingen bei der Fürstin von Hohenlohe aus den Reichslanden bisher 135350 Mrk. ein.
* In einem Prozesse wegen Majestätsbeleidigung hat das Reichsgericht die Annahme des Landgerichts Straßburg bestätigt, daß der Kaiser nicht Landesherr von Elsaß-Lothringen sei. Der Angeklagte, ein Polizeidiener Knittel, wurde demzufolge freigesprochen.
Ausländisches.
' Wien, 29. April. Die „Montagsrevue" schreibt: Der gemeinsame Miuisterrat befaßte sich mit der allgemeinen Situation, die nicht erfreulich sei. Die Reibungen zwischen Griechenland und der Pforte bilden ein Vorzeichen drohender Gefahr. Es scheint, man mache den Versuch, der Bulgaren-Frage statt über Konstantinopel über Athen an den Leib zu rücken.
* Wien, 30. April. Im Abgeordnetenhaus stand heute der Antrag Liechtenstein, betreffend die konfessionelle Schule, zur Beratung. Der Abgeordnete Krzepeck rief dem „Fr. I." zufolge in seiner Rede den Radikalen und Antisemiten unter der jubelnden Zustimmung der gesamten Linken zu: „Ihr Beginnen ist die Korruption des Wissens; das deutschböhmische Volk ist zum Aeußersten entschlossen, wenn Sie den Antrag annehmen. Wir hoffen, daß der Kaiser
Louison.
Erzählung von Brunno Köhler.
(Fortsetzung.)
Immer voller und wärmer wurde die Melodie, immer wachsender die Klangfülle der Akkorde, bis mit einer schneidenden Dissonanz das Spiel plötzlich abbrach.
Walter rührte sich nicht vom Platze und blieb lauschend stehen, aber drüben im Zimmer regte sich nichts mehr. Als nach einer Weile das Fenster geschloffen wurde, zog sich auch Walter in sein Zimmer zurück. Aber trotzdem die gewohnte Stunde zum Schlafen herangekommen war, konnte er doch nicht die Ruhe finden. Lange warf er sich auf seinem Lager hin und her, bis er endlich mit dem Gedanken an morgen einschlummerte.
V.
Kaum als der Tag graute, war Walter schon wieder munter. Er kleidete sich an und begab sich in den Garten hinab, um dort im Freien den Kaffee zu sich zu nehmen. Wohl hatte er bemerkt, daß die Fenster seiner schönen Nachbarin bereits geöffnet waren, aber die Hoffnung, ihr unten im Garten zu begegnen, ward vereitelt, da die Gräfin während des ganzen Vormittags ihr Zimmer nicht verließ. — Hatte sie erfahren, daß sich ein neuer Hausgenosse eingestellt, genierte sie dessen Nähe, und wollte sie ihm im voraus zu verstehen geben, daß sie einer Berührung gänzlich unzugänglich war?
Indessen hatte sich die Ungeduld Walters, ihr gegenüber zu stehen, zu einer Alt von Fieber gesteigert. — Endlich, beim Diner sollte fein Herzenswunsch in Erfüllung gehen, eine Begegnung mit ihr stattfinden. Man hatte ihm die Frage vorgelegt, ob er allein auf seinem Zimmer
zu speisen wünsche, oder ob er an der gemeinsamen Tafel im Speisesaal seinen Platz einzunehmen wünsche.
Auf seine rasche Antwort, daß er sich der im Hause herrschenden Anordnung fügen werde, hatte man ihm mitgeteilt, daß diese bisher das gemeinsam eingenommene Mittagsmahl befürwortet habe, da dadurch ein freundschaftlicher Verkehr, ein geselliges Zusammensein unter den jeweiligen Hausgenossen angebahnt worden sei. Da Walter eben dieses Ziel im Auge hatte, entließ er die Fragestellerin mit dem Bescheide, daß diese Einrichtung seinen vollen Beifall habe und er sich zur bestimmten Stunde an der gemeinschaftlichen Tafel einfinden würde.
Er traf beim Betreten des Speisesaales, eines lichten, Hellen, nach dem Garten zu gelegenen Raumes, die Dame des Hauses und deren Mündel in demselben. Gleich darauf fand sich noch ein älterer, gichtbrüchiger Herr ein, der, nach dem intimen Verkehr mit den beiden Damen zu schließen, ein langjähriger Gast in diesem Hause sein mochte. Walter hatte sich soeben mit ihm bekannt gemacht, als sich die nach dem Garten hiuführende Glasthür öffnete und die Gräfin mit ihrer Begleiterin in den Speisesaal trat.
Mit einem stummen Gruß und einer leichten Verbeugung wollte die erstere ihren Platz an der Tafel einnehmen, indessen wurde sie von der Besitzerin des Hauses zurückgehalten, und empfing von dieser die leise gesprochene Mitteilung, daß seit gestern ein neuer Gast unter ihrem Dache weile, zugleich bat sie um die Erlaubnis, ihn der gnädigen Frau vorstellen zu dürfen. Mit einer kurzen Zustimmung gab die Gräfin ihre Erlaubnis dozu.
Walter, der mit klopfendem Herzen und vor Erregung leicht gerötetem Gesicht den Eintritt der so lange Gefuchten beobachtet hatte, war auch der halblaut geführten Unterhaltung der beiden Damen gefolgt und trat jetzt mit einer zeremoniellen Verbeugung zu ihnen heran.